Hallo,
diesen Sommer habe ich wieder die
Domaine Mondange besucht. Letztes Jahr war ich schonmal da, und hatte auch etwas geschrieben
[Link].
Zuerst mal eine Richtigstellung
stollinger hat geschrieben:Auf meine Feststellung hin, dass der Wein für so einen heißen Jahrgang wie 2018 ja eine erstaunliche Frische besitzt, wurde umgehend erwidert, es sei ja schließlich auch aufgesäuert worden
.
Letztes Jahr hatte ich ja mit der Mutter der Winzerin verkostet, wohl als Resultat meines nicht besonders guten Französisches und dem fehlenden Fachwissen der Mutter (das kommt nicht von mir, sondern hat Laura Mondange gesagt), ist das so bei mir angekommen. Aber, es wird weder aufgesäuert oder entsäuert!
Mir wurde erzählt, dass noch mehr korsische Rebsorten gepflanzt worden sind (neben Biancu Gentile, Minustellu und Carcaghjolu neru auch Genovese, Riminese und Alicante).
Allgemein gefällt mir 2019 auf Korsika wieder recht gut, 2018 und 2017 fand ich eher schwierig.
Die Rotweine der Domaine Mondange sind alle sehr zurückhaltend und sanft extrahiert und deshalb auch recht transparent und hellrot.
Domaine Mondage - Primizia rouge - AOP Corse 2019:
Der Wein hat sehr wenig, oder eher keine, Frucht, ist dafür sehr würzig geprägt. Das gefällt mir gut. Ein leichter, (Appetit) anregender Wein. Sehr geeignet um ein einfaches Essen zu begleiten oder als Terrassenwein.
Domaine Mondage - Laudria rouge - AOP Corse 2019:
Der Laudria hingegen ist sehr fruchtbetont. Frisch, ohne hohe Reife. Auch ohne Schwere, belebter Wein.
Domaine Mondage - Primizia blanc - AOP Corse 2019:
Auch ein Terrassenwein oder Aperitif. Die Säure und Aromatik gehen etwas ins dropsige. Diese leicht dropsige Säure gab es in 2019 auch bei anderen Weingütern, ich frage mich, ob das eine Jahrgangscharakteristik ist. Auch bei deutschen Weinen habe ich die schon gefunden. So wirklich eine Rebsortentypizität sehe ich jedoch in dem Wein auch nicht, die Säure könnte auch an der Machart liegen. Vielleicht braucht der Wein noch etwas Zeit, um das abzulegen. Positiv ist die Klarheit; man muss auch die Kirche im Dorf lassen, kostet halt auch nur 6,50€.
Domaine Mondage - Laudria blanc - AOP Corse 2019:
Der hat mir ziemlich gut gefallen. Es gab im Ausbau etwas Veränderung zum Vorgängerjahrgang: Die Hälfte wird im Halbstück (Stockinger) ausgebaut und die andere Hälfte im Beton. Im Vorjahr war es anderes Holz und INOX. Das Holz ist gerade noch recht exponiert, die Frucht wenig schmeckbar. Der Ausbau im Betonfass liefert ein sehr angenehmes Mehr an Struktur. Wahrscheinlich hat es auch seine Ursache im Jahrgang, die phenolische Reife in 2019 war einfach deutlich besser als in 2018, aber der Wein hat einfach eine sehr schöne Phenolik und tolle Gerbstoffe vom Fass. Auch eine gewisse Stoffigkeit. Er hat mich jetzt erstmal durch seine Struktur und Balance beeindruckt, ich denke er wird aber noch aromatische Vielfalt entwickeln und das Holz schön einbinden.
In 2018 gab es dann auch erstmals einen Rotwein aus einer einzelnen Parzelle;
Spargolato.
Domaine Mondange - Spargolato rouge - AOP Corse 2018:
Auch dieser wieder sehr sanft extrahiert. Die Gerbstoffe kommen vom Fass und haben eine gute Qualität. Das Fass mit hellem Toasting und neu, deshalb gehen recht viele Tannine in den Wein über. Das würzige gefällt mir auch hier wieder sehr gut, für meinen Geschmack könnte die Frucht aber etwas zurückhaltender sein; auch hier denke ich, dass wird sich mit der Zeit fügen. Ein Wein, der seine Stärken in der Klarheit und Feinheit hat, gleichzeitig intensiv, aber auch zart ist. Bin gespannt, wie er sich entwickeln wird.
Ich würde die Weine der Domaine als sehr klar und sauber, fein, durchaus elegant und häufig harmonisch beschreiben. Ich denke, das wird auch mit dem neuen Keller zusammenhängen, der wohl einfach eine qualitativ hochwertige Arbeit zulässt. Stilbildend bei den roten ist die sanfte Extraktion und die damit zusammenhängende helle, transparente Farbe. Vielleicht ist an der einen oder anderen Stelle noch die Abstimmung zwischen Fassaromen und Fruchtausdruck zu optimieren. Man darf aber nicht vergessen, dass es ein sehr junges Weingut ist, bei dem sich einfach noch einiges finden darf, ich möchte gerne diese Entwicklung weiterverfolgen. Am besten hat mir Laudria blanc gefallen, ab nächstem Jahr wird es auch einen Lagenwein (
Spargolato) in weiß geben, da bin ich sehr gespannt drauf.
Das führt mich dann auch gleich zu einem Exkurs bzgl. des Terroirs der Appellation Corse. Die Weingärten liegen in der Appellation Corse, der Appellation mit der größten Produktionsmenge auf Korsika. Westlich wird die Appellation durch die Berge der Castagniccia und die Inzecca-Formation begrenzt. Beides sind Formationen des Alpinen-Korsikas, also Gestein aus der ozeanische Kruste des Tethys-Ozeans, welche sich bei der Kollision von Afrika und Europa im Zuge der Alpenbildung über das Variszische Korsika geschoben hat. Das kann man sich das recht anschaulich zu Gemüte führen
[Link]. Hier habe ich ein Foto
(in etwa meine Position) in Richtung Meer (Ostrichtung) gemacht. Die Weingärten liegen alle in der Ebene, neben Trauben wird hier viel anderes Obst (Kiwis, Nektarinen, Pfirsiche, Orangen und Mandarinen), Gemüse, Oliven angebaut. Dazu gibt es auch noch Viehhaltung.
In meiner Rückseite sieht man den Schiefer aus der ozeanischen Kruste:
Das Terroir in der Ebene ist aber nicht durch das Tiefengestein, das Fundament gekennzeichnet, sondern durch den aufliegenden Boden und jüngere Sedimentgesteine. Es wohl nicht mal wirklich klar, was für ein geologisches Fundament unter der Ebene liegt. Man geht von Ophiolith, also ehemaligen Meeresboden (wie auch die Berge) aus, aber auch kontinentale Einheiten werden diskutiert. [1]
Die Bodenarten sind hier sehr inhomogen verteilt, was wohl an ihrer Entstehungsgeschichte liegt. Zum einen gibt es Böden aufliegend auf Ton, Sand oder Kalkstein aus dem Miozän. Zum anderen gibt es Schwemmlandböden mit unterschiedlichem Gehalt an kleineren und größeren Steinen und dadurch unterschiedlicher Drainage.
Man kann sich Karten von diesen Böden
[hier] (carte 1) und
[hier] (Illustration 11) ansehen. Ins Auge fällt, wie sehr die unterschiedlichen Bereiche wechseln und ineinander verzahnt sind. Das liegt daran, dass es im Miozän immer wieder zu Trockenphasen und Hochständen des Mittelmeers kam, wobei sich Bereiche von Muschelkalk und Sandstein in der Ebene gebildet haben.
Die Schwemmlandböden bzw. der Ausgangspunkt zur Bildung der Schwemmlandböden, hat sich am Ende der Würm-Eiszeit befunden. Die damals entstandenen Gletscher in den korsischen Bergen sind getaut und mit dem Tauwasser (in Form von reißenden Flüssen) Sedimente und Gestein aus dem alpinen Korsika in die Ebene transportiert worden. Die Schwemmlandböden liegen somit entlang der ehemaligen Flussläufe in der Ebene.
Die meisten Winzer bzw. Traubenanbauer in der Appellation Corse sind in Cooperativen organisiert, z.B. der
Cave Saint Antoine, der
Union des Vignerons de l'Île de Beauté (UVIB),
Cave Coopérative D'Aghione. Zusätzlich gibt es noch sehr große private Weingüter (z.B. Clos Poggiale/ Domaine Terra Vecchia). Bewässerung ist erlaubt und wird auch in den meisten Fällen gemacht, für mein Verständnis aus Ertragsgründen; Trockenheit ist hier eigentlich kein Problem, in Hitzjahren mal im August, aber die Region verfügt über recht viel Wasser aus den Bergen, besonders im Frühjahr.
Zwar hat die Appellation Corse ein recht warmes Klima, weniger Wind und mehr Wasser als andere Appellationen auf Korsika und diese Faktoren haben auch einen Einfluss auf die Weine, aber die beschriebenen Gegebenheiten, also Weine aus einer Vielzahl von unterschiedlichen Weingärten mit unterschiedlichen Böden, verschiedenen Traubenbauern, die in eine Cooperative assembliert werden, dazu noch Bewässerung, führen dazu, dass für mein Verständnis ein greifbarer Terroir-Ausdruck nur sehr wenig ausgeprägt ist.
Und jetzt noch mal zurück zur Domaine Mondange, in dieser Publikation des CRVI
[Link] kann man sehen, dass es sich bei den Böden von der Domaine um
Luvisol handelt. Also Braunerde im oberen Bodenhorizont und darunter ein zweiter Bodenhorizont mit tonhaltigem Boden. Dieser zweite Bodenhorizont verhindert oder erschwert ein Versickern von Wasser in tiefere Schichten und ist in der Appellation anscheinend nur selten ausgebildet. In Bildern sieht das dann so aus (ist die Parzelle
Spargolato)
Der obere Boden hat viele, ca. 10 cm große, Steine die aus der Inzecca-Formation stammen. Das Weingut liegt im Ort
Pieraggi, am
Ortsausgang kann man schon den Beginn der Inzecca-Formation mit dem ozeanischen Schiefergestein sehen:
Hier auch noch mal der Blick aus der Parzelle
Spargolato in Richtung der Berge:
Ich würde also den Boden so charakterisieren: Im oberen Boden eine gute Drainage, was den Pilzdruck verringert und Belüftung durch die vielen Steine, im unteren Boden eine gute Rückhaltefähigkeit. Die Bewässerung wird nicht verwendet, nur wenn den Reben schaden droht.
Für mein Verständnis bildet sich das Wesen des Terroirs der Appellation Corse gerade erst heraus. Dazu bedarf es entsprechend arbeitende Weingüter, mehr davon haben sich, so weit ich weiß, erst ab den 2000er Jahren gegründet. Andere unabhängige Winzer in der Appellation, deren Weine ich gut kenne, sind z.B.
Clos Canereccia und Clos Fornelli, Domaine de la Punta. Canereccia hat die Weingärten mit Muschelkalk aus dem Eozän im Untergrund. Clos Fornelli hat einen sehr hohen Anteil (>60%) an Kieselsteinen im Boden. Insofern für mein Verständnis schon ein unterschiedlicher Boden.
Daher freue ich mich, dass es ab nächstem Jahr auch einen Vermentino aus einer einzelnen Parzelle geben wird, und ich hoffe, dass sich hier mit den Jahren auch der Einfluss des Bodens auf den Wein zeigen wird, bzw. der Ausbau auch das Terroir berücksichtigt. Der Anbau von autochthonen Rebsorten wird ebenfalls forciert, auch darauf freue ich mich, das diese auch potentiel zur Identität der Appellation beitragen.
Grüße, Josef
[1] Stacking and metamorphism of continuous segments of subducted lithosphere in a high-pressure wedge: The example of Alpine Corsica, Brovarone
et al., Earth-Science Reviews, 116, 2013, 35-56.
[Link]