Jetzt hätte ich doch fast vergessen, wie angekündigt meine Ersteindrücke aus 2019 zu
posten. Anfang Oktober hatte ich im Glas:
Seehof, Morstein Alte Reben 2019Ziemlich blaß mit leicht grünlichem Schimmer.
Nase vorwiegend mineralisch, aber ein wenig undefinierbare weiße Frucht verleiht dem Ganzen etwas leicht Spielerisches. ...und dann kommt der "Morstein-Dreck" und bringt einen Korb voller dunkler Kräuter und vereinzelte Tannenzapfen mit. Sehr ausgewogen und doch faszinierend spannend.
Am Gaumen mit weichem, nicht ganz trockenen Antrunk leicht auf der hedonistischen Seite. Auch hier fast keine Frucht; am ehesten unreife Nashi oder so...
Mit etwas Verzögerung setzen sich dann Mineralik und Würze durch und verleihen mehr Kontur. Der lange Abgang wird von einer milden Kräuterherbe getragen.
Seehof, Morstein Weißer Burgunder R 2019Deutliche Schwefelreduktion. Nicht so krass wie bei z.B. Knewitz, aber auch nicht ganz unauffällig. Und viel mehr ist da auch nicht: Keine erkennbare Frucht, etwas Holz (Vanille), und noch etwas weniger Mineralik und Grapefruit. Mit der Zeit ein Hauch erdig/rauchig.
Am Gaumen
deutlich interessanter: zitrisch (reife Kumquat, Limette); frische Säure. Auch hier erdig und kräuterig.
Im Abgang spannendes kleines Bitterle (Weißes v.d. Grapefruit; getr. Oregano); lang.
Wenn Nase und Gaumen nicht auf Augenhöhe sind, ist es oft die Nase, die selbige vorne hat. Die ist hier auch schön, aber dies ist ein seltenes Beispiel, wo der Gaumen deutlich spannender ist. Sehr schön!
Ich hatte zunächst auch deshalb nicht gleich geschrieben, weil ich diesen leichten Süßeeindruck nicht einordnen konnte. Wie RZ wirkte es nicht, aber wie diese "Glycerid-Süße" einiger 2018er auch nicht. Ich habe das Weingut angeschrieben, und wie früher schon hatte ich am nächsten Morgen die Antwort von Florian Fauth persönlich!
Ich erlaube mir zu zitieren:
Florian Fauth hat geschrieben:Der RZ ist bei beiden Weinen unter 3 g/l.....die süßlichen Reflexe können natürlich auch durch den Alkohol kommen. Insgesamt sind sie natürlich noch sehr jung und noch nicht im Gleichgewicht.
Der Jahrgang 2019 brachte eine eher kühle und mineralische Aromatik mit einem sehr kraftvollen Mundgefühl und toller Dichte, wie es sonst mehr in warmen Jahren wie z.B. 2011 gibt ....dies macht den Jahrgang sehr spannend.
Ich bin ja ein Fan dieser beiden Weine und verfolge sie seit einigen Jahren. Die 2018er fand ich weniger gelungen, aber es zeichnet sich ab, daß das ein Ausreißer war. Jedenfalls machen die 2019er mir deutlich mehr Spaß, mit ein wenig Fülle, aber großer Frische und ohne komische Fehltöne. Wenn das archetypisch für den Jahrgang sein sollte, müßte ich meine diesmal reduzierten Käufe womöglich noch ein wenig aufstocken, denn die Charakteristik gefällt mir ziemlich gut.