Ich sehe das so ähnlich.
Im aussichtslosen Unterfangen einer Objektivierung wird ja häufig nach dem BLIK-Schema verfahren:
BLIK = Balance, Länge, Intensität, Komplexität
Alleine die Frage, was als balanciert empfunden wird, stellt sich natürlich als hochgradig subjektiv dar.
Der eine findet die Säure eines Weines zu dominant, während der andere sie noch als viel zu lasch empfindet.
Doch dazu kommen noch andere Faktoren, wie Set und Setting.
Weshalb ich vielleicht eher von
Großen Weinmomenten sprechen würde.
Für mich vielleicht zu definieren durch:
GROSSE WEINMOMENTE
pseudo-objektiv:
- LIK: die Weinqualität im Glas, nach (einigermaßen) objektivierbaren Gesichtspunkten (Länge, Intensität, Komplexität)
- regionaltypische Authentizität: wenn ein Sancerre AOC wie friulischer Pinot Grigio schmeckt, hat er leider das Thema verfehlt

subjektiv:
- Balance: der subjektive Faktor bei der Weinanalyse (Tannin, Süße, Säure, Alkohol, Gesamtextrakt...)
- Stilistik: wie sehr sagt mir die Interpretation dieser Herkunft durch den Winzer, seine Handschrift, zu? (Zuckerlevel, Spontangärung, BSA, Holzbetonung...)
kontextuell:
- Situation: Bei welcher Gelegenheit verkoste ich den Wein? Zum passenden Essen bei einem gemütlichen Dinner? Auf einer Weinmesse? Einer Party? Aus was für einem Glas trinke ich den Wein?
- Timing: In welchem Stadium seiner Entwicklung erwische ich den Wein gerade? Wie viel Flaschenreife hat er genossen? Wie viel Zeit und Sauerstoff habe ich ihm gegönnt? Hat er die richtige Temperatur?
- Tagesform: Wie ist mein aktuelles Wohlbefinden, mental und gesundheitlich? Bin ich achtsam, oder abgelenkt und gestresst? Bin ich entspannt, geradezu euphorisch? Oder fühle ich mich eigentlich leicht grippig und habe schon wieder zu viel geraucht?

und letztlich:
- Singularität: Wie viele Weine dieser Herkunft, dieser Stilistik und dieser Güte sind mir bei vergleichbarem Set und Setting schon ins Glas gekommen?
Letztlich bleibt diese Einschätzung natürlich immer eine subjektive und emergente - und somit intuitiv zu treffende - Abwägung, die notwendigerweise von individueller Tagesform beeinflusst werden kann.
