Bei diesen Menschen geschieht es auch nie, dass der Herzallerliebste sagt "Scha_hatz, ich weiß genau, dass wir noch Ersatzlampen für die Kellerleuchte/Ersatzbatterien für die Taschenlampe/Tonerkassetten ….. haben, aber ich finde sich nicht! Wo hast Du nur wieder …..!" Und bei Scha_hatz bricht leichte Panik aus, wo hat er oder sie nur wieder, ….. ?
Sollten solche Menschen Weinliebhaber sein, so wird ihre Kellerbuchführung jederzeit einer Vollinventur standhalten, Jahrgang, Menge und Art der eingelagerten Weine werden zu 100% mit dem akribisch geführten Kellerbuch übereinstimmen. Da gibt es kein "Scha_hatz, in der Liste steht, wir hätten noch einen 96er Lynch-Bages, aber bei 96 liegt keiner, hast Du etwa vergessen, den letzten auszutragen?" – "Vielleicht liegt der bei den 95ern? Du weißt doch, wir haben damals noch mal 96 und 95 nachgekauft. Vielleicht hat sich jemand beim Einlagern vertan?" Einlagerfehler sind immer gut, das Einlagern ist Schatzaufgabe, das Stemmen und Wuchten schwerer Holzkisten mit teurem Inhalt ist Männersache.
Aber der 96er Lynch-Bages bleibt verschollen. Vielleicht taucht er in ein paar Jahren unvermittelt hinten zwischen den Burgundern wieder auf. Oder auch nie mehr. Irgendwann ist der häusliche Friede wieder hergestellt.
Es geht natürlich auch anders herum. "Scha_hatz, schau mal was ich im Keller gefunden habe!"
2008 Neckenmarkt Alte Reben
Moric, Robert Velich, Burgenland
gut, die Etiketten kann man schon mal verwechseln, aber Abgleich der Buch- und Ist-Bestände ergibt noch nicht einmal, dass dafür eine Flasche des zeitgleich angeschafften Lutzmannsburg weniger im Hause ist. Lutzmannsburg hatte uns nämlich eigentlich einen Tick besser gefallen, weswegen er in der Hauptsache eingelagert wurde und vom Neckenmarkt nur 3 Flaschen. Insofern konnte hier zur Abwechslung einmal eine kellerwirtschaftliche und beziehungsrelevante Katastrophe abgewendet werden. Abgesehen von allgemeinen Darlegungen über die Notwendigkeit des Aufräumens und Ordnunghaltens.
Müsste man vom Etikett eines Weines auf hervorstechende Charaktereigenschaften seines Erzeugers schließen, dann muss es bei Herrn Velich äußerst diszipliniert und ordentlich zugehen. Keinerlei Chi-Chi, alle notwendigen Daten und Fakten gut lesbar in schwarz weiß mit einer Behörden-Registratur-Schrifttype, fast wie mit dem Rapidographen und Tusche (die Älteren unter uns werden sich noch dunkel an diese Schreibgeräte für technische Zeichner erinnern) gezogen.
Müsste man vom Etikett auf die Güte des Weines schließen, was aber niemand tut mit Ausnahme meiner Person, denn ich arbeite ja seit Jahren mit nicht unerheblichem Erfolg an meiner Etikettentheorie JSDEDBDW*

Robert Velich konzentriert sich auf das Wesentliche, auf Blaufränkisch und erzeugt aus dieser manchmal etwas unterschätzten Rebsorte (vor allem, wenn sie im Gewand eines württembergischen Lemberger daherkommt) ungemein dichte, extraktreiche und spannende Weine.
Der Neckenmarkt ist von einer dichten schwarzroten Farbe und duftet nach dunklen Beeren, nach Lakritz, nach herben Kräutern, eine angedeutet florale Note und am Gaumen kraftvoll und geschmeidig, ein Spannungsboden zwischen Mineralik, klarer Säure, seidigem Tannin, feine Aromen von Veilchenlakritz, ein wenig Holz, Tabak, ein wenig Vanille, ein klarer filigraner langer Abgang. Dieser Wein ist ein kleines Kunstwerk.
Die Blaufränkisch (oft auch als Pinot Noir des Ostens bezeichnet) von Velich werden oft und gerne mit großen Burgundern verglichen, was sicher seine Berechtigung hat wegen ihrer kühlen Mineralik und den klassischen Aromen von Veilchenlakritz, auch Kirsche (die ich hier allerdings nur sehr angedeutet schmeckte, aber das liegt manchmal auch einfach nur an der Tagesform, von mir und vom Wein), manchmal kommen mir dabei aber auch die großen eleganten Rhônegewächse mit ihrer gezügelten Wildheit in den Sinn.
Prost!
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* JSDEDBDW – Je scheußlicher das Etikett, desto besser der Wein
