Sehr junge Bordeaux-Nase, mit einem Einschlag von nassem Ton (very medocain), aber nicht superkomplex. Auch am Gaumen alles sehr nett, aber irgendwie unkomplex und unkompliziert und - leidenschaftslos; mir fehlt ein bisschen der drive, den sehr junge Medocs entfalten koennen. Der Koerper ist sehr deutlich "nur" mittel, was eingedenk der Aromatik etwas ueberrascht- ich hatte mehr Bums erwartet. Ordentlicher Abgang mit angemessener Laenge, aber jetzt nix Spektakulaeres. Die schoene, dunkle Frucht schuettet die Tannine etwas zu; stattdessen ist es die Saeure, die dem Wein etwas (fuer meine Begriffe nicht genug) Struktur verleiht. Ich sehe das Holz sehr gut vergraben, mein Vater moniert hingegen das Holz als noch etwas zu stark. Durchaus sueffig, die Flasche ging gut weg.
Tatsaechlich kann es an der leichten Tendenz zur Rundgelutschtheit (oder ist es einfach nur unendlich unaufgeregte Harmonie?) liegen, dass wir den Wein unterschaetzt haben. "So schmeckt also ein St-Estephe, wenn einer vom rechten Ufer den Wein macht", habe ich irgendwann mal notiert. Best ever? Keine Ahnung, ich kenne Meyney nicht. Ich sehe ihn bei 88-89, 87-90 sind vertretbar, fuer mehr wird die Luft etwas duenn.
Im indirekten Vergleich zu einem anschliessend getrunkenen 2009er Senejac fiel auf, dass der Meyney deutlich konzentierter ist. Der Senejac wirkte richtiggehend hohl - was bei einem 12-Euro-Weinchen nun weiss Gott nicht ueberrascht. Insofern ist die Weltordnung wieder hergestellt. Aber auch Meyney wirkt seltsam: "sehr schlank, aber konzentriert" ist eine Kombination, die mir nicht sehr oft ins Glas.
Wenn ich ihn nochmal zu dem Preis im Supermarkt sehe, packe ich einige Flaschen weg, das Zeug lebt ja fuer alle praktischen Zwecke ewig und kommt schon irgendwie unter die Leute. Aber das tue ich eher aus Angst, etwas zu verpassen, denn aus echter Ueberzeugung heraus. Und viel mehr Geld nehme ich dafuer auch nicht in die Hand.
Gerade habe ich bei aux-fins-gourmets nochmal die en-primeur-Kommentare gelesen. Ich glaube, der Wine Spectator (sic!) hat meine Flasche perfekt beschrieben (Hervorhebung von mir):
q.e.d.James Molesworth hat geschrieben: Ripe and languid in feel, with flattering plum, blackberry and black currant fruit, layered with a toasty ganache edge. Needs to tighten up a bit, as the fruit is a touch gushy now despite the weight. Reveals some good acidity buried on the finish, however, so worth the gamble.
Cheers,
Ollie
Hatte ihn allerdings auch länger nicht im Glas und kann deshalb zur Debatte nichts beitragen. Die Größeren 09er sind zwar zu, aber zu denen gehört Senejac trotz seiner 93 PP sicher nicht. 
