


1. Der Weinhipster
Er trinkt Hipster-Weine, das sind entweder Weine aus Gegenden, die dem Elite-Etikettentrinker (siehe Nr. 2) zu profan und dem Basis-Etikettentrinker (siehe Nr. 3) unbekannt sind, Weine, deren Genuss man als Ironie verkaufen kann oder und ganz besonders Vins Naturels. Wer nicht weiß, was Hipster-Weine sind, lese bitte hier.
Im Portfolio des Weinhipsters dürfen nicht fehlen: Brut Nature Champagner und Cavas, mit den Schalen vergorene Weißweine, Jura-Weine, ungeschwefelte Beaujolais und Sake.
2. Der Elite-Etikettentrinker
Ihn braucht man eigentlich nicht mehr vorzustellen. Die Grenze zum Punktetrinker verschwimmen manchmal, aber 100 Parker-Punkte Spanier aus Toro oder Jumilla würde der Elite-Etikettentrinker eher nicht anrühren. Bordeaux, Burgund, Piemont, die Rhône, die Champagne, die Toskana, Kalifornien und neuerdings auch Große Gewächse aus Deutschland, das sind seine bevorzugten Gegenden. Schwache Jahrgänge werden gnadenlos ausgelassen (außer zur Vervollständigung von Vertikalen), von allem darf es nur das beste sein. Die besten Weingüter, die Spitzenweine, die besten Jahrgänge.
Im Portfolio des Elite-Etikettentrinkers dürfen nicht fehlen: Romanée-Conti, Rousseau, Coche Dury, Comtes Lafon aus dem Burgund, die Bordeaux 1er Cru Classés, Petrus und die anderen Großen vom rechten Ufer, Guigals LaLa Côte Rôties, Rayas, Beaucastel u.a. von der Rhône, Champagner Dom Perignon, Krug oder Bollinger, Gaja und Bruno Giacosa aus dem Piemont, Klaus Keller, Egon Müller, von Winning und Dönnhoff aus Deutschland, usw.
3. Der Basis-Etikettentrinker
Auch ihm ist der Name, der auf dem Etikett prangt wichtig. Seine finanziellen Mittel reichen aber nicht zum Elite-Etikettentrinker. Deshalb wird auf Zweitweine von Bordeaux- und Supertoskaner-Weingütern, Kooperationen von Bordeaux-Beratern mit Übersee-Weingütern, VDP Basisweine und Weine wie Villa Antinori oder Villa Bürklin zurückgegriffen. Der Jahrgang ist dem Basis-Etikettentrinker nicht so wichtig.
Im Portfolio des Basis-Etikettentrinkers dürfen nicht fehlen: s.o.
4. Der Parker-Punkte-Trinker
Die Parker-Punkte sind ihm das ein und alles. Die ganz harte Fraktion (angeblich v.a. in aufstrebenden Ländern zugegen) trinkt nichts unter 100 Parker-Punkten. Die etwas softeren lassen alles über 90 Parker-Punkte gelten. Ob die Punkte von Robert Parker himself oder einem seiner Mitarbeiter oder Ex-Mitarbeiter stammen, ist egal. Auch 100 Winspectator oder 100 Tanzer Punkte Weine sind ihm egal, 20 Gabriel oder 20 Jancis Robinson Punkte sind ihm auch egal. Parker und seine Mitarbeiter geben den Ton an. Die Relation der preisbewussten Parker-Punkter-Trinker lautet "Cent je Parker Punkt". Ein "Cent je Parker Punkt" Faktor von mehr als 100 ist die Benchmark, aber drunter geht es auch. Wichtig ist dem Parker-Punkte-Trinker insbesondere auch die Vergabe eigener Punkte, bevorzugt gekoppelt mit einer Parker-ähnlichen Einschätzung des Trinkfensters (z.B. 94 Heinzer-Punkte, Trinken 8/2015-12/2058).
Im Portfolio des Parker-Punkte-Trinkers dürfen nicht fehlen: Châteauneuf du Pape und Gigondas-Supercuvées, spanische Provinzweine, moderne Bordeaux, Supertoskaner, Über-Drüber-Malbecs aus Argentinien, Shiraz aus Australien.
5. Der Lecker-Trinker
Der Lecker-Trinker hat mit den Gedanken, die sich die Etikettentrinker, Parker-Punkte-Trinker und Weinhipster machen, nichts am Hut. Punkte sind ihm egal, An- und Ausbaumethoden auch, allenfalls Bio oder nicht Bio spielt eine kleine Rolle. Die Hauptsache ist aber: der Wein schmeckt oder er schmeckt nicht.
Im Portfolio des Lecker-Trinkers dürfen nicht fehlen: Cabernet-Sauvignon aus Chile, Nero d'Avola aus Sizilien, ganz leicht restsüße Rieslinge, Sancerre und Pouilly-Fumé und vor allem Sauvignon Blanc aus Neuseeland.
6. Der Terroir-Trinker
Terroir geht ihm über alles. Er ist lagen- und bodenversessen. Seine Hunting-Grounds sind fast ausschließlich reinsortige Weine aus Riesling, Pinot Noir, Nebbiolo und Syrah. Seine Notizen zu Weinen enthalten selbstbewusste Aussagen wie "typisch Reiterpfad" oder "die profunde Griotte-Note des zentralen Teils der westlichen Flanke des Corton-Renardes kommt hier besonders schön zur Geltung". Auch "Basalt-Mineralität", "dreckig-kalkige Noten" oder "Würze des Grauverwitterungsschiefers" gehören zum Wortschatz. Dem Terroir-Trinker widerspricht man nur ungern. Will man ihn ärgern, macht man eine fiese Blindprobe.
Im Portfolio des Terroir-Trinkers dürfen nicht fehlen: Rieslinge von der Mosel und Nahe und aus der Pfalz, Pinot Noir von der Côte de Nuits, Einzellagen Barolo und Barbaresco.
Hab ich noch welche vergessen
