letzten Freitag trafen sich wieder einige Weininteressierte, um spanische Weine zu verkosten. Insgesamt waren 15 Weine (5 x weiss, 10 x rot) am Start, die wie immer "blind" probiert wurden.
Hier sind meine Kurznotizen zu den Weinen, die allesamt zu überzeugen wussten:
2014er "Tres Lustros" Brut Nature Corpinnat (Gramona, San Sadurni d'Anoia)-Katalonien-
Der extrem handwerkliche Produzent ist wie auch Recaredo und einige weitere Betriebe aus der Cava DO ausgestiegen und haben ihren eigenen Verband (Corpinnat) mit strengeren Regularien gegründet. Die Qualität ist untadelig: ultrafeine Perlage dank 93 Monate Hefelager, feine, dezente Nase nach gelben Früchten (Pfirsich, Birne, etwas Zitrus), absolut trocken mit cremiger Säure, die dennoch gut strukturiert, mittelkräftig, sehr harmonisch und glasklare Hefestilistik, gute Länge. Das hat sehr gutes Champagner-Niveau, ist aber sowohl vom Sortenmix (75% Xarel-lo, 25% Macabeo) als auch von der Stilistik (weicher und cremiger, niedrigere Säure) deutlich anders. Wer mit der rassigen Säure eines Champagners seine Probleme hat, ist mit diesem Schäumer bestens bedient.
2021er "Arenas de Santyuste" Vino de Mesa (Esmeralda Garcia, Segovia) -Castilla-Leon-
100% Verdejo,uralte, bis zu 200 Jahre alte, wurzelechte Rebstöcke, Ausbau in Edelstahl und Amphore, ungeschönt und unfiltriert abgefüllt. Ein echter Understatement-Wein, da weinrechtlich "unterster Regal" im Herkunftsranking: nur ganz dezente Trübung, in sich ruhende Nase, Mix aus zarter Gelbfrucht und würzigen Aspekten,anfangs ein Hauch Reduktion, komplett durchgegoren, sanfte, eingebundene Säure, trotz 13,5 Vol% nur mittelgewichtiger Eindruck, dank feinem Gerbstoffgrip griffiges Mundgefühl, saftig, in sich ruhend, hat gewisse Dichte, fruchtig-würziger Ausklang.
Geht ein wenig in Richtung Naturwein, aber ohne jeglichen Fehler und "wilde" Aspekte. Entspricht nicht dem gängigen Bild eines fruchtigen Verdejos im Sauvignon-blanc-Neue-Welt-Stil und gefällt mir gerade deshalb so gut.
2018er "Branco de Santa Cruz" Valdeorras DO (Telmo Rodriguez, Alava) -Valdeorras-
Cuvee aus Godello, Treixadura, Dona Blanca und Palomino, 10 Monate Barriqueausbau.
Elegante Nase aus zurückhaltender Kernobstfrucht (Aprikose, Apfel) und gefühlvollen Holzeinsatz, absolut jugendlicher Eindruck, komplett trocken (2,0 gr. RZ), sanfte Säure (5,3 Promill), die im Zusammenspiel mit dem dezenten Holztannin ordentliche Struktur gibt, absolut klar und elegant, zarte Gelbfruchtnoten mit einem Hauch Exotik, ausgewogen, mittelgewichtig bis kräftig, hat Saft und Dichte, klingt fruchtig-würzig aus. Sehr stilvoller Weisswein, der vielleicht trotz einheimischer Rebsorten etwas "international" wirkt, was aber der sehr guten Qualität keinen Abbruch tut.
2021er "El Palomar" Albarino Rias Beixas DO (Zarate, Pontevedra) -Rias Beixas-
bis zu 150 Jahre alte, wurzelechte Albarino-Stöcke, Granitboden, im Holz vergoren, stammt aus einer nur 0,5 ha großen Einzellage: sehr elegante und komplexe Nase aus Agrumen und Birne, nur dezente Holznoten, sehr stimmig, absolut trocken, cremiger Gaumenauftritt mit einem Hauch nicht störender Malolaktik, stimmige Säure, nur mittelkräftig (12,5 Vol%), Zitrus, rote Grapefruit, Marille, aber keinerlei laute Frucht, feine Würze, ein feiner, in sich ruhender Weißwein mit Klasse.
---- "Ynocente" Pago Marchanudo Fino (Valdespino, Jerez) -Sherry-
einer der allerbesten Finos mit langem Florhefelager aus der berühmten Einzellage Marchanudo: kräftiges Stroh- bis fast Goldgelb, staubtrocken mit enorm kräftigen Körper, fast beissende Mineralität (Jod, Saline, nussig), deutliche Gerbstoffstruktur (in Eiche vergoren,nur zu 70% entrapptes Traubengut), sehr langer, würziger Abgang. Hochklassiger, sehr eigenständiger Fino mit Kraft und Charakter. Eine Art "Latour unter den Fino-Sherries

Nun musste erst einmal das Spiegelau-Definition-Universalglas gut ausgespült werden, damit der erste Rotwein ohne Abstriche ins Glas kommen konnte:
2017er "Estrecho" Monastrell Alicante DO (Enrique Mendoza, Alicante) -Alicante-
100% Monastrell (Mourvedre), Ausbau im 500-l-Fass für 14 Monate, Einzellagenwein.
Kräftiges, fast blickdichtes Rubinrot, reife, aber nicht marmeladige Frucht (Brombeere, Pflaume, Kirsche), feine Ätherik (etwas Menthol), eleganter Holzeinsatz mit etwas Vanille,kraftvoll, trocken, leicht Extraktsüsse, lebendige
Säure,Kirsche, Brombeere, Pflaume, vermischt mit etwas Tabak, kraftvoller Körper (14,5 Vol%), trotzdem mit einer gewissen Eleganz, in dieser Gewichts-und Preisklasse ein ausgezeichneter Vertreter.
2015er "Val Sotillo" Ribera del Duero Reserva DO (Ismael Arroyo) -Ribera del Duero-
ein extrem zuverlässiger Klassiker: praktisch blickdichtes Dunkelrot, kraftvolle Nase mit perfektem Holzeinsatz, Herzkirsche, Himbeere, Brombeere, aber in keiner Weise plakativ, auf der Zunge deutliche Extraktsüsse, die aber von der Säure gut abgepuffert wird, sehr gut integrierte 14,5 Vol%, spürbare, aber sehr feinkörnige Tannine, ausgezeichnete Länge. Der Wein ist jetzt am Anfang eines bestimmt mindestens 5-8 Jahre langen Trinkfensters. Sehr hochwertiger Tempranillo im internationalen Stil.
2016er "ROC" Valtuille Bierzo DO (Veronica Ortega, Cacabelos) -Bierzo-
100% Mencia, 80 - 100 Jahre alte Reben, 14 Monate Barrique, Produktion nur 5.000 Flaschen.
Schon in der Nase die pure Verführung: reife Kirsche, Himbeere, deutlich floral (Veilchen), komplex und finessenreich, wirkt füllig und frisch zugleich, am Gaumen trocken, feine Sucrosite, helle Fruchtnoten (Kirsche, Himbeere, Brombeere), vermischt mit blütigen Akzenten, dezente Wacholderwürze, komplex, durch die saftige Säure kommt viel Frische und ein leichtes "Pinot-Feeling" auf, angenehme 13,5 Umdrehungen, wirkt frisch und eher mittelgewichtig,feinkörniges Tannin, langer, ätherisch-würziger Abgang. Großartiger Mencia-Wein mit Finesse und Strahlkraft. Jetzt in perfekter Verfassung. Ein Must-buy für Liebhaber der feinen Klinge.
2019er "Vinas Silenciosas" Rioja Alavesa DOC "Cuadrado" (Ibai Viticultores) -Rioja-
jugendliches, fast blickdichtes Purpur, sehr feine, elegante und angenehm fruchtige Nase, reife Herzkirsche, Hauch Himbeere, zarte Würze, Holz (gebrauchte 500-l-Tonneaux) ganz im Hintergrund, jugendlicher Eindruck mit einem dezent, burgundischen Touch,komplett trocken, angenehme Extraktsüsse,perfekt integrierte Säure, die die 14 Vol% bestens auffängt,sehr feinkörniges, fast zartes Tannin,eher "helle" Frucht, die in keiner Weise plakativ ist, finessenreich, absolut keine Wuchtbrumme, sehr harmonisch, fruchtig-würzige Länge. Eleganter, moderner Rioja mit exzellentem Preis-Leistungsverhältnis. Übrigens ein sehr interessantes Konzept hinter diesen Weinen: 2 Önologen kaufen oder pachten in den höher gelegenen Lagen der Rioja Alavesa Weinberge von Winzern oder Traubenlieferanten, die keinen Nachfolger haben oder ihre Weinberge einfach aufgeben wollen. Die Weinberge müssen aber im Durchschnitt mindestens 50 Jahre alt und in gepflegtem Zustand sein. Das Traubengut jedes einzelnen Weinbergs wird dann unter "Low-Intervention"-Bedingungen (wenig SO2, keine sonstigen Zusätze und Manipulationen im Ausbau) separat ausgebaut. Bei diesem Wein wurden beispielsweise nur 650 Flaschen erzeugt. Die Feinheit dieses Weins beruht auch teilweise auf dem ungewöhnlich hohen Graciano-Anteil (26 %) und dem 9%igen Anteil weisser Trauben (Viura). Für mich ein sehr individueller und gutklassiger Rioja, der im Hinblick auf den Aufwand solcher "Mikrovinifikationen" und der Klasse dieses Weines fast verschenkt wird. Extrem viel Wein fürs Geld!
Fortsetzung mit den noch fehlenden 6 Rotweinen folgt in Kürze!
LG
Bodo