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Re: Große Gewächse 2003

BeitragVerfasst: Sa 1. Aug 2015, 20:06
von Holzfass
Gerade im Glas habe ich den 2003er Erbacher Marcobrunn vom Schloss Reinhartshausen. In der Nase überraschend wenig Reifenoten, eher reife Birne, ansonsten eine süße, üppige und auch würzige Nase. Am Gaumen ähnlich. Kaum Säure, leicht viskos und fast restsüß wirkend. Zwar recht üppig und die 14,5% Alkohol machen sich am Gaumen bemerkbar, aber insgesamt nicht schlecht, wenn man mit die barocke Stilistik annehmen kann.

Re: Große Gewächse 2003

BeitragVerfasst: Mo 3. Okt 2016, 14:06
von Weinschlürfer
wie Einige evtl. schon wissen versuche ich mich seit einiger Zeit mit gut gereifteren Weinen.

Ich hatte nun schon zwei trockene 2003er im Glas. Beide waren eine Entäuschung. Meiner Ansicht nach überaltert/fehlerhaft. Und sehr goldgelb. Korken waren sehr bröckelig. Füllstand aber 1a!
Bei edelsüßen Auslesen hatte ich bisher nie eine Niete.

Ich bin deswegen mischtrauisch da ich schon einige 2005er und 2007er Weine (GGs) hatte die 1A waren.
Da war nix von Alter zu spüren bzw. kaum.

Ich hatte einmal

2003 van volxem - Scharzhofbeger (Lagenwein, später nach VDP Eintritt GG)
2003 Diel - Goldloch (Großes Gewächs)

--

Habe ich nur Pech und zufällig schlechte gelagerte Flaschen (von einem Händler jeweils ) erworben?
Oder Sind viele trockene 2002er und 2003 Rieslinge wirklich schon weit über dem Zenit?

Was denkt ihr? Vielen Dank für eure Meinungen. Ich frage deshalb, weil ich noch die Möglichkeit habe den ein oder andren 2003er Mosel/Rheingau GG relativ günstig (unter 20 Euro) zu bekommen.

Re: Große Gewächse 2003

BeitragVerfasst: Mo 3. Okt 2016, 15:49
von Bernd Schulz
Oder Sind viele trockene 2002er und 2003 Rieslinge wirklich schon weit über dem Zenit?


Zwischen 2002 und 2003 besteht meines Erachtens ein gewaltiger Unterschied. 2002 war ein "klassisches Jahr", und viele trockene 2002er stehen heute, so sie denn überhaupt auf Lagerfähigkeit hin vinifiziert wurden, noch ziemlich gut da. 2003 hingegen war der großen Hitze und Trockenheit halber auf breiter Front schwierig bis sehr schwierig (Ausnahmen bestätigen die Regel). Daher wundert es mich überhaupt nicht, dass dich deine beiden 2003er enttäuscht haben. Und ich würde heutzutage nur von sehr wenigen Erzeugern 2003er kaufen - auch wenn sie mir sehr günstig angeboten würden, wäre ich da überaus vorsichtig.

Meine GGs aus 2003 (Weihnachts- und Geburstagsgeschenke, insgesamt gut 30 Flaschen) habe ich fast alle nach zwei, drei Jahren weiterverkauft (und zwar auch mit ordentlichem Abschlag!).

Herzliche Grüße

Bernd

Re: Große Gewächse 2003

BeitragVerfasst: Mo 3. Okt 2016, 18:24
von Weinschlürfer
Hallo Bernd,

Danke für deine Meinung. Ich hatte ja auch relativ gute Namen bei meinen 03er Versuchen.
Füllstand sah nahezu perfekt aus.. Nix trübes zu erkennen, Also dachte ich "kann man probieren".

Die Weine waren aber schlicht nicht trinkbar für mich. Also mehr als nur leicht fehlerhaft.
Ich hab sie zu 95% weg geschüttet (aua *G*). Dachte allerdings auch "ok vielleicht einfach Pech mit den Flaschen"

Sie waren also nicht nur entäuschend sondern meiner Meinung nach schlicht schon kaputt. :?

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Du würdest also durch die Bank weg von 2003 abraten? Selbst wenn sie damals hochbepunktet waren?
Ich denke ich werde deine Meinung berücksichtigen und mich lieber auf ein paar 2002er konzentrieren...


PS: Hätte auch gern Freunde, die mir GGs schenken :)

Re: Große Gewächse 2003

BeitragVerfasst: Mo 3. Okt 2016, 18:52
von Bernd Schulz
Hallo Weinschlürfer,

wie gesagt: Auch aus 2003 gibt es Ausnahmen, aber viele Weine von renommierten Erzeugern waren schon jung nicht wirklich schön. Wenn sie nicht aufgesäuert worden waren, wirkten sie häufig sehr breit, matt und schwammig, und wenn man sie aufgesäuert hatte, stand die Säure disharmonisch neben dem Wein. Dazu kam eine jahrgangstypische "Haarwasser"-Note, die z.b. Christmanns Idig in einem recht hohen Maße aufwies. Auch Rebholzens Kastanienbusch, der hier im Thread mehrfach positiv besprochen wurde, mochte ich nicht besonders, und ich erinnere mich noch sehr gut an eine Verkostung von 03er GGs in Düsseldorf, auf der dieser Wein eine schwache Figur machte. Ein anwesender Spitzenwinzer von der Mosel (nein, nicht Martin Müllen :mrgreen: ) meinte damals sinngemäß, er verstehe nicht, wie man so etwas als GG abfüllen könne....

Also wenn du mich so konkret fragst: Ich rate erst mal durch die Bank von 2003ern ab. Wenn du statt dessen 2002er oder 2001er bekommen kannst, ist das auf jeden Fall die bessere Wahl!

Die 03er GGs habe ich übrigens nicht von Freunden, sondern wie auch diverse 01er und 02er GGs von meinem Vater geschenkt bekommen. Ihn gibt es aber leider mittlerweile nicht mehr (und nach 2004 ist er von den GG-Geschenken auf Weine von KaJo Christoffel und Martin Müllen umgeschwenkt, was meiner Meinung nach auch nicht ganz unsinnig war).

Herzliche Grüße

Bernd

Re: Große Gewächse 2003

BeitragVerfasst: Mo 3. Okt 2016, 20:09
von port_ellen
ich hatte kürzlich zwei 2003er GGs im glas, der letzte jahrgang GGs, den ich noch aus interesse und vorfreude gekauft (ich meine damals: subskribiert) hatte, dieweil noch bei oder knapp über 20€.

einer war hubacker vom keller, der andere diel, ich glaube burgweg (wurde damals im wein+ forum von pinard als 3er probe an interessierte günstig abgegeben...).

beide waren noch sehr gut beeinander, alles andere als hinüber.
natürlich haben die weine altersnoten, aber frucht war v.a. beim diel da, der war auch feiner und leichter, ich meine hubacker schlägt mit 13.5% zu buche, aber auch das nicht unharmonisch, weil er genügend dichte, also substanz hatte. mit jungen saftig-fruchtigen weinen sind die aber überhaupt nicht zu vergleichen, sie sind eher weine zum sinnieren und philosophieren.

ich bin der meinung, dass deutsche (trockene) rieslinge, auch die besseren, ihren geschmack im alter deutlich ändern, da sollten auch 2002 und 2001 keine ausnahme machen, die sind vielleicht noch nicht so weit wie 2003, aber auch da wird man +- dominante alterstöne haben, und die muss man kennen oder mögen oder analysierend probieren. im besten fall werden diese gestützt von einem stoffigen körper, einer präsenten säure und resten von frucht. ich jedenfalls würde keine wunder erwarten von trockenen rieslingen älter als 10j.

gruss, m

Re: Große Gewächse 2003

BeitragVerfasst: Mo 3. Okt 2016, 20:27
von Bernd Schulz
....ich bin der meinung, dass deutsche (trockene) rieslinge, auch die besseren, ihren geschmack im alter deutlich ändern, da sollten auch 2002 und 2001 keine ausnahme machen....


Da kann ich natürlich nicht widersprechen. Ein trockener 2001er wird mittlerweile in aller Regel deutlich mehr Altersnoten als ein 2009er aufweisen.

... im besten fall werden diese gestützt von einem stoffigen körper, einer präsenten säure und resten von frucht.


Was die präsente Säure (die aber in 2003, wenn der Wein nicht manipuliert wurde, eben in aller Regel nicht vorhanden war) angeht, stimme ich uneingeschränkt zu, und die Reste von Frucht unterschreibe ich auch. Dass sich ein stoffiger Körper unbedingt positiv auf die Reifefähigkeit auswirkt, steht zwar in vielen Büchern, aber nach meinen Erfahrungen der letzten 15 Jahre glaube ich das weniger. Ich hatte nämlich schon genug schlanke bis sehr schlanke trockene Rieslinge, die etliche Jahre auf dem Buckel hatten, aber vergleichsweise exzellent gereift waren, im Glas. Und ich finde, neben der mangelnden Säure besteht auch ein größeres Manko der 03er Rieslinge in ihrer Fettleibigkeit. Säurearme und gleichzeitig schwere, alkolholastige trockene Rieslinge reifen selten schön.

Herzliche Grüße

Bernd

Re: Große Gewächse 2003

BeitragVerfasst: Mo 3. Okt 2016, 21:04
von Bernd Schulz
Tja, was schert mich mein Geschwätz von eben? :mrgreen:

Gerade habe ich ihn im Glas, den schön gereiften trockenen Riesling mit einem "stoffigen Körper", der obendrein noch aus dem mir so verhassten Kaktusjahrgang stammt:

Bild

Nominell handelt es sich zwar nicht um ein GG (GGs aus 03 besitze ich ja nun mal nicht mehr), stilistisch aber schon. Und da der Wein so wunderbar dazu geeignet ist, meinen vorherigen Ausführungen zu widersprechen :twisted:, bringe ich die VKN bewusst hier und nicht im Müllen-Thread.

Ich muss gestehen, dass ich vor dem Öffnen deutlich weniger erwartet hatte - diese trockene Spätlese mit den zwei Sterne zeigt immer noch eine geradezu fulminant zu nennende Frische! Leider war das meine letzte Flasche, die ich eigentlich gerne mit Markus und Ralf getrunken hätte - aber die aktuelle Diskussion bot einfach einen zu großen Anreiz dafür, hier und jetzt den Korkenzieher zu betätigen.

Es gibt sie also, die bestens gereiften trockenen 03er! Wie häufig es sie gibt, ist eine andere Frage.....

Herzliche Grüße

Bernd

Re: Große Gewächse 2003

BeitragVerfasst: Mo 3. Okt 2016, 21:32
von port_ellen
na also, sehr schön !

2003 scheint ein bisschen wie eine wundertüte.

problem kommt immer dann, wenn frucht und aroma abgebaut und petrol und säure hervortreten. dann helfen auch struktur und gerbstoffe nicht mehr, die bringen am ende noch bitternoten...

gruss, m

Re: Große Gewächse 2003

BeitragVerfasst: Mi 5. Okt 2016, 11:04
von Leo
Hallo Forum,

ich verfüge zwar auch nur noch über rund ein Dutzend GGs aus 2003, aber über deren weitere Reifeentwicklung mache ich mir keine Sorgen.Interessanterweise sind diese Weine genau die Top-3- der GM-Zehn-Jahre-danach - Verkostung und beim letzten Blindvergleich in meinem Probierkeller schwächelte keiner der drei Kandidaten, der Sieg für den G-Max fiel allerdings recht deutlich aus.

Dennoch würde ich aktuell keine 2oo3er GGs in meinen Bestand dazunehmen, so gut diese Weine auch sind, ich bevorzuge doch mittlerweile die säurebetonteren Jahrgänge wie 2008, 2010,2013 und natürlich 2015, wobei ich in die 2015er schon ein bißchen mehr investieren werde ( Blue-Chips und keine Experimente).

Ich freue mich über die Entdeckerfreude und gelegentlich auch die Leidensfähigkeit mancher Forumsmitglieder,nur fehlt mir die Zeit zum Entdecken und die vielleicht größere Strapazierfähigkeit meiner Leber.

Gruß Leo