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Große Gewächse 2003

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Jürgen

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Große Gewächse 2003

BeitragDo 25. Nov 2010, 08:30

Hatte gestern den 2003er Steinbuckel von Knipser im Glas. Er zeigte sich mit einer mir angenehmen Reife, hatte für mich leicht laktische Noten und ähnelte mit seinem nach gereiften, gärenden Südfrüchten schmeckenden Aroma bissel einem Burgunder. Filigran war er nicht, eher etwas breit. Geschmeckt hat er aber und dafür habe ich ihm 87-88 Punkte gegeben. Nach meiner Auffassung sollte er nun getrunken werden.

Jürgen
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Weinschlumpf

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Re: Große Gewächse 2003

BeitragMo 11. Apr 2011, 20:20

Hallo,

einen "untypischen" 2003er hatte ich die letzten beiden Tage im Glas:

Gunderloch Pettenthal GG 2003

Helles Goldgelb, Vollreife komplexe Nase: Citrusfrüchte, Blutorange, Schwarze Johannisbeeren. Am Gaumen vollreife gelbe und rote Früchte. Sehr druckvoll und opulent ohne plump zu wirken. Schöne Säure und großartige Länge. Einer meiner besten 2003er bislang. Mit 13% für den Jahrgang sehr moderat im Alkohol.

92 Punkte. Vor 4 Jahren für 2 Euro einige Flaschen im Restpostenverkauf erstanden, ein echtes Schnäppchen.

Viele Grüße

Nikolai
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fafnir

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Re: Große Gewächse 2003

BeitragFr 29. Apr 2011, 10:15

zwar kein grosses gewächs, aber immerhin ein G-MAX aus 2oo3 war gestern abend das objekt unserer begierde.wie immer aus besonderem anlass: wir hatten einfach mal wieder lust darauf.aber wir wollten auch feststellen, ob er weiterhin seinen platz in unserer kühlwand verdient hat.

wie so mancher von ihnen haben auch wir mit 2oo3er weinen nicht immer nur positive erfahrungen gemacht, uns so waren wir mehr als gespannt:

gleich am anfang eine angenehme überraschung: eine zartgelbe,brillante farbe,sehr einladend.im duft verspielt,sehr jugendliche reife,feingliedrig und aristokratisch im geschmack,ein wirklich vornehmer tropfen mit tollem nachhall.

fazit: die beiden 2oo3 er restflaschen bleiben noch länger auf ihrem platz, vielleicht bis zu einer G-MAX vertikale in ein paar jahren.

gruß aus dem weinparadies


may
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octopussy

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Re: Große Gewächse 2003

BeitragSa 13. Apr 2013, 10:11

Hallo zusammen,

Ole hat in einem anderen Thread schon kurz die Ergebnisse seiner großartigen, unglaublichen, sehr lustigen und sehr lehrreichen Probe von 2003er Spitzenrieslingen gepostet:

Ole hat geschrieben:Eine Blindverkostung von dreizehn Speitzenrieslingen des Jahrgangs 2003 (in der Reihenfolge der Probe) erbrachte die nachfolgenden Ergebnisse [Rang in eckigen Klammern]:

1. Heymann-Löwenstein: „Uhlen Rothlay“ [IX]
2. Kühn: „St. Nikolaus“ [XII]
3. von Buhl: „Pechstein“ [III]
4. Bassermann-Jordan: „Pechstein“ [VIII]
5. Keller: „G-Max“ [I]
6. Bürklin-Wolf: „Ungeheuer“ [VI]
7. Christmann: „Idig“ [XIII]
8. Emrich-Schönleber: „Halenberg“ [XI]
9. Keller: „Kirchspiel“ [II]
10. Wittmann: „Kirchspiel“ [V]
11. Dönnhoff: „Hermannshöhle“ [IV]
12. Künstler: „Hölle“ Al Goldkapsel [VII]
13. Rebholz: „Im Sonnenschein“ [X]


Ich hoffe, es wird sich dazu noch eine kleine Diskussion entfalten, und ich hoffe weiter, es ist okay, wenn ich sanft versuche, die Diskussion in diesen Thread hier zu verschieben. Ich selbst hatte vor der Probe so gut wie keine Trinkerfahrung mit trockenen 2003er Rieslingen. Als die rauskamen, habe ich mich eher nur am Rande für Wein interessiert. Auch die Presse-, Foren- und Blogberichte habe ich damals nicht verfolgt. Mit gewissen Vorurteilen bin ich aber auch an die Probe rangegangen. Angesichts der in den letzten Jahren überwiegend eher negativen Berichterstattung über den Jahrgang (breit, fett, säurearm oder künstlich säuerlich, schlechtes Reifepotenzial, usw.) war ich zwar sehr gespannt, habe aber nichts Großartiges erwartet.

Eines jedenfalls habe ich gelernt. Den Jahrgang kann man nicht über einen Kamm scheren. Die ersten beiden Weine (Uhlen Roth Lay und Mittleheim St. Nikolaus) erfüllten mit ihrer messing- bis güldenen Farbe und ihren Reifenoten noch am ehesten das Klischee des Jahrgangs. Aber die restlichen Weine waren nicht nur farblich hell, sondern auch allesamt noch ziemlich frisch, im Zweifel alle voll ausgereift, aber noch vom Abflug entfernt. Wir haben alle Weine blind probiert. Bis auf die beiden Pechsteine und die beiden Kirchspiele war die Reihenfolge zufällig gewählt (gewürfelt, richtig, Ole?).

Der Kühn St. Nikolaus hat vielleicht am meisten polarisiert. Die Mehrzahl der Anwesenden fand ihn gruselig, war abgetörnt von der Klebstoffnase und der Klebstoffnote im Mund. Eine kleine Minderheit, zu der ich mich auch zähle, fand ihn jedenfalls sehr spannend und auch gut, wenn auch nicht groß (dazu fehlte etwas die Harmonie). Das erste Ausrufezeichen setzte der Pechstein von Buhl - herrlich harmonisch und ausgewogen, stoffig, dabei aber auch leichtfüßig mit einer wunderschönen Tarte au Citron Nase.

Bei den beiden Kellers war sich die Runde letztlich über die außergewöhnliche Qualität einig. Elektrisierend, unglaublich spannend, dabei - und das ist für mich wirklich die größte Qualität - herrlich zu trinken, null anstrengend, Lust auf den nächsten Schluck machend. Und der G-Max war auch noch ein ganzes Stück vor dem Kirchspiel.

Schon während der Probe, aber vor allem jetzt im Nachhinein sind mir aber auch Dönnhoffs Hermannshöhle und Künstlers Hölle Auslese Trocken Goldkapsel sehr positiv in Erinnerung. Die Hermannshöhle wirkte zwar etwas gekünstelt, aber seine Melonen-Aromatik bohrte sich wirklich lange in die Gehirnzellen. Immer wenn man dachte, jetzt verklingt der Wein, gab es doch noch eine kleine Nuance, die aufhorchen ließ. Den Künstler fand ich zwar etwas kitschig, aber auf seine Art auch sehr schön, wie mit dem Weichzeichner gemalt, sehr sanft, sehr leichtfüßig, wie ein in Seide gekleideter Geist.

Die großen Enttäuschungen waren für mich Christmanns Idig (der überzeugt in Blindproben irgendwie nie) und Schönlebers Halenberg. War es eigentlich der Halenberg, bei dem ein leiser Korkverdacht aufkam? mixahls hat ja in dem anderen Thread schon etwas über den 2003 Idig geschrieben:

mixahls hat geschrieben:Interessant, dass Christmanns Idig ganz hinten lag. Ich hatte 2011 meine letzte Flasche im Rahmen einer Probe gereifter Rieslinge (vor allen Dingen Smaragde und Große Gewächse) und er war einer der besten, von mir damals mit 94 bewertet.


Die Notiz habe ich mir auch durchgelesen und mir dabei gewünscht, wir hätten auch so viel Spaß im Glas gehabt. Dieser Idig gibt mir Rätsel auf. Ein paar Flaschen jüngerer Jahrgänge habe ich mir auch gekauft und hoffe, dass sie mir mal schmecken werden. Die bislang probierten drei Idigs (2005, 2007, 2003) fand ich alle enttäuschend. Alle hatten für mich dasselbe Problem. Ich fand sie nicht konsistent, null präzise, eher diffus und schwammig. Und auch die Aromatik hat in der Tendenz nicht meinen Geschmack getroffen. Sind das einfach Flaschenvarianzen? Denn man liest ja häufig über die eigentlich große Qualität dieses Weines. Ich mag jedenfalls die Hoffnung noch nicht aufgeben.

Ole, an dieser Stelle noch einmal mein ganz persönlicher Dank für die Ausrichtung dieser großartigen Probe, und an alle, für den Spaß, den wir hatten. Ich hoffe, wir hören noch von mehreren Stellen etwas über diese Probe und die einzelnen Weine!

Hier sind meine Notizen.
Beste Grüße, Stephan
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Einzelflaschenfreund

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Re: Große Gewächse 2003

BeitragDo 18. Apr 2013, 17:37

Auch von mir herzlichen Dank an Ole für eine Gastfreundschaft und eine Probe von wieder einmal höchster Güte. An Oles Standard haben wir uns schon so gewöhnt, dass man sich von Zeit zu Zeit ins Gedächtnis rufen sollte, dass dies alles andere als selbstverständlich ist.

Deutscher, trockener Riesling aus 2003 – da waren meine Erwartungen nicht so arg hoch, ein bestimmtes Profil mit Bananennoten, einem Mangel an Säure und Lebendigkeit und mit einem Loch in der Mitte schwebte mir vor.
Hier meine Eindrücke von der Blindprobe:

1) Heymann-Löwenstein, Uhlen Roth Lay:
Fast bernsteinfarben. In der Nase sofort als Riesling erkennbar, kräuterige Aprikose. Im Mund bitzelt er ein wenig, ist erkennbar nicht wirklich trocken. Trotz seiner guten Länge eher ein „netter“, leichter Wein ohne allzu große Tiefe. Ich tippe auf van Volxem – na ja, knapp daneben. Angesichts meiner H-L-Affinität eine Enttäuschung. In Blindproben mit trocken(er)en Rieslingen tut H-L sich oft schwer, aber die Position am Beginn der Probe hätte ihm eigentlich eher noch zugute kommen müssen. Aber sicherlich auch kein günstiges Jahr für Weine, die schon eine ordentliche Säure brauchen, um harmonisch auszufallen.
85 Punkte und Platz 10 von mir, insgesamt Platz 9.

2) Kühn, St. Nikolaus:
In der Farbe wie ein heller Whisky. Nase sehr phenolisch, viel Pattex. Im Mund kräuterig, leicht kratzig und etwas hohl. Sie Säure wirkt etwas aufgesetzt. Einige finden ihn auch oxidiert, das kann ich nicht teilen. Tja, Kühn aus der Mitte der Nullerjahre …
80-81 Punkte, mein Platz 13, insgesamt Platz 12.

3) von Buhl, Pechstein:
Mittelhelles Gold. In der Nase eine schöne, leicht säuerliche Aprikose. Im Mund leicht reduktiv, aber sehr harmonisch. Der Wein hat Spiel und Länge, ist dennoch eher auf der schlanken Seite. Mein Tipp war Dönnhoff.
91 Punkte von mir und Platz 3, so auch insgesamt.

4) Bassermann-Jordan, Pechstein:
Helles Gelb. In der Nase reduktiv, eine gewisse Substanz kündigt sich an. Im Mund Ähnlichkeiten zu 3, aber schwächer und irgendwie matter/unklarer. Ordentliche Säure, nach hinten raus bitter, so dass es über „animierend“ schon hinaus geht. Wirkt ein bisschen leer und zerfällt ein bisschen. Kein Probenteilnehmer hat die gleiche Lage wie beim Vorgänger vermutet (immerhin hatte ich „Ähnlichkeiten“ notiert, aber der Qualitätsunterschied war schon sehr deutlich).
86 Punkte, Platz 7 für mich, Platz 6 insgesamt.

5) Keller, G-Max:
Farbe wie Golden Delicious. Zur Nase habe ich mir notiert: „Weißweinschweiß“. Das bedarf einer Erklärung: Viele Rotweine (v. a. Pinots) haben diese schweißigen Noten – daran fühle ich mich erinnert. Wäre interessant zu wissen, ob ich aus einem schwarzen Glas sogar auf Rotwein getippt hätte. Im Mund Säure, Lakritz, enormer Druck und Länge. Da ich die große Qualität dieses Weines ohne Umschweife (an)erkenne, gleichwohl aber ein leises „nicht ganz mein Wein“ mitschwingt (vielleicht ist es diese Lakritz- und/oder Anisnote, die ich bei Rieslingen häufig nicht so ganz liebe), tippe ich auf Schönlebers Halenberg, den ich schon mehrfach ähnlich erlebt habe. Statt dessen nun also: mein erster G-Max. Dafür einen Extra-Dank an Ole!
Von mir 93 Punkte und Platz 2, insgesamt (und so auch von allen anderen am Tisch) Platz 1.

6) Bürklin-Wolf, Ungeheuer:
Farbe wie Apfelsaft (klarer, versteht sich). In der Nase etwas mostig-diffus, dann aber auch kandierte, tropische Früchte und ein wenig Klebstoff. Im Mund leider etwas zu bitter und unharmonisch, brennt ein wenig.
86 Punkte, Platz 8, insgesamt Platz 6.

7) Christmann, Idig:
Wieder Apfelsaftfarbe, nur etwas dunkler. Wirkt eher leicht in der Nase, trotz Klebstoffnote. Im Mund mineralisch, brennt dann etwas, auch im Abgang. Zu alkoholisch.
81-82 Punkte, Platz 12, insgesamt Platz 13.

8) Emrich-Schönleber, Halenberg:
Mittelgold. In der Nase eine saftig-würzige Gelbfrucht. Im Mund eine animierende Schärfe und eine sozusagen logische Fortsetzung des Naseneindrucks. Einige wähnen laktische Noten, vor allem aber gibt es eine kleine Gruppe, die sich klar mit einem Korkverdacht positioniert. Normalerweise bin ich da eher überempfindlich, dieses Mal kann ich es zu keinem Zeitpunkt nachvollziehen. Bei Enthüllung erscheint mir irgendeine Art von Fehler nicht unplausibel (nicht nur, weil ich den G-Max für den Halenberg gehalten habe), oder E-S ist mit dem Jahrgang nicht so gut zurechtgekommen.
Mit meinen 87 Punkten und Platz 6 liege ich so weit weg vom Durchschnitt wie bei keinem anderen Wein (insgesamt: Platz 11).

9) Keller, Kirchspiel:
Mittleres Gelb. Saftige, gelbe Früchte in der Nase. Herrlich! Im Mund wunderbar komplex, hat Spiel, Länge. Das soll 2003 sein? Jemand meint „Keller, Hubacker“, mir fehlen dafür die tropischen Noten und ich entgegne, „eher ein Kirchspiel“.
94 Punkte, für mich Platz 1, insgesamt Platz 2.

10) Wittmann, Kirchspiel:
Etwas helleres Gelb. In der Nase etwas einfacher und leichter als 9. Im Mund ebenfalls etwas schlichter, ich notiere „süß-saure Länge“. Wieder kommt niemand auf die Spur der Lagengleichheit, aber jetzt im Nachgang fällt mir schon auf, dass ich mich offenbar wie bei 3/4 zu einem Direktvergleich animiert sah.
87 Punkte, Platz 5 von mir und auch insgesamt.

11) Dönnhoff, Hermannshöhle:
Mittelgold. Milder Eindruck in der Nase. Im Mund irgendwie zwischen Halenberg und Kellers Kirchspiel. Sehr guter Wein. Ich tippe auf Mosbacher – äh, ja …
90-91 Punkte, Platz 4 von mir (man sieht, zwischen Platz 4 und 5 gibt es für mich einen ordentlichen Qualitätssprung) und auch insgesamt.

12) Künstler, Hölle Auslese Goldkapsel:
Mittleres Gold. In der Nase ähnlich wie der Halenberg (ich bin an diesem Abend sensorisch offenbar zunehmend überfordert, wenn ich immer wieder diese Querverbindungen herstellen muss), aber mit etwas Bonbon dazu. Im Mund Punkte, Schärfe und Bitternoten, milde und für meinen Geschmack zu schwache Säure.
85 Punkte, Platz 9, Platz 7 insgesamt.

13) Rebholz, Im Sonenschein:
Etwas dunkleres Gelb. In der Nase diffus, eine leichte, obstige Säuerlichkeit. Im Mund etwas, das ich als „Bindegewebsschwäche“ festhalte (und das ausgerechnet bei Rebholz, der sonst oft so karge, aber straffe Weine produziert) – hier haben wir dann wohl einen echten 03er, wie man ihn sich vorstellt.
83 Punkte von mir und Platz 11, insgesamt Platz 10.

Was bleibt? Zunächst einmal ein am Ende des Abends besserer Gesamteindruck, als ich ihn jetzt retrospektiv und in Anbetracht der Noten einschätze. Offensichtlich ein sehr heterogenes Feld, ebenso offensichtlich keine regelmäßig leicht zu findende Jahrgangstypizität. Der Jahrgang 2002 beispielsweise (da wir ihn an gleicher Stelle erst vor kurzer Zeit im Glas hatten, erlaube ich mir diese Generalisierung) spielt mehr als eine Liga darüber. Nein, insgesamt kein Jahrgang, der lieber gestern als heute ausgetrunken wäre, aber auch definitiv keiner, der groß ist oder es je wird.
Was Keller betrifft, so muss man einfach sagen: Die Weine performen auf einem Niveau und mit einer Verlässlichkeit, die ich schon bewundernswert finde. Über diverse Jahrgänge, Lagen und Probenkontexte landen die Keller-Weine fast immer im vorderen Viertel und immer wieder auch auf dem Spitzenplatz. Man kann Keller im Prinzip jedes Jahr blind kaufen.

Viele Grüße,
Guido
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Kle

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Re: Große Gewächse 2003

BeitragFr 19. Apr 2013, 18:21

Danke für eure ausführlichen Notizen.
2003 war für mich lange Zeit der Jahrgang mit dem größten Wiedererkennungseffekt. Zuerst fand ich die bonbonigen, rosigen Aromen furchtbar, dann gewöhnte ich mich an sie und lernte den „Fingerabdruck“ des Jahrgangs zu schätzen. Vor drei, vier Jahren schmeckten mir viele 2003er überraschend gut – als ob vermeintlich ewig Pubertierende ab einem gewissen Zeitpunkt zeigen wollen, wie ernsthaft sie sein können. Die phantastische Probe bei Ole hat wieder einen ganz neuen Eindruck ergeben. Was bleibt: Ein normaler Jahrgang war das nicht.
Meine Ergebnisse sind, weil ich mich vorübergehend in den Zeilen verguckte, nicht ins Gesamtergebnis eingeflossen.
Mein Favorit war Wittmanns „Kirchspiel“, gefolgt von Buhls „Pechstein“, der mich stark an aromatischen Kuchenteig erinnerte. Wer in der Konditorei keine Lust auf Apfelschnitte hat, sollte nach der Buhlschen Alternative Ausschau halten.
Der G-Max kam bei mir nur auf Platz fünf. „Starke Struktur“ und „etwas langweilig“, habe ich mir notiert.
Löwensteins „Uhlen Rothlay“ war für mich ein feiner, milder, etwas nichtssagender Wein mit flacher Säure. Vielleicht entspricht seine Schlaffheit ja auf besonders ehrliche Weise dem überhitzten Jahr. Kühns "St Nikolaus" kam bei mir auf Platz drei. Sicher – man kann es mit den Kräuter-und -Tankstellenaromen übertreiben. Ich war mir nicht sicher, wie gut mir der Wein auf Dauer schmecken würde, beuge mich aber dem besten aller Bewertungskriterien: Elektrifizierung. Das Gefühl, ein Wein geht augenblicklich durch Mark und Wein und macht das Räsonnieren überflüssig.

Gruß, Kle
—People may laugh as they will—but the case was this.
Tristram Shandy
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Burzuko

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Re: Große Gewächse 2003

BeitragFr 26. Apr 2013, 13:26

Vielen Dank Ole, für diese spannende gestrige 2003er Riesling-Probe...

Nach wie vor ist es mir unbegreiflich, welche Frische und "Jugendlichkeit" die meisten Weine der Probe noch aufwiesen :o
Hatte ich doch eigentlich damit gerechnet, dass wir es eher mit dem Typ "Bulldozer" zu tun haben werden.
Ich wurde, wie oftmals bei solchen Proben, auch diesmal eines Besseren belehrt! Lediglich 2 Weine passten für mich in dieses klassische 2003er-Raster: Wein Nr. 5, der Van Volxem und Wein Nr. 8, der Reinhold Haart.

1) Von Othegraven, Kanzemer Altenberg:

Ein sehr gelungener Einstieg in diese 2003-Probe. Tolle Nase, kräuterig sogar leicht exotisch. Hinten dann leichte Petrolnoten, die aber nicht wirklich stören. Einen Hauch Cassis hatte ich nach ein paar Minuten der Belüftung im Glas noch wahrnehmen können. Im Mund dann sehr schön saftig mit leichtem RZ. Körper ist hier kaum vorhanden, aber durchaus animierend zu trinken. (Mein Tipp: M. Molitor Saar Alte Reben) 87 Punkte, für mich Platz 8.

2) Leitz, Berg Rottland:

Deutlich Kaugummi (Hubba Bubba) in der Nase. Cremig, etwas buttrig aber mit einer gewissen Frische ausgestattet, was mich wundert, da wir später von einem deutlichen Flaschenfehler ausgehen müssen. Die leichte Schärfe im Abgang bestätigt dann immer mehr den Verdacht des Korkschleichers. Anfangs von mir noch mit erstaunlichen 85 Punkten bewertet, also Platz 9.

3) Wittmann, Morstein:

Der erste Wein der Probe der mich sofort wachgerüttelt hat! Zischt regelrecht durch den Gaumen, unglaublich mineralisch und saaaaaftig. Das volle Programm an gelben Früchten mit ordentlich Power. Macht unglaublich Spaß zu trinken. Ole bitte Nachschlag! Hier dachte ich das 1. mal aufgrund der Frische im Wein dass uns Ole einen 2008er untergejubelt hat. Leicht herb (Grapefruit) aber dann im langen Abgang. (Mein Tipp: Pfalz, evtl. Mosbacher?) Ich vergebe begeisterte 93 Punkte, Platz 3.

4) Peffingen, Ungsteiner Weilberg:

Eindeutig Minze in der Nase, Citrus und eine tolle Säure. Prickelt regelrecht auf der Zunge. Hmmm, lecker! Auch hier wieder: das soll 2003 sein? Unglaublich. (Mein Tipp: Nahe) 90 Punkte, Platz 6.

5) Van Volxem, Scharzhofberger Pergentsknopp:

Dann endlich ein 2003er, so wie ihn erwartet habe... Wein Nr. 5 fällt deutlich ab. Einfach nur klebrig süß, brandig und nicht mehr wieder zu beleben. Eine Enttäuschung. Hier wird fast überall gespuckt! 78 Punkte, somit Platz 11.

6) Rebholz, Birkweiler Kastanienbusch:

Kräter, Kräuter, Kräuter. Schön trocken, aber irgendwie zu wenig Fleisch, rustikal, puristisch (nichts Kuscheliges schmeckbar). Wer in der Runde sagte so schön:"Kein Gramm Fett zu viel!" Wer diesen Stil mag, wird höher bepunkten, ist klar. Mir gefällt an dem Wein dass er einen richtig fordert, hier ist äußerste Konzentration verlangt! (Ich bin schon wieder an der Nahe, wie eigentlich den ganzen Abend :lol: ) 91 Punkte, Platz 5.

7) Keller, Dalsheimer Hubacker:

Woaaahhhh! Feintse Mineralik, hier sind sie die feuchten Steine! Zwar puristisch aber im pos. Sinne. Unglaublich viel Druck am Gaumen, würzig und noch taufrisch. Wenn jmd. hier meckern muss, dann nur dass dieser Wein evtl. etwas zu "eindimensional" oder monolithisch daher kommt. Mir egal, ich finde ihn saulecker und bin fast schon euphorisch. ( Dönnhoff? Aber das wäre ja schon wieder die Nahe... Vielleicht doch Klaus Keller?! Im Übrigen könnte es auch ein 2010er sein!) Ich bin hin und hergerissen, 94 oder doch 95 Punkte? Für mich jedenfalls Platz 1.

8) Haart, Piesporter Goldtröpfchen:

Nach dem vorigen Wein tat ich mich ein wenig schwer gleich wieder einzusteigen... Nun endlich ein ehrlicher Jahrgangsvertreter. Üppig, caramelig. Auch ein wenig Petrol in der Nase. Etwas breit aber mit einem sehr schönen Schmelz versehen. Zum Abgang hin dann leicht salzig und etwas bitter. In sich ein sehr stimmiger Tropfen, trotz der etwas fetteren Stilistik. 88 Punkte, für mich Platz 7.

9) Knipser, Im großen Garten (Burgweg):

Extrakt ohne Ende, saftig und mit viel Power versehen. Sehr fokussiert, auch wieder sehr würzig. Ein unglaublich vielschichtiger Wein, wir sind alle begeistert! Das passendste Wort könnte hier "vibrierend" sein. Hier gibt es nichts auszusetzen, wow!(und ich fühle mich erneut an die Nahe versetzt!) 94 Punkte, Platz 2.

10) Koehler-Ruprecht, Kallstadter Saumagen Auslese trocken:

Pfui, was ist denn das? Bitter, richtig stumpf und unglaublich herb habe ich mir nur kurz notiert. Zerfällt regelrecht am Gaumen... Nein nein, gar nicht mein Fall, her mit dem Spucknapf. 76 Punkte, Platz 12.

11) Kühn, Oestrich Doosberg:

Deutlich Kleber in der Nase. Sehr trocken aber auch mit einer deutlichen Schärfe versehen (Senf). Zum Abgang hin überwiegt dann eindeutig der Alkohol. Kein großer Genuss. 84 Punkte, Platz 10.

12) Diel, Dorsheimer Goldloch:

Sehr schöne Nase. Auch hier wieder Kräuter ohne Ende, leicht buttrig, man vermutet dass der Wein dann in die Breite geht, aber er bleibt klar fokussiert, geradlinig und besitzt einiges an Power. Ein feiner Tropfen! ( Nahe? Ja richtig, endlich ein Treffer!) 92 Punkte, Platz 4.

Am Ende kann ich sagen, dass ich niemals damit gerechnet hätte, mit den Punkten so hoch zu gehen. Ganz weit vorne wieder einmal die 2 "Dauerbrenner" aus Rheinhessen, ok bei Keller wundert es mich nicht, bei Wittmann schon eher. Die eigentlichen zwei Überraschungen für mich waren Diel und Knipser. Die Rieslinge von Diel haben mich nie begeistern können, egal ob jung oder gereift. Um so schöner dann hier das Egebnis. Bei Knipser bin ich mir nach wie vor mit dem Reifeverlauf der Rieslinge nicht so sicher, vereinzelte GG´s die ich im laufe der Jahre probieren durfte waren all zu oft über´n Berg. Eine der wenigen pos. Überraschungen hatte ich im Februar mit einem 2007er Steinbuckel. Den würde ich sogar noch nachkaufen.
Nochmals großen Dank an Ole für diese tolle Probe. Es hat tierischen Spaß gemacht, auch wenn ich der Meinung bin dass es 2-3 Flaschen weniger hätten sein können. Wie Carsten ebenfalls sagte, die meisten Weine hätten noch etwas mehr "Attention" bzw. Zeit im Glas gebrauchen können, da sie sich, obwohl vorher rechtzeitig geöffnet, noch teilweise weiterentwickelt haben. Diesen Punkt hatte ich ja schonmal angesprochen, aber vielleicht sind die Proben nun mal so bei dir und ich muß mich einfach dran gewöhnen :D Wie dem auch sei, es gibt Schlimmeres!
Bin schon gespannt auf eure (professionelleren) Notizen.

Gruß
George
Zuletzt geändert von Burzuko am Fr 26. Apr 2013, 15:58, insgesamt 1-mal geändert.
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octopussy

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Re: Große Gewächse 2003

BeitragFr 26. Apr 2013, 15:18

Hallo George,

danke für deine Notizen und danke an Ole (falls er mitliest) für die Organisation und Ausrichtung dieser wirklich denkwürdigen Mammut-Probe in zwei Teilen. Wir haben am Ende noch einmal rekapituliert und sind dazu gekommen, dass Ole wirklich kaum einen relevanten Wein ausgelassen hat. Direkt beim Winzer gekauft, gut gelagert und gut serviert. Nennenswerte Flaschenvarianzen konnten wir eigentlich ausschließen. Und auch mit den Korken hatten wir überwiegend Glück. Außer einem klaren Kork und einem Korkverdacht waren keine angeschlagenen Flaschen dabei.

Teil 2 der Probe schloss letztlich an Teil 1 nahtlos an mit vielen Überraschungen im positiven wie im negativen Sinn, im Fazit aber wieder der Feststellung, dass es kaum möglich ist, die trockenen 2003er Spitzen-Rieslinge aus Deutschland in ihrer Art wirklich zu packen. Bei vielen Weinen fiel es uns wirklich schwer, zu glauben, dass es sich um 2003er handelte. Positive Überraschung Nr. 1 war der Probensieger, der 2003 Riesling Burgweg "Im Großen Garten" von Knipser. Knipser, den ich häufig etwas zu mainstreamig finde, hätte ich einen so schön gereiften, dynamischen und elektrisierenden Wein gar nicht zugetraut. Der Keller in der Runde (Hubacker) war ganz gut gleich erkennbar, wieder äußerst gelungen, höchstens könnte man - auf sehr hohem Niveau - kritteln, dass der Gutsstil bei den Großen Gewächsen hier zwar wirklich gekonnt und spannend ist, sich aber doch recht stark wiederholt (G-Max, Hubacker und Kirchspiel waren in ihrer Art wirklich sehr ähnlich, viel ähnlicher als bei Wittmann). Der Wittmann Morstein hat mir bei etwas niedrigeren Punkten daher fast doch besser gefallen, im Stil auch ähnlich (linear, präzise, unfruchtig-steinig), aber mit dem Hauch mehr Überraschungsmoment.

Die Überraschungen im negativen Sinne waren der Van Volxem Pergentsknopp, der wirklich lasch, überreif, faulig und abgestanden wirkte (gemein gesagt schmeckte er nicht viel besser als so mancher restsüßer Supermarkt-Riesling aus den 80ern, schlimmerweise habe ich blind auch noch Van Volxem erraten), absolut gruselig und mit 80 Punkte noch großzügig bedacht, und - leider, leider - der Koehler Ruprecht Saumagen Auslese Trocken, der ziemlich neben sich stand, mit mehr Luft aber durchaus Saumagen-typische Aromen von Aprikose und Kamille entwickelte. So ein Wein ist im Probenkontext einfach immer schwierig. Das Probenkontext-Schicksal teilte übrigens auch der Kühn Doosberg Drei Trauben, dessen Botrytis-Note leider total stechend war. Auch beim Nachprobieren hat mir der Wein nicht wirklich gut geschmeckt. Auf der anderen Seite will ich nicht ausschließen, dass er über einen langen Abend oder über mehrere Tage hinweg getrunken total viel Spaß macht, weil sich immer wieder neue Aspekte ergeben.

Besonders gefreut hat mich das gute Abschneiden (nicht nur bei mir, sondern auch in der ganzen Runde) des 2003 Kastanienbusch GG von Rebholz. Die Weine haben es im Probenkontext ja auch oft schwer, aber hier präsentierte sich der Wein wirklich schön, sehr spannungsvoll und vielschichtig.

Also, noch einmal meinen herzlichen Dank, meine Verneigung und meinen großen Respekt an Ole!

Hier sind meine gesammelten Notizen beider Proben.
Beste Grüße, Stephan
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Ole

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Re: Große Gewächse 2003

BeitragSa 27. Apr 2013, 12:32

Vielen Dank, George und Stephan, für die freundlichen Worte! Es wäre zu überlegen, ob man die 'Individualisten', also Kühn, van Volxem, Heymann-L., Koeher-R. einmal gesondert mit- bzw. gegeneinander probieren sollte – evtl. zwölf Stunden dekantiert. Falls Interesse besteht, bitte ich um Tipps zur Weinbehandlung.

Als Fußnote wäre noch zu erwähnen, daß in einer hochkarätig besetzten 2003er-Probe vor ca. sieben Jahren derselbe Knipser-Wein schon einmal Sieger war – und der Kühnsche 'St. Nikolaus' eine blendende Figur machte.
Ole
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Moulis

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Re: Große Gewächse 2003

BeitragDo 24. Okt 2013, 09:01

Gestern das GG 2003 von B. Ress zum Essen.
Voll auf dem Punkt gereift :mrgreen:
Ein Explosion von Früchten, Melone, etwas Zitrus, Aprikose
Einfach toll.
Ich bin ja bekennender Ress - Fan, aber das war der beste den ich bisher von ihm hatte.
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