+++ DIESER BEITRAG IST NUR FÜR BIRTE +++
Dann, liebe Birte, schreibe ich mal, vor welchen Weinen ich auf die Knie gegangen bin. Lass mich aber zuvor kurz etwas erklären:
Ich habe bei der Vorpremiere in Wiesbaden mit dem Jahrgang 2012 etwas gemacht, was ich vorher nie gemacht hatte: ich habe auf Punkte verzichtet und die Weine, die mir gefallen haben, ausschließlich mit Worten beschrieben. Nur haben Worte eine gewisse Problematik, wenn in wenigen Stunden 50 und mehr Weine zu beschreiben sind. Sie wiederholen sich. Ich persönlich kann mit meinen Texten etwas anfangen, aber sie sind nicht zur Veröffentlichung. Um also die Notizen zu veröffentlichen, müsste ich mich hinsetzen und sehr zeitaufwändig lesbare Texte daraus basteln.
Was ich bei der Vorpremiere auffällig fand, war zum einen das gestiegene Niveau der Weine und zum anderen das sich langsam verändernde Geschmacksbild. Hatte ich bisher den Eindruck, dass die meisten deutschen Winzer eher auf Nummer Sicher gehen und die Weine frisch und fruchtig ausbauen, hat sich mit 2012 eine Art Mut zum Wilden manifestiert, das jetzt auch die Weine des Rheingau ergriffen hat. Dieser Mut - vielleicht ist es auch eher ein Wunsch - zum Wilden wird mit verschiedenen kellertechnischen Eingriffen realisiert. Es sind dann vor allem die Eingriffe, die ich geschmeckt habe, denn das Wilde, das wirklich von den Trauben oder der Lage stammen würde, ist viel zarter als das vorgestellte und in den Wein hineingezauberte Wilde. Ich habe diesen Weinen den Begriff "Konzeptweine" gegeben, weil ich ein ausgeklügeltes Konzept des Winzers schmecke. Für beide Weine - die Fruchtweine wie auch die Konzeptweine - gilt: ich spüre die Absicht und kann mich einer gewissen Verstimmung nicht entziehen. Trotzdem gibt es in beiden Kategorien tolle Weine, ohne Frage.
Im Fokus standen für mich diesmal die Weine, bei denen ich keine Absicht schmecke. Für diese Weine habe ich nur einen sehr schlechten Begriff gefunden und ich wünschte, mir würde ein weniger pathetischer einfallen. Es waren für mich die authentischen Weine.
Nun kann man auch diesen authentischen Weinen entgegenhalten, dass sie einem Konzept entspringen. Das ist zweifelsohne richtig, weil überall, wo der Mensch eingreift, ereignet sich menschlicher Geist und Wille, was nichts anderes als Konzept ist. Dennoch gibt es halt doch einen Unterschied zwischen dem Konzept, ein bestimmtes Geschmacksbild kreieren zu wollen. Oder dem Konzept, das beste und gesündeste und sauberste Traubenmaterial zu generieren und dann die Trauben und den Most das machen zu lassen, was er will. Das eine ist sozusagen ein Konzept, das sich auf das Endprodukt richtet, während das andere das Konzept des Ursprungsmaterials ist. Letzteres finde ich weitaus spannender, weil die Vollendung der Absicht dann nicht mehr in den Händen des Winzers liegt und ergo ich den Winzer und seine Absicht nicht mehr erschmecken kann.
Daher habe ich eine Art Liste gemacht, von denjenigen Weinen, die mir in der jeweiligen Kategorie sehr gut gefallen haben.
Fruchtweine:
Dönnhoff - sehr stilsicher, klassisch
Schloss Vollrads - endlich ein toller Schlossberg
Schloss Johannisberg - wunderschöner Rheingauklassiker
Gunderloch - das sauberste Pettenthal, das ich kenne, leise und fein
von Oetinger - ernsthaft und schlank: Marcobrunn
Konzeptweine:
von Winning mit ganz starker Kollektion (vor allem Kirchenstück und Langenmorgen), weniger Holz, mehr Exotik, tolle Kombination
Diel - das Pittermännchen bärenstark
Gut Herrmannsberg - Kupfergrube, der Rest leider im Schäfer-Fröhlich-Imitats-Modus
Schäfer-Fröhlich: Felseneck sehr stark und muskulös
Keller: mit einem etwas künstlich-wilden Pettenthal und einem starken Hubacker
Spreitzer - diesmal mit einem wilden St. Nikolaus und Wisselbrunnen
Flick - ein wirklich vibrierender Nonnberg
Tolle handwerkliche Weine:
Emrich-Schönleber - Frühlingsplätzchen und Halenberg, beide strahlen Ruhe und Souveränität aus
Knipser mit 2 schönen Rieslingen (Mandelpfad und Steinbuckel), war die letzten Jahre nie enttäuscht von Knipser
Kuhn - der Kirschgarten ist voluminös aber spannungsgeladen
Theo Minges - Gleisweiler Hölle mit herrlich dunklem Aromenprofil
Ress - der Schlossberg war stark
Authentische Weine:
Wittmann, hier vor allem der Morstein, aber auch der Rest ist grandios - ganz, ganz großes Kino, ungeheure Ruhe, fast meditativ, messerscharfe Präzision
BattenfeldSpanier - Frauenberg und Schwarzer Herrgott zeigen die ganze Stärke, zu der Kalk in einem etwas kühleren Jahr wie 2012 fähig ist: fokussiert, zurückhaltend, reintönig
Kühling-Gillot - Rothenberg und Pettenthal, beide in kühleren Jahren eher Hinterherhinker, sehr elegant und schlank
Heymann Löwenstein - der Röttgen etwas fruchtiger und mit mehr Volumen, der Uhlen "L" schlanker und sehr pointiert
Van Volxem - mit dem Gottesfuss die schönste Nase 2012, aber auch der Rest ist grandios
Peter Lauer - Schonfels und Saarfeilser sind völlig wilde Weine, leicht rustikal, dennoch Top und Teil einer absolut starken Gesamtkollektion
Clemes Busch - ebenfalls sehr starke Kollektion, herausragend der Marienburg "Rothenpfad"
Wagner-Stempel - immer etwas schwieriger anzutrinken, weil verschlossen und unnahbar, der Heerkretz ist aber trotz der Dichte ungeheuer feingliedrig und fast zart
Rebholz - Im Sonnenschein einfach ein schöner Pfälzer, etwas einfacher gestrickt, aber ehrlich
Bürklin-Wolf - sehr starke Gesamtkollektion, nur schmecken die Weine momentan alle ähnlich