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Jahrgang 2012

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amateur des vins

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Re: Jahrgang 2012

BeitragDi 6. Mär 2018, 19:01

Haben wir wirklich keinen Thread "Große Gewächse 2012"? Egal, dann eben hier...

Schäfer-Fröhlich, Stromberg 2012

Als sei er gerade der Kinderstube entsprungen. Wunderbar, ich brauch' keine Petrolnoten!

Glänzt durch fast völlige Abwesenheit von Frucht. Vielleicht eine zarte Andeutung von Grapefruit, wenn man möchte. Vor allem präsentiert dieser Wein Stein und Rauch! Weckt er zunächst Assoziationen an Granit und Kaminrauch, geht es alsbald mehr in Richtung Feuerstein.

Dieser Wein ist ein Phänomen. Oder ein Phantom? Er scheint garnicht besonders viel zu bieten: Keine Frucht, nicht super-hyper-komplex, nicht schmeichlerisch. Und dennoch fordert er mich permanent heraus, den nächsten Schluck zu nehmen. Mal frage ich mich, wieviel RZ er wohl hat. Dann watsche ich mich ab, weil er so trocken erscheint. Er scheint simpel daherzukommen, nur um im nächsten Augenblick große Tiefe zu offenbaren. Entzieht sich fast der Beschreibung, ist aber so verdammt verlockend.

Das nenne ich großes, großes Weinkino! Nicht, weil er so unglaublich viele Facetten präsentierte. Sondern, weil er großen Trinkspaß und rätselhafte Tiefe vereint. Bravo bravissimo!

Der erste Jahrgang Stromberg überhaupt, und leider meine letzte Flasche...
Ich bin von Anbeginn ein großer Fan des Strombergs. Beim Felseneck passiert mehr, und auch als ich mich letztens mal durch einen Jahrgang (2015) von Tim Fröhlichs GGn probierte, waren die Lagencharakteristika klar ersichtlich. Aber Stromberg entzieht sich dem irgendwie. Merveilleux!
Besten Gruß, Karsten
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Michl

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Re: Jahrgang 2012

BeitragDi 6. Mär 2018, 20:05

Danke für die vielsagende Beschreibung! Macht Freude, zu lesen...
Viele Grüße

Michl
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amateur des vins

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Re: Jahrgang 2012

BeitragDo 29. Mär 2018, 19:08

Nach dem Stromberg Anfang des Monats jetzt das

Schäfer-Fröhlich, Felseneck 2012

Die schwefligen Reduktionsnoten, die S-F oft in der Jugend zeigt, sind da, aber eher im Hintergrund. Kraftvolle, aber schlanke und fokussierte Nase. Zitrus (Zitronengras, reife Zitrone, Quitte) und etwas Garrigue und Rauch.

Am Gaumen sehr [kraft]voll und voluminös, aber nicht breit. Sehr schöne Säure: frisch, für S-F-Verhältnisse nicht besonders knackig, hält aber gut das Volumen in Schach. Aromen wie oben, aber mit deutlicher Verschiebung Richtung Kräuter (Oregano), besonders im ewig langen Abgang.

Ebenso eindrucksvoller wie schwieriger Geselle: Ich hatte ihn zunächst solo, dann zu Käse. Wider Erwarten, war die mittelwürzige Ziegenrolle keine so gute Kombination. Der gereifte Höhlen-Gruyère passte besser, aber so ganz auf den Punkt war's auch nicht. Solo gefiel er mir am besten. Wenn ich freie Auswahl hätte: Ein Zicklein-Braten aus dem Ofen könnte wohl gehen (hatte ich erst einmal), oder ein kräftig gewürzter Seeteufel fiele mir ein.

Im Vergleich zum Stromberg, fällt er ziemlich mit der Tür in's Haus: Er kommt eher über Druck und Intensität, weniger über rätselhafte Tiefe, ist dabei aber irre komplex und vielschichtig. Dabei ist er aber sehr charaktervoll, kein Schmeichler, und ich frage mich, ob das (für mich in einer Blind-Verkostung) wohl ähnlich markant wäre wie diese "Morstein-Verruchtheit". Beide sind auf ihre Art äußerst beeindruckend!

Wenn nicht unerwartete Dinge geschehen, war's das jetzt für mich mit S-F 2012. :(

edit:
Ungefähr ¼ Flasche hatte bis heute offen im Weinkühlschrank überlebt. Interessante Entwicklung, wobei ich wie stets nicht weiß, wie groß mein Anteil im Vergleich zu dem des Weins ist. :geek:

Jedenfalls wirkt die Nase heute auf mich tendenziell "entfruchtet" und eher "(kalk)steinig", obwohl etwas Zitrus schon noch da ist, genau wie Garrigue und Rauch.

Danach etwas überraschend und dem widersprechend, erscheint er mir am Gaumen nochmals opulenter, eher Richtung gelber Steinfrucht. Dazu paßt, daß die Säure zwar ausreichend ist, aber sowohl für Riesling als auch für S-F eher mild. Die Kräuterwürze bleibt und verleiht ihm große Komplexität.

Ohne Zweifel sehr, sehr gut, aber für Größe fehlt mir ein klein wenig die Spannung. Ich bin aber geneigt, das unter "stilistischer Präferenz" einzuordnen. :ugeek:
Besten Gruß, Karsten
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dylan

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Re: Jahrgang 2012

BeitragSo 20. Mai 2018, 10:43

Wittmanns Morstein GG hat mir den gestrigen Pokalabend versüßt.
Rauchig, tabakig, würzig, mit einer strukturgebenden Säureader vom Auftakt bis in den langen Abgang durchzogen.
Ein Wein von großer aromatischer Dichte mit einer dunklen Seele.
Braucht aktuell viel Luft und dürfte in einigen Jahren noch besser sein. (93-94 P)

Wieder was gelernt gestern Abend:
- Die Geschichte von David und Goliath funktioniert zumindest gelegentlich noch.
- Torhüter wissen sich zu benehmen.
- Morstein ist ein sehr spezieller und polarisierender Wein. (Meine Frau mochte ihn nicht)

Grüße und schöne Pfingsttage

dylan
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amateur des vins

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Re: Jahrgang 2012

BeitragSa 17. Nov 2018, 19:08

Gerade im Glas: meine letzte Flasche

Wittmann, Brunnenhäuschen 2012

Nase geschliffen: Plattpfirsich, Holunderblüte. Dicht und harmonisch. Nur ganz leichte Rieslingfirnis.
Am Gaumen aromatisch wunderbar balanciert; kaum Alterung. Säure nur knapp ausreichend: insgesamt dürfte etwas mehr Spannung da sein.
Ein guter Moment, ihn zu trinken: gereift, aber nicht (zu) tertiär, und noch ausreichend frisch.
Besten Gruß, Karsten
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innauen

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Re: Jahrgang 2012

BeitragDo 13. Dez 2018, 11:35

Hallo,

Apropos Wittmann. Gestern gab´s mit Kollegen das obligatorische Weihnachtsessen. Auf der für Berlinische Verhältnisse ganz bemühten Weinkarte fanden sich wie häufig eine Mehrheit ordentlicher deutscher Weine, die ambitioniert kalkuliert waren. Will sagen: Der 10 Euro Wein ab Hof war mit 40 Euro auf der Karte. Allerdings fand sich auf der Karte auch Wittmanns Morstein 2012. Der schlug zwar mit 85 Euro zu Buche - im Vergleich zur Qualität und im Vergleich zur Verfügbarkeit des Weines aber eine klare Empfehlung.

Ich habe den Wein jetzt zwei Mal getrunken. Lest selbst:

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Grüße,

Wolf
„Es war viel mehr.“

Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
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EThC

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Re: Jahrgang 2012

BeitragDo 13. Dez 2018, 12:29

Hmmm, Du hast es jetzt geschafft, mich zweifeln zu lassen, ob ich den nun schon anfassen oder doch noch liegen lassen soll...
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
DAS EWIG GESTRIGE
was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.

https://ec1962.wordpress.com/
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innauen

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Re: Jahrgang 2012

BeitragDo 13. Dez 2018, 13:32

EThC hat geschrieben:Hmmm, Du hast es jetzt geschafft, mich zweifeln zu lassen, ob ich den nun schon anfassen oder doch noch liegen lassen soll...


Liegen lassen oder doppelt dekantieren. Letzteres dürfte schon viel helfen.

Grüße,

wolf
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port_ellen

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Re: Jahrgang 2012

BeitragFr 4. Jan 2019, 23:05

letzte flasche:

2012 "orbel" von st.antony
grüngelb; ziemlich kräftige, einigermaßen komplexe und reife nase: karamell, etwas honig, von der frucht her zitrisch-apfelig.
noch ordentliche, ziemlich saure frucht, etwas breit-süßlich, mittelkräftig, ordentlich gereift, etwas mineralisch, steinig, tabakig. nicht wirklich charmant, aber unfallfrei zu trinken. jetzt reif, wird nicht mehr besser.

gruss, matthias
...and you may ask yourself - well...how did I get here ?
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amateur des vins

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Re: Jahrgang 2012

BeitragDo 21. Mär 2019, 16:29

Mein letztes '12er GG überhaupt:

Wittmann, Morstein 2012

In der Nase hat man sofort den typischen "Morstein-Dreck". Mit Schwenken reife gelbe Steinfrucht und Quitte. Dazu Hagebutte, Birne und jede Menge Mineralik und Kräuter (Rosmarin, Majoran). Sehr komplex, tief, dicht und harmonisch.

[+10'] Am Gaumen dito, dann zart erdig und etwas rauchig. Schöne Säure, frisch, aber nicht bissig; für Riesling fast schon "mild", aber das mag wegen des hohen Extraktes täuschen. Im langen Abgang deutliche leichte Bitternote.

Sehr gut!
(...aber zu "Größe" fehlt mir der Aha-Effekt.)

[+1d] Ziemlich auf den Punkt. Jung, d.h. ohne signifikante Reifenoten, aber ohne jede infantile Ungehobeltheit (trotz deutlicher Adstringenz).

Noch mehr Schmelz, und es bestünde die Gefahr, in die Breite zu gehen, wenngleich die tolle reife Säure wohl dennoch einiges auffangen würde.
Besten Gruß, Karsten
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