Hallo Guido,
danke für eine tolle und ungemein anregende Probe.
Nochmal danke für deine Notizen, auf denen sich wunderbar aufbauen lässt.
- R. Sauer, 2008 Escherndorfer Lump Spätlesen trocken L: Sehr kernig, knackige Säure, kein spürbarer Restzucker. Toller, reintöniger Stoff. Von mir 91 Punkte. In die Wertung haben wir ihn nicht aufgenommen, aber er wäre wohl um Platz drei herum eingelaufen.
Etwas süßliche, überaus animierende Nase mit weißer Frucht. Am Gaumen Druck und Würze. Von mir 92 P. Wäre Platz 2 gewesen.
- Halenberg 07 vs. Dellchen 07: Flight des Abends, ganz klar.
E-S Halenberg roch nach frischem Gras, Kräutern und Blüten. Stephan machte auch Noten von Ginger Ale aus. Am Gaumen viel Länge, toller Nachhall. Dabei wenig verspielt, sondern recht straight. Veränderte sich allerdings laufend im Glas und war auch beim späteren Nachprobieren wieder etwas verwandelt. Von allen verkosteten Weinen des Abends wahrscheinlich mit dem meisten Entwicklungspotenzial.
Dönnhoff Dellchen mit einer etwas lakritzig-anisigen Nase, dazu Heu/getrocknete Kräuter (interessanter Kontrast zum Halenberg). Im Mund wahnsinnig komplex, die einzelnen Aromen zu identifizieren, fiel schwer. Und eine ganz, ganz seltene Kombination: Der Wein hatte sowohl ungeheuren Schmelz, als auch eine gewisse Leichtigkeit (inkl. Mouthfeeling eines leichten Moussierens). Der Wein war übrigens als einer der wenigen nicht doppelt dekantiert, da er direkt aus der Flasche gleich voll da war.
Auf sehr hohem Niveau waren das für mich 93 Punkte für den Halenberg und 95 Punkte für das Dellchen (dieser Wein kann nur noch anders, aber kaum noch besser werden). Unumstritten war der erste Platz in der Gesamtwertung für das Dellchen, der Halenberg landete drei Mal auf Platz zwei und ein Mal auf Platz drei.
Beim Halenberg eine sehr komplexe Nase mit Gras und Cassis. Entwickelte sich; zu Anfang etwas Brause, mit Luft wurden die Grasnoten stärker. Am Gaumen präsente Säure und ansonsten schwer zu beschreiben, da stark changierend; beim Potential schließe ich mich Guido an. Von mir 91 P. und Platz 2
Das Dellchen eine sensationelle Mischung von Komplexität und Trinkfreude. In der Nase Heu, dezente Frucht und staubige Noten, am Gaumen komplex, mehr Frucht, als die Nase vermuten lässt und ein sagenhaftes Spiel. Langer Abgang. Eine reine Freude und einer der besten trockenen Rieslinge, die ich je trinken durfte. 94 Punkte und klarer Platz 1.
- Halenberg 06 vs. Dellchen 06: Niemand identifizierte diese Weine als die Vorgänger der ersten beiden. Jahrgang 06 wurde allerdings (ebenso wie 07 im ersten) schnell erkannt.
Der Halenberg mit heftiger Säure, viel Pikanz, insgesamt zu streng und scharf. Machte später noch etwas auf.
Dellchen mit Honig (Botrytis?) in der Nase. Deutlich mehr Trinkvergnügen als der Halenberg, aber weit weniger komplex als der 07er.
Von mir 87/88 Punkte für den Halenberg, 91 für das Dellchen. Der Halenberg landete auf dem siebten Gesamtplatz, das Dellchen auf dem vierten.
Halenberg: Zitrusnase, am Gaumen scharf, fast beißend, was sich später etwas besserte; viel steiniger als der Vorgänger, aber dafür auch höchstens halb so tief. Von mir 87 P. und Platz 6.
Dellchen: dunkle Nase mit Cassis und etwas Holz; am Gaumen säurefrisch und mit Frucht, aber schmeckbarem Alkohol; viel besser als der Halenberg aber wie dieser gegenüber den 07ern viel zu verwaschen. Von mir 90 P. und Platz 4.
- Idig 05 vs. Berg Rottland 05: Die deutliche Reife im Vergleich zu den Vorgängerflights fiel allen auf.
Idig schon sehr gülden, scharf und etwas mastig-plump. Sehr unharmonisch.
Berg Rottland mit Honignase und auch spürbar höherem Restzucker. Ein bisschen schwerfällig, aber ein guter Wein - wenn man die GG-Kategorie außer Acht lässt.
Von mir 86 Punkte für den Idig, 87/88 für Berg Rottland. Nachdem ich beide in den letzten Jahren mehrfach getrunken hatte, haben sie letztlich ihre jeweiligen Formen bestätigt: Der Idig als unbeholfener Geselle, der in keiner Weise in die Gruppe der großen trockenen Weißweine zu zählen ist, der Berg Rottland immerhin als recht angenehm zu trinkender Wein, der aber ebenfalls nicht in die Premiumklasse gehört. Der Idig landete einstimmig auf dem achten und letzten Platz, Berg Rottland auf Platz sechs (zwei Mal fünf, zwei Mal sieben).
Der weitaus schwächste Flight. Der Idig war beim dritten Versuch zum dritten Mal ein Rohrkrepierer (im GG-Kontext). In der Nase süßsauer mit leicht penetranter Wachsnote, am Gaumen streng, grasig-buttrig, etwas bitter und vom ganzen Aroma kaum Riesling. Von mir Platz 8 und 85 Punkte, mit denen er aus der Rückschau betrachtet noch gut weggekommen ist.
Der Berg Rottland für mich nur wenig besser, mit einer Melonennase und streng bis fad am Gaumen, da zu wenig Säure. 86 Punkte und Platz 7.
- Kastanienbusch 05, Rebholz vs. Wehrheim: Auch hier schnelle Identifizierung des Jahrgangs. Und immerhin ein gemeinsamer Naseneindruck: süße Birne.
Rebholz mit lakritziger Würze und erstaunlich offen, wurde im Laufe des Abends immer besser. Nach hinten dann ein bisschen austrocknend und tatsächlich sogar ein bisschen dünn. Im Vergleich zu den vorherigen Eindrücken (letztmals vor ca. zwei Jahren) jedoch viel, viel zugänglicher. Teilte ich bisher Markus Vahlefelds Einschätzung (hier an anderer Stelle zu lesen) von Rebholz' Weinen als unsinnlich, muss ich nun vorsichtig denjenigen beipflichten, die Rebholz als den Langläufer unter den Pfälzer Produzenten sehen.
Wehrheims Kastanienbusch war der einzige, der mir deutlich weniger gefiel als frisch nach dem Öffnen. Ich mag nicht ausschließen, dass dies auch mit der Position später am Abend und dem höchsten Alkoholgehalt aller Weine (14%) zusammenhängt. Auf jeden Fall ein tolles Gerüst, viel Druck am Gaumen, hinten raus aber ein bisschen zu bitter.
Rebholz bekam von mir 92 Punkte, Wehrheim 91. Rebholz wurde insgesamt fünfter (bei mir allerdings dritter), Wehrheim bekam einen zweiten und von mir den vierten Platz, dazu zwei Mal und so auch insgesamt Platz drei. Am deutlichsten waren die Meinungsunterschiede also im letzten Flight. Hier spielt sicherlich auch die sehr unterschiedliche Wahrnehmung von Bitternoten eine Rolle.
Guidos positive Einschätzung des Rebholz teile ich nicht so ganz. Der sehr interessanten, kühlen und steinigen Nase mit Birnentönen folgte ein Wein, der mir zu karg und v.a. etwas dünn erschien. Von mir 88 P.
Wehrheim gefiel mir besser. Einer Birnennase (Lagencharakteristik???) mit etwas Tabak folgte ein Wein mit gutem Säuregerüst und Druck, der aber etwas bitter war (14%!?). Ohne die Bittere wäre noch mehr möglich gewesen als die 90-91P., die ihn auf Platz 3 hievten.
Und auch die süße Zugabe tat etwas für das Image eines hier und andernorts viel gescholtenen Winzers: Dr. Loosen, 2002 Ürziger Würzgarten Spätlese bot alles, was eine fruchtsüße, leichte und verspielte Spätlese erwarten lässt. Die tolle Himbeertorten-Nase habe ich immer noch sehr präsent im Kopf.
Das kann ich nur bestätigen. Sehr schöner Wein.
Nochmals vielen Dank an Guido und viele Grüße
Markus