Moin, Moin,
dieser Thread ist ganz interessant, weil er jetzt drei Erlebnisberichte von gereiften 2005er Riesling Proben enthält und die Ergebnisse gar nicht sooo weit auseinander liegen. Ole und Michael Q. luden letzte Woche an zwei Abenden zur großen 2005er Rückschau deutscher Rieslinge und Spätburgunder ein und hatten natürlich alles parat, was Rang und Namen hat. Was Rang und Namen hat, aber nicht vorkam (z.B. Keller), wurde bewusst ausgelassen (warum auch immer).
Kurz zusammengefasst: bei den ersten paar Weinen am ersten Abend war ich noch etwas unleidlich drauf, da diese ein wenig zu zeigen schienen, was "den Jahrgang" ("den" Jahrgang gibt es eh nicht, sondern nur Weine eines Jahrgangs) nach meiner Vorstellung und ein paar nicht so guten Flaschen 2005er auszumachen schien: vollreife Frucht, Richtung Exotik, ziemlich viel Fett auf den Rippen, eine gewisse Behäbigkeit. Spätestens nach dem ersten richtigen Kracher (Weil - Gräfenberg) waren diese Vorurteile aber weggefegt und ein Highlight jagte das nächste.
Bis, ja bis, zu den Spätburgunder, die alle meine Vorurteile über das mangelnde Reifeverhalten "hochwertiger" deutscher Spätburgunder bestätigten. Schon traurig in der angebräunten Farbe, unharmonisch in der Nase (changierend zwischen dropsig, faulig, holzig, allem was unangenehm ist), ebenso unharmonisch im Mund. Das waren meine Eindrücke bei allen Spätburgundern außer beim Knipser - 2005 Laumersheimer Kirschgarten, der zwar sehr modern, aber auch sehr gut und vor allem einigermaßen frisch war.
Die folgenden Weine hatten wir (jeweils blind, aber nach jedem Wein aufgedeckt).
Abend 1:1. Heymann-Löwenstein - Winninger Uhlen Laubach
2. Breuer - Rüdesheimer Berg Schlossberg
3. Tyrell - Eitelsbacher Karthäuserhofberg Auslese trocken
4. Wittmann - Westhofener Morstein
5. Kühling-Gillot - Niersteiner Pettenthal
6. Robert Weil - Kiedricher Gräfenberg
7. Dönnhoff - Niederhäuser Hermannshöhle
8. Von Buhl - Forster Pechstein
9. Rebholz - Birkweiler Kastanienbusch
10. Kesseler - Rüdesheimer Berg Schlossberg Spätburgunder
11. Knipser - Laumersheimer Kirschgarten Spätburgunder
Abend 2:1. Kühn - Mittelheimer St. Nikolaus
2. Kühn - Riesling trocken "R"
3. Künstler - Hochheimer Hölle Erstes Gewächs
4. Franzen - Bremmer Calmont Calidus Mons
5. Kesseler - Rüdesheimer Berg Schlossberg
6. Koehler-Ruprecht - Kallstadter Saumagen Auslese trocken R
7. Mosbacher - Forster Ungeheuer
8. Wittmann - Westhofener Aulerde
9. Emrich-Schönleber - Monzinger Halenberg
10. Schäfer Fröhlich - Bockenauer Felseneck
11. Christmann - Königsbacher Idig Spätburgunder
12. Duijn - Spätburgunder SD
Ich hab's nicht mehr ganz genau im Kopf, aber die Top 5 der Runde dürfte sich zusammensetzen aus Dönnhoff Hermannshöhle, Wittmann Aulerde, Mosbacher Ungeheuer, Weil Gräfenberg und dann an fünfter Stelle vielleicht noch Wittmann Morstein oder Breuer Schlossberg oder sogar Kesseler.
Die Meinungen gingen übrigens teils deutlich auseinander. Den Kesseler Schlossberg Spätburgunder sahen letztlich alle am Tisch deutlich (teils 10 Punkte und mehr) besser als ich, bei einigen Weinen (z.B. Wittmann Aulerde) lag ich deutlich höher in der Bewertung als andere. Richtig kontrovers diskutiert wurden die beidens Kühns, der Koehler-Ruprecht, Kühling-Gillot, Schäfer-Fröhlich und Wittmann Morstein.
Die positiven Überraschungen der beiden Abende waren für mich der Mosbacher, der deutlich straffer, fruchtunbetonter und mineralischer daherkam, als ich erwartet hatte, Kesselers Schlossberg Riesling, ein Wein, der irgendwie neben Breuers Schlossberg Riesling nur die zweite Geige spielt, aber Jahr für Jahr sehr angenehm zu trinken ist, Wittmann Aulerde, deutlich besser als der schon sehr gute Morstein und sicher eines meiner Riesling Highlights dieses Jahr, egal was kommt, und der Koehler-Ruprecht, von dem zwar eine Flasche korkte, die andere aber extrem spannend war.
Leichte Enttäuschung kam für mich auf bei Tyrell (war vielleicht eine schlechte Flasche), bei Rebholz (bitte melden, wer mal ein richtig grandioses Rebholz Riesling GG getrunken hat), bei Franzen (ein super Wein noch vor drei Jahren, jetzt leider ziemlich müde), bei Schönleber (Halenberg müsste eigentlich in den Top 5 sein, aber mehr als sehr gut war er nicht) und bei Schäfer-Fröhlich (ein solch brachialer Spontistinker noch nach 10 Jahren ist letztlich eine Frechheit).
Keine Überraschung, sondern (für mich) wie erwartet gut oder nicht so gut waren Dönnhoff Hermannshöhle (einfach nur grandios und so klassisch, dass es klassischer nicht mehr geht), Heymann-Löwenstein (hätte ich blind erkennen müssen, die Botrytis fiel gleich auf), die Spätburgunder (ja, ich bin voreingenommen, aber das war halt nichts, am schlimmsten von den vieren war der IDIG), die Kühns (blind sofort erkannt, krasser Stil, aber letztlich wirklich gut umgesetzt) und Künstler (sehr gut, aber im Nachhinein sind die Künstler Rieslinge die, die ich am schnellsten wieder vergesse).
Im Ergebnis waren das zwei wirklich erfreuliche Proben, deren Niveau dem von 2004 in nichts nachstand und deren Niveau über dem von 2003 lag. Erkenntnisreich war auch, dass letztlich bis auf die Spätburgunder und den Franzen alle Weine super gereift waren, jetzt auf den Punkt, aber noch mit Reserven für gute 5 weitere Jahre. Vielen Dank an Ole und Michael für die Organisation dieser wie immer höchst spannenden Proben.
Meine Notizen finden sich
hier und
hier.