Grosse Gewächse 2010 - live dabei

ABER: mit dem 2010er hat vW seinen Holzeinsatz so gekonnt und faszinierend eingesetzt, dass er weder störend noch irgendwie aufgesetzt wirkt. Es ist nicht mehr dieses etwas zur Breite neigende Vanille-Holz aus 2009, sondern ein ganz feiner, eher röstig-torfig wirkender Holzeintrag, der den Weinen absolut genial steht. Allein schon deswegen fallen sie komplett aus dem Rahmen und erheischen Aufmerksamkeit. Ob sie auch ohne Holz grossartige Weine wären? Ich bezweifle das nicht. Ob Riesling und Holz zusammengehen können? Ja, hier wird es gezeigt. Kurzum: ich fand die vW Weine bisher immer gut bis sehr gut, habe aber den hype nie wirklich verstanden. Gestern haben mich die Weine von vW wirklich berührt, weil sie mutig und eigenständig sind. Ja, das ist großer Stoff! Ob er mit dem Holz jetzt für einen Hype sorgt, oder eher für Ablehnung sorgt, wird sich zeigen.

Servus Markus,

deine Notiz macht sogar mich (einen GG-Ignorierer ) mehr als neugierig: Riesling, gekonnter Holzeinsatz und großartig! Diese Kombination würde mir gefallen!

Noch viel Vergnügen

Gruß
Don

P.S.: Trinkst du auch rote GG?

[Markus Vahlefeld]

Ja, an die roten 2009er werde ich heute nachmittag drangehen.

Kurzes feedback nach dem 2. Flight, der mit 2 Lumps aus Eschersdorf prominent besetzt ist: ein Flight weitgehend ohne Botrytis, der harmonischer und hochwertiger als der 1. Flight ist. Was den Weinen dennoch fehlt, ist Größe und Extrakt. Ich bezweifle, dass man dem Konzept des GG hilft, Weine mit einem zu harten Mundgefühl und eher zu wenig Körper als GGs auf den Markt zu bringen.

[susa]

vielenDank

ich finde diese Berichte sehr hilfreich und spannend. Lesen wir noch was zu Rebholz und Wehrheim? da würden mich auch die Spätburgunder interessieren.

lieben Gruß
susa

[Markus Vahlefeld]

So, nun der 3. und letzte Flight. Wir schreiten gen Osten voran und schliessen mit einem Castell aus dem Steigerwald ab.

Der 3. Flight ist nochmals schlüssiger, auch wenn der letzte Wein stark abfällt und völlig zusammengeschustert wirkt. Trotzdem bestätigt sich mein Verdacht auch hier. Um etwas Länge udn Druck im Mund zu erzeugen, muss mit RZ gearbeitet werden, was wiederum den Silvaner maskiert und ihm seine Klarheit raubt.

Nach 15 Weinen ist leider keiner über die 90 Punkte gekommen. Nach Aufdecken stelle ich fest, dass mir die beiden Weine von Wirsching (Julius-Echter und Kronsberg) gut gefallen haben, auch das Juliusspital hat aus dem Echerberg einen guten Wein hervor gebracht und der Lump vom Horst Sauer befindet sich ebenfalls unter den Top 5.

Ob das für Silvaner GG reicht? Ich habe meine Zweifel...

[Markus Vahlefeld]

Ich habe gestern die Rebholzschen Rieslinge probiert. Und wie jedes Jahr habe ich meine Probleme mit Rebholz. Für seine Machart ist der September meines Erachtens zu früh. Seine Weine wirken ungeheuer hart und unsinnlich, sie haben keinerlei Sex oder Erotik. Und da ich einfach nicht zum Asketischen neige, sagen mir die Weine nicht zu.

Das war gestern nicht anders. Sein "einfacher" Sonnenschein hatte Botrytistöne und war dadurch einfach unschön, während seine Parzellenabfüllung Ganz Horn die Rebholz-Stilistik hatte: knallehart, verschlossen, fast schmerzhaft unsinnlich. Sein Kastanienbusch war etwas weltzugewandter, aber auch hier fehlte mir das Freudemoment. Auf jeden Fall waren Ganz Horn und Kastanienbusch ganz typische Rebholze: love them or leave them.

Ich glaube wirklich, dass Rebholz Weine für Asketen macht, die sich von den Freuden dieser irdischen Welt abgewandt haben und eher auf Selbstgeißelung stehen. Nach mehr als 10 Jahren, in denen ich seine Weine verfolge, halte ich seinen Weinstil für ein psychologischen Phänomen. Zumindest mein fehlendes Verständnis dafür

Es soll aber Leute geben, die seine Weine mögen

Ja, ich zum Beispiel , aber nach Deiner Notiz passen SIe dann ja wieder zu mir.
Obwohl ich nicht im Ansatz zum Asketentum neige
Vielen Dank für Deine Berichte

Aber ich gebe DIr recht, Rebholz sollte sich überlegen, seine Weine erst ein halbes Jahr später in den Verkauf zu bringen, dann präsentieren sie sich schon etwas harmonischer. ALs junge Weine sind die Rebhölzer in der Tat schwieriger als andere Weine, vor allem aus der Pfalz.

[Markus Vahlefeld]

Und das kann ich auch konstatieren: Rebholz hat einen Stil, den er durchhält. Und seine Weine sind ziemlich eigenständig gemacht.

Ich habe jetzt den 1. Flight mit Weissburgunder vor mir stehen...

to be c'tinued

[Markus Vahlefeld]

Ja, die Weissburgunder waren sehr lohnenswert. Da hat Baden ein paar richtig gute Weine gemacht. Nein, nicht gut, hervorragend.

Die Pfälzer setzen traditionell kein schmeckbares neues Holz ein, was ich beim WB für einen Fehler halte. Der gekonnte Holzeinsatz ist, was den WB so spannend macht. Zumindest für mich.

Die beiden Weine, die deutlich die Schwelle zum richtig Grossen überschritten, waren der von und zu Franckensteinsche Schützenberg (noch nie gehört) und er Kirchberg vom Salwey. Ich habe den Salwey sogar einen Punkt vorne gesehen, einen Hauch mehr Eleganz, einen Tacken mehr Coolness. 94 Punkte auf jeden Fall, vielleicht sogar mit Reife mehr. Wirklich grosses Kino!

Aber auch der Franckenstein wusste mit einem sehr gekonnten Holzeinsatz die feine Frucht des WB hervorragend zu unterstützen und um meherer Dimensionen zu bereichern. Ebenfalls sehr cooler Stoff! 93 Punkte!

Das Rheingau hat dieses Jahr sage und schreibe 81 (!) Erste GEwächse.

Kaum eines verdient diesen Titel.

Na, wer hätte das gedacht?

Mir ist völlig schleierhaft, warum der Rest-VDP bzw. die Vereinsspitze diesem Trauerspiel Jahr für Jahr zuschaut, ohne irgendwann den dicken Hammer zu schwingen. Dass es auf Dauer zu erheblichen Imageverlusten führt, wenn man versucht, neben ein paar echten Münzen einen Haufen Nickelscheiben als Goldukaten unter die Leute zu bringen, dürfte sich inzwischen doch herumgesprochen haben.

Vielleicht traut sich ja mal einer, der die Veranstaltung besucht, an entsprechender Stelle unauffällig nachzufragen, weshalb gegen die Rheingauer GG-Inflation nicht eingeschritten wird? Mich würde das wirklich interessieren.

Beste Grüße

Bernd