Tschechien

Böhmische Weine gelten trotz großer Tradition sogar in Tschechien als relativ exotisch. Man muss auch offen sagen, dass die Quote der sehr guten Weine eher gering ist. Vieles ist äußerst mittelmäßig und wird in erster Linie von Lokalpatrioten getrunken und an ahnungslose Touristen (recht teuer) verkauft.

Es gibt aber eine Handvoll Qualitätsweingüter, die hin und wieder Beachtliches auf die Flasche bringen. Das Weingut Kraus von Winzer Vilém Kraus gehört eindeutig zu den führenden Betrieben Böhmens. In Mělník baut er hauptsächlich Riesling, Pinot Noir, Müller-Thurgau, aber auch Kerner und Dornfelder an. Er ist im Übrigen Geisenheim-Absolvent.

Hallo Gaston,

als ahnungsloser Tourist war ich diesen Sommer in Melnik und Litoměřice (Leitmeritz) unterwegs und habe unter anderem Kraus besucht. Einen Besuch wert ist meines Erachtens auch das Weingut von Zdeněk Vybíral in Malé Žernoseky bei Litoměřice. Meine Mitbringsel trinken wir in kleiner Runde in diesem Herbst, ich habe allerdings nur Weiße mitgebracht. Klimatisch erschien mir die böhmische Weinregion deutlich begünstigter zu sein als die mitteldeutschen Weinregionen.

Viele Grüße

David

Hallo David,

wenn du bei Kraus und auch bei Vybíral warst, warst du ja alles andere als ahnungslos

Hast du schon was probiert? Ich kenne die jüngeren Sachen gar nicht. Bei Kraus soll der Sekt gut sein, habe ich gehört. Würde mich freuen, wenn du an dieser Stelle über deine Eindrücke berichten würdest.

Ein Bekannter hat mich auf ein neues junges Weingut in der Region hingewiesen, soll eine Art Geheimtipp sein: Porta Bohemica (http://www.vinarstvi-portabohemica.cz/). Klang ganz interessant. Allerdings ist es selbst in Tschechien (außerhalb der Region) nicht einfach, an die Weine ranzukommen. Aber das nordböhmische Mittelgebirge und die dortige Elblandschaft sind ja immer einen Ausflug wert.

Hallo Gaston,

die mitgebrachten Weine probieren wir wahrscheinlich am 09.11. (u.a. mit sociando, erdener prälat und weinstaub). Dann gibt es auch einen Bericht. Vybíral hat am Weingut einen kleinen Ausschank, da habe ich probiert, allerdings ohne Notizen.

Aber das nordböhmische Mittelgebirge und die dortige Elblandschaft sind ja immer einen Ausflug wert.

Da sehe ich auch so.

Viele Grüße

David

[thvins]

Hallo David,

der 09.11. klingt zunächst mal für mich vernünftig, vielleicht schaffe ich es dann sogar schon, mich wieder einzuklinken - will aber an der Stelle noch nichts versprechen. Ich habe sogar schon zu meinen Studienzeiten 1984 bis 1988 öfter mal böhmische Weine vor Ort gekauft - Mitbringsel damaliger Radtouren - das war aber alles noch in vorsintflutlichen Zeiten ohne Notizen, Kellerbücher, Punkte und ohne den Hauch einer Ahnung. Aber Reben um Melnik sind mir auch aus damaliger Zeit schon ein Begriff und auch aus der Leitmeritzer Ecke hatte ich zwei-, drei Mal was damals. Auch damals fand ich die Weine zu den damaligen Sachsenweinen konkurrenzfähig.

An dieser Stelle auch meinen Dank an Gaston - ich lese die Sachen hier sehr gern, auch aus sentimentalem Anflug, aber vor allem, um Tipps zu haben, wenn ich mal wieder ins Böhmische komme. Müssen ja nicht immer nur die Felsen und Höhlen der Böhmischen Schweiz und des Lausitzer Gebirges sein, ein Weinausflug wäre sicher auch mal was...

Hallo zusammen,

auch in Tschechien gibt es eine ganze Reihe mehr oder weniger relevanter Weinwettbewerbe, die ich im Einzelnen nicht verfolge. Es gilt auch hier, dass viele sehr gute Produzenten an diesen Wettbewerben aus unterschiedlichen Gründen nicht teilnehmen, der Aussagewert dieser Veranstaltungen also mit Zurückhaltung zu genießen ist.

Dennoch, so denke ich, kann man, wenn man ein paar „Siegerweine“ eines repräsentativeren Wettbewerbs verkostet, einen Eindruck von dem bekommen, was gerade erfolgreich ist und wie so der Stand des gehobenen Mainstream-Weinbaus ist. Beim Wettbewerb „Král vín“ („König der Weine“), trotz des etwas dämlichen Namens einer der repräsentativeren und besser beleumundeten, haben dieses Jahr zwei Rieslinge gewonnen.

Eine trockene Spätlese wurde „absoluter Champion“ mit 92,4 Punkten, ein restsüßer / feinherber Riesling gewann die Kategorie „Weißwein 7 – 70g Restzucker“. Ich habe mir beide Weine mal angeschaut


Lahofer, Ryzlink rýnský 2011 pozdní sběr, suché (Riesling Spätlese trocken, 13%vol., 3,6g/ RZ, 6,9g Säure)
Reife Gelbfrucht, fast ins Überreife tendierend, florale Aromen, kräuterige und dezent medizinale Noten (Arzneischränkchen), wirkt ziemlich „elsässisch“. Am Gaumen eher zitrusig mit sehr frischer Säure, auch deutliche Mineralik, wirkt kräftig, aber nicht überzogen, hat durchaus Länge und Struktur, hinten leichter Bitterton, interessanter Riesling.

Dieser Riesling schmeckt m.E.wirklich sehr elsässisch. Mein Stil ist das nicht so ganz, aber ohne Frage ein guter Riesling, wer den Stil mag. 92 Punkte finde ich natürlich deutlich zu hoch gegriffen, von mir gäbe es 86-87 P.

Ampelos, Ryzlink rýnský 2012 pozdní sběr, polosladké (Riesling Spätlese feinherb, 13%vol., 19g/ RZ, 8,3g Säure)
Schöne, „offene“ Nase, feiner Duft nach getrockneten Aprikosen, süße Blüten, Honig, dezente Würze. Am Gaumen füllige Frucht, Aprikosenkompott, reife Zitrusfrüchte, sehr feine und elegante, die Restsüße abpuffernde Säure, angenehmer mineralischer Abgang, saftig, hoher Trinkfluss, harmonischer, stimmiger Riesling.

Das ist deutlich eher meine Baustelle! Ein klasse feinherber Riesling, bei dem ich blind auch Rheingau, Mittelrhein oder Mosel tippen könnte. Neben der sehr feinen Süße-Säur-Balance gefällt vor allem der mineralische Einschlag, der mir bei mährischen Rieslingen so oft fehlt. Interessanterweise wirbt der Händler auf seiner Webseite explizit damit, dass es sich um einen deutschen Klon handelt („GER“ ). Einziger Wermutstropfen ist der relativ hohe Alkohol. Bei einem Preis im Handel von 8 Euro aber erstklassig. Bei mir auch diesmal keine 92, aber 88 gerne.

Beide Weine spiegeln den Zustand des tschechischen/mährischen Weinbaus dann doch ganz gut wieder: Es gibt gute und sehr gute Weine, aber immer noch zu wenig großartige.

Hallo,

eigentlich poste ich ja hier Weine, die mir eher gefallen haben und die ich empfehlen kann. Und keine Sorge, der heutige Wein ist keine Katastrophe – aber eben auch nicht der richtige Bringer. Der Hauptgrund ist, dass es sich um einen Wein des Weinguts handelt, mit dem Weinzelmännchen diesen Thread vor zweieinhalb Jahren eröffnete: Jedlička & Novák

Ich mache es auch kurz. Jedlička & Novák gilt als solides Weingut, ohne wirklich mal was zu reißen, so ein wenig gepflegte Langeweile. Der heutige Wein passt genau in dieses Schema

Jedlička & Novák, Cuvée Kácary 2011, 13,5 vol

Laut Etikett das Flaggschiff des Weinguts. Kácary wird wohl der Name der Lage sein. Cuvée aus Pinot noir, St. Laurent und André (eine Kreuzung aus St. Laurent und Blaufränkisch, sozusagen der tschechische Zweigelt ). Sehr fruchtige, etwas künstlich-dropsige (weinroter Campino-Bonbon) und leicht aufdringliche Nase. Am Gaume wieder viel gefällige Frucht, dazu angenehme Säure, recht deutlicher Gerbstoff (kommt von diesem André), durchaus harmonisch, aber ziemlich eindimensional und recht kurz.

Der Wein war ein Geschenk. Ich kann mir ihn als eher anspruchsloseren Partywein vorstellen, die 10 Euro, die im Handel verlangt werden, sind etwas zu viel des Guten.

Hallo Gaston,

die mitgebrachten Weine probieren wir wahrscheinlich am 09.11. (u.a. mit sociando, erdener prälat und weinstaub). Dann gibt es auch einen Bericht.

oh gott - ist das schon morgen (warum wohne ich nicht in berlin, da gibts ständig rieslinge )

[thvins]

Ich freu mich dann mal auf die Leute, die Katzen und Hunde und das böhmisch orientierte Essen. Von den böhmischen Weinen lasse ich mich überraschen, kann ja nicht immer nur Priorat getrunken werden (oder soll ich uns einen für unter den Tisch einpacken? Kann den ja wenigstens noch in eine tschechische Bierflasche umfüllen, damit es nicht so auffällt. Tschechische Weinfllaschen hab ich leider keine und Bier ist schneller besorgt...)

Ich wünsche euch jedenfalls viel Spaß und hoffe, dass der eine oder andere Wein einigermaßen gefällt!

ach das wird schon interessant werden! ob's auch böhmische küche dazu gibt? mmmhmmmm (aber gegen 'ne "unterm-tisch" flasche aus bdx, priorat oder von der mosel hätte ich auch nichts einzuwenden, torsten! ). oder wie wäre es mit garnatcha-bier, dass ich aus spanien mitgebracht habe? naja-off topic isses ehhh...