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Deutscher Chardonnay - Wo steht er denn nun?

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Don Miguel

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Re: Deutscher Chardonnay - Wo steht er denn nun?

BeitragFr 11. Mai 2012, 13:51

Jürgen hat geschrieben:Allen Ketzern ;) empfehle ich - wenn irgendwie möglich - irgendwann mal einen Chardonnay R 1999 von Philippi zu trinken. Der ist richtig gut :!:

Servus Jürgen,

ich weiß jetzt gar nicht, wenn du mit "Ketzer" meinen könntest 8-) !

Und zum Philippi: Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer :P !

Nein, im Ernst, ich bin überzeugt, dass es guten deutschen Chardonnay gibt, das ist nicht mein Punkt. Aber als normalen Wein braucht man ihn nicht wirklich bei uns. Der Philippi will ja auch ein Spitzenwein sein, das zeigt schon die Preisklasse. Ich bin auch zuversichtlich, dass mir der erwähnte Huber sehr gefallen könnte, weil mich bislang alles Probierte von diesem Weingut überzeugte, aber kostet dann auch 25 €.

Die Diskussion könnten wir ausweiten auf Nebbiolo oder Syrah, der hier inzwischen auch angebaut wird. Das ist auch kein eigentlich deutsches Thema, im Ausland experimentiert man ebenso, z. B. Riesling aus Katalonien. Das stillt halt unsere ewige Suche nach dem Neuen, dem Ungewöhnlichen, ist für mich insoweit auch völlig ok.

Grüße
Don
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Don Miguel

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Re: Deutscher Chardonnay - Wo steht er denn nun?

BeitragFr 11. Mai 2012, 14:05

Weinbertl hat geschrieben:bundesweit gesehen sind wir fast Nachbarn: wohne im südlichen Landkreis ED ;)


Servus Weinbert,

Landkreisnachbar gilt natürlich :) !

Die Frage ist nur: wieso Nischenweine suchen, wenn man weiß, wo die besten Vertreter dieser hochwertigen Rebsorte herkommen?

Die Frage ist rational berechtigt. Meine Antwort wäre: Befriedigung des Spieltriebes! Als Weinfreak der schon Vieles kennt, reizt halt immer das Ungewöhnliche. Dies schafft Abwechslung, man hat Diskussionsstoff und es wird nicht langweilig.

Grüße
Don
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octopussy

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Re: Deutscher Chardonnay - Wo steht er denn nun?

BeitragFr 11. Mai 2012, 19:35

Ich persönlich finde die Ausgangsfrage höchst interessant, und mir macht auch der Vergleich Spaß (siehe auch hier).

Ich finde, Chardonnay aus Deutschland schlägt sich schon ganz gut. Ich hatte zwar bislang mehr Chardonnays, die ich nicht so toll fand, als welche, die ich richtig gut fand. Aber mir scheint es, dass die guten immer mehr werden, v.a. aus Baden. Allerdings schmecken mir (wie bei Pinot Noir) auch die Chardonnays am besten von den Winzern, deren Vorbild das Burgund ist (Huber, Becker, Ziereisen). Sehr gerne probiert hätte ich den letztjährigen Gault-Millau Sieger bei weißen Burgundern (Martin Waßmer), war aber zu spät dran. Neulich gesichert habe ich mir zwei Flaschen des ziemlich teuren (30 Euro) Chardonnay von Siener, von dem es nur ein Barrique gab. Ich bin gespannt.

Zum Ziereisen "Hard". 2009 kenne ich noch nicht, 2008 kam für mich recht nah an einen Puligny oder Chassagne Village heran. Klar riecht man das Holz noch ein bisschen, aber das wird sich - so meine ich - legen. Auf dem Weingut wird einem der Tipp gegeben, eine Weile zu warten.

Ich finde übrigens auch, dass Chardonnay in Deutschland völlig legitim ist, auch wenn stilistisch ins Burgund oder nach Kalifornien geschielt wird. Ich finde es spannend, wenn sich Winzer nicht nur auf die traditionell "deutschen" Rebsorten wie Riesling, Spät-, Weiß- und Grauburgunder, usw. beschränken, sondern ihre Palette erweitern. Ich bin auch sehr gewillt, noch eine Reihe weiterer Chardonnays auszuprobieren. Auf meiner Liste der demnächst zu probierenden steht der von Klumpp und der 2009 "R" von Rebholz (ist auch noch zu früh, ich weiß, aber es juckt mich ;)).
Beste Grüße, Stephan
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Bernd Schulz

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Re: Deutscher Chardonnay - Wo steht er denn nun?

BeitragSa 12. Mai 2012, 01:51

Ich finde übrigens auch, dass Chardonnay in Deutschland völlig legitim ist, auch wenn stilistisch ins Burgund oder nach Kalifornien geschielt wird. Ich finde es spannend, wenn sich Winzer nicht nur auf die traditionell "deutschen" Rebsorten wie Riesling, Spät-, Weiß- und Grauburgunder, usw. beschränken, sondern ihre Palette erweitern.


Ganz offen gesagt sehe ich das etwas anders. Mit Riesling, Silvaner, Weiß- und Grauburgunder, Traminer, Muskateller und den zu Recht nicht völlig erfolglosen Neuzüchtungen Müller-Thurgau, Scheurebe, Huxelrebe und Rieslaner ist die weiße Sortenpalette in Deutschland groß genug - man muss dann nicht noch mit Chardonnay anfangen.

Die Frage ist rational berechtigt. Meine Antwort wäre: Befriedigung des Spieltriebes!


Der Spieltrieb scheint in Deutschland besonders groß zu sein. Im Burgund käme kein Mensch auf die Idee, mal juxeshalber einen auf Riesling oder Muskateller zu machen, und im Piemont pflanzt niemand Blaufränkisch. Aber in der Pfalz wird mittlerweile fröhlich Nebbiolo produziert und an der Nahe Chardonnay. Ich halte das ehrlich gesagt für Kappes- und ich habe bislang auch noch keinen einzigen deutschen Chardonnay, der mich restlos überzeugt hätte, getrunken.
Zu den Bemühungen um eine deutlich erkennbare Gebietstypizität ( auf das berühmte T-Wort verzichte ich jetzt lieber) innerhalb Deutschlands gehört für mich auch das Vermeiden von Allerweltssorten wie Cabernet Sauvignon, Merlot, Sauvignon Blanc (ja, der auch!) und Chardonnay. Wer hier "spielen" will, kann das besser mit Gelbem Orleans oder meinethalben auch Freisamer oder Baudobriga tun...

Viele Grüße

Bernd
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C9dP

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Re: Deutscher Chardonnay - Wo steht er denn nun?

BeitragSa 12. Mai 2012, 07:35

Mit Verlaub, aber bevor ich mich nochmal mit Müller-Thurgau oder noch schlimmer Kerner beschäftigen muss, ziehe ich Chardonnay und Sauvignon blanc deutlich vor.

Und was die Rebsorten wie Syrah oder Nebbiolo angeht, ist es doch legitim in Zeiten des Klimawandels auch mit hitzegeprägten Rebsorten zu experimentieren.

Zur Ausgangsfrage zurück. Welcher Stil soll es denn jetzt sein? Orientiert er sich am Burgund oder an Kalifornien ist er seelenlos, weil abgekupfert und man soll doch die Regionen machen lassen, die es eh besser können. Ist er "deutsch" und somit eigenständig ist es wieder nicht burgundisch genug.

Für mich ist die Frage eher, ob er gut ist oder nicht. Und da gibt es auf jeden Fall wirklich gute und auch stark unterschiedliche. Beste Beispiele sind hier schon genannt. (Milch, Rebholz oder Pfaffmann) Vielleicht sollte man auch einfach mal das Positive sehen und honorieren, dass Winzer damit experimentieren, um vielleicht in einigen Jahren einen pfälzer oder badener Stil zu prägen. Schließlich kann es den "deutschen" Stil gar nicht geben.
Viele Grüße

Aloys
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octopussy

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Re: Deutscher Chardonnay - Wo steht er denn nun?

BeitragSa 12. Mai 2012, 07:54

Bernd Schulz hat geschrieben:Im Burgund käme kein Mensch auf die Idee, mal juxeshalber einen auf Riesling oder Muskateller zu machen, und im Piemont pflanzt niemand Blaufränkisch. Aber in der Pfalz wird mittlerweile fröhlich Nebbiolo produziert und an der Nahe Chardonnay. Ich halte das ehrlich gesagt für Kappes- und ich habe bislang auch noch keinen einzigen deutschen Chardonnay, der mich restlos überzeugt hätte, getrunken.

Hallo Bernd,

die Argumentation hinkt ein bisschen. Du könntest den Vergleich ja auch zwischen Rheingau (Riesling, Spätburgunder) und Sizilien (alles mögliche) anstellen. Im Piemont pflanzt übrigens niemand Blaufränkisch, aber dafür jede Menge Chardonnay und Sauvignon Blanc.

In Deutschland leben 80 Mio. Menschen. Die wollen offensichtlich gerne Abwechslung, so wie 65 Mio. Franzosen und 60 Mio. Italiener auch gerne Abwechslung mögen, weshalb es in Frankreich von Riesling und Sylvaner aus dem Elsass über Chenin Blanc und Muscadet von der Loire über Beaujolais bis zu den Cuvées im Languedoc die ganz große Bandbreite gibt (das gleiche in Italien). In Frankreich und Italien war diese Bandbreite klimatisch schon immer möglich. In Deutschland erst seit kurzem.

Warum sollen wir in Deutschland nicht auch eine gewisse Bandbreite von Weinen produzieren, wenn die Stärken (Riesling, Spätburgunder, Scheurebe, usw.) weiterhin betont werden? Und wenn eines Winzers Lieblingswein schon immer der Bâtard-Montrachet von Ramonet (nur ein Beispiel) war, warum soll er dann nicht versuchen, einen ähnlich guten Chardonnay zu keltern? Wenn jede Menge exzellente Riesling- oder Silvaner-Rebberge gerodet würden, um Sauvignon Blanc oder Nebbiolo anzubauen, könnte ich das Argument noch verstehen. Aber das bisschen Chardonnay, Viognier, Sauvignon Blanc, Nebbiolo, Cabernet Franc und Sauvignon, Merlot und Syrah tut doch wirklich niemandem weh, oder?
Beste Grüße, Stephan
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Bernd Schulz

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Re: Deutscher Chardonnay - Wo steht er denn nun?

BeitragSo 13. Mai 2012, 00:16

Mit Verlaub, aber bevor ich mich nochmal mit Müller-Thurgau oder noch schlimmer Kerner beschäftigen muss, ziehe ich Chardonnay und Sauvignon blanc deutlich vor.


Geschmacksache. Ich trinke lieber einen bodenständigen Müller (z.b. von Trockene Schmitts oder Schäffer) als einen deutschen Chardonnay.

In Deutschland leben 80 Mio. Menschen. Die wollen offensichtlich gerne Abwechslung...


Die Abwechslung haben sie doch - sie können heutzutage so problemlos wie nie zuvor die unterschiedlichsten Weine aus aller Welt kaufen! Wenn sie einen Zinfandel trinken wollen, muss der aber nicht unbedingt auch noch an der Saale angebaut werden.

Aber das bisschen Chardonnay, Viognier, Sauvignon Blanc, Nebbiolo, Cabernet Franc und Sauvignon, Merlot und Syrah tut doch wirklich niemandem weh, oder?


Da bin ich mir eben nicht so sicher. Das modische Herumfrickeln mit Sorten, die eigentlich ganz woanders hingehören, birgt für meine Begriffe schon die Gefahr von Identitätsproblemen und einer gewissen Orientierungslosigkeit beim Kunden wie beim Winzer.

Beste Grüße

Bernd
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Alas

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Re: Deutscher Chardonnay - Wo steht er denn nun?

BeitragSo 13. Mai 2012, 15:13

Hallo!

Rebsorten haben nie von Landesgrenzen halt gemacht. Sie sind von jeher migriert. (Menschen auch)
So kann der Rebsortenspiegel einer definierten Gegend immer nur einen zeitlich begrenzten Ausschnitt bieten. Viel prägender finde ich die klimatischen, geographischen Aspekte und die An-, sowie Ausbau-Techniken für einen Wein. Und das steht zumindest in Kurzform immer auf der Flasche, so das dem Kunden, sofern er lesen kann und ein wenig vom Getränk versteht, keine Orientierungslosigkeit entsteht.

Spätburgunder (Pinot Noir)
Grauburgunder (Pinot Gris)
Weißburgunder (Pinot blanc)

Und nun? → (aus der Wikipedia)

'Lange Zeit wurde nicht zwischen dem Pinot blanc, dem Chardonnay und dem Auxerrois differenziert, da alle drei Sorten nur durch geschulte Ampelographen und molekularbiologische Verfahren unterschieden werden können.'

Mein persönliches Fazit: Man möge doch die Rebsorten wandern lassen wie sie wollen, bzw, dem Winzer freie Hand lassen. Das ist wirklich konservativ, weil es immer schon so war. Man wird schon sehen ob es schmeckt und sich verkaufen läßt.
Relativ jung, und damit neumodisch, ist es, von Amts- und Staats-wegen Grenzen und Verbote beim Weinbau auszusprechen. Ich mag nicht einsehen, das Beamte darüber entscheiden, was ich im Glas habe oder nicht, mich also bevormunden.

In der Schweiz gibt es mehr als 200 Rebsorten. Weder scheint es verwirrte Kunden zu geben, noch einen Qualitätsabfall. Und das auf dieser kleinen Fläche (Land und Anbaufläche)

In diesem Sinne

Grüzi

Alas

P.S. 1 : Zwar nicht im Piemont, aber in der Lombardei wird Lemberger angebaut.

http://www.pecis.it/viniger.html

P.S. 2: Das nächste Gutedelfest findet am 9.5.2013 statt. Man feiert dort, daß diese Traubensorte aus Ägypten nach Baden kam. :roll: :shock: ;)
wat den een sien uhl is den annern sien nachtigall
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octopussy

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Re: Deutscher Chardonnay - Wo steht er denn nun?

BeitragMo 14. Mai 2012, 07:47

Bernd Schulz hat geschrieben:Das modische Herumfrickeln mit Sorten, die eigentlich ganz woanders hingehören, birgt für meine Begriffe schon die Gefahr von Identitätsproblemen und einer gewissen Orientierungslosigkeit beim Kunden wie beim Winzer.

Hallo Bernd,

warum sind eigentlich Chardonnay oder Sauvignon Blanc in Deutschland recht erfolgreich, wenn der Kunde durch dieses "modische Herumfrickeln" so orientierungslos wird?

Und warum ist eigentlich Wein aus Neuzüchtungen wie Kerner, Huxelrebe oder Rieslaner kein "modisches Rumfrickeln", aber Wein aus Chardonnay oder Sauvignon Blanc? Machen für dich 20 Jahre mehr oder weniger öffentliche Zulassung den Unterschied aus? Warum gehören Huxelrebe oder Rieslaner in deutsche Weinberge, aber Viognier und Merlot nicht?

Wenn es dein persönlicher Geschmack wäre, würde ich das verstehen. Aber die vorgebrachten Argumente finde ich nicht überzeugend.
Beste Grüße, Stephan
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C9dP

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Re: Deutscher Chardonnay - Wo steht er denn nun?

BeitragMo 14. Mai 2012, 08:24

Als Antwort auf das "modische Herumfrickeln" fällt mir ein schöner Spruch vom Weingut Kollwentz ein.

Zitat: Tradition ist die Innovation von gestern.

Ist ja die Frage, ob dort der Tatschler auch als Herumfrickeln verstanden wird. Oder ist Österreich jetzt ein klassisches Chardonnaygebiet?
Viele Grüße

Aloys
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