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Re: Pinot weit weg

Mi 25. Dez 2019, 14:55

Hallo zusammen,

mit einer feinen pinotierenden Überraschung zum Fest! Überraschend für mich zunächst in der Hinsicht, dass ich diesen Wein, und noch "schlimmer", dieses Weingut aus Sonoma Coast, überhaupt nicht kannte, obwohl, nach sorgfältiger Recherche im Weinnetz, sich mir offenbarte, dass Ceritas Wines in den letzten Jahren sich ein gewisses Renomée unter Weinleibhabern in den Staaten und darüber hinaus aufgebaut hat. Gewachsen sind die ca. 35 Jahre alten Reben des Elliott Vineyard, nebenbei bemerkt handelt es sich bei diesem Wein um Reben des Mount Eden Klons, zwischen dem Hellenthal Vineyard und dem wesentlich berühmteren Hirsch Vineyard, auf lehmigen Böden die reich an Meeressedimenten sind.

Elliot Vineyards Pinot Noir 2014, Sonoma Coast

http://wine-zeit.blogspot.com/2019/12/frohe-weihnachten.html

Farblich zeigte sich der Elliot Vineyards Pinot Noir 2014 eher Granatrot - nicht böhmisch Granat - als Rubinrot. Mit gewisser Transparenz, aber auch nicht wenigen trübenden Sedimenten. Die Nase präsentierte sich nicht so enorm kommunikationsfreudig. Viel jugendliche Erdigkeit, ansprechende Tiefe, ein Tick von nicht definierbarem Tierschweiss und ein jetzt noch schüchternes Düftchen von Unterholzparfüms herrschten vor. Ein kleiner Hauch von erdiger, leicht kaffelastiger Wärme, konnte ich nasal schon feststellen. Nur nasal! Am Gaumen überzeugte er mich von Beginn an mit sehr frischer und kühler roter Frucht von roten Kirschen, Granatapfel und roten Johannisbeeren. Etwas Jod, noch weniger Sandelholz - nebenbei bemerkt keinerlei erwähnenswerte Überholzung, feiner Erdigkeit mit einer Spur frisch gebrühtem Kaffee und bestechend harmonisierenden Würze. Seine Säure zeigte sich super vital und jetzt schon wunderbar ins Gesamtbild integrierend. An einer firm-eleganten Struktur und bestehcneden Tiefe mangelte es ihm überhaupt nicht! Sein Tannin zeigte viel Substanz und "Knackigkeit" mit dem pointierten Biss eines kalifornischen Präriehundes ... okay, okay das war jetzt wirklich zuviel Assoziation-Drama. Um nicht noch mehr Drama zu erzeugen fasse ich mich lieber kurz: toller, sehr eigenständiger Pinot, frischer, zu Eleganz neigender und mit viel Potential ausgestatteter Pinot Noir von den Gestaden Sonomas. Ohne Probleme sehr guter (++) , vielleicht sogar mit leichter Neigung zum Großartigen (++)-(+++)! Frohe Weihnachten!!!

Gruss

Chris

Re: Pinot weit weg

Sa 22. Feb 2020, 14:50

Hallo zusammen,

endlich mal wieder ein italienisch sprechender Pinot! Heute zur Abwechslung mal einen mit ziemlich ausgeprägtem französischen Akzent. Pinot Noir ist definitiv keine weit verbreitete Rebsorte im Piemont. Das ist letztlich auch ganz gut so! Genügend wunderbare Weine aus einer anderen königlichen Rebsorte gibt es nördlich von Turin reichlich. Doch wie wir alle wissen: Konkurrenz belebt (manchmals) das „Geschäft“! Das zeigt sich auch heute! Ab und zu trifft man den einen oder anderen piemontesischen Pinot Noir, welcher hie und da sogar durch bestechende Qualität und ein gehöriges Maß an charakterstarker Eigenständigkeit überzeugen kann!
Aber zunächst einmal: Wo kommt heutige Poderi Colla Campo Romano Pinot Nero 2005 eigentlich genau her? Die Parzelle Campo Romano, abgeleitet von einer einstmals Römischen Siedlung auf besagtem Hügel, ist Teil des Cascine Drago in der Nähe der Ortschaft San Rocco in Seno d'Elvio südöstlich von Alba in der „Pufferzone“ zwischen den "royalen" Anbaugebieten von Barolo und Barbaresco. Die Bodenbeschaffenheit in der Campo Romano Parzelle ist mit der berühmten Nachbarschaft durchaus vergleichbar. Auch hier wachsen die nach Westen ausgerichteten Reben in ca. 330 m Höhe auf karge und sehr kalkhaltige Böden. Im Jahr 1977 entschied sich die Familie Colla für ein Experiment und bepflanzten ca. 3 ha am Bricco del Drago mit burgundischen Pinot Noir Klonen. Seit dem werden aus den Trauben dieser Parzelle ein Stillwein und im geringeren Maße ein Spumante Extra Brut hergestellt. Die Trauben für den unseren Pinot Nero wurden nach der Ernte komplett entrappt und bei ca. 30° C für 8 bis 10 Tage in Eichenbottichen vergoren. Der darauf folgende Ausbau erfolgte in bis zu 20% neuen französichen Barriques für ungefähr ein Jahr. Aber jetzt genug der sehr trockenen Vorrede! Auf an die Gläser ...

Poderi Colla Campo Romano Pinot Noir 2005, Langhe

http://wine-zeit.blogspot.com/2020/02/poderi-colla-campo-romano-pinot-noir.html

Farblich präsentierte sich der Campo Romano 2005 so Taubenblut rubinfarben wie es eigentlich nur geht! Im Kern sehr strahlend und farbintensiv mit einem Höchstmaß Transparenz und Klarheit. Nur am Rand verriet er durch leicht ziegelfarbene Tönung sein fortgeschrittenes Alter. Seine Nase war von Beginn an beeindruckend, fast schon überschwänglich, ausdrucksstark und von wohl gereiften würzig-erdigen Noten geprägt. Neben immer noch erstaunlich saftig wirkenden Schwarzkirschen zeigte der Piemontese viel braune Erde, herbstlicher Laubwald, getrocknete Morcheln, etwas zu kräftig gerösteter Kaffee, Jod, ein paar getrocknete Rosenblätter, vielleicht auch eine Spur Salbei und ein weiter kaum zu erwähnender Hauch von Altholz. Darüber hinaus zeigte sich eine in den Vordergrund spielende duftige Nuance die mich an Moschus erinnerte. Eine eher animalische Assoziation die sonst eher bei toskanischen Pinot Noir des öfteren erlebbar ist. Am Gaumen zeigte der Campo Romano wohl dosierte Kraft gepaart mit sehr ans Burgund erinnernde Finesse. Ich muss zugeben, ich durchlebte beim Verkosten des Campo Romano gewisse assoziative Gefühlswelten, die ich sonst nur von Pinot Noirs aus Morey-St.-Denis kenne. Auch hier viel Schwarzkirsche, dazu etwas Cassis und ein Potpourri erdigen-würzigen Aromen wie getrocknete Morcheln, Laub, staubigen und nicht ganz so stark gerösteter Kaffee (interessanter Weise ein Attribut, dass man momentan auch bei nicht wenigen 2005er aus dem Burgund findet), welke Rosenblätter, schwarze Brotkruste, kaum Alt-Eiche und ein beginnender ganz verhaltener Liebstöckl-Ton. Strukturell sehr frankophil feingliedrig, immer noch mit griffigem Tannin ausgestattet und von einer straffen, sehr lebendigen Säure geprägt! Die Länge des Abgangs und Dichte des Campo Romano zeigten sich überzeugend! Aufgrund des französischen Einschlags durchaus mit einem guten Bourgogne Rouge oder einem leichtem Morey Village vergleichbar. Insgesamt ein in Würde gealteter, erstaunlich berührender und mit vitaler (Rest)jugendlichkeit ausgestatteter charakterstarker Wein der blindverkostet für so manche Überraschung sorgen dürfte! Ein wirklich guter (+)-(++) Pinot Noir aus dem Piemont!

Gruss

Chris

Re: Pinot weit weg

Sa 26. Sep 2020, 22:39

Als ich vor einiger Zeit zu einer Passopisciaro-Probe eingeladen wurde, habe ich ohne zu zögern zugesagt. Diese Weine haben für mich etwas wirklich eigenständiges, von ihrer hohen Qualität einmal abgesehen. Es dürfte bekannt sein, daß Passopisciaro ein Projekt von Andrea Franchetti ist, der mit der Tenuta di Trinoro zu Ansehen gekommen ist.

Präsentiert wurden die Weine von Carlo Franchetti, Andreas Cousin. Ich hatte das große Glück, während des Menüs neben ihm zu sitzen und so sehr angenehme und interessante Gespräche über die präsentierten Weine hinaus führen zu dürfen. Nur dadurch erfuhr ich auch von einem weiteren Projekt im Hause Franchetti, zwar mit Unterstützung von Andrea, aber unter Carlos Ägide:

Sancaba 2017
Pinot Nero


In der Nähe des kleinen Städtchens San Casciano dei Bagni am Südzipfel der Toskana erwarb Carlo 2011 45ha Land, von denen Rebflächen, wie ich es verstand, nur einen winzigen Teil ausmachen, denn vom Sancaba wurden 2017 gerade einmal 3300 Flaschen produziert. Was ich nicht weiß, ist, ob da noch wesentlich mehr Rebflächen dranhängen, die aber keine für diesen Wein qualifizierten Trauben ergeben.

Im Glas begrüßt mich mittleres Rubinrot mit leichtem Purpureinschlag. Bei schlechtem Licht scheint es mir so, als wäre der Wein minimal trübe.
Die Nase ist reif, aber von kühlem Charakter, und sehr elegant: Schwarzkirsche, Wacholder und etwas Buchenholzrauch assoziiere ich; später kommt entfernt Garrigue hinzu, vorwiegend Rosmarin.
Am Gaumen ist die Aromatik ganz ähnlich, die Frucht vielleicht eine Spur prominenter, roter auch - und ist da ein wenig Blaubeere? Feine Würze, die ich Rappen zuschreiben würde - leider schreiben sie dazu im Fact Sheet nichts. Das Holz ist komplett unauffällig; keine große Überraschung, wenn der Wein 1/3 der Ausbauzeit im großen Holz und 2/3 im Zement liegt. Daraus resultiert eine wirklich angenehme Frische. Vom Typus her würde ich ihn als "androgyn" bezeichnen: Sowohl einige würzige Ecken und Kanten finden sich, als auch eine gewisse seidige Geschmeidigkeit.

Die ersten hochwertigen Weine, mit denen ich "verführt" wurde, waren von der Côte d'Or. Diese Grundlage spielt anscheinend weiterhin eine wichtige Rolle bei mir, denn ob ich will oder nicht: Pinots vergleiche ich fast zwangsläufig mit dieser Benchmark. Dieser Sancaba reiht sich problemlos ein und würde einen großartigen Piraten geben; Richtung Vosne könnte man denken, exzellenter Village oder guter Premier. Daß diese Stilistik angestrebt wird, ist nicht zufällig: Andrea hat, soweit ich weiß, einige Zeit in Frankreich verbracht und eine große Affinität zu französischen Weinen. Überraschend ist für mich eher, daß das auch erreicht wird, denn meine wenigen Erfahrungen mit italienischem Pinot waren doch eher ernüchternd. Umso mehr Spaß hatte ich mit dieser Flasche, die leider auch zu den zu kleinen gehörte.

Re: Pinot weit weg

Mo 28. Sep 2020, 19:52

Klingt ja gut.
Ich war 2016 am Etna und war von einigen Weinen auch wirklich angetan.
Wie du schreibst ists auch bei mir und Burgund ist die Benchmark.
Tue mich mit Pinot aus anderen Regionen auch oft schwer.
Muss ich mir mal merken.

Re: Pinot weit weg

Mo 28. Sep 2020, 20:29

Die Nerello Mascalese von Passopisciaro empfinde ich bisweilen als hypothetisches Amalgam aus Burgund und Piemont. Die Chardonnays haben auch eindeutig das Burgund als Vorbild, auch wenn sie etwas rustikaler daherkommen. Da ist es nicht ganz überraschend, wenn sie das mit Pinot auch hinbekommen.

Also ja, die Hauslinie ist nicht unbedingt die des hedonistisch-molligen Easy-Drinking-Italieners. Jetzt bin ich fast versucht, mir doch einmal einen Tenuta di Trinoro zu leisten, um zu verifizieren, ob sie den Bordeaux-Blend auch in diese Richtung vinifizieren. Ist aber eigentlich schon jenseits meiner Schmerzgrenze, und fernab der Komfortzone...

Re: Pinot weit weg

Mo 28. Sep 2020, 20:46

amateur des vins hat geschrieben:Also ja, die Hauslinie ist nicht unbedingt die des hedonistisch-molligen Easy-Drinking-Italieners. Jetzt bin ich fast versucht, mir doch einmal einen Tenuta di Trinoro zu leisten, um zu verifizieren, ob sie den Bordeaux-Blend auch in diese Richtung vinifizieren. Ist aber eigentlich schon jenseits meiner Schmerzgrenze, und fernab der Komfortzone...

Ja da sind wir beieinander. In den Sphären muss sich schon ein nahezu „perfekter“ Genuss versprechen.
Und dann wäre ich wohl bei den Blends tendenziell immer eher in den traditionellen Regionen der Rebsorten.
Steht auch zu befürchten, dass so ein Bordeaux-Blend auch von dort eigentlich erstmal 5-10 Jahre im Keller verschwinden sollte.

Besonders die Eleganz und Säureausstattung der Nerello Mascalese hat mich am Etna positiv überrascht.
Dazu aromatisch nicht plump oder simpel. Ganz interessant.
Die Höhe machts...
Wenn sich da jetzt auch einige Kalkecken für Pinot finden lassen...

Habe ich lang nicht mehr getrunken und muss da beizeiten mal wieder dran denken.

Re: Pinot weit weg

Di 29. Sep 2020, 08:24

amateur des vins hat geschrieben:Jetzt bin ich fast versucht, mir doch einmal einen Tenuta di Trinoro zu leisten, um zu verifizieren, ob sie den Bordeaux-Blend auch in diese Richtung vinifizieren.


Zumindest für den Le Cupole di Trinorio kann ich dir sagen, dass das ganz sicher nicht in die feine Klinge ist, "opulente Frucht trifft feinkörniges Tannin".

Re: Pinot weit weg

Di 29. Sep 2020, 08:31

olifant hat geschrieben:Zumindest für den Le Cupole di Trinorio kann ich dir sagen, dass das ganz sicher nicht in die feine Klinge ist, "opulente Frucht trifft feinkörniges Tannin".
Danke. Cupole muß ich vor Jahren mal eine Flasche gehabt und nicht weiter verfolgt haben; muß mal gucken, ob es da eine Notiz gibt...

Re: Pinot weit weg

Di 29. Sep 2020, 09:41

Ich habe / hatte da glaube ich ein paar Flaschen 09/10/11 im Keller.
In der Fruchtphase kaum zu ertragen, hardcore-Opulenz ... nach 5-7 Jahren wird das durchaus hedonistisches Vergnügen ...

Re: Pinot weit weg

Di 29. Sep 2020, 10:07

Ende 2012 war's ein 2010er. Mäßig gut, zuviel Alk. (15,5%), und am zweiten Tag in Einzelteile zerfallen, steht da (zusammengefaßt). Verstehe, warum ich den nie wieder angerührt habe.

/offopic
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