Re: Pinot weit weg
Verfasst: Di 10. Sep 2013, 18:08
Gute Frage, aber keine Ahnung Vermutlich liegst du richtig.
Und weiter geht es mit einer neuen monatlichen Zwischenrast auf dem Oregon Trail. Mein heutiger Pinot Noir stammt aus der Ende der 1990iger Jahren von dem verdienten kalifornischen Weinmacher und -berater Tony Soter gegründeten Soter Vineyards Weinkellerei in Yamhill Carlton. Bei Soter könnte man von einer Barn-Winery, also einer Art Heustadl-Weingut, sprechen, da anfänglich die Weine in der ehemaligen Yamhill County Barn gekeltert wurden. Mein heutiger North Valley Pinot Noir 2007 gehört zur Basislinie des Hauses welche aus zugekauften Traubengut hergestellt wird. Die Trauben für den North Valley Pinot Noir stammen zu ca. 50% aus der Eola-Amity Hills AVA, ca. 40% aus der Yamhill-Carlton AVA und unter 10% aus der Dundee Hills AVA. Also, wie schon beim meinem letzten Oregon Pinot ein Verschnitt aus verschiedenen Lagen und verschiedenen AVAs. Daher ergibt sich auch, dass die Trauben auf sehr unterschiedlichen Böden gewachsen sind (z.B. in Yamhill-Carlton auf Fülle und Kraft verleihenden Sand- und Schluffsteinböden oder in Dundee Hills auf mineralischer Feinheit (mit)erzeugenden vulkanischen Jory Böden). Zu 20% wurden die Trauben samt Traubenstiel und Rappen im Holz vergoren und in größtenteils gebrauchtem Holz (ca. 15% neues französisches Eichenholz) ausgebaut. Jetzt schaun wir mal ob dieses flüssige Zwischenrast-Vesper geschmeckt hat …
Im Kern zeigte sich die Farbe des North Valley Pinot Noirs überdurchschnittlich dunkel und von mittlerer Transparenz. Der Wasserrand erschien mir ein wenig erweitert zu sein. Doch letztlich gab es nicht viel an der Färbung zu entdecken. Die Nase eröffnete mir ein weiteres, sehr von allen bisherigen Oregon Pinot Noirs abweichendes, insbesondere für einen 2007er, Geruchsbild. Dieses war stark geprägt von matschigen und ziemlich reifen dunklen Kirschen, einem Mehr an Sedimenten von dunkler Holzwürze, vermeintlicher schwarzer und sehr würziger Erdigkeit in Verbindung mit sehr trocken-staubigen Kaffeepulver, recht verhaltenen Unterholz- und Laubimpressionen und einer eher frischen brombeer-lastigen Beerenfrucht. Ich war mir nicht ganz sicher wie ich das Nasenbild einordnen wollte. Es war überraschenderweise stark von reifen (fast überreifen) und kräftigen - nicht all zu klaren - Aromen geprägt. Plump oder reich an schwach ausgeprägter Komplexität war er sicher nicht. Naja, schaun wir mal weiter … Der Geschmack offenbarte ähnliche Geschmacksrichtungen wie es das Bouquet schon verstand anzukündigen. Viel reife, etwas trockene, etwas matschige Kirschfrucht und körperlich schwächere Eindrücke von nicht ganz so reif und viel frischer wirkenden brombeer-lastige Beerenaromen. Das dunkle Holz war nicht ganz so präsent wie ich es schon in meiner Nase kribbelte. Dafür zeigte sich eine ungewöhnlich herbe Rauchigkeit. Die typischen unterholzigen mineralischen Anklänge waren zwar präsent, jedoch sehr hintergründig ausgeprägt. Trotz seiner reifen Charakteristiken schmeckte der North Valley glücklicherweise nicht gekocht oder hitzig. Der Alkohol (13,5%) zeigte sich geschmacklich ein klein wenig. Doch ins Gesamtbild eingefügt fand ich diesen nicht so anstößig oder störend (wie es bei Gaumen doch recht sehr schnell passieren kann). Einen leichten Hang zum "Veggietabilismus" möchte ich nicht unter das Sofa kehren. Für mich zeigte sich, dass dieser Wein von seiner guten Zugänglichkeit und „Trinkigkeit“ lebt und nicht von ausgesprochener Raffinesse oder begeisternder Komplexität. Der so gerne und vielbeschworene Spannungsbogen, ein hier sinngemäß passende und normalerweise nicht zu meinem Wortfundus zugehörige Ausdruck, erwies sich ein wenig schwammig und „porös“. Unharmonisch war er trotz dieses "Defizits" dennoch nicht! Mit der Zeit zeigten sich hinten heraus kleinste Spuren von leicht bitterer Lakritze. Einer Aromatik der ich bei Pinot Noir nicht ganz so gelassen gegenüber stehe. Glücklicherweise hielten sich die Aromen aus dieser Geschmackrichtung auch noch Stunden später sehr zurück. Letztlich für mich trotz mancher mir nicht ganz so erfreulich erscheinenden Ausprägungen ein guter (+) Pinot mit für Oregon, und dem Jahrgang 2007, etwas unerwarteten Düften und Geschmäckern.
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Die Farbe des regional ausgelegten Oregonesen erschien mir äußerst lebendig, zwar farblich leicht (?), aber nicht wirklich hell und ziemlich transparent. Am Rande zeigte sich sein mittleres Alter in keinster Weise. Auch Schwebeteilchen und Ähnliches konnte ich trotz ausgewiesener Unfiltrierung nicht entdecken. Die anfänglichen Eindrücke in der Nase, wie auch am Gaumen, verleiteten mich direkt zu einem mir sonst nicht so lieben Vergleich in Richtung rebgleicher Produkte aus dem 21isten Département. Im vorstehenden Fall ergab der Inhalt meines Glases eine solche „Bourgogne Rouge Frappanz“, die ich einfach nicht unerwähnt lassen wollte. Die Nase war schlank, kühl, angereichert mit schlanken und reif wirkenden Erdbeergerüchen, einer Tendenz in Richtung grün-stängelige Aromen, etwas Tropfwasser von sauren Gurken und einer aufrichtig, streng wirkenden kalkigen Aromatik, die ich mir aufgrund der willamette'ischen Unterlage nicht wirklich erklären kann. Vom oft erwähnten "Oregon Funk" und ausgeprägten Unterlaubaromen konnte nichts erriechen. Am Gaumen zeigte sich ein ähnlicher und nicht sonderlich oregonesischer Eindruck. Viel super klare, reife Erdbeerfrucht gepaart mit leichten Anklängen von dunklen Kirschen, elegant proportionierter Rauch, eine stramme gut abgestimmte kalkige Mineralik, tolle lebendige Säure, einige grüne Taninne, eine recht "feingliedriger" körper und ein mittlerer Abgang. Sicherlich nicht viel Komplexität und überbordender Anspruch, was wohl auch nicht der Anspruch dieses Pinots sein sollte. Dafür viel seriöser, gut balancierter und leichtfüßiger Pinot-Spass von absolut guter (+) Qualität, den man in dieser Form, die ganz sicher nicht jedem gefällt da so Mancher dem Wein etwas Dünnlichkeit vorwerfen dürfte, außerhalb des Burgunds eher selten aufzufinden ist. Mir hat er sehr gefallen und als dünn empfand ich ihn überhaupt nicht. Nur die „Bourgogne Rouge Frappanz“ erstaunt mich immernoch.
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In meinem Glase zeigte sich ein ziemlich transparenter, noch viel ziemlicher leichtschwenkiger und blutroter Augeneindruck. In den ersten Stunden war die Nase geprägt von verrottendem Holz in einer Waldbodenumgebung, nicht wenig an schwarzer Pfeffrigkeit, ganz leichtem Kirsch-Konfit und etwas angetrocknet wirkenden Waldbeeren in Verbindung mit sehr schüchterenen Anklängen von Wiesenblumen. Am Gaumen wirkte der Giles ziemlich kühl, einer Kühle die es nicht an Intensität missen lies – schwer zu umschreiben, ziemlich klarer und frischer Erdbeerfrucht und wesentlich reiferen (oder auch überreifen) und leicht ätherisch wirkende hellen Kirschfrucht, welche sich in Richtung des schon erwähnten Konfit sich orientierte. Das Tannin zeigte sich noch ziemlich präsent und verlieh dem Wein ein herb-ernsthaftes Rückgrat was mir sehr gefiel. Auch die Länge des Abgangs sagte mir zu. Auch wenn dieser nicht sonderlich vielschichtig war. Nach einigen Stunden wirkte der Wein immer süßer und reichhaltiger – fast schon ins Herb-Üppige gehend, die sich zwar nicht anschickte übertrieben zu wirken, aber auf einen für mich recht schmalen Grad tänzelte. Am zweiten Tag traten mehr und mehr Reife- und Reifenaromen in den Vordergrund. Auch Lakritze und Vegetarisums waren Entwicklungen die mir nicht wirklich die Freude in die Augen trieb. Vielleicht wurde mein Gaumen am zweiten Tag von zuviel hier nicht weiter zu beschriebenden Rieslingen und Chambertins & Co. verdorben. Doch diese Verderbungen versuchenshalber mal auszublenden würde ich annehmen, dass der Giles am zweiten Tag schon so einges abgebaut hat. Trotz manch erwähnter Defizite würde ich ihm aufgrund der Eindrücke vom ersten Tag soeben und gerade noch als ein gutes (o)-(+) Pinot Erlebnis bezeichnen.
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Der Sommers Reserve hatte einen leicht trüben Schleier, dennoch viel Transparenz, und ein recht helle an reife Himbeeren erinnernde Farbe. Die Nase zeigte sich sehr jugendlich, aber keinesfalls schüchtern. Sehr viel überaus mineralischer Oregon Funk (mit einer stärkeren Neigung hin zu sehr holzigem Unterholz – meiner Meinung nach sicherlich nicht vom Ausbau) machte sich in meinem Glas breit. Ich würde die Nase schon fast als parfümiert, in einen zuträglichen Sinn, bezeichnen. Sie war sehr intensiv, duftig und tief in die Wurzeln der Nasenhaare greifend. Fruchtaromen von lebendigem Cassisbeeren, roten Johannisbeeren und anständig gereiften Himbeeren, welche sich mit fortschreitender Zeit nach Öffnung sicherlich mehr und mehr ausbreiteten, zeigten ein sehr frisches und erfrischendes fruchtiges Nasenbild. Alles in allem eine verspielte, kaum nicht-zu-mögende Nase mit Tiefgang, aber vielleicht mit einem kleinen "Mangel" an Ernsthaftigkeit und Eleganz. Der Geschmack zeigte sich die erste Stunde bei weitem nicht so offenherzig. Viel Zurückgezogenheit, etwas konfuse Fruchtaromen, stramme Säure und reichlich zünftiges Tannin gaben den Ton an. Mit der Zeit und genügend Luftkontakt zivilisierten sich die Fruchtaromen und die Balance des Pinots. Nun waren mit reichlich Frische verwöhnte Aromen von Cassis (plus etwas Limette) und sehr saftige dunkle Kirscharomen eindeutig erschmeckbar. Zeitweise kam mir diese Fruchtlast(lustig)keit ein wenig zu dominant, gaumenschmeichlerisch und fruchtsüß daher. Diesen letzten Satz sollte ich wohl unter die Kategorie Meckern auf hohem Niveau einordnen. Es war sicherlich kein schwerwiegender und darüberhinaus zeitlich stark eingegrenzter Eindruck. Die mineralischen Prägungen des Oregon Funk waren am Gaumen weit weniger spürbar. Ein Etwas an nassem Laub, feuchter Erde und grüner-holziger Würzigkeit war vorhanden, aber weniger dominierend als es die Nase zu ankündigen versuchte. Nach ca. sechs Stunden in der geöffneten Flasche wurde der Sommers Reserve immer gradliniger, präziser und geschliffener ohne von einer Saftigkeit etwas einzubüßen. Große oregonesische Pinot Aristokratie fand, wie in der Nase, am Gaumen ebenfalls nicht statt. Ein wikliches Defizit war das für mich nicht! Dafür war der Weinfach zu "lustig-heiter"! Wie es anhand des großen Jahrgangs 2008 zu vermuten war zeigte sich der Wein noch recht grün hinter den Ohren. Ein wenig mehr Flaschenlager werden ihm in seiner Entwicklung noch gut zu Geschmacke stehen. Ach ja, was die vermuteten wärmenden Qualitäten des Alkohol betrifft kann ich größtenteils Entwarnung geben. In den ersten zwei Stunden gab es Ansätze von Spuren. Diese wagen Spuren lösten sich mit der Zeit glücklicherweise in Wohlgefallen auf. Wärmend, oder warm als übergeordnete bezeichnende Eigenschaft, war er ganz sicher nicht.
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Gerade noch so eine sehr gute (++) Pinot Angelegenheit!