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Pinot weit weg

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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragSa 2. Mär 2013, 12:23

Hallo zusammen,

weiter geht es mit weitem Pinot:


Nach einer geschlagenen Woche freiwillig gewählter Trockenzeit kam mir der Gedanke vom Enthaltsamkeitsolymp hinabzusteigen um mir einen Keller aus dem Keller zu holen. Natürlich nichts von DEM Keller! Solche Weine trinken vernünftige Menschen. So einer bin ich ja ganz sicher nicht, daher …! Wobei, bei Weinen aus der heutigen Rebsorte, der Pinot Noir Rebe, sehe ich persönlich bis jetzt nicht soviel Potential bei DEM Keller …! Ich schweife aber ab! Mein Keller Pinot war ein Keller von Arturo und Deborah Keller aus der etwas kühleren Weinbauregion Sonoma Coast. Keller Estate ist immer noch ein ziemlich junger Player in Sonoma. Erst seit dem Jahre 2000 wird unter eigenem Namen Wein produziert. Davor wurde das Traubengut, in erster Linie Chardonnay, an unterschiedliche namenhafte Weinproduzenten verkauft. Pinot Noir ist erst seit wenigen Jahren ein Thema auf dem Weingut. Alle Weinberglagen für die Pinot Noir Weine des Hauses sind in der bis dato eher unbekannten und recht feucht-kühlen Petaluma Gap in Sonoma Coast angesiedelt. So auch die Rebstöcke des La Cruz Vineyards mit seiner vielschichtige Ton/Lehm Unterlage, aus dem der heutige Pinot Noir stammt.

Neben dem La Cruz Pinot hatte ich noch einen gelungenen Counterpart! Einen Barbaresco "Cotta" 2005 des mir davor total unbekannten eher kleinen Produzenten Azienda Mainerdo aus Neive. Mal schaun’ wie die Weine waren:

Keller Estate La Cruz Vineyard Pinot Noir 2009, Sonoma Coast

Die Farbe des Keller Estate La Cruz Vineyard Pinot Noir 2009 erschien mir sehr farbig, sehr strahlend, überaus vital, dicht, sicher noch sehr jung und eigentlich nicht übermäßig dunkel (zumindest für ein kalifornischen Pinot Noir).

Die Nase war sehr üppig, intensiv und kalifonisch expressiv. In den ersten Stunden konnte ich Düfte von leicht angekochten, kaum marmeladigen, dunklen Kirschen (auch ein wenig Marascino Kirschen), etwas gebrannte Mandeln, ganz wenig von eher frischen Pflaumen, sehr mildem Rauch und darüber hinaus durchaus ausgeprägte, aber etwas holprige und nicht all zu elegante, Eindrücke von Veilchen und anderen Wiesenblumen. Mir kam die Nase etwas zu parfümiert und intensiv vor. Doch eine Gewisse Attraktivität möchte ich ihr nicht absprechen. Sie hatte schon etwas Verführerisches an sich. Später entwickelten sich mehr und mehr herbstliche Düfte und zivilisierter Fruchtkomponenten, die nicht mehr ganz so intensiv mit ihren Qualitäten protzten.

Der Geschmack war wie die Nase sehr kräftig, üppig und intensiv. Glücklicherweise konnte ich keine wirklichen Alkoholexzesse festnageln. Auch die Fruchtsüße hielt sich gerade noch im Rahmen. Da ich bezüglich des Letztgenannten sehr pedantisch bin, meine ich sagen zu dürfen, dass in diesem Fall die etwas kräftigere Fruchtsüße ausnahmsweise mal nicht abträglich war. Wie die Nase schon vermuten ließ zeigten sich sehr kräftige und intensive Aromen von fleischigen dunklen Kirschen, aber auch sehr angenehm abgestimmte Eindrücke von Waldbeeren und viel würziger Herbstlichkeit von feuchtem Waldboden, verrottendem Holz und getrockneten Pilzen. Auch Spuren von Karamell, nicht so meins, Süßholz und semi-dunkler Schokolade dürfen nicht unterschlagen werden. Hartes Tannin oder stramme Säure waren bei diesem jungendlichen Wein kein Thema. Auch all zu hohe Komplexität würde ich dem Wein nicht bescheinigen wollen. Dafür hatte er viel und gut abgestimmtes Volumen, Kraft, Wärme, Reife (nicht Überreife) und Länge. Zugegeben, ein sehr kalifornischer und geschmeidiger Pinot Noir! Doch auf eine Art die ich mir gefallen lasse obwohl sie normalerweise ganz sicher nicht mein Ding ist. Ausschlaggebend dafür war wohl die Balance! Für mich ein anständiger (+) und etwas zu kostspieliger Pinot Noir!


Der Azienda Mainerdo Barbaresco „Cotta“ 2005 hat bei "Pinot weit weg" nix zu suchen, daher findet ihr diesem im Blog:

http://wine-zeit.blogspot.de/2013/03/ke ... -2009.html

Wie sieht es mit euren aktuallen "Pinot weit weg" Erfahrung aus?

Besten Gruss

Chris
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragDo 7. Mär 2013, 09:00

Hallo zusammen,

und weiter geht es mit noch einem kalifornischen Pinot Noir! Dieses Mal aus etwas südlicheren Regionen. Auf halben Weg zwischen Los Angeles und San Francisco liegt San Luis Opispo County. In diesem Landkreis befindet sich neben Paso Robles die nördlichste AVA der kalifornischen Central Coast. Die AVA Arroyo Grande Valley ist im Gegensatz zu anderen südlichen Central Coast AVAs kein ausgesprochenes Pinot und Chardonnay Land. Doch Talley Vineyards ist einer der Betriebe dieser Weinregion, die sich mit viel Erfolg an den beiden burgundischen Rebsorten seit Jahren bewähren konnten. Weinbau wird von der alt eingesessenen Farmerfamilie Talley erst seit den 1970er Jahren, Pinot Noir seit 1986, betrieben. Seit einigen Jahren sogar nach ökologischen Richtlinien. Zur Vergärung werden nur noch wilde Hefen verwendet und Schönung wie Filtrierung werden nicht mehr praktiziert. Das Traubengut für den heutigen Estate Pinot Noir des ziemlich kühlen Jahr 2008 stammt zu 78% aus dem berühmten Rincon Vineyard und zu 22 % aus dem Rosemary’s Vineyard. Die Böden der beiden Weinberge sind geprägt durch Sand und Lehm. Ausgebaut wurde der Wein für 17 Monate in 30% neuen und 70 % gebrauchten Barriques. Aus irgendwelchen, und vielleicht übersteigerten, Gründen waren meine Erwartungen an diesen Wein sehr hoch. Nun ja, ich habe über verschiedenen Talley Pinots hier und da durchaus Gutes gelesen, was mich als Cali Pinot Skeptiker, neugierig gemacht hat. Dies mag wohl eine gute Erklärung für meine Erwartungshaltung sein. Mal schauen ob diese Erwartungen zu hoch angesetzt waren:

Talley Vineyards Estate Pinot Noir 2008, Arroyo Grande Valley

http://wine-zeit.blogspot.de/2013/03/ta ... rroyo.html

Die Farbe des Estate Pinot Noir erwies sich als weder recht hell noch übermäßig dunkel. Für einen Central Coast Pinot Noir ein relativ normales dunkles Rubin-Rot. Schwebeteilchen oder Altersverfärbungen konnte ich eigentlich nicht erkennen. Nur der etwas breite Wasserrand verwunderte mich ein wenig.

Die Nase zeigte sich in den ersten Stunden eher gelangweilt und mutlos. Nicht viel Leben, kaum Orientierung und ganz sicher kein sonderlicher Ausdruck konnte ich feststellen. Irgendwie enttäuschend leblos und diffus. Nach ca. vier Stunden begann die Nase etwas mehr Energie zu entwickeln. Im Vordergrund konnte ich sehr verhalten parfümierte Düfte von gebrannten Nüssen, Rauchfleisch, etwas Lebkuchen, dunklen Kirschen und wahrscheinlich etwas mehr Tendenzen zu hellen Früchten wie Himbeeren und Erdbeeren erriechen. Trotz der Entwicklung konnte ich nicht viel Anmut, Eleganz oder sonstig Betörendes empfinden. Am zweiten Tag kam mehr präzise Himbeer- und Erdbeerfrucht raus, leichte Pfeffrigkeit, leichter Rauch, weniger Wärme, Balance und sogar, ich konnte es kaum glauben, eine gewisse schüchterne florale Eleganz. Trotz der für mich positiven Entwicklung sollte und wollte der Funke nicht ganz überspringen.

Wie beim Bouquet konnte der Geschmack in den ersten Stunden seine gelangweilte Stimmung kaum verbergen. Er war nicht sehr präsent, konnte mit nicht sonderlich viel Lebendigkeit glänzen und erschien mir ziemlich eindimensional - in Richtung undefinierbarer und austauschbarer Charakterschwäche. Sicherlich zeigten sich schon verhaltenen Anklänge von Erdbeeren, auch einigen dunklen Kirschen, dunkler Schokolade, etwas würzigen Gebäck, Nüssen und sehr milde Pilzaromen. Aber wirklich nicht sehr ausgeprägt! Zum Glück erwies sich der Estate schon vom Start weg als keinesfalls gewaltig, draufgängerisch, marmeladenlastig, alkoholisch (aber gerade noch knapp unter der Alk-Limbostange hindurchgerutscht) oder überkonzentriert. Bis zu diesem Zeitpunkt waren dies meine notierten Punkte auf der „Haben“seite. Wie das Wörtchen „schon“ in den vorangegangenen Sätzen andeutet hat, gab es eine Entwicklung in Richtung Mehr und Besser! Nach ca. fünf Stunden, aber eigentlich so richtig eher am zweiten Tage, kam mehr Ausdruck, Präzision und womöglich auch ein wenig Anspruch im Geschmacksbild auf. Die Frucht hinkte nicht mehr so gelangweilt und unentschlossen auf der Zunge herum. Viel mehr elegante Erdbeere und schlanke Waldbeeren, sogar Tendenzen zu Zitrusfrüchten, betraten die Gaumen-Bühne. Auch die mineralisch herbstlichen Komponenten und speisepilzlastigen Aromen konnten mit mehr Ausdruck aufwarten. Vielleicht war die Süße der Frucht zu diesem Zeitpunkt bzw. Höhepunkt für mich ein Tick zu viel. Auch der Alkohol machte sich etwas mehr spürbar. Doch in diesem Fall hatte ich keine Probleme meine Überempfindlichkeit gegenüber Süße und Alkohol ein wenig zu vernachlässigen, da sie sich nicht penetrant oder aufgesetzt präsentierten. Nun konnte auch der Abgang mich mit mehr Freude und Länge verwöhnen.

Zusammengefasst: Ich kann, für mich, ganz klar behaupten, dass in diesem Wein Potential steckt, da er eine sehr positive Entwicklung über ca. 30 Stunden gemacht hat. Wie lange dieses Potential auf der Flaschen zu halten ist, kann ich nicht wirklich sagen. Der Hauptgrund für meine Unsicherheit ist ein bis jetzt von mir nicht erwähnter Eckpfeiler von gutem Pinot Noir: die Säure! Trotz der positiven Entwicklung konnte ich mit ihrer Proportion nicht ganz „warm“ werden. Für mein Dafürhalten fehlte es ihr ein wenig an Spannung und Leben. Der Wein war zwar nicht mehr so gelangweilt wie am Anfang der Verkostung, doch gewisse Defizite in der Vitalität konnte ich leider nicht übersehen. Aus diesem Grund habe ich Probleme dem heutigen Pinot - nach meinem Bewertungsystem - als einen eindeutig sehr anständigen/sehr guten (++) Wein zu sehen. Klasse war ganz sicher vorhanden, aber ... so wie da mit dem Funken eben ist! Jetzt druckse ich natürlich übermäsig rum und kämpfe den aussichtslosen Kampf mit meinen nicht wirklich voll erfüllten, und wahrscheinlich überhöhten, Erwartungen. Eine total subjektive Feindifferenzierung ist mit meinem System wohl nicht erfüllbar. Ist mir jetzt aber auch Wurscht! Wahrscheinlich weil ich heute so unerträglich viel und gehaltloses Zeug geschrieben habe! Daher: (++) - so be it - Basta!!!

Besten Gruss

Chris
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragDi 26. Mär 2013, 10:24

Hallo zusammen,

nachdem ich das kleine Vögelchen aus 2005 (viewtopic.php?f=86&t=1275&start=100) im frühen Januar dieses Jahres mit nicht all zu großer Begeisterung genießen durfte, habe ich mich entschlossen, die Ausführung aus dem Jahr 2007 zu entkorken. Daher eine kurze "Pinot weit weg"-Ergänzung:

Escoda-Sanahuja La Lopetera 2007, Conca de Barberá

Der visuelle Eindruck zeigte sofort, dass das neuere Vögelchen nicht zu den transparentesten und hellsten Pinots gehört. Ich würde fast soweit gehen, dass über der dunkel-rubinroten Farbe des Weines ein geschlossener trüber Schleier hing, obwohl ich die Flasche seit drei Tagen kaum bewegt hatte. Auch das Glas, ein von mir nicht so heiss geliebtes Zalto Burgunderglas :oops: , konnte es nicht sein. Eine vorangestellte gründliche Reinigung des zarten. mir zuuu zarten :D , Kelches hatte ich sichergestellt. Nunja, ... ich schliesse den Fall mit der Formulierung "interessante Trübung" am besten ab! Von der Farb-Sattigkeit her sah der Wein ziemlich frisch, saftig und jugendlich aus.

Die Nase verströmte zu Anfangs noch einen Hauch von Brett'y-Bauernhof-Bouquet, der nicht mehr ganz so ins Gewicht fiel wie bei einer Verkostung vor ca. einem Jahr. Daneben zeigte das 2007er Vögelchen wesentlich mehr Pfeffer und ebenfalls mehr Frische bzw. Leben sowie strenge Seriosität. Auch die Frucht von herben, erdig und schutzigen Kirschen zeigte sich im Vergleich zum 2005er wesentlich ansprechender und raffinierter. Den Duft des Weines sollte man sicher nicht mit Ausdrücken wie „elegant parfümiert“ oder „glockenklare Präzision“ umschreiben. Würzig, bodenständig (etwas schmutzig), streng und etwas draufgängerisch sind wahrscheinlich passendere Ausdrücke.

Der Geschmacksunterschied gegenüber dem 2005er war beträchtlich. Der 2007er hatte viel mehr Spannung, Biss und ein angenehm strammes (und ein immernoch etwas hartes) Tanningerüst. Die Säure zeigte ebenfalls viel mehr Ausdruck und Vitalität. Auch der mineralische Charakter, viele dunkle Erde und schmutzig-nasse Kalksteine, konnte mit viel Leben und einem gewissen Anflug von Komplexität aufwarten. Die strengen, ziemlich herben und ausdrucksstarken Fruchtaromen von frischen sowie einigen getrockneten Sauerkirschen (un ein paar unterschlagenen Erdbeeraromen) wurden nach einigen Stunden von einem sehr feinen Pilzaroma auf sehr beeindruckende Weise ergänzt und abgerundet. Mir hat die sehr anständige (+)-(++) 2007er Version des Vögelchens wesentlich besser gefallen. Die ausgezehrte Kargheit, schroffe Erdigkeit und vor allem die aus dem Ruder gelaufene Balance (beim 2005er) zeigten sich beim 2007er wesentlich besser abgestimmt. Dennoch würde ich behaupten wollen, dass auch dieser Wein ganz sicher kein südfruchtig-süßlicher Gaumenschmeichler-Pinot war. Die harte und ruppige Kante, die ich auch bei Pinot Noir von Zeit zu Zeit sehr mag, war unverkennbar vorhanden. Vom Trinkzeitpunkt war ich wahrscheinlich ein Tick zu früh dran, aber komplett verkehrt dürfte der Konsum in den kommenden Monaten bestimmt nicht sein.

Besten Gruss

Chris

PS: Mein Vögelchen-Vogel lässt sich am besten mit dem Etikett ( Foto hier: http://wine-zeit.blogspot.de/ ) erklären ;)
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragSa 30. Mär 2013, 10:28

Hallo zusammen,

wie gehabt, geht es einmal im Monat, so auch im März - wenn auch spät, ins schöne Oregon zum Pinot Noir trinken!

Der heutige Wein stammt vom tüchtigsten Pinot Produzenten-Duo im Willamette Valley. Seit dem Jahr 2000 widmen sich die zwei Freunde Patty Green und Jim Anderson einer sehr großen Vielzahl von Einzellagen Pinot Noirs aus den unterschiedlichsten AVA's. Dank diesem fast burgundisch, zur Abwechslung nenne ich diesen unglücklichen (Vergleichs-) Begriff mal in einem anderen Kontext, anmutenden kleinteiligen terroirbezogenen Vorgehensweise, verfügt Ihr Portfolio über eine erstaunliche Vielzahl von Pinot Noirs unterschiedlichster Prägungen und Stilistiken. Der heutige Wein stammt aus dem von vulkanischen Gestein sehr stark geprägten Croft Vineyard in den südwestlichen Eola-Amity-Hills. Seit 2006 wird dieser Weinberg komplett nach Bio-Richtlinien bewirtschaftet. Hergestellt wurde der Wein aus 55 % achtzehn Jahre alten Pommard Klonen und 45 % einundzwanzig Jahre alten Wädenswil Blauburgunder Klonen. Beim Croft Vineyard handelt es sich anscheinend um eine der kühlsten Lagen im Willamette Valley, was in dem wirklich nicht als bilderbuchmäßig zu bezeichnenden Jahrgang 2007 zu einigen Komplikationen führte. In der Hauptlesezeit für Pinot Noir, im frühen Oktober, kam es im Jahr 2007 zu starken Regenfällen, welche vielen Winzern Probleme bereiteten. So manch "wagemutiger" Winzer ließ größere Teile seiner Trauben bis Ende Oktober im Weinberg, was ihm glücklicherweise in vielen Fällen mit ca. zwei Wochen schönstem Lesewetter belohnt wurde. So auch im vorliegenden Fall. Trotz der positiven Wende erscheinen viele Weine aus 2007 etwas leichter, strenger und reicher an Säure. Mal schau'n wie es sich beim Croft Vineyard von Patty Green verhalten hat:

Patricia Green Cellars Croft Vineyard Pinot Noir 2007, Willamette Valley

http://wine-zeit.blogspot.de/2013/03/pa ... eyard.html

Die Farbe des Croft's erwies sich im Kern als ganz schön dunkel und gesamtgesehen ein wenig trübe. In den koronalen Regionen zeigten sich eindeutige Verfärbungen ins Rotbraune. Die Viskosität fiel mir als erstaunlich leichtschwenking und „luftig“ (12,5 % Alk.) auf.

In den ersten Stunden war das Bouquet stark von Unterholz und vermeintlichen mineralischen Einflüssen (mit dunkler Erde stark verdeckte und feuchte Kieselsteine), falls man die wirklich riechen kann, geprägt. Auch Anflüge vom Vulkanstein beeinflussten Stinkerli waren im geringerem Maße präsent. Nach ca. drei Stunden entwickelten sich, unter Beibehaltung der Unterholzattribute, sehr gut abgestimmte ätherische würzige Züge (keinesfalls alkoholische), etwas Zündholz, erstaunlich viel wärmere Rauchigkeit und eine sehr präsente dunkelkirschige Frucht.

Der Geschmack war von Anfang bis Ende sehr von intensiven mineralischen Beeinflussungen getragen. Sehr viel dunkle Erde, feuchter Stein (weniger kalkige Prägung), Unterholz inkl. viel Laubwerk und eine leicht kräuterig-strohigen Note machten den Wein in den ersten Stunden aus. Die ersten zwei Stunden zeigte sich diese Prägung als sehr herb, streng, nicht wirklich asketisch, da sicherlich ein angenehmes Volumen vorhanden war, und nicht sehr fruchtverwöhnt. Zu diesem Zeitpunkt sollte ich auch nicht die leicht animalische Wildheit des Pinot's unterschlagen. Nach drei bis vier Stunden wachte der Wein so langsam auf und zeigte seine vielseitigen Qualitäten. Neben den durchweg verweilenden mineralischen Noten entwickelte sich eine seriöse und sicherlich streng anmutende Frucht die von dunklen Kirschen und dazu ergänzenden sehr reifen fruchtigen Erdbeeren geprägt war. Auch das Tanningerüst und die Säure arrangierten sich mit dieser Entwicklung aufs feinste. Jetzt hatte der Wein viel Biss, Druck und frische Spannung. Auch die schon mehrfach erwähnte würzige und ein wenig nervige Wildheit trug ihren Teil zum sehr guten (++) Gesamteindruck bei. Ein wirklich gut balancierter, etwas dreckiger, wilder, nicht so eleganter Pinot Noir mit viel freudebringendem Potential! Entgegen der koronalen Farbentwicklung erschien mir dieser Wein noch sehr jugendlich und erst im Anfangsstadium seiner optimalen Trinkphase.

Aus irgendeinem dümmlichen Gedanken heraus :oops: konnte ich nicht davon ablassen diesen Wein mit einem sehr gutem und nicht überkonzentriertem Nuits-St-Georges vergleichen zu wollen. Abgesehen von einigen zweitrangigen Details kam ich in Gedanken stets zu diesem Vergleich zurück. Naja, wie auch immer … für einen Oregon Pinot aus 2007 ein absolutes empfehlenswert!

Wie sieht es bei euch mit "weiten Pinots" in letzter Zeit aus? Berichtet am besten hier ;) !

Mein nächster wird aus dem neuen "Papa-Land" kommen ;)

Besten Gruss

Chris
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Alas

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Re: Pinot weit weg

BeitragFr 5. Apr 2013, 22:05

Hallo Chris!

Nach langer Zeit von mir etwas in deiner Rubrik.
Dieser Wein ist ein Einzelstück in dem Sinne, daß die Pelter Winery nur ein Mal einen Pinot Noir aus gekauften Trauben gemacht hat, der nicht ins Schema passte. Schade, wie ich finde.
Mit diesem Wein konnte man hier nichts anfangen, war er doch zu fremd, entsprach nicht den hiesigen Erwartungen, die wohl von Mainstream-Burgundern geprägt sind. Als ich den Wein kaufen wollte, musste erst eine Weile suchen, fand in dann in einem hinteren Regal und man musste in gut abstauben.
Die Pelter Winery liegt liegt in den Golan Höhen und wurde 2002 von Tal Pelter gegründet, zunächst mit 4000 Flaschen, und als die Sache wuchs stieg sein Bruder Nir ein. Heute werden rund 90000 Flaschen in zwei Qualitätslinien hergestellt.
Der Wein wurde 14 Monate in französischen Eichenfässern ausgebaut und entspricht in etwa dem, was ich mir von einem Pinot Noir aus dem Mittelmeerraum erwarten würde.

Bild

Pelter.jpeg


Gruß

Alas
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragSa 6. Apr 2013, 16:21

Hallo Alas,

endlich mal wieder ein Pinot weg der nicht von mir kommt :) !

Deiner Beschreibung nach hört sich der Pelter recht ungewöhnlich und etwas herausfordernd an. Aber gleichzeitig auch sehr interessant. Vorallem die Verbindung der warmen-hitzigen Komponenten von sehr reifen Kirschen, Schoko und Weinbrand mit der frischen Art von Zitrus im Abgang. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass der mir auf seine ungewöhnliche Art auch geschmeckt hätte. Eigentlich schade, dass sie das Pinot Projekt nicht weiterverfolgen.

Habe eben auf der Webseite gesehen, dass Pelter einen 100% Petit Verdot aus den Jerusalem Hills (ich wussste garnicht das direkt dort vorort auch Weinbaubetrieben wird ... bis jetzt habe ich Weinbau immer nur mit den Jerusalem Hills in Oregon - Domaine Serene - in Verbindung gebracht :oops: ) im Programm hat. Hmmm ... das hört sich sehr spannend an. Soweit ich mich erinnere habe ich das nur einmal gehabt (ich glaube aus der Ecke Valencia). Das war eine ziemlich interessante, aber keinesfalls eine negative Erfahrung. Sehr intensiv, gewaltig bis fast ein wenig gewaltätig ;) .
Kennst du den Petit Verdot von Pelter bzw. wird die Rebsorte in Israel öfters reinsortig angebaut?

Besten Gruss hinter's Meer

Chris
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Alas

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Re: Pinot weit weg

BeitragSa 6. Apr 2013, 20:54

Hallo Chris!

Jaja, der Wein hätte dir bestimmt gefallen. Von Pelter habe ich sonst noch nichts getrunken. Es ist so, daß ich derzeit neben Seahorse und Midbar noch ein drittes Weingut suche, das ich dann ausführlich und kontinuierlich verfolgen will, Die Wahl sollte zwischen Clos de Gat und Domaine du Castel ausgetragen werden. Der nicht so billige Rotwein von Clos de Gat war nix. (Ich werde berichten.) Tja, und da rückt nun Pelter ins Visier. Ich werde sehen was wird. Domaine du Castel macht im roten Bereich halt 'nur' Cuvees, während Pelter mehr reinsortig ist.
Dochdoch, im Jerusalemer Bergland wird durchaus Wein angebaut. Das Klima geht in Richtung Golan Höhen, nicht so feucht und nicht so kalt im Winter, aber doch schon mal unter Null und Schnee.

Soweit mit gutem Gruß

Alas

P.S.: Ist was mit dem Pinot Noir aus Südfrankreich geworden?
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragSo 7. Apr 2013, 09:20

Guten Morgen Alas,

den Südfranzosen habe ich nicht vergessen :). Besorgt ist er schon, aber noch nicht getrunken! Vor ihm kreisen noch drei bis vier andere Pinots in der Warteschleife ;-) Der nächste wird wohl aus Patagonien kommen!

Besten Gruss

Chris
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olifant

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Re: Pinot weit weg

BeitragDi 16. Apr 2013, 14:26

Hallo Chris,

du hast auf deinem blogg in der letzten Zeit 2-mal Artikel (Dolcetto und Pinot Nero Haas)veröffentlicht, auf die ich gerne geantwortet hätte - ist mir aber auf deiner Plattform echt zu blöde, da ich weder open ID noch einen google account möchte liess ich's bleiben.
Vielleicht hast du ja Lust die Artikel in den entsprechenden Threads ein zu stellen, oder zu verlinken.
Grüsse

Ralf

Die Zukunft war früher auch besser.
Karl Valentin
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Re: Pinot weit weg

BeitragDi 16. Apr 2013, 14:57

Hallo Ralf,

verständlich! Ich werde bei Gelegenheit bzw. Zeit den Haas einstellen bzw. den einfachen Haas nochmals mit dem Schweitzer Pinot Nero in naher Zukunft verkosten und einstellen.

Einen Dolcetto habe ich meines Wissens in letzter Zeit nicht getrunken. Habe es aber vor in naher Zukunft zu tun, da ich mir mit dieser Rebsorte ein wenig schwertue und meine Vorurteile gerne in frage stelle. Hast du bei Dolcetto vielleicht Tipps für mich ;)

Besten Gruss

Chris
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