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Pinot weit weg

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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragDi 24. Jun 2014, 18:57

Hallo Maha und alle anderen,

danke Maha! Ich opfere mich gerne auf ;). Quatsch ;) , meistens macht das Probieren und Beschreiben solcher Pinots durchaus Spass. Heute geht es gleich weiter mit einem fußballbedingt aktuellen "Pinot weit weg":

Heute geht es bei meinem kleinen Copa do Pinot in das kleine Land östlich des Uruguay Fluss. In der Weinbauregion Canelones etwas nördlich der Hauptstadt Montevideo nicht weit vom Rio de la Plata baut die 1910 von kanarischen Einwanderern gegründete Bodegas Marichal hauptsächlich - wie nicht anders zu erwarten in Uruguay - Tannat an. Aber auch Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Merlot und Pinot Noir spielen eine tragende Rolle im Portfolio des 50 ha großen Weingutes. Insbesondere die ungewöhnliche Cuvée aus 70% Pinot Noir und 30% Tannat hört sich überaus spannend und experimentierfreudig an. Vielleicht traue ich mich in ferner Zukunft diese eigenwillige Mischung auch einmal zu verkosten. Dieses mal gibt es aber den reinsortigen Pinot Noir Reserve Collection 2009 von Marichal aus kalkreichen Weinberglagen in Etchevarría. Gereift ist der Reserve Pinot Noir 2009 für 12 Monate in 70 % gebrauchten Barriques. Mal sehen ob sich dieser südamerikanische Pinot gut schlägt oder doch eher so durchwachsen-zurückhaltend-hölzern spielt wie die Celeste in der ersten Halbzeit ...

Bodegas Marichal Pinot Noir Reserve Collection 2009, Canelones

http://wine-zeit.blogspot.de/2014/06/co ... pinot.html

Die Farbe des Pinot's aus Canelones zeigt ein gut durchsehbares verdunkeltes Rubinrot das zum Rand hin leicht ins Cola-Bräunliche geht. Die Nase präsentiert sich nach einer 30 minütigen Aufwärmphase voll von sehr reif wirkenden dunklen Kirschen – inkl. eines Hauch von Amaretto der durch mein Glas weht, eindeutigen Spuren von kalter Holzkohle, milden und kaum ätherischen wirkenden undefinierbar Wildkräuter und recht mitteilungsfreudigen rauchigem rind-lastigem Trockenfleisch. Die Nase erscheint mir ziemlich parfümiert, etwas krude, aber dennoch nicht unattraktiv und schon gar nicht all zu simpel. Am Gaumen war der Pinot von Marichal zunächst hyper-astringierend und verschlossen. Nun, nach ca. einer Stunde, zeigt sich „nur“ noch eine kräftige und mehrheitlich ins Gesamtbild ganz gut integrierte Säure, relativ rosinig und trocken wirkende dunkle Kirschen, vermischte Wildkräuter (vielleicht mit einem erhöhtem Anteil an Liebstöckel) und einer passenden schlanken Rauchigkeit. Das Tannin wirkt noch ziemlich ruppig und leicht grünlich fies. Die 14 % Alkohol sind leider ein wenig schmeckbar, dennoch eher klar im defensiven Mittelfeld verortet. Wenn dieser eher zur herb-ruppigen Leichtigkeit hintendierende Pinot Noir aus Uruguay mit ein wenig mehr Dichte und Raffinesse am Gaumen aufwarten könnte, wäre er für mich von anständiger Qualität. Bis jetzt tendiere ich eher zu einem sehr soliden so la-la (o)-(+). Immerhin zeigt sich der Uru wesentlich „pinot'iger“ und, trotz gewisser hitziger Rosinenlastigkeit, frischer sowie eleganter als sein brasilianischer Kollege von letzter Woche.

Ich denke einige Stunden nach dem Spiel werde ich noch weitere Eindrücke nachreichen. Ich glaube da ist noch Potential im Glas. Zumindest für den etwas einfach gestrickten Gaumen ...

Besten Gruss

Chris
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragSa 28. Jun 2014, 18:58

Hallo zusammen,

und ein weiterer "Pinot weit weg" aus Südamerika möchte sich vorstellen ...

Der dritte Bewerber um meinen kleinen „Copa do Pinot“ kommt von der anderen Seite der Anden aus dem Valle de Leyda am, für Weinenthusiasten nicht ganz unbekannten, Fluss namens Maipo. Bei Viña Leyda, dem Produzenten des heutigen Pinot Negro, handelt es sich um ein recht junges Unternehmen. Erst 1998 begann das „Wein-Abenteuer“ in dem bis dahin eher für klassische Feldwirtschaft bekannten Leyda Tal. Heute baut Viña Leyda auf mehr als 230 Hektaren die in Chile weit verbreiteten Rebsorten wie Chardonnay, Merlot, Syrah usw. an. Doch Pinot Noir nimmt mit vier unterschiedlichen Weinen wahrscheinlich die zentrale Rolle der Produktpalette ein. Mein heutiger Pinot Noir kommt aus der leicht abfallende gen Südwesten ausgerichteten von roten Tonböden geprägten Einzellage Las Brisas aus dem Jahr 2011. Die Klone für diesen Pinot entstammen aus einer sélection massale von unterschiedlichen in Oregon verwendeten Klonen. Für mich ein Novum, welches mir so nicht bekannt war. Aber weiter im Text ... Jetzt schaun' wir mal wie er denn nun ist - dieser Chilene! Ob er mit kompromisslosem Krafteinsatz und bissigen Beharrlichkeit die Brasilianern im Glas - wie in Mineirão - ins Schwitzen bringen kann ...!?

Viña Leyda Pinot Noir Single Vineyard Las Brisas 2011, Valle de Leyda

http://wine-zeit.blogspot.de/2014/06/co ... -noir.html

Die Farbe des Las Brisas zeigt ein sattes Granatrot welches dennoch sehr transparent und voll von glänzend-jugendlich wirkenden Reflexen ist. Seine Nase wirkt sehr parfümiert, ziemlich kühl-eukalyptisch, voll an Frucht und schlussendlich total chilenisch. Neben den sehr kräftig ausgeprägten Fruchtdüften von reifen Himbeeren und komplementär begleitenden Waldbeeren zeigen sich ebenfalls ein Mee(h)r an Komplexität verleihenden tertiär-lastige Aromen wie getrocknetes Laub, Waldboden, Wacholder und Piment. Trotz seiner etwas sehr draufgängerischen und über-mitteilungsfreudigen Art gefällt mir die Nase irgendwie. Sie wirkt sehr typisch, sehr klar und „sauber“. Am Gaumen zeigen sich ähnliche Eigenschaften. Die sehr reifen und dennoch eher kühl wirkenden Fruchtaromen, eukalyptisch bedingter Eindruck nehme ich an, von Himbeeren und wesentlich kräftiger ausgeprägten anderen Waldbeeren, zeigen sich etwas vordergründig und sind sonst auch sehr ausdrucksstark. Die eigentliche Fruchtsüße könnte meinetwegen ein wenig schüchterner daherkommen. Exzessiv ist sie aber auf keine Fall. Der Einfluss von Laub und getrockneten Gewürzen erscheint mir ein wenig zurückgefahren und mit flintig-würzigen Zügen, die ich meist mit Feuerstein assoziiere, "angereichert". Leichte alkohol bedingte ätherische Züge, welche für die meisten chilenischen Pinot Noir eher typisch ist, möchte ich nicht verschweigen. Als im Gesamtbild sonderlich störend empfinde ich diese nicht, da der feste Körper mit ihnen gut umgehen kann. Die Struktur des Körpers ist eindeutlich „neuweltlich“ kraftvoll und saftig, gut (vielleicht zu gut) abgeschliffen, nicht schauerlich komplex und leicht überdurchschnittlich lang. Dennoch, oder vielleicht gerade deshalb, trinkt sich der Wein sehr flüssig und macht auch richtig Spaß, obwohl er weit von meinen präferierten Pinot-Stilistiken entfernt ist. Es ist eben ein „sehr gut produzierter“ Wein ohne richte Makel, ohne Anstößigkeiten, ohne Ecken, ohne Kanten und mit viel Maipo-Casablanca-Herkunfststypizität von schlichtweg guter (+) Qualität.

Ob sich meine vorangestellte rhetorisierend-transpirierende Frage letztendlich bewahrheitet wird, kann ich heute leider gar nicht mehr weiterverfolgen, da ich nun einem anderen, musikalischem - sogar etwas brasilianischem, Hochkulturgenuss weit abseits von Fußball und Wein frönen darf. Bis jetzt war die Entschlossenheit der Chilenen ja eher durch Zufälligkeit und gewisse Fähigkeiten im Metzgerhandwerk geprägt. Naja, vielleicht kommt morgen noch eine Nachberichterstattung. Was diesen Pinot Noir bei „Copa do Pinot“ betrifft hat Chile schon mal die Nase vorerst vorne!

Besten Gruss

Chris
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragMi 2. Jul 2014, 16:27

Hallo zusammen,

endlich hab ich auch den letzten "Pinot weit weg" für meine Copa do Pinot runtergekriegt ;-). Naja, ganz so schlimm war der nicht. Nur sehr ausgefallen für einen Pinot Noir:

Bodega Familia Schroeder Saurus Barrel Fermented Pinot Noir 2010, Patagonia

http://wine-zeit.blogspot.de/2014/07/co ... oeder.html

Die Farbe des Saurus Barrel Fermented Pinot Noir überraschte mit seinem sehr tief farbigen Ausdruck und seiner sich etwas in grenzen haltendenden Transparenz. Die Nase wirkte über die gesamte Verkostung hinweg recht kühl, etwas krautig-würzig-ätherisch und stark von dunklen Beeren und schüchternen Zügen von Hagebutten geprägt. Insbesondere die reichhaltigen würzigen (und etwas weihnachtlich) wirkenden Noten verliehen dem Wein eine sehr eigenes, und für Pinot Noir äußerst ungewöhnliches, Nasenbild. Auch eine ausgeprägte staubtrockenen Rauchfleischnote trug zu meiner verwirrenden Verwunderung bei. Am Gaumen zeigte der Pinot Noir viel rebsorten-untypische Kraft und ätherisch-alkoholische Würze. Die Aromen waren bestimmt von saftigen Schwarzkirschen, Blaubeeren, Lakritz, Zimt und einer wilden sowie scharfen kräutriger Würze. Die Einflüsse von Rauchfleisch waren am Gaumen nicht so von prägender Signifikanz. Das Tannin wirkte robust und burschikos. Glücklicherweise passte die erwähnte ätherisch und leicht alkohol- lastige Würze zu diesem Wein das seine Kraft und kühle Art ganz gut damit umgehen konnte. Auch meine bisherigen Pinots aus Patagonien zeigten viele eher rebsortenuntypische Züge, doch der Saurus schießt was dies betrifft den Vogel ab. Blind verkostet hätte man mir diesen Wein auch als ein nicht zu wuchtiges und kühl wirkendes Syrah dominiertes Cuvée „verkaufen“ können. Trotz all den untypischen Eigenschaften allemal ein guter (+) Wein. Nur den „Copa do Pinot“ kann er für mein Dafürhalten nicht gewinnen. Was das betrifft konnte der chilenische Vertreter, im Gegensatz zur fußballerischen Realität, mich noch am meisten überzeugen. Daher ist der Gewinner meiner Copa der Viña Leyda Pinot Noir Single Vineyard Las Brisas 2011.

Besten Gruss

Chris
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragMo 21. Jul 2014, 20:06

Hallo zusammen,

nach so vielen südamerikanischen Pinots muss es heute mal wieder was Greiftes, nicht so weit Weg'es sein ;-). Dieses mal bei "Pinot weit weg" hat es mich mal wieder in die Toskana verschlagen:

Castello di Ama Il Chiuso 1993, Vino da Tavola di Toscana

http://wine-zeit.blogspot.de/2014/07/ca ... no-da.html

Il Chiuso – der Geschlossene, der Engstirnige oder im vorliegenden Fall wahrscheinlich am besten der Verschlossene - der Verschlossene vor noch einigen Jahren wohlgemerkt – ist meiner Ansicht nach ein nicht ganz unpassender Name für toskanisch/umbrische Pinot Neri. In ihrer Jugend und weitere Jahre darüber hinaus wirken diese gern abweisend, wild, astringierend und ruppig, doch nach langer Reifezeit entwickeln sich um so "gerner" erstaunlich intensive wie prägnante erdige, würzige und dunkelfruchtige Aromen. Solch eine kurze Entwicklungs-Umschreibung dürfte auch auf meinen heutigen sehr gereiften „Pinot weit weg“ aus dem Jahr 1993 zutreffen. Natürlich handelt es sich bei dem Namen Il Chiuso nicht nur um eine etwas dürftige Heranleitung zum eigentlichen Thema. Viel wichtiger ist, dass Il Chiuso auch eine ca. 4,1 Hektar kleine im Jahr 1984 mit burgundischen Pinot Nero Klonen bepflanzte Parzelle im berühmten Vigneto San Lorenzo von Castello di Ama ist. Die Reben in dieser Parzelle stehen in ca. 500 m Höhe auf sehr kalkhaltigen und mit Schieferton durchzogenen Weinberglagen. Obwohl ich einge vermutbare "Ergebnisse" schon vorweg genommen habe, dürfte es trotzdem interessant sein, wie sich dieser Castello di Ama Il Chiuso 1993 in meinem Glas präsentiert hat ...

Farblich zeigte sich der Il Chiuso 1993 ziemlich, wenn auch für einen Toskaner nicht weiter überraschend, dunkel sowie sehr von granatroten Reflexen und von einem Meer (!, viel Sand ;) ) an Transparenz trübenden Sedimenten geprägt. Am Rand zeigten sich erstaunlich wenige Verfärbungen ins Rot-Braune. Die Farbe von mit Wasser verdünnter Cola dürfte die dünne Korona wohl am besten beschreiben. Das Bouquet war ziemlich dreckig, wild, erdig, von Kaffee, Wacholder, Holzkohle und staubig-getrockneter und verhalten wirkender sehr dunkler Kirschfrucht geprägt. Auch Spuren von schwarzem Pfeffer und eine in der ersten Stunde recht präsente wirkende und nicht sehr begeisterungsendfachende Krautig(Rübig)keit. Letztlich zeigte sich die Nase wesentlich gereifter, aber sicher nicht ausgezehrt, als die Farbe es verraten wollte. Der Geschmack war von Anfang bis Ende, ca. drei Stunden später, wesentlich frischer, stabiler und lebendiger als die Nase. Zunächst dominierten erdige und rauchige Tertiäraromen. Doch nach einer guten Stunde wachten die fragil wie auch raffiniert wirkendne, aber dennoch ausdrucksstarke Aromen von reifen, angetrockneten Schwarzkirschen so langsam auf. Ein Hauch von Wacholder, Piment, mildem Schwarztee und staubigem Kaffeepulver gesellten sich ebenfalls hinzu. Auch nach ca. drei Stunden verweilte der Gesamteindruck von überzeugender Frische in meinem Glas. Seine immer noch kräftige Säure, die vor zehn-fünfzehn Jahren bestimmt sehr angriffslustig gewesen war, dürfte der Hauptgrund für sein mehr-als-nur-Überleben der letzten zwanzig Jahre in nicht unbedingt optimaler Lagerungsumgebung gewesen sein. Auch sein durchhaltendes angeschliffenes durchweg burschikos wirkendes Tannin dürfte seinen Beitrag zum gereiften Gelingen Il Chiuso 1993 geleistet haben. Für mich war der Il Chiuso 1993 ein geschliffener, in sich stimmiger, gut abgehangener und durchaus komplexer wie auch überdurchschnittlich langer Pinot Noir typischer toskanischer Prägung der zwar eindeutig gereift war, doch vom Altersheim sich immer noch eine Weile verhalten darf. Für mich ganz klar ein sehr guter (+)-(++) Wein!

Besten Gruss

Chris

PS: Wie sieht es bei euch aus? Habt ihr in letzter Zeit weite, oder nicht ganz so weite - ist ja alles eine Frage der Einstellung/Wohnort/Interpretation usw, Pinots getrunken? Ich lese eure VKNs und Tipps sehr gerne hier an dieser Stelle :-)
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olifant

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Re: Pinot weit weg

BeitragDi 22. Jul 2014, 08:08

Hallo Chris,

klingt zweifelsohne nach toskanischem Pinot Nero ;) . Zwischenzeitlich, Mitte bis Ende der 00er Jahre wurde kein Il Chiuso produziert, es erfolgte eine Neupflanzung der Anlagen.
Ich finde die Neuinterpretation der Lage Il Chiuso, seit 2009 als Cuvée aus Sangiovese und Pinot Nero, recht gelungen, auch wenn nun ohne Zweifel Sangiovese die tragende Rolle spielt und Pinot Nero die Zugabe darstellt - in der 09er Ausgabe süffig und würzig, aber eher Chianti denn Pinot..
Noch firmiert der Wein nicht als eine der Über-Drüber-Cuvées di' Amas, was noch nichts heissen muss, sofern sich die Qualität in Zukunft erweisen sollte.
Grüsse

Ralf

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Karl Valentin
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragDi 22. Jul 2014, 14:14

Hallo Ralf,

... Zwischenzeitlich, Mitte bis Ende der 00er Jahre wurde kein Il Chiuso produziert, ...


deswegen war ich auch so froh, dass ich erst neulich die Flasche ergattern konnte. Sie war sicher nicht optimal gelagert. War mir in dem Moment aber eher Wurst ;-). Die musste ich habe :lol:.
Glücklicherweise wurde ich für dieses Wagnis belohnt. Ein wirklich schöner, zwar doch immernoch etwas "dreckiger" - aber nicht extrem, typischer Pinot Noir aus der Toskana. Ganz so "wildschweinartig" wie der umbrische Antinori vor ca. einem Jahr http://wine-zeit.blogspot.de/2013/09/ca ... -1996.html war er nicht. Obwohl das mir auch irgendwie gefallen hat. Ich bin schon mal auf meinen nächsten toskanischen "Pinot weit weg" gespannt. Kennst du zufällige den La Pineta IGT von Podere Monastero? Ich glaube dem muss ich noch ein wenig Ruhe zugestehen ;-)

Besten Gruss

Chris
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olifant

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Re: Pinot weit weg

BeitragDi 22. Jul 2014, 17:19

Oh Dae-Su hat geschrieben:... Kennst du zufällige den La Pineta IGT von Podere Monastero?...


Leider nein
Grüsse

Ralf

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Karl Valentin
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragSa 2. Aug 2014, 15:02

Hallo zusammen,

der toskanische "Pinot weit weg" letztens war zwar spannend doch nicht sonderlich weit weg. Heute soll es ca. 10000 km südlicher gehen:

Bei meinen „Beutezügen“ durch mehrheitlich mitteleuropäische Weinhandlungen kommt es ab und an zu Begegnungen mit gereiften Pinot Noir Flaschen die zwar stets ein erhöhtes Risiko in sich bergen, doch mich letztlich nie davon abhalten solche auch solche zu kaufen. In den letzten Wochen habe ich mit zwei sehr gereiften Italienern äußerstes Glück gehabt. Bei dem heute an den Korken gehenden südafrikanischen Beutegut, welches ich den Tiefen des an dieser Stelle besonders dunklen Schwarzwald entrissen habe, war das Risiko noch höher als bei den beiden Italienern. Nicht wegen dem Wein an sich, sondern eher wegen seinen fragwürdigen Lagerung und des zum Abraten neigenden Verkaufsgesprächs mit dem Händler. Da mir klar war das Meerlust, so heißt das Weingut – nur mal so nebenbei bemerkt, früher sehr viel Wert auf lange Flaschenreifung gelegt hat, konnte mich meine zur Unvernunft neigende Neugierigkeit einem inneren Diskus dazu überreden, diesen „Pinot weit Weg“ ein neues zu Hause sowohl an meiner Zunge als auch in meinem Gedächtnis zu geben. Wie der Wein hergestellt wurde und wo sein Traubengut herstammt entzieht sich glücklicherweise meiner Kenntnis. Glücklicherweise deshalb, da diese peinliche Nichtinformation dazu führt, dass mein Einführungstext nicht wieder alle Erträglichkeitsgrenzen sprengt. Also, auf nach

Stellenbosch zum Meerlust Pinot Noir Reserve 1997 ...

http://wine-zeit.blogspot.de/2014/08/me ... -1997.html

Die Färbung des Meerlust Pinots war ein wenig fahl und für diese Rebsorte etwas dunkel. Die Verfärbungen am Rand erwiesen sich als überraschend weit entfernt von jeglicher dem Alter entsprechenden Verbräunung. Die Nase brauchte ca. eine Stunde um aus seinem eher krautigen Dasein zu erwachen. Nun überwogen ganz offensichtlich rote Johannisbeeren und Anklänge von feuchtem Waldboden. Daneben zeigten sich olafaktorische Aromen von roter Grütze, Tabak, Cola und hellem Tabak (!). Eine Idee von Rosinigkeit könnte auf ziemlich reife Frucht hinweisen. Nicht zu Uninteressant und sicher nicht ausgezehrt erschien mir die Nase schon, doch sonderlich beeindruckend oder verführerisch war sie meiner Ansicht nach wirklich nicht. Was die beiden letzten Eigenschaften betrifft vermochte der Geschmack dies durchaus zu vollbringen. Auch am Gaumen dominierten rote und enorm frisch wirkende Johannisbeeren sowie sehr reife Himbeeren (ohne die leichte nasale Rosinigkeit oder jeglichen Marmeladismus). Des Weiteren konnten Rote Grütze, an getrocknetes Laub erinnernde Geschmäcker und insbesondere die Aromen frisch gebackenem Carrot Cake, inkl. seiner eigenen Art von zurückhaltender Süße, im Gesamtensemble des Meerlust Reserve überzeugen. Nach guten zwei Stunden zeigten sich mehr und mehr Anzeichen von tiefgründigen Kalksteinvermutungen. Der dann auch entstehende Hauch von grün-würzigen Kräutern verlieh dem Pinot ein bodenständig elegantes Wesen. Das Tannin wiederum zeigte sich sehr elegant geschliffen und die überraschend lebendige Säure trug ebenfalls zum Gelingen der Verkostung dieses Stellenbosch Pinot Noirs bei. Überraschend bis Verblüffend war seine enorme Frische und Präzision am Gaumen. Die Nase entsprach eher einem etwas zu gereiften Pinot Noir. Für mich überwogen die positiven Eindrücke vom Gaumen durchweg. Meiner Meinung nach ein sehr guter (+)-(++) Meerlust, der mehr Lust auf Meerlust macht. Mal schaun‘ was die jüngeren Jahrgänge hergeben werden. Leider habe ich von aktuellernen Verkostungen jüngerer Jahrgänge ein abweichendes Bild hinsichtlich Qualität und Tiefgang erfahren müssen. In den nächsten Monaten werde ich mal dem 2011er an den Korken gehen ...

Besten Gruss

Chris
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Re: Pinot weit weg

BeitragSa 16. Aug 2014, 13:15

Hallo zusammen,

endlich mal wieder etwas "Pinot weit weg" aus Oregon:

Das aktuelle Schauer-liche Wetter lädt zum Brechen meiner schon länger anhaltenden sommerinduzierten Enthaltsamkeit von oregonesischen Pinot-Elixieren ein. Heute möchte ich meine Aufmerksamkeit schon zum zweiten Mal einem Wein von St. Innocent aka Mark Vlossak widmen. Die erste öffentliche Verkostung ist mittlerweile schon mehr als ein Jahr her. Damals genoss ich den Justice Vineyard Pinot Noir 2007 aus den Eola-Amity Hills. Heute soll es nun meinem letzten 2007er Pinot aus Oregon überhaupt, dem Momtazi Vineyard Pinot Noir 2007 aus McMinnville, an den Korken gehen. Wie schon öfters erwähnt war der Jahrgang 2007 vom Wetter her sehr herausfordernd und darüber hinaus nicht mit viel journalistischem Enthusiasmus und Liebe bedacht worden. Bezüglich des Wichtigem, also dem Wetter sowie dem eigentlichen Reifeverlauf der Reben, möchte ich heute zum Abschluss meiner 2007er Verkostungen es mir heute mal ganz einfach machen und Mark Vlossak nüchterne und präzise Einschätzung zum Jahrgang zitieren:

„2007 was one of the more challenging harvests in the past decade. The season began early with sunny and dry weather in May and June. Bloom was about a week earlier than normal indicating that we would expect to begin picking in late September. The crop level was thinned significantly in late July targeting yields of between 2.1 and 2.7 tons per acre for Pinot noir.
September was cooler than normal and the cool weather continued into October. Intermittent rains slowed maturity and increased the risk of rot. Sunny periods between the rain events allowed the critical process of ripening and flavor development to continue. The tension mounted as waited and prayed for sun watching the acids soften, the tannin sweeten, and the flavors gain complexity. The first grapes were finally picked on October 4th, ten days later than expected. By October 15th, all of the fruit was picked, making 2007 our shortest harvest.“


Was die damalige journalistische Einschätzung betrifft enthalte ich mich meiner Meinung mal ganz elegant. Nur soviel sei erwähnt: leider war einmal mehr nicht all zu viel dran an den voreiligen Jahrgangseinschätzungen … Nun aber zum Wein! Beim Momtazi Vineyard handelt es sich um einen steilen gen Südwesten ausgerichteten biodynamisch bewirtschafteten von Nekia- und Joryböden geprägten Weinberg der Familie Momtazi in der McMinnville AVA. Seit 2006 bezieht Mark Vlossak unter Eigenregie aus dem Momtazi Vineyard Traubengut. Den Jahrgang 2007 hat der in Edelstahl inklusive einer eintägigen Kaltmazeration vergoren um ihn anschließend für 16 Monate in 31 % neuem französischem Eichenholz, der Rest im gebrauchten, auszubauen. Also, auf nach McMinnville …

St. Innocent Winery Momtazi Vineyard Pinot Noir 2007, McMinnville

http://wine-zeit.blogspot.de/2014/08/st ... eyard.html

Die Farbe des Momtazi Pinot zeigte schon eine ganze Menge von altersbedingten Verfärbungen. In den äußeren Regionen meines Glases herrschten ziegelrote Tönungen vor. Im Kern wirkte er hingegen noch sehr satt und erstaunlich dunkel. Die Nase zeigte für einen etwas gereiften Wein immer noch ein verstärktes Momentum an typischen Oregon Funk sous-bois. Darüber hinaus war der Eindruck von den etwas zu über proportionierten und etwas alt wirkenden Eichenholzaromen mir nicht ganz so genehm. Die Frucht, größtenteils angenehm reife und etwas diffus wirkende Waldbeeren, sowie mild wirkende würzige olfaktorische Komponenten von strengem grünen Pfeffer, Brenesseln, Gewürzgurken und Liebstöckel, konnten mit tiefeverleihender Raffinesse und Gefallen, meinerseits natürlich, aufwarten. Geschmacklich überwogen beim Momtazi die ernsten und herben Charaktereigen-schaften des Weines. Aromen von feuchtem herbstlichen Waldboden, ein Hauch von Gewürzgurken(wasser), milden grünen Kräutern, einer Spur Piment und dem einen oder anderen getrocknetem Pilz zeigten ein für Oregon recht typisches Geschmacksbild. Frucht, dunkle nicht überreife Herzkirschen und Waldbeeren, war sicherlich ebenfalls noch zu gegen, doch eher ein wenig in den Hintergrund gerückt. Auch am Gaumen störte mich der Einfluss von holzbedingten Röstaromen, inklusive der Idee des später auftretendem Karamells, ein wenig. Das Holz wirkte ein wenig rau und gealtert. Sonst zeigte sich der Wein strukturell schön gealtert, mit elegant wirkender Säure, einem nicht all zu kräftigem Körper und mit angenehm zungenanspringenden Tannin ausgestattet. Am zweiten Tag veränderte sich im Geschmacksbild nicht all zu erheblich. Vielleicht wirkte er auf mich ein wenig stahlig und etwas rauchiger. Alles in allem war der Momtazi Vineyard 2007 für mich ein ernster, solider und durchweg guter (+) Pinot Noir mit typischen oregonesischen Eigenschaften. Meiner Meinung nach befindet sich der Wein im letzten Drittel seiner Hochphase. Er wird es wohl sicher noch einige wenige Jahre auf gutem Niveau machen, doch all zu lange würde ich ihn auch nicht mehr im Keller eingekerkert lassen. In Anbetracht von Wetter und Temperatur ein wahrlich schönes Einläuten des Herbst!

Besten Gruss

Chris

PS: Habt ihr in letzter Zeit einen guten oder weniger guten "Pinot weit weg" im Glas gehabt? Berichtet doch einfach mal hier an dieser Stelle ;-)
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragFr 12. Sep 2014, 18:57

Hallo zusammen,

nach fast einem Monat "Pinot weit weg" Pause soll es heute mal zur Abwechslung nach Israel gehen.

Avidan Winery Fringe Pinot Noir 2009, Jerusalem Hills

Mein heutiger "Pinot weit weg" stammt aus einem Kibbutz. Genauer formuliert aus der Hand von Shlomo und Tzina Avidan im Kibbutz Eyal östlich von Netanya in zentralen Sharon Region. Das eigentlich Traubengut für den Fringe Pinot Noir stammt aus den etwas südlicher gelegenen Jerusalem Hills. Seit dem Jahr 2000 produzieren Shlomo Avidan, einst unter anderem auch Weinmacher bei Israels berühmtesten Weingut Margalit, und seine Ehefrau Tzina ihren eigenen Wein. Die ersten vier Jahre in den eher beschränkten Verhältnissen einer Garage und seit 2004 innerhalb des Kibbutz Eyal mit einer etwas größeren Produktionsmenge von 20000 bis 30000 Flaschen Wein pro Jahr. Die Aushängeschilder des Weinguts sind zweifellos ihre roten Cuvées und insbesondere ihr Shiraz Reserve. Mein Pinot Noir von Avidan wird erst sein 2008 in nur sehr kleinen Mengen auf die Flasche gebracht und erfreut sich noch nicht der Berühmtheit wie seine roten Brüder und Schwestern. Mal schau' wie er sich geschlagen hat ...

Die Farbe die sich in meinem Glas zeigte dürfte man am besten als tiefdunkle Transparenz mit klaren rotbräunlichen Verfärbungen in den Randregionen beschreiben. Die Nase erschien mir in den ersten Stunden etwas stark parfümiert. Brombeeren, weitere dunkle und reife - nicht getrocknete - Früchte, Wildkräuter, Karamell und nicht sehr stark ausgeprägte an amerikanisches Holz (wurde aber in französischem Barriques vergoren und ausgebaut) erinnernden Düfte stiegen in meine Nase. Einige Stunden später und vor allem am zweiten Tag zeigten sich meist erdige Dürfte von leicht feuchtem Unterholz, getrockneten Pilzen, schwarzem Pfeffer, etwas Grafit, einem fortwährenden Hauch Karamell und sogar etwas Nougat. Die Frucht blieb auch am zweiten Tag präsent und eher ungewöhnlich dunkel, doch sie präsentierte sich etwas integrativer prononciert. Am Gaumen zeigte der Avidan Pinot zunächst ebenfalls für einen Pinot Noir eher untypische Züge. Nur eine ziemlich elegant anmutende und erstaunlich leichtfüßige Struktur, erstaunlich in Anbetracht woher das Traubengut stammt, wiesen auf die Rebsorte hin. Aufgrund des präsenten und etwas zederhaften Holzes hätte es aber durchaus auch ein eher leichter und junger Rioja sein können. Auch hier zeigte sich die Frucht am ersten Tag recht dunkel, etwas vom Karamell und Nougat geküsst, aber dennoch überwiegend kühl und schlank. Am zweiten Tag zeigten sich mehr herkömmliche Eigenschaften der Rebsorte. Neben den bei der Nasenbeschreibung schon erwähnten Aromen von Pilzen und Unterholz zeigten sich Geschmäcker welche an frische Pflaumen, etwas Cassis und einer ganzen Menge an eher zentraleuropäische Wildkräuter erinnerten. Sehr gefreut hat mich, dass dieser Pinot Noir keine Anzeichen von übermäßigem Alkohol oder überreifem rosinenhaftem Lesegut zeigte. Auf seine spezielle südländische Art, bzw. in Anbetracht seiner heißen Herkunft, war dieser Pinot Noir erstaunlich harmonisch und am zweiten Tag ziemlich rebsortentypisch! Seine Länge und sein Spiel an Komplexität zeigte sich nach einer gewissen Belüftungsphase als ziemlich beeindruckend. Was Bewertung betrifft schwanke ich zwischen gut und sehr gut auf meiner Skala. Na was solls, der Überraschungseffekt soll heute mal belohnt werden: gerade noch sehr gut (+)-(++) wird schon passen. Ein kleiner Tipp: in der Flasche dürfte sich die halbe Wüste Negev an Depot befinden. Also lieber aufpassen!

Neben dem Avidan Pinot Noir konnte ich noch folgende teilweise sehr beachtliche bis fantastische und teilweise eher recht enttäuschende Weine probieren:

Weingut Emmerich Knoll Loibenberg Federspiel Riesling 2006, Wachau
Weingut Keller Kirchspiel GG Riesling 2007, Rheinhessen
Domaine Rapet Corton-Charlemagne 2009
Domaine Jamet Côte-Rôtie Côte-Brune 1996
Domaine du Pegau Châteauneuf-du-Pape Cuvée Reservée 2000
Luis Pato Vinha Barrosa 2001, Beiras


Da diese keine "Pinot weit weg" sind findet ihr meine Eindrücke zu diesen hier:

http://wine-zeit.blogspot.de/2014/09/av ... -2009.html

Besten Gruss

Chris
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