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Pinot weit weg

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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragMo 24. Sep 2012, 09:27

Hallo zusammen,

dieses Mal geht es wieder nach Oregon. So langsam muss ich wirklich sagen, dass mir die bisherig verkosteten Pinot Noirs außerordentlich geschmeckt haben. Vor allem die Unterschiedlichkeit der Weine, sowie die ausdrucksstarke Frucht gepaart mit ihrer kräftigen und spannungsreichen Struktur waren bis jetzt Garanten dafür, dass mir kein uniformer „Neuer-Welts-Pinot“ (wie immer sorry für diese verkürzte Beschreibung ;) ) begegnet ist. Heute habe ich einen Einzellagen Pinot Noir aus der AVA Dundee Hills bei „Pinot weit weg“ im Programm.

Westrey Wine Company Oracle Vineyard Pinot Noir 2007, Dundee Hills

http://www.wine-zeit.blogspot.de/2012/0 ... -wine.html

Die in McMinnville ansässige ca. 9 ha große Wine Company wurde 1993 von Amy Wesselman und David Autrey gegründet. Teile der Pinot Pflanzungen sind wesentlich älter, da sie aus den 70er Jahren stammen. Der Oracle Vineyard Pinot Noir von 2007 (wegen der frühen Herbstregenfällen in der Presse als ein ausgesprochen negatives Jahr bezeichnet, was sich bei vielen aktuellen Verkostungen seit einem Jahr aber immer mehr und mehr zum Positiven gedreht hat - DAS einzuschätzen bin ich noch total unfähig) ist ein Verschnitt aus wurzelechten Pommard Klonen und Dijon Klonen 777 und 115. Weitere Informationen sind offene Maischegärung, Reifung in neutralem (beabsichtigt) Eichenholz und L.I.V.E. Zertifizierung.

Die Farbe des Oracle Vineyard zeigte sich als sehr durchsichtig und ausgesprochen hell. Ein etwas ungewöhnlicher Auftritt für einen ungeschönten und ungefilterten Wein mit sehr viel Depot in der Flasche. Der Rand war schon ein wenig wässrig und leicht rot-braun verfärbt. Die Nase präsentierte eine Vielzahl an herbstlichen Düften, nicht ganz so viel „Oregon Funk“, Gurkenwasser, feuersteinliche Spuren und eine ganze Menge von herb anmutenden vollreifen Erdbeeren mit einigen himbeerigen Ergänzungen. Auch einen floralen Charakterzug musste ich nicht missen. Dieser entwickelte sich über die Stunden hinweg zu einem unaufdringlichem und ausdrucksstarkem Veilchenparfüm. Zusammengefasst: ein sehr erdiger, fruchtiger, eher bodenständiger, aber doch etwas eleganter und schlanker Naseneindruck. Der Geschmack zeigte ähnliche Züge. Viel starke, doch keinesfalls kitschige oder aufdringliche, Frucht (zunächst herb erscheinende Maraschino Kirschen und Erdbeeren, später mehr und mehr angequetschte Erd- und Himbeeren gepaart mit wenigen helleren Kirschen), viel Herbstlich- und Erdigkeit (nasser dunkler Boden, Unterholz, Laub, feuriges Gestein und ein Hauch von Pilzen) und zum Ende hin vermutlich einige Eindrücke von heller Nussschokolade sowie einigen Cantucci. Ca. 1 ½ nach dem Öffnen zeigte der Wein sein gutes Potential. Zuvor war er noch etwas säuregeprägt, sehr erdig bzw. herb und nicht all zu vollmundig. Dann konnte er mit eine schönen Balance und einer gefährlich guten Zugänglichkeit aufwarten. Der Abgang war überdurchschnittlich lang. Trocknete dann doch ein wenig schneller aus als erhofft. Bei diesem Wein für mich nur ein kleiner Minuspunkt. Zusammengefasst: ein schlank anmutender, beschwingt machender, fruchtbetonter und charakterstarker Pinot Noir. Bezüglich einer langen Lebensdauer bin ich nicht ganz so positiv eingestellt, da sich vermutlich einige 2007er Eigenschaften doch deutlich zeigen. Ich würde vorhandene Flaschen innerhalb der nächsten 12 Monate trinken (pure, komplett unzuverlässige Annahme eines Oregon Laien)!

Beste Grüsse

Chris

PS:
@Alas, habe die Doku über brasilianischen Wein gesehen. Danke nochmals für den Tip. Sehr interessant! Herrje, der im Glas und Film nicht so ganz überzeugende Hersteller meines letzten „Pinot weit weg“ kam ja ebenfalls kurz vor … :roll:
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Alas

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Re: Pinot weit weg

BeitragMi 26. Sep 2012, 11:17

Hallo Chris!

Deine Pinot-Oregon-Serie macht so richtig Appetit.
Die Quelle dürfte beim nicht funktionieren Onlineshop liegen und du wirst dir wohl eine Preisliste geordert haben. Die Preise sind OK, oder?

Gruß

Alas
wat den een sien uhl is den annern sien nachtigall
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragMi 26. Sep 2012, 17:58

Hi Alas,

als ich vor einem guten Monat bestellt habe ging der Shop noch. Es ist aber auch eine ziemlich aktuelle pdf Preisliste auf der Webseite einsehbar.

Was die Preise betrifft würde ich sagen, dass sie OK sind. Natürlich einiges teuerer als in Oregon (Phi-Mal-Daumen USD - EURO 1:1 Umrechnungskurs). Leider ist das Preisniveau in Oregon auch recht hoch, wobei im Vergleich zu Kalifornien noch relativ niedrig. Mit dem Burgund will ich lieber keine Vergleiche anfangen. Da kann man sich in vieler Hinsicht nur auf Glatteis begeben :lol: . Bis jetzt würde ich sagen, dass die Preise absolut vertretbar waren und der Evesham Wood Willamette Valley mir sehr günstig (ca. 18 Euro) vorkam. Das muss natürlich nicht bei jedem Wein so sein. Die meisten anderen (und sehr wenigen) Anbieter in Europa beschränken sich eben nur auf die ganz hochpreisigen Weine jenseits der 40 Euro, Hersteller mit "Neuer-Welt-Massen-Erwartungstypischen-Pinots :? " (also eher alkoholstarke, sehr kräftige und fruchtige Pinots) und die wenigen Massenhersteller wie Erath oder Duck Pond.
Daher würde ich sagen: Noch Faires Preisgefüge!

Viele Grüsse

Chris
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragDi 16. Okt 2012, 13:43

Hallo zusammen,

heute möchte ich meine neue Oregon-Pinot-Begeisterung-Welle mit einem Südafrikaner mal kurz unterbrechen. In der vergangenen Woche habe ich mich mit einem Wein eines vermeintlichen aufgehenden Sterns aus dem Hemel-en-Aarde Valley auseinandergesetzt:

Crystallum Wines Pinot Noir Peter Max 2008, Western Cape


http://www.wine-zeit.blogspot.de/2012/1 ... -2008.html

Das selbsterklärte „Crystallum Hobby“ wurde 2007 von den Brüdern Andrew and Peter-Allan Finlayson, ja es sind die Söhne des „großen“ Peter Finlayson von Bouchard-Finlayson und einstens HamRus, ins Leben gerufen. Mein Peter Max Pinot Noir aus dem Jahr 2008 war der Einstiegswein des auf Burgunder Rebsorten spezialisierten Hobby-Haus. Das Traubenmaterial kommt sowohl auf Walker Bay als auch aus der Nachbarregion Elgin.

Die Farbe des Weines erschien mir sehr vital, ziemlich dunkel, ein leicht wenig wässerig am Rand und sehr gut für die Produktion von Kirchenfenstern geeignet. Die Nase zeigte viel Frucht nicht all zu dunkler Kirschen, mit Kräutern angereicherten Himbeeren, etwas vermutlicher Aromatik der Feuersteinunterlage in Elgin, ein wenig nasses Laub und mit der Zeit immer mehr Pinot Parfüm, dass mir persönlich ein wenig zu stark ausgefallen ist. Der Geschmack zeigte sich mit meinen Naseneindrücken ziemlich deckungsgleich. Vielleicht alles in allem noch etwas würziger und ganz sicher in den ersten 3 bis 4 Stunden aufdringlicher. Letztendlich kann ich nur über ein, doch etwas größeres, Problem berichten. Wie die Kirchenfenster und die fast ätherisch-scharf anmutende Nase vermuten ließen, war der Alkohol (auf der Flasche nur 13,5%, auf der Webseite 14%, meine sensorische Vermutung war noch etwas höher) ein wenig überproportioniert. Ein Problem, dass mir von Daddy's Pinots http://wine-zeit.blogspot.de/2011/12/couple-of-very-enjoyble-pinots-from.html nicht fremd ist! Zugegebenermaßen legte sich diese alkoholische Prägung mit der Zeit, doch ganz verschwunden ist sie in den zwei Verkostungstagen nicht wirklich. Die Konzentration, Länge und Säureausstattung war für einen etwas überteuerten Einstiegswein absolut okay. Der Stil war Western Cap bzw. Walker Bay typisch. Was auch immer das heissen mag. Zumindest sicherlich leichter, vitaler und beschwingter als die meisten Pinots aus Stellenbosch. Für den Erstjahrgang ein durchaus anständiger Wein den ich meistens mit Genuss getrunken habe.

Nächstes Mal geht es wieder in mein neues gelobtes Pinotland ;-)

Viele Grüße

Chris

PS: Wie sieht es bei euch mit fernen oder ungewöhnlichen Pinot Noirs so aus???
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragDo 25. Okt 2012, 13:33

Hallo zusammen,

Es geht mal wieder nach Oregon. Dieses Mal in die noch sehr junge AVA McMinnville (gegründet 2005, ca. 300 ha groß und mehrheitlich bestockt mit Pinot Blanc, Pinot Gris, Riesling und nicht ganz so viel Pinot Noir wie sonst in Oregon) südwestlich von Portland. Der heutige „Pinot weit weg“ ist der:

Maysara Jamsheed Pinot Noir 2008, McMinnville

http://wine-zeit.blogspot.de/2012/10/on ... pinot.html

Maysara ist mit ca. 100 ha ein für oregonesische Verhältnisse sehr großes Weingut, dass darüber hinaus auch noch Demeter zertifiziert ist und komplett biodynamisch arbeitet. Der Jamsheed Pinot Noir, der Name ist abgeleitet von einem altpersischen König – was wiederum auf die iranisch stämmige Betreiberfamilie zurückzuführen ist, ist kein Einzellagenwein. Er stellt eine Selektion verschiedener Lagen des Momtazi Vineyard (hauseigene Großlage) da. Hergestellt wurde er größtenteils aus Pommard Klonen (mit einer kleinen Beimischung von Dijon Klonen), die erst Mitte der 1990er Jahre gepflanzt wurden.

Bei der Verkostungsnotiz kann ich mir dieses Mal mein sonst etwas übertrieben langes Geschreibe sparen :P . Dieser Pinot Noir war für mich ein Grund auf ehrlich wirkender, sehr klar und präzise schmeckender, sehr fruchtiger (keinesfalls marmeladig oder sonst einer Weise penetrant), schlanker (nicht schwächelnder) und sehr zugänglicher Wein. Ich empfand ihn als einfach sehr gut. Er war sicher nicht hochkomplex und auch nicht sonderlich fordernd. Dennoch habe ich zu keinem Zeitpunkt das Verlangen nach mehr gehabt. Sonst würde ich mich eher als jemand bezeichnen der „Kopfweinen“ sehr viel abgewinnen kann. Insbesondere wenn sie zudem noch aus Pinot Noir hergestellt wurden. Hier erschien mir die einfache und unkomplizierte fruchtige Art super passend zu sein.
Kurz noch zu den Charakteristiken des Weines: die Farbe war ziemlich dunkel, reich an Extrakt und sehr lebendig. Die Nase und der Geschmack waren voller sehr gut abgestimmter Frucht. Hauptsächlich Cassis und etwas Brombeeren. Gegen Ende auch vollreife Herzkirschen. Der nasale „Oregon Funk“ und Herbstlichkeit waren bei diesem Wein kaum vorhanden. Sonst zeigte der Geschmack auch ein paar zurückhaltende mineralische und würzige Anzeichen (etwas schwarzer Pfeffer). Die Länge des Abgangs war sehr ansprechend und die Säure wunderbar lebendig und mit dem Gesamtbild sehr gut abgestimmt. Übermäßig Holz, Alkohol oder extreme Fruchtsüße waren zu keinem Zeitpunkt ein Thema.
Ein toller, nicht sehr kopflastiger, trinkfreudiger, zum Relaxen verleitender und dennoch ausdrucksstarker Wein, der verglichen mit den bisherigen Oregon Pinot‘s bei „Pinot weit weg“ komplett anders rüberkam.

Viele Grüße

Chris
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragDi 13. Nov 2012, 10:22

Hallo zusammen,

letzte Woche haben ein paar Forumisten und meine Weinigkeit einige Pinot Noirs zusammen verkostet. Unter den ausgewählten Rebensäften hat sich mal wieder ein „Pinot weit weg“ aus Oregon dazwischengemischt:

Evesham Wood Le Puits Sec Pinot Noir 2007, Eola-Amity Hills

Mein zweiter “Pinot weit weg” von dem kleinst Weingut Evesham Wood in Salem. Dieses Mal war es ein Einzellagen Wein aus der Eola-Amity Hills AVA. Gewachsen sind die Pommard Klone auf unterschiedlichen vulkanischen Basaltböden.

Die Farbe des Pinots war im Übermaße strahlend, sehr lebendig und überraschend hell. Letzteres ist wohl auf den eher sehr durchschnittlichen Jahrgang 2007 zurückzuführen. Am Rand konnte ich keine klaren Anzeichen von Alterung feststellen. Ich muss zugeben, dass ich diesen außergewöhnlichen Farbton sehr attraktiv fand. Etwas was bei mir normalerweise nicht sonderlich ins gewicht fällt. Das Bouquet erwies sich zunächst als ziemlich verschlossen und undurchdringbar. Wahrscheinlich konnte ich einige milde Anzeichen des klassischen und wiederholt erwähnten „Oregon Funk“ sowie einige Kuhstall Impressionen feststellen. Diese schwächten nach einigen Stunden ab und sehr subtile Düfte von hellen roten Beeren und rosa-weissen Blüten traten zu Tage. Hatte etwas von einem fruchtigen Frühlingsmorgen auf dem entsprechenden Land …. Keine Ahnung wie ich das ausführend beschreiben sollte. Auch egal … Der Geschmack des Le Puits Sec war ziemlich filigran, super vitalisierend, voller unterschiedlicher raffinierter und schlanker Fruchtaromen (die üblichen Verdächtigen) und eher zurückhaltend mit Aromen von feuchtem Waldboden und vulkanischen Mineralien bestückt. Die Rolle der Säure war für mich von außerordentlicher Wichtigkeit, Güte und „Passgenauigkeit“. Sie war sehr diffizil und gleichzeitig wunderbar belebend. Um mich nicht ständig in der einen oder andere Form zu wiederholen schließe ich lieber mit meinen Eindrücken ab. Für mich ein sehr bemerkenswerter Wein, der sich wiederum von den schon vorgestellten Pinot aus Oregon stark unterschied. Eine angenehme und eher leise Pinot-Erfahrung mit einem Wein der viel „zu sagen hatte“. Meinerseits ein sehr zu empfehlender Pinot Noir. Einen softigen, angeberischen, vollfruchtigen und körperbetonten New World Sugar Baby Pinot sollte man aber nicht erwarten.

Etwas mehr über diesen und die anderen Weine

Domaine de l'Arlot Nuits-Saint-Georges Clos de Forets Saint-Georges 1er Cru 2003
Domaine Forey Morey-Saint-Denis 2002
Domaine Tollot-Beaut Savigny-Champ-Chevery 1er Cru 2002
Domaine Hudelot-Noellat Bourgogne Rouge 2005


und der etwas eigenwillige Spätburgunder der

Weinfamilie Fendt Spätburgunder Zwei Null Neun 2009, Baden

sowie ein Frischmacher aus Franken:

Weingut Fürst Weißburgunder Pur Mineral 2011, Franken

könnt ihr in der aktuellen Post auf meinem Blog erfahren:

http://wine-zeit.blogspot.de/2012/11/on ... -some.html

Gruss

Chris
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragMo 19. Nov 2012, 18:18

Hallo zusammen,

die Tage habe ich mein ersten Pinot Noir aus Moldawien bzw. der Republik Moldau, wie man es gerne sehen möchte, getrunken. Das war ein einprägsames Erlebnis ;-). Hergestellt wurde dieser von Pucari Estate. Einem der großen, wahrscheinlich nicht ganz so groß wie Cricova, traditionsreichen Weingüter des Landes. Im Gegensatz zu manchen der großen Klassiker hat Pucari den Sprung ins 21. Jahrhundert mehr oder weniger erfolgreich hinbekommen. Mein heutiger „Pinot weit weg“ stammt aus der Luxuslinie des Hauses und trägt den schönen Namen Pinot Noir de Pucari. Auch die edel anmutende Flasche und die Papierverpackung zeugen von verwegenem Marketing ;). Die Reben für diesen Wein sollen im äußersten Süd-Osten des Landes auf Lehm und Karbonatgestein gewachsen sein. Vielleicht eine Erklärung ...?

Pucari Estate Pinot Noir de Pucari 2008, Moldawien

http://www.wine-zeit.blogspot.de/2012/1 ... ir-de.html

Die Farbe des Pucari Pinots war ziegelrot und erwies sich als sehr durchsichtig. Für mich zeugte die Färbung von etwas stärkerer Alterung als man sich es von einem 2008er erhoffen würde.
Bei der Nase begann das eigentliche einprägsame Erlebnis. Ich konnte vermehrt Düfte von Orangenschalen, milden frischen Erdbeeren, etwas Jasmin, viel groben Rauch (mit auch Etwas von kalten Zigaretten) und einigen Bitterstoffen festnageln. Diese Bitterstoffe in Kombination mit Orange und dem Rauch erinnerte mich doch sehr an ein alkoholisches Getränk, dass ich auch gar nicht mag: Campari Orange! Leider fühlte sich der gute Campari und sein gleichwertig unangenehmer Freund kalte Zigaretten außerstande beim Geschmack ein wenig in den Hintergrund zu treten. Nun ja, nach gut 3 Stunden Belüftung verminderte sich dieser eigenwillige Geschmack deutlich. Dann, aber auch schon davor, zeigten sich reichlich Aromen von Hagebutten, frische Orangen und nur sehr schwächlichen Erdbeeren. Das Tannin war zwar nicht mehr ruppig, aber fühlte sich etwas seltsam an. Ich bildete mir ein, dass es in Verbindung mit den kräftigen Hagebuttenaromen wie zu lange gezogener Hagebuttentee schmeckte bzw. sich anfühlte. Wie auch immer! Der Körper des Pinots war eher von der leichteren Sorte, klassische Holznoten waren nicht wirklich vorhanden, die Komplexität war nicht sehr raffiniert und der Alkohol tat sich trotz Campari nicht hervor. Alles in allem kam mir der Wein schon etwas zu alt vor!?! Ich würde sagen ein seltsamer "Pinot weit weg" der bestenfalls nur für abenteuerlustige Gesellen zu empfehlen ist! Mit genügend Luftzufuhr war er schon trinkbar oder sogar ein wenig mehr …

Viele Grüße

Chris

PS: Wie sieht es bei euch mit „Pinots weit weg“ aus? In letzter Zeit einen gehabt? Pinot Meunier oder Pinot Liébault gehen natürlich auch ;-)
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Heri

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Re: Pinot weit weg

BeitragMo 19. Nov 2012, 19:00

Hallo Chris,

[quote="Oh Dae-Su"]Hallo zusammen,

die Tage habe ich mein ersten Pinot Noir aus Moldawien bzw. der Republik Moldau, wie man es gerne sehen möchte, getrunken. Das war ein einprägsames Erlebnis ;-). Hergestellt wurde dieser von Pucari Estate. Einem der großen, wahrscheinlich nicht ganz so groß wie Cricova, traditionsreichen Weingüter des Landes. Im Gegensatz zu manchen der großen Klassiker hat Pucari den Sprung ins 21. Jahrhundert mehr oder weniger erfolgreich hinbekommen. Mein heutiger „Pinot weit weg“ stammt aus der Luxuslinie des Hauses und trägt den schönen Namen Pinot Noir de Pucari. Auch die edel anmutende Flasche und die Papierverpackung zeugen von verwegenem Marketing ;). Die Reben für diesen Wein sollen im äußersten Süd-Osten des Landes auf Lehm und Karbonatgestein gewachsen sein. Vielleicht eine Erklärung ...?


Das ist richtig, Purcari liegt im Südosten Moldawiens, nahe zur Grenze zu Transnistrien. Ich war vor einigen Jahren dort zu Besuch. Purcari war das erste bekannte Weingut aus Moldawien, welches nach dem Gorbatschow´schen Kahlschlag qualitativ wieder aufrüstete.



Pucari Estate Pinot Noir de Pucari 2008, Moldawien

http://www.wine-zeit.blogspot.de/2012/1 ... ir-de.html

Die Farbe des Pucari Pinots war ziegelrot und erwies sich als sehr durchsichtig. Für mich zeugte die Färbung von etwas stärkerer Alterung als man sich es von einem 2008er erhoffen würde.
Bei der Nase begann das eigentliche einprägsame Erlebnis. Ich konnte vermehrt Düfte von Orangenschalen, milden frischen Erdbeeren, etwas Jasmin, viel groben Rauch (mit auch Etwas von kalten Zigaretten) und einigen Bitterstoffen festnageln. Diese Bitterstoffe in Kombination mit Orange und dem Rauch erinnerte mich doch sehr an ein alkoholisches Getränk, dass ich auch gar nicht mag: Campari Orange! Leider fühlte sich der gute Campari und sein gleichwertig unangenehmer Freund kalte Zigaretten außerstande beim Geschmack ein wenig in den Hintergrund zu treten. Nun ja, nach gut 3 Stunden Belüftung verminderte sich dieser eigenwillige Geschmack deutlich. Dann, aber auch schon davor, zeigten sich reichlich Aromen von Hagebutten, frische Orangen und nur sehr schwächlichen Erdbeeren. Das Tannin war zwar nicht mehr ruppig, aber fühlte sich etwas seltsam an. Ich bildete mir ein, dass es in Verbindung mit den kräftigen Hagebuttenaromen wie zu lange gezogener Hagebuttentee schmeckte bzw. sich anfühlte. Wie auch immer! Der Körper des Pinots war eher von der leichteren Sorte, klassische Holznoten waren nicht wirklich vorhanden, die Komplexität war nicht sehr raffiniert und der Alkohol tat sich trotz Campari nicht hervor. Alles in allem kam mir der Wein schon etwas zu alt vor!?! Ich würde sagen ein seltsamer "Pinot weit weg" der bestenfalls nur für abenteuerlustige Gesellen zu empfehlen ist! Mit genügend Luftzufuhr war er schon trinkbar oder sogar ein wenig mehr …



Trinkbar empfand ich den Rosu de Purcari - ein Blend. Auf den Wein ist man in Moldawien mächtig stolz :-)
Ich war einige Male in dem Land. Einen brauchbaren Pinot Noir habe ich dort nie gefunden. Zu deinem Eindruck der vorzeitigen Alterung kann man sagen, daß Rotweine in Moldawien häufig leicht oxydativ und/oder teilweise zu lange in (gebrauchten) Holzfässern ausgebaut werden.

Grüsse Heri
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragMo 19. Nov 2012, 23:26

Hallo Henri,

den Rosu de Purcari hab ich bei meinen Recherchen auch gesehen. Muss wohl das Flagschiff des Hauses sein.
Das mit dem langen, oder vielleicht auch zu langen, Ausbau in gebrauchten Holzfässern kann ich mir auf den Pinot Noir bezogen sehr gut vorstellen.
Ja, irgendwie ist Moldawien ein interessantes, aber wahrscheinlich anstrengendes, Reiseziel. Aus irgend einem Grund, wahrscheinlich wegen den Kellern von Cricova :oops: , hat es mich schon ein paar mal gereizt dort hinzureisen.

Viele Grüße

Chris
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Heri

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Re: Pinot weit weg

BeitragDi 20. Nov 2012, 10:38

Chris,

wenn du Wein-Sightseeing machen möchtest, dann kannst du dir Cricova anschauen. Seinerzeit sind wir mit einem uralten Lada durch die Kellergänge gefahren. Das war schon beeindruckend. Chruschtschow war da. Und Juri Gagarin :-)
Wenn du dort allerdings Weinqualität suchst, wirst du enttäuscht werden. War seinerzeit so und hat sich m.W. bis heute nicht wesentlich geändert. Man ruht sich dort eben auf den Lorbeeren dieses Kellerlabyrinthes aus.
Fast noch interessanter, aber weniger bekannt, ist das Kellerlabyrinth des Weingutes Milestii Mici. Aber auch hier war (ist?) die Weinqualität indiskutabel.

Es gibt schon brauchbaren Wein dort vor Ort - Betriebe wie Arcorex bringen Trinkbares hervor. Die Cabernets und Merlots aus Gebieten wie Taraklia und Korten zeigen schon die Möglichkeiten. Mit den Preisen, die man dafür erzielen möchte, haben aber auch diese auf dem deutschen Markt keine Chance.

Und - um auf den Thread zurückzukommen - guten Pinot Noir wirst du dort lange suchen müssen. Leider, denn Möglichkeiten gäbe es dort.

Grüsse
Heri
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