Pinot weit weg

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Oh Dae-Su
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Re: Pinot weit weg

Beitrag von Oh Dae-Su »

Hallo alle zusammen,

noch einmal zurück auf die “Lange Weiße Wolke”. Diesmal mit drei weiteren Forumianern!
Gegeben hat es:

Felton Road Pinot Noir 2007, Central Otago

Felton Road ist wahrscheinlich das hochdekorierteste Weingut in Central Otago oder vielleicht von ganz Neuseeland. Der getrunkene Pinot Noir aus dem Bannockburn Weinberg ist aus der soliden Mittelklasse des Weinguts und ganz schön selbstsicher bepreist. Ich nehme es mal vorweg. Außergewöhnlich gefallen hat er mir eigentlich nicht. Nur am Anfang vielleicht! Mit der Zeit wurde er einfältiger und behäbiger.

Die Farbe erschien mir schon etwas angebräunt und nicht sonderlich dunkel. Wenigstens nicht so dunkel wie die meisten Kiwi Pinots. Mit der Nase konnte ich gleich vom Beginn an ein kräftiges fruchtiges Parfüm aus dunklen Kirschen, etwas Cassis und ein paar Pflaumen aufschnappen. Daneben auch etwas Holzeinfluss und bis zu einem gewissen Zeitpunkt eine gewisse mineralische Note. „Herbstlichkeit“ war nur am Rande ein Thema. Wie schon erwähnt flachte sich der Gesamteindruck nach einigen Stunden und etwas höherer Temperatur (ca 18 C) ungewöhnlich stark ab. Dann war er nur noch recht süßlich, etwas kaffeelastig, behäbig, sehr warm bis heiß und teilweise ein wenig alkoholisch (14%) in der Nase. Eine ähnliche Entwicklung zeigte sich auch am Gaumen. Daher will ich diese gar nicht mehr weiter ausführen. Nur noch eine Sache kam hinzu. Ein nicht sehr starker, aber für mich dennoch sehr störender, Zuckerschwanz. Die Süße war zwar nicht penetrant und kommt (leider) anscheinend im kälteren Central Otago des Öfteren vor. Nun ja! Gefallen hat der Wein mir nicht und über das PLV lass ich mich lieber gar nicht aus. :roll: Trotz allem sicher kein schlechter Wein. Er hatte eine gute Länge, ganz sicher viel Konzentration und zu Beginn (und in einem etwas kälteren Zustand ca. 14-15 C) eine gute Komplexität. Für mich kein empfehlenswerter Wein. Ich hoffe der Block 3 wird besser. Dummerweise habe ich den auch im Keller :( .

Wie auch immer. Neben dem Felton Road hatten wir noch interessantere Weine:

Domaine Jean Grivot Vosne-Romanée Bossiéres 2002
Domaine Robert Jayer-Gilles Bourgogne Hautes-Cotes de Beaune 2005
Weingut Kühling-Gillot Spätburgunder Burgweg Großes Gewächs 2007, Rheinhessen


plus etwas Weißes:

Domaine Louis Carillon Puligny-Montrachet 2001

Kurzbeschreibungen der anderen Weine findet ihr auf dem Blog. Die passen ja nicht wirklich in den Thread:

http://wine-zeit.blogspot.de/2012/09/on ... pinot.html

Ein herzliches Dankeschön nochmals an die Forumisten fürs Kommen und die Weine!

Beste Grüße

Chris
Zuletzt geändert von Oh Dae-Su am Fr 7. Sep 2012, 12:35, insgesamt 1-mal geändert.
Neuppy
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Re: Pinot weit weg

Beitrag von Neuppy »

Hallo Chris,

meines Wissens hat die Domaine Jayer-Gilles nichts mit Henri Jayer zu tun.

Grüße Peter
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Oh Dae-Su
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Re: Pinot weit weg

Beitrag von Oh Dae-Su »

Hoppala,

da habe ich den Henri mit dem Robert vertauscht. Vielen Dank für den Hinweis.

Gruss

Chris

PS: ... und Gilles Jayer ist der heute Verantwortliche. Wie oft im Burgund immer viele Menschen mit ähnlichem Namen ;)
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Alas
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Re: Pinot weit weg

Beitrag von Alas »

Hallo Chris!

Besten Dank für die Ausführungen zum Pinot Noir im Nordwestlichen der USA.

Etwas für deine Sammlung, wenn auch nicht ganz so weit weg, dafür aber mit einem hervorragenden PLV:

Bild

Ich denke, daß hier die gute Ausbildung des Winzers zum Tragen kommt, und die Sammlung von Erfahrung bei einem Weingut mit sehr schönem Rotwein.

Gruß

Alas
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Oh Dae-Su
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Re: Pinot weit weg

Beitrag von Oh Dae-Su »

Hallo Alas,

mag sein, dass der Schabl von nicht ganz so weit her kommt (wobei von dir aus gesehen doch ein ganz schönes Stück ;) ), doch einen Pinot Noir aus der Thermenregion habe ich bewußt noch nie gehabt.
Also doch was Neues für mich :) - Weiss jemand von euch ob Pinot Noir in der Thermenregion eher selten vorkommt und wenn ja warum das so ist? Böden, Kultur/Tradition ...?

Der Schabl scheint ziemlich ausgewogen, etwas frischer und etwas leichter gewesen zu sein. Schön das zu hören! Die meisten Pinot Noir/Blauburgunder die ich aus den burgenländischen Regionen und dem Carnuntum kenne waren meistens doch ziemlich kräftige (vielleicht auch etwas zu kräftige) und teuere Angelegenheiten gewesen.
Natürlich gibt es da auch Ausnahmen. Ganz klar!

Viele Grüße und allen ein Schönen Sonntag

Chris
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Alas
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Re: Pinot weit weg

Beitrag von Alas »

Hallo Chris!

Höchstwahrscheinlich sind Rotweine in Österreich teuer, wenn sie kräftig sind. ;)

In der Thermenregion scheint es mir Einflüsse aus dem Süden und dem Norden zu geben, wobei letzteres vielleicht überwiegt. Den Beschreibungen nach gibt dort durchaus sanftere Blaue Burgunder.
Hier was zum Suchen:

http://www.oesterreichwein.at/winzer-markt/betriebe/

(Ist nicht vollständig)

Laß dir die Woche munden.

Alas
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Oh Dae-Su
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Re: Pinot weit weg

Beitrag von Oh Dae-Su »

Hallo zusammen,

wie schon vor ein paar Wochen mal kurz angedroht geht es die nächsten Male bei „Pinot weit weg“ verstärkt nach Oregon. Ich hatte schon seit einigen Jahren den Wunsch mich ein wenig mehr mit dieser ausgesprochenen Pinot Region auseinanderzusetzen. Meist hat es aber immer an entschiedener Motivation und Verfügbarkeit einer größeren Vielfalt an Weinen gemangelt. Vor ein paar Wochen nun habe ich einen wirklich passionierten, manchmal lustigen, ziemlich "wahrhaftigen", aber auch etwas amateurhaften, dennoch meiner Ansicht nach kompetenten Video Blog namens „Wine is Serious Business“ (http://wisb.mattdev.net/) entdeckt, der sich größtenteils um Pinot und Riesling aus dem Nord-Westen der USA dreht. Ich nehme an, dass dieser Input meinen Willen zur Exploration neuer Pinot Gestade geholfen hat diesen wieder ein wenig zu entfachen ;-)

Evesham Wood Vineyard Willamette Valley Pinot Noir 2008, Willamette Valley


http://wine-zeit.blogspot.de/2012/09/on ... -wood.html

Evesham Wood ist eines der älteren Weingüter in Nord Oregon. Gegründet wurde das Weingut 1986 von Russ und Mary Raney. Wie nicht ganz so wenige Winzer in Oregon hatte auch Russ durch seine Arbeit beim Weingut Erbhof Tesch und dem Staatsweingut Bad Kreuznach direkte Beziehungen zur deutschen Weinszene. Erstaunlicherweise scheint das in Oregon nicht so selten vorzukommen. Bis heute kultiviert (bzw. kauft) Evesham Wood nur 5 ha in den Eola Amity Hills nördlich der Hauptstadt Salem. Neben Pinot Noir bauen sie auch Chardonnay, Pinot Gris, Gewürztraminer, Rieselaner :!: und Grüner Veltliener an. Alle Reben wachsen auch vulkanischen Basaltgestein-Böden und der Ausbau im Eichenholz wird auf diesem Weingut auf das Nötigste beschränkt. Mein heutiger Wein ist der Basis Pinot Noir von Evesham Wood. Die Trauben stammen aus verschiedenen Einzellagen. Jetzt schauen wir mal ob ich noch eine VKN hinbekomme, da ich Trottel meine bedenklich ausführlichen Notizen verloren habe :roll: .

Die Farbe des Weines erschien mir ziemlich durchsichtig, aber nicht übermäßig hell zu sein. Ein wenig trübe war er auch. Als die Flasche geleert auf dem Tisch stand sah ich auch den Grund: Kräftig viel Depot! Die Nase war in der ersten Stunde eindeutig von dem klassischen „Oregon Funk“ geprägt. Nehme ich mal an, da sich meine bisherigen Erfahrungen mit Oregon Pinots (Drouhin, Serene und Parker – welche diese Prägung weniger haben) an einer Hand abzählen lassen. Diesen „Oregon Funk“ (Oregon Stinker) würde ich als ein Potpourri aus Feuerstein, nassen Blättern, Heuschober, dunkler Erde und leichten Anklängen von Frucht beschreiben wollen. Zu diesem Zeitpunkt erschien mir die Frucht (dunkle Waldbeeren und einige dunkle Kirschen) noch ziemlich zurückhaltend. Holzige Eigenschaften zeigten sich überhaupt nicht. Nach ca. drei Stunden überwiegten die Fruchtduftstoffe (viel karge, ernste aber kräftige Kirscharomen) und der "Funk" zog sich mehr und mehr in den Hintergrund. Nun erschien mir der Wein ziemlich seriös, elegant, durchaus sehr komplex (vor allem für diese Preisklasse), mineralisch und sehr schön balanciert. Beim Geschmack verhielt sich die Entwicklung ähnlich. Zu Beginn erschien mir der Pinot sehr herb, mineralisch/blattwerkisch, weniger fruchtgetragen und sehr gut mit Säure ausgestattet. Dieser erste Eindruck schreckte mich aber überhaupt nicht, da ich ein unbeschreibliches Vertrauen (bezüglich der Qualität) in die Art des Weines schon aufgebaut hatte. Nach einigen Stunden zeigten sich mehr und mehr geschmackvolle dunkle Kirschen und ein Vielerlei an Waldbeeren. Keinesfalls auf eine breite oder üppige Art! Viel mehr elegant, nuanciert und präzise! Dieser Wein hatte sowieso keinerlei der vermeintlichen und natürlich total verallgemeinerten „Neue-Welt-Pinot-Probleme“. Nichts mit Fruchtbombe, übermäßig Alk, Sägewerkproblematiken oder Zuckerzeug. Der Wein erschien mir sehr seriös, elegant, etwas zurückhaltend, leise, dennoch lang anhaltend und jetzt schreibe ich es (und hasse mich dafür, da ich diesen Ausdruck überhaupt nicht mag) – burgundisch! Naja, burgundisch – positiv gemeint! Bezogen auf einen Basis Pinot mag das manchmal auch als ein Schimpfwort rüberkommen ;-). Wie auch immer, ganz sicher einer der besten „Pinots weit weg“ die ich in diesem Thread bis jetzt beschrieben habe. Wenn ich den Preis (ca. 17 Euro) einrechne vermutlich sogar der eindrucksvollste. Wenn das mit den Oregon Pinots so weiter geht, soll das mir nur recht sein :)!

Beste Grüße

Chris

PS: Was habt ihr für Erfahrungen mit Pinot aus Oregon? Negative? Positive? Belanglosigkeit? etc.
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Oh Dae-Su
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Re: Pinot weit weg

Beitrag von Oh Dae-Su »

Hallo zusammen,

gleich weiter mit einem weiteren, aber leider nicht mehr so ganz neuem, “Pinot weit weg”. Dieses Mal ein wenig exotischer als Oregon. Heute geht es nach Fronteira. Also an die Grenze. Besser beschrieben: in den äußersten Süden Brasiliens im Bundesstaat Rio Grande do Sul. Hergestellt wurde dieser Pinot Noir von Miolo. Einem der Giganten im brasilianischen Weinbusiness. Das Weingut Quinta do Seival, ein kleiner Teil von Miolo Vinicola, liegt an der Grenze zu Uruguay und hat bis jetzt nur 120 ha unter Reben. Weitere 400 ha sind für die nähere Zukunft schon eingeplant. Was gibt es noch was ich weiß? Na eigentlich nix! Also nichts Neues ;) ! Oh doch, wie auf der Webseite von Miolo erwähnt, wurden die Trauben für diesen Pinot sogar von Hand geerntet! Wow :!:

Miolo Pinot Noir Fortaleza do Seival 2007, Fronteira

http://wine-zeit.blogspot.de/2012/09/pi ... aleza.html

Die Farbe erschien mir schon ein wenig gealtert. Eindeutige rot-braune Verfärbungen am Rand. Der Kern war doch ziemlich dunkel und undurchsichtig. Die Nase war von Pflaumen, etwas Kaffee, vielen fetten und flachen Himbeeren, Anflügen von Rauch und anderen dunklen sowie öligen Vermutungen meinerseits geprägt. Gegen Ende, einige Stunden nach dem Öffnen, zeigten sich mehr und mehr zermanschte dunkle Kirschen. Der Geschmack kam mir ein wenig gelangweilt und nicht all zu lebensfroh vor. Die eigentliche Struktur zeigte sich zwar ausgewogen, fast ein wenig elegant, ziemlich delikat, aber von den Fruchtaromen her enttäuschte mich der Wein dann doch. Die Fruchtaromen kamen mir etwas wage (unpräzise oder verschwommen), nicht all zu sauber und etwas "arm an Leben" vor. Die Aromen waren eindeutige präsent, aber auch gleichzeitig im Begriff zu gehen oder schon abwesend. Ich bin mir darüber schon im Klaren, dass sich das ziemlich bescheuert anhört. Anders kann ich diesen Eindruck leider nicht beschreiben :? . Es könnte sicherlich ein Säureproblem sein. Nicht, dass genügend Säure vorhanden war! Das war sie, aber in einer vielleicht nicht ganz so passenden Ausprägung. Naja, ich lass das lieber! So wichtig ist das bei einem solchen einfachen Wein für mich nicht. Letztendlich habe ich ja sowieso keine Ahnung von Wein :roll: ! Schon gar nicht von brasilianischem! Wahrscheinlich war der Wein schon ein wenig jenseits seiner Bestform, wobei ich bei Konzentration und Länge im Abgang nichts zu meckern fand. Zusammengefasst: Ein einfacher, günstiger und als Pinot Noir gut erkennbarer Wein (kommt in Südamerika nicht so oft vor ;) ). Nicht wirklich zu empfehlen, aber schlecht war er sicher auch nicht. Nichts zu bereuen! Dennoch war mein erster brasilianischer „Pinot weit weg“, der gleichzeitig auch der erste „Pinot weit weg“ überhaupt war, wesentlich besser.

Viele Grüße

Chris
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Alas
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Re: Pinot weit weg

Beitrag von Alas »

Hey Chris!

Am 23. um 22.55 Uhr kommt auf ARTE ein Bericht über brasilianischen Wein.

Ich werde es mir anschauen.

Gruß

Alas

http://www.arte.tv/de/programm/244,broa ... =2012.html
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Re: Pinot weit weg

Beitrag von Oh Dae-Su »

Guten Morgen Alas,

vielen Dank für den Tip! Das werde ich mir ebenfalls anschauen, denn zu diesem Thema kann ich mein Wissen noch wirklich sehr gut verbessern ;). Im Moment ist Brasilien für mich ganz sicher das spannenste Weinland in Südamerika!

Dir noch einen Schönen Tag

Chris
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