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Genossenschaftsweine

Hohe Brisanz, kurzes Verfallsdatum
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Philst

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Re: Genossenschaftsweine

BeitragMo 11. Jan 2021, 13:18

In der Pfalz ist es meiner Meinung nach so wie von UlliB geschildert. Ich selber kaufe so gut wie nie Genossenschaftsweine. Das liegt aber auch daran, dass die Gutsweine von Familienweingütern (z.B. Jülg, Aloisiuishof oder Weegmüller) oft nicht allzu viel teurer, aber trotzdem besser oder zumindest individueller sind.

Die Weine der WG Weinbiet fand ich in den vergangenen Jahren nie überzeugend. Insbesondere beim Riesling hat mir die recht spitze Säure nie allzu sehr gefallen. Bei den besseren Lagen werden die Weine schon besser, aber richtig gut war das nie. Auch ist bei der Bewirtschaftung der Weinberge schon ein teilweise sehr deutlicher Unterschied zu Christmann, Müller-Cartoir, aber auch zu Nicht-VDP-Weingütern wie Weegmüller zu sehen. Es wird wohl weiterhin recht großzügig Gebrauch von Pflanzenschutzmitteln gemacht.

Als ich 2012 in der Pfalz gezogen bin, habe ich anfangs häufiger die Weine der WG Herxheim am Berg gekauft. Die sind für den nicht allzu anspruchsvollen Weintrinker recht gut geeignet. Aber außergewöhnliche oder spannende Sachen findet man dort nicht. Bei einer Betriebsführung wurde auch die Verwendung von Reinzuchthefe und die Maischeerhitzung gelobt. Allzu modern oder fortschrittlich wirkte es aber insgesamt nicht.

Die Forster Winzergenossenschaft macht recht ordentliche Weine. Auch die Vier Jahrenzeiten aus Bad Dürkheim haben eigentlich einen ganz guten Ruf.

Insgesamt scheint in der Pfalz die Maischeerhitzung noch sehr verbreitet und beliebt sein. Unser Nachbar hat mir neulich noch erzählt, dass das ja ein ganz tolles und moderndes Verfahren sei. So könne man ganz schnell tollen Rotwein herstellen. So sehen die Weine dann halt auch aus (schöne tiefdunkle Farbe bei einem lieblichen Dornfelder) und so schmecken sie auch.
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Jochen R.

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Re: Genossenschaftsweine

BeitragMo 11. Jan 2021, 14:05

Hallo Oswald,
sei mir bitte nicht böse, aber ohne einen Wein probiert zu haben
anhand von Datenblättern und zwei Produzenten einen Rundum-
schlag zu machen, ist ja wohl Unfug!
Mir liegt es jetzt fern die württ. Genossenschaften zu verteidigen, du
kannst mir aber glauben, dass auch die Schwaben anständige trockene
Weine hinkriegen ;-) Genauso wie es (für meinen Geschmack) viel
Schrott gibt.

Ich sehe die Genossenschaftsweine eher für die breite Masse, die
ohne viel Gedöns gerne mal ein/zwei Gläser Wein trinkt und ich meine
nicht wenigen kommt etwas Restzucker da ganz entgegen. Zumindest
ist das die Beobachtung in meinem Umfeld.

Viele Grüße,
Jochen
OsCor hat geschrieben:Ich habe mir jetzt beispielhaft mal die Genossen aus Dürrenzimmern angeschaut. Nach dem fünften „trockenen” Weißwein mit >6 g RZ habe ich aufgegeben. Bei denen aus Cleebronn-Güglingen steht groß:
´Die derzeit wahrscheinlich beste Genossenschaft in Deutschland.´VINUM Weinguide 2021

Angaben zu Säure und RZ sucht man vergeblich; sowas nervt mich. Wenn ein trockener Riesling des Jahres 2019 dann mit nur 12% Alkohol angegeben wird, schließe ich gleich mal, dass da auch nicht wenig Restzucker vorhanden ist.
Irgendwie bin ich jetzt etwas enttäuscht :roll: Ich hätte die Schwaben jetzt etwas sparsamer (mit Zucker) eingeschätzt…

Gruß
Oswald
Belgrave ist nichts für Unschuldige
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OsCor

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Re: Genossenschaftsweine

BeitragMo 11. Jan 2021, 15:28

Hallo Jochen,

sollte das so (als Rundumschlag) rumgekommen sein, so bitte ich um Entschuldigung. Das war so nicht gemeint. Ich war einfach sehr enttäuscht darüber, dass da die RZ-Werte durchweg noch höher sind als die von hiesigen Kaiserstühler WGs - und Werte von über 6 g/L bei nominell trockenen Weinen, sorry, da schaudert es mich. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass der Restzucker nicht spürbar sein soll. Das ist für mich Wein für den LEH.
Es ging um Genossenschaftsweine und da habe ich gehofft, dass diejenigen genossenschaftlichen Betriebe, die Wolfgang Kärcher als Beispiele aufgezählt hat, vielleicht meinen persönlichen Vorlieben mehr entgegen kommen. Immerhin war früher ein Verrenberger Riesling ein Lieblingswein von mir. Ob er es heute noch wäre (nach über 20 Jahren), weiß ich natürlich nicht.
Warum ich überhaupt bei Genossenschaften auf deren Websites vorbeischaue, weiß ich auch nicht so genau, wo doch so viele Selbstvermarkter sehr gute Weine zu absolut akzeptablen Preisen anbieten. Wahrscheinlich habe ich als Badener auch noch einen guten Schuss Schwabenblut in meinen Adern und hoffe auf gute Preise…

Gruß
Oswald
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Jochen R.

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Re: Genossenschaftsweine

BeitragMo 11. Jan 2021, 16:23

Hallo Oswald,
du brauchst dich doch nicht entschuldigen! :-)
Ich kriege hier vor Ort natürlich oft genug Weine vorge-
setzt ("Boah, das musst du unbedingt probieren!") wo es
mich dann ob des Restzuckers schaudert und höflich
ablehnen muss - ich weiß also schon was du meinst!
Trotzdem stelle ich fest, dass es dafür Abnehmer gibt,
die das mögen.
Es geht aber auch anders, wo man für kleines Geld anstän-
dige, teilweise sogar richtig gute Weine ins Glas bekommt.
Cleebronn-Güglingen (laut deinem VINUM-Zitat die derzeit
wahrscheinlich beste Genoss. deutschlands) kenne ich wohl,
in Erinnerung ist mir da bisher nichts geblieben. Da werde
ich mal wieder was probieren müssen.

Viele Grüße,
Jochen
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Bernd Schulz

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Re: Genossenschaftsweine

BeitragDi 12. Jan 2021, 00:18

Von den Produttori del Barbaresco hat mir ja vor wenigen Monaten unser Forumsmitglied Darius einen sehr schönen Roten vorgesetzt. Und aus eigener Anschauung vor Ort kenne ich die Südtiroler Genossenschaften St. Michael/Eppan sowie Schreckbichl - beide produzierten seinerzeit (sprich vor etwa 15 Jahren :mrgreen:) solide bis gute Qualitäten zu eher unattraktiven :twisted: Preisen....

Weine aus französischen Genossenschaften habe ich in den letzten zwei Jahrzehnten eigentlich nur von unserem Ostbelgier vorgesetzt bekommen. Und schlecht waren die in aller Regel nicht; etliche konnten in der Tat mit einer schönen Qualität und einem sehr erfreulichen PGV glänzen.

Weit besser kenne ich diverse Erzeugnisse von deutschen WGs; meine Trinkerkarriere hat (noch zu Gymnasialzeiten :oops:) mit diesen Weinen angefangen. Ich erinnere mich sehr gut an diverse Besuche bei badischen Genossenschaften (Burkheim, Glottertal, Britzingen, Pfaffenweiler, Laufen, Sasbachwalden...), die meine Eltern mit mir im Urlaub unternommen haben - und auch gut an die eine oder andere Pulle, die wir - ich und zwei, drei gleichermaßen spinnerte Mitschüler - dann zu Hause beim Hören von Brahms- und Brucknersymphonien im noch nicht ganz volljährigen Alter :oops: vertilgen durften. Im Nachhinein denke ich, dass die Spätburgunder oder Ruländer ;) der badischen Genossen den damaligen Aldi-Standard auf jeden Fall deutlich überstiegen haben.

Auch nach der Jahrtausendwende habe ich immer mal wieder einen deutschen Genossenschaftswein erworben. Zum Beispiel an der Ahr dann, wenn andere Betriebe wegen Karneval geschlossen hatten - da habe ich in Ermangelung einer Alternative nach dem Wandern die Vinothek der Dernauer oder Mayschosser Genossen betreten. Das, was es da zu kaufen gab, war teilweise durchaus anständig, aber letztlich auch nicht preiswerter als die dann doch deutlich indiviueller wirkenden Produkte von guten Non-VDP-Winzern wie Sermann-Kreuzberg, Fiebrich, Sebastian etc. - insofern besteht für mich kein Grund, mich näher mit den fraglos soliden Ahr-Genossenschaften zu beschäftigen....

Die letzte Erfahrung, die ich mit einem von mir selber erworbenen Genossenschaftswein gemacht habe, hat im September 2019 stattgefunden. Damals hat mich eine Musikschulkollegin gefragt, ob ich mich an eine Sammelbestellung bei der Wachtenburg Winzern eG beteiligen wollen würde, und ich habe es dann nicht zuletzt aus Höflichkeit riskiert, drei Flaschen Scheurebe zu ordern. Der Wein wies leider eine ziemlich ernüchternde Qualität auf:

Bild

Herzliche Grüße

Bernd
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jessesmaria

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Re: Genossenschaftsweine

BeitragDi 12. Jan 2021, 02:04

Bernd Schulz hat geschrieben:Weit besser kenne ich diverse Erzeugnisse von deutschen WGs; meine Trinkerkarriere hat (noch zu Gymnasialzeiten :oops:) mit diesen Weinen angefangen. Ich erinnere mich sehr gut an diverse Besuche bei badischen Genossenschaften (Burkheim, Glottertal, Britzingen, Pfaffenweiler, Laufen, Sasbachwalden...), die meine Eltern mit mir im Urlaub unternommen haben - und auch gut an die eine oder andere Pulle, die wir - ich und zwei, drei gleichermaßen spinnerte Mitschüler - dann zu Hause beim Hören von Brahms- und Brucknersymphonien im noch nicht ganz volljährigen Alter :oops: vertilgen durften. Im Nachhinein denke ich, dass die Spätburgunder oder Ruländer ;) der badischen Genossen den damaligen Aldi-Standard auf jeden Fall deutlich überstiegen haben.


Da musste ich gerade schmunzeln. Spätburgunder aus Sasbachwalden (ich kann ihn mir nur vorstellen, habe mal auf einem Dorffest dort Rotwein getrunken, aber der war wahrscheinlich übler :D ) und Brahms- und Brucknersymphonien. Das geht ja gar nicht! :lol:
Da wärst du wahrscheinlich mit der "feinen Kammermusik" besser gefahren.

Das müsste man mal ausdiskutieren, welche Musik zu welchem Wein. Ich bin mir sicher, da könnte man genauso bedacht wählen, wie beim Essen.

Zu einer Brahmssymphonie bräuchte man eigentlich einen schweren, zuweilen sperrigen Wein wie Cabernet Sauv., aber viel konturierter, deutscher. Ohne die französische Contenance und trotzdem auf andere Weise diskret (also nicht gerade heraus). Fällt dir etwas ein?
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EThC

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Re: Genossenschaftsweine

BeitragDi 12. Jan 2021, 09:13

jessesmaria hat geschrieben:Das müsste man mal ausdiskutieren, welche Musik zu welchem Wein. Ich bin mir sicher, da könnte man genauso bedacht wählen, wie beim Essen.

[OT]...das ist bei mir entweder oder. Sonst konzentrier ich mich auf die Musik und hab nichts vom Wein oder umgekehrt. Und so Nebenherpritschelmusik hör ich eigentlich nicht...[/OT]
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
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jessesmaria

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Re: Genossenschaftsweine

BeitragDi 12. Jan 2021, 16:50

EThC hat geschrieben:
jessesmaria hat geschrieben:Das müsste man mal ausdiskutieren, welche Musik zu welchem Wein. Ich bin mir sicher, da könnte man genauso bedacht wählen, wie beim Essen.

[OT]...das ist bei mir entweder oder. Sonst konzentrier ich mich auf die Musik und hab nichts vom Wein oder umgekehrt. Und so Nebenherpritschelmusik hör ich eigentlich nicht...[/OT]


Versteh ich.
Hab's auch noch nicht wirklich probiert. Könnte mir nur vorstellen, den Wein erst mit voller Aufmerksamkeit zu verköstigen und dann zur Musik weiter zu trinken.

Oder man wählt Tafelmusik, die keine volle Aufmerksamkeit erfordert. Zur Tafelmusik von Telemann müsste man dann aber, historisch informiert, auch ursprünglich hergestellten barocken Wein trinken. Oder kann man einen Naturwein schon gelten lassen?

[/OT Ende]
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EThC

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Re: Genossenschaftsweine

BeitragDi 12. Jan 2021, 19:00

jessesmaria hat geschrieben:Oder kann man einen Naturwein schon gelten lassen?

...nur wenn er aus der Amphore / Qvevri ist! :lol:

(Wobei sowas allerdings nicht "barock" im Sinne meiner Weindefinition ist)
Viele Grüße
Erich

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Bernd Schulz

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Re: Genossenschaftsweine

BeitragDi 12. Jan 2021, 20:55

jessesmaria hat geschrieben:Zu einer Brahmssymphonie bräuchte man eigentlich einen schweren, zuweilen sperrigen Wein wie Cabernet Sauv., aber viel konturierter, deutscher. Ohne die französische Contenance und trotzdem auf andere Weise diskret (also nicht gerade heraus). Fällt dir etwas ein?


Nicht so wirklich. Ich greife beim Weintrinken sehr selten zu Musik, weil ich in aller Regel nur abends Alkohol zu mir nehme, aber tagsüber bei der Arbeit sehr viel Musik höre. Wenn ich die Werkstatt verlassen habe, ist mein Weindurst geweckt, aber mein Musikbedarf gedeckt....

In dem nicht mehr existierenden Weinforum TAW, aus dem die Gründer unseres Forums seinerzeit ausgewandert sind, hatten wir einen ganz ordentlich laufenden "Wein und Musik"-Thread. Vielleicht magst du hier auch so etwas etablieren?

jessesmaria hat geschrieben:Da musste ich gerade schmunzeln. Spätburgunder aus Sasbachwalden (ich kann ihn mir nur vorstellen, habe mal auf einem Dorffest dort Rotwein getrunken, aber der war wahrscheinlich übler ) und Brahms- und Brucknersymphonien. Das geht ja gar nicht!


Mal von Brahms und Bruckner ganz abgesehen: In den späten 70er und frühen 80er Jahren waren die "Alde Gott"-Weine, die mein Vater immer wieder als Weihnachtswerbepräsent erhielt, wenigstens eines, nämlich richtig sauber. Und damit hoben sie sich schon sehr wohltuend ab von vielem, was man damals bei nicht so bekannten Winzern oder in den Verbrauchermärkten kaufen konnte. Und später (so kurz nach dem Jahrtausendwechsel) hatte die Sasbachwaldener Genossenschaft einen ziemlich ambitionierten Geschäftsführer, mit dem ich mich anlässlich einer Weinmesse sehr angeregt unterhalten habe. Das Grundniveau des Sortiments fand ich zu dieser Zeit nicht so schlecht.

Herzliche Grüße

Bernd
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