Hohe Brisanz, kurzes Verfallsdatum
Di 17. Okt 2017, 11:13
Guten Mittag,
ich als Wein-Liebhaber und Grafiker habe mich besonders geehrt gefühlt als ein guter Freund von mir, ein Winzer, mich gefragt hat, ob ich sein Weinetiketten designen möchte. Er löst sich gerade von dem Familienunternehmen in Rheinland-Pfalz.
Seine Weine sind ausschließlich aus biologischer Herstellung, was natürlich auch auf dem Etikett zu sehen sein soll. Ich finde es sehr schwierig ein Alleinstellungsmerkmal zu finden, etwas was dem Käufer ins Auge fällt. Viele Leute, die nicht "so viel Ahnung" haben gehen zum Teil auch nach der Gestaltung des Etiketts.
Was ist euch wichtig bei einem Weinetikett? Ich würde sehr gerne so schlicht und geradlinig bleiben wie möglich, damit es sehr zeitlos erscheint. Was haltet ihr davon?
Liebe Grüße, Joachim
EThC
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Di 17. Okt 2017, 12:02
Schwieriges Thema, zumal unterschiedliche Kunden auch unterschiedlich auf Etiketten reagieren. Daher würde ich mir erst mal die Frage stellen, an wen der Wein überhaupt adressiert ist bzw. sein soll. Wenn ich mal von mir ausgehe, dann sind es weniger Merkmale, die mich anziehen als solche, die mich abstoßen bzw. erst mal skeptisch machen. Sehr marktschreierische Etiketten bzw. solche, die auf Teufel komm' 'raus witzig / polarisierend / trendy oder sonstwas sind oder sein wollen, hegen in mir erst mal den Verdacht, daß man da vom Inhalt ablenken will; und in nicht wenigen Fällen ist dann tatsächlich das Etikett aufregender als der Saft dahinter. Was das "Bio" angeht: meine persönliche Erfahrung mit diesem Labelling ist ganz platt die, daß je öfter und größer "Bio" d'raufsteht, desto schlechter der Wein. Die besten Bio-Weine in meinem Keller weisen da -wenn überhaupt- hinten d'rauf hin, daß sie wie auch immer bio arbeiten. Hochverdächtig sind bei mir dann übrigens auch die gerne aufgeklebten Medaillen von irgendwelchen fragwürdigen Weinprämierungen wie z.B. der Berlin-Trophy etc. Nun bin ich aber (wie eine nicht geringe Anzahl der Forumsmitglieder hier) eher der Typ "Wein-Nerd", der sich von Etiketten nur in Maßen positiv beeinflussen läßt (negativ schon, s.o.). Deshalb wäre JoachimsWein hat geschrieben:schlicht und geradlinig
aus meiner Sicht kein schlechter Weg. Wenn das Zielpublikum jedoch eher im Discounter / LEH zu finden sein sollte, braucht man wohl eher einen "Eye-Catcher".
Viele Grüße Erich Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's DAS EWIG GESTRIGEwas immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten. https://ec1962.wordpress.com/
VillaGemma
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Di 17. Okt 2017, 12:48
Da gehe ich voll mit. Mir ist das Etikett total egal. Wichtig ist, dass einem (und wenn es geht auch der Frau) der Inhalt schmeckt. Dann folgt noch die Frage nach dem Preis...Etikett unwichtig. Aber schlicht und einfach finde ich idR auch besser als laut und grell. Mit Bio habe ich auch sehr schlechte Erfahrungen gemacht...leider.
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olifant
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Di 17. Okt 2017, 13:05
Interessantes Thema - grundsätzlich: Gibt es keine Vorgabe des Auftraggebers / Winzers, bspw., sich vom Mutterbrtrieb deutlich ab zu setzen oder daran an zu knüpfen? Modern puristisch? Klassisch mit nur Schrift? usw... - wo ist die Weinqualität angesiedelt, wer ist die Zielgruppe, die angesprochen werden soll? Junge, moderne Weinkonsumenten, durchschnittliches / gemischtes Publikum, oder gar Nerds? Wie wird der vertriebsweg sein, d.h., wo wird der Wein im Regeal stehen - nur beim Winzer im Hofverkauf, im Fachhandel, im Supermarkt? - welche rechtlichen Vorgaben müssen auf Vorder-/Rücketikett berücksichtigt werden (Deutsches Weinrecht) - wieviele 'verschiedene' Etiketten soll / wird es geben, also bspw. nur einen Wein, 2 Weine, ... verschiedene Weinlinien? - ist der Betrieb an CI (Corporate Identity) interessiert, d.h. gibt es eine einheitliche Vorgabe für den Weingutsauftritt und den Marktauftritt, vom Briefpapier, zum Weinkarton, zum 'Wappen / Logo', usw. ? Fragen über Fragen ... aber ohne die zu klären wird's nicht weitergehen ... oder aber Entwurf einstellen und zum Abschuss freigeben
Grüsse
Ralf
Die Zukunft war früher auch besser. Karl Valentin
Philst
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Di 17. Okt 2017, 13:17
Ich glaube, dass es den allermeisten Forumsmitgliedern überhaupt nicht auf die Gestaltung des Etiketts ankommt, da hier der Inhalt der Flasche im Vordergrund steht. Angesichts der immer größer werdenden Anzahl an biologisch arbeitenden Betrieben dürfte "Bio" auch kein Kriterium sein, mit dem man sich alleine behaupten kann. Wenn ich mir die Weinberge im meinem kleinen Weindorf an der südlichen Weinstraße und die Anzahl der Spritzeinsätze sehe, dann würde ich mir teilweise schon wünschen, dass hier einige Betriebe etwas umdenken würde. Das ist aber ein anderes Thema.
Wenn der Wein aber zu einem gewissen Teil im Supermarkt oder Biomarkt verkauft werden sollte, dürfte das Etikett doch deutlich wichtiger sein.
Zur Gestaltung des Etiketts an sich, ohne dass ich mich in irgendeiner Weise mit Marketing oder Design oder dergleichen auskennen würde: Mir persönlich gefallen recht schlicht gehaltene Etiketten am besten. Insoweit finde ich das Design von Rebholz mit dieser Art Schreibschrift irgendwie ganz interessant. Das wirkt auf mich irgendwie "natürlich", dabei aber trotzdem schlicht und hochwertig.
Beim Inhalt des Etiketts gefällt mir gut, wenn hier kleine Details beschrieben werden (Alter der Reben, Flaschenanzahl, Analysedaten usw.) Das dürfte aber auch die wenigsten Weintrinker interessieren.
Auch wenn es nichts mit der Frage von Bio oder konventionell zu tun hat, finde ich die Idee von Martin Müllen super, auf dem Etikett die Lage des jeweiligen Weinbergs auf einer alten Lagenkarte durch einen goldenen Hintergrund zu markieren. Das habe ich bislang bei keinem anderen Winzer so gesehen. Dies ist dann für mich eher ein Alleinstellungsmerkmal als der biologische Anbau.
olifant
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Di 17. Okt 2017, 13:31
Philst hat geschrieben:..., finde ich die Idee von Martin Müllen super, auf dem Etikett die Lage des jeweiligen Weinbergs auf einer alten Lagenkarte durch einen goldenen Hintergrund zu markieren. Das habe ich bislang bei keinem anderen Winzer so gesehen. Dies ist dann für mich eher ein Alleinstellungsmerkmal als der biologische Anbau.
Die Idee mit der Lage auf dem Etikett gibt's auch in Modern, z.B. bei Armin Kobler http://kobler-margreid.com/deutsch/lagen_weine/oberfeld_gb/oberfeld_gb.html > mit dem Zeiger über's Etikett fahren, die 'Rechtecke' sind die jeweiligen Flurstücke / Lagen.
Grüsse
Ralf
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Philst
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Di 17. Okt 2017, 13:59
Vielen Dank für den Hinweis. Die Idee mit der Webcam finde ich ganz nett. Die Gestaltung des Etiketts ist jetzt nicht so meins, aber das ist ja eh Geschmackssache.
Moselglück
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Di 17. Okt 2017, 16:23
Ich stehe zb total auf traditionell gehaltene Etiketten wie bei Max Feridnand Richter. Der Wein sollte dann aber auch entsprechend ausgebaut sein (Spontangärung, Holzfass etc). Gruß Daniel
...Medizin für Feinschmecker!
olifant
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Di 17. Okt 2017, 16:59
Hallo Daniel, so ein Etikett, nach dem Motto "Je Hässlicher Das Etikett, Desto Besser Der Wein", geht bei alten arrivierten Betrieben. Bei Newcomern / neuer Betrieb geht man dann doch wohl eher in eine graphische Richtung, oder wenn Schrift als Stilmittel, dann mit Wortspiel, etc., z.B. http://www.winzerhof-stahl.de/Shop:::3.html?XTCsid=c214ae3213383c8d2b032c63152b063eAuf jeden Fall ist reduzierte Gestaltung, Dekonstruktion, usw. hier wohl mehr im Trend als Gutshaus mit Fraktur und Weingeranke Just my 2 cent
Grüsse
Ralf
Die Zukunft war früher auch besser. Karl Valentin
EThC
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Di 17. Okt 2017, 18:48
olifant hat geschrieben:Auf jeden Fall ist reduzierte Gestaltung, Dekonstruktion, usw. hier wohl mehr im Trend als Gutshaus mit Fraktur und Weingeranke
Das sehe ich auch so. So ein traditionelles Etikett (das heutzutage durchaus seine Reize hat) kann man sich leisten, wenn man einen jahrzehntelangen Gewöhnungsfaktor auf seiner Seite weiß.
Viele Grüße Erich Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's DAS EWIG GESTRIGEwas immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten. https://ec1962.wordpress.com/
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