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Grenzen der Weinkritik

Hohe Brisanz, kurzes Verfallsdatum
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weingeist

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Re: Grenzen der Weinkritik

BeitragFr 23. Okt 2015, 15:36

Hi oder Hallo oder Grüß Dich Peter!

Natürlich hast Du vollkommen recht, keinen Wein wird man - weingerecht - mit vier Worten beschreiben können. Das war ein netter Gedanke von octopussy, den Michl einfach aufgenommen hat und ich dann ins extreme getrieben habe.

Andereseits sind Kurzformen heute, sogar bei uns Firmenintern, nicht nach außen, absolut in Ordnung. Ich selbst habe gerade heute, meinem Geschäftsbereichsleiter (ober dem gibt's nix mehr, außer unserem Generaldirektor) ein mfg geschrieben, wobei wir per du sind und es sich nur um die Antwort auf sein "go" (und schon wieder eine Kurzform ;) ) zu einer meiner Entscheidungen gehandelt hat.

Das Problem, das ich dabei sehe ist, dass eine "saubere" VKN alleine schon umfangreich sein sollte, wenn man jetzt noch Deinen Wunsch, nach ausgeformter Poetik ( ;) ist jetzt übertrieben von mir formuliert) in selbiger berücksichtigen würde, der Schreiber schon sehr lange dafür braucht. Deshalb habe eben auch ich für mich damit fast ganz aufgehört, bewerte (für mich) mit 1-5 Sternen, und schreibe mir nur mehr ganz selten eine spezielle Notiz, mit der ein Außenstehender aber nichts anfängt, ergänzend dazu.
Liebe Grüße
weingeist
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weingeist

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Re: Grenzen der Weinkritik

BeitragFr 23. Okt 2015, 15:38

Ach ja, gerade vergessen....über Deine Assoziation

"Adaption einer Fast-Food-Kommunikation (à la Twitter)"

musste ich ehrlich herzhaft lachen. :lol:
Liebe Grüße
weingeist
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octopussy

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Re: Grenzen der Weinkritik

BeitragSa 24. Okt 2015, 08:46

Hallo zusammen,

die "Vier Worte Kritik" ist so eine Idee, die mir schon länger im Kopf rumspukt, die sich aber im Zweifel nur für große Tastings mit vielen Weinen eignet (was aber für die Profikritiker die Realität ist). Auf solchen Tastings kann jedenfalls ich mir kaum mehr als drei bis vier Worte notieren. Und dann vielleicht noch eine Kurzbewertung. Wenn man sich für einen Wein Zeit nimmt, ist die vier Worte Kritik aber m.E. nicht geeignet, um einen Wein vernünftig zu beschreiben. Wer sich Zeit für einen Wein nimmt, kann sich auch Zeit für die Beschreibung nehmen.

Ich finde allerdings durchaus, dass man sich unter Vier Worte Kritiken etwas vorstellen kann. Hier ein paar Beispiele:

Rotfruchtig, herb, dünn, säuerlich

oder

Rotfruchtig, fluide, elegant, fein

oder

Dunkel, Schokolade, likörig, süß

Usw.
Beste Grüße, Stephan
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sammlerfreak

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Re: Grenzen der Weinkritik

BeitragSa 24. Okt 2015, 14:04

Grüezi mitenand

Noch einmal melde ich mich - leider nicht ganz so kurz - zu Wort. Eigentlich tauge ich schlecht zum "Rechthaben"; mir liegt vielmehr das "Weinerzählen" am (und im) Herzen.

Gerne attestiere ich, dass man in präzisen, knappen Worten (Begriffen) einen Wein durchaus charakterisieren kann – ja, ihn sogar beschreiben. Ich finde, dies ist auch eine brauchbare Methode, um in kurzer Zeit Eindrücke prägnant festzuhalten (zum Beispiel während und nach einer Verkostung – vielleicht noch verbunden mit Punkten). Man kann mit solchen Kurzformeln (oder sagen wir besser: assoziative Notizen) durchaus mit Weinkennen (-liebhabern) kommunizieren und diese können mit der Information auch etwas anfangen. Wahrscheinlich in der Regel sogar mehr, als mit den üblichen, kodierten, normierten Beschreibungen (… etwas Pfeffer, Cassis, viel Druck am Gaumen, kühle mineralische Frucht nach Apfel, Pfirsich und Trockenkräutern … und so weiter.) Doch - das meine ich – hier werden die Grenzen der Weinkritik deutlich sichtbar:

1. Der Interpretationsraum ist – wenn die Begriffe nicht ganz präzis definiert sind – riesig; meist so gross, dass der Informationsgehalt in Frage gestellt werden. Handelt es sich beim Weinkonsum doch um Erleben. Und das Erleben ist immer (zum überwiegenden Teil) subjektiv.

2. Und, dies scheint mir noch wichtiger zu sein: Die Beziehung von abstrakten Begriffe zu einem bestimmten Wein kann nur schwer im Gedächtnis gespeichert werden. Spätestens nach drei Weinen beginnt das heillose Durcheinander (nicht infolge des Alkohols!), was bei jeder Art von Aufzählung jederzeit zu erfahren und belegen.

Für eine schriftliche, fast tabellarische Kommunikation sind solche Kurzformeln (auch wenn sie fantasievoll sind) brauchbar, sogar um einiges besser als ausufernde Beschreibungen. Doch – dies meine ich mit Fast-Food-Kommunikation – solche Formeln und Begriffe können nur schwer erlebt (weil Erleben rein subjektiv ist) und kaum gespeichert, noch weniger aber memoriert werden. Betrachten wir doch unsere Kommunikation im Alltag: wir erzählen, wir erzählen ununterbrochen, wir formen aus Fakten Geschichten. Das Aufzählungen dient im Alltag eigentlich nur als Ordnungsfaktor oder als Informations-Ergänzung Erzählen. Darum mein Plädoyer: Versuchen wir doch – als Weinkritikamateure – vermehrt Weine zu erzählen, dann werden sie auch besser verstanden. NB. Es muss nicht Poesie sein. Die Alltagssprache, Alltagsprosa genügen, diese werden zudem viel besser verstanden.

Ganz herzlich
Sammlerfreak
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