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Kennt ihr Weintage des Schreckens?

Hohe Brisanz, kurzes Verfallsdatum
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_AL_

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Kennt ihr Weintage des Schreckens?

BeitragDi 28. Dez 2010, 13:18

Liebes Forum,
ich bin neu hier und dann gleich so ein Thema, aber ich muss mal diese Geschichte loswerden.

Am Heiligabend war alles noch so schön. Es gab superzartes 80-Grad-Roastbeef mit Bohnensalat (nach dem Spezialrezept meiner Frau) und Knoblauchbrot, dazu tranken wir einen: IZADI Expresión 2000. Er brauchte viel Luft, wurde dann aber richtig gut. Als Schlummerschluck tranken wir ein Glas von der Weinlakai-Empfehlung: Château Guiot 2009, noch sehr jung und unschlagbar bezahlbar. Auch hier war die Welt noch in Ordnung.

Wir hatten soviel gutes Roastbeef übrig, dass wir es am Folgetag mit einem ähnlichen Wein weiteressen wollten. Aber dieser Tag wurde zum "Weintag des Schreckens".
Ich machte eine Magnum vom: Club Privado Rioja 2001 auf. Es war ein Geschenk, das viele Jahre im Keller lag, aber der Kork war noch i.O. - bis auf ein wenig Schimmel. Der Wein hatte kein Korkfehler. Das war alles, was man Gutes dazu sagen konnte. Es war eine saure rostrosa Plörre. Ich hatte den Wein schon am Nachmittag geöffnet, in der Hoffnung, dass er noch Luft brauchte.
Alles vergeblich...Um meinen Frust zu überwinden wollte ich einen: Avior Gran Reserva 2001 die Chance geben. Auch hier das Gleiche, grauenhaft. Meine Frau und ich dachten schon, dass es einer dieser Tage war, an dem einem kein Wein schmecken mag - auch Stunden um Stunden im Dekanter brachten nichts.
Jetzt half nur noch ein Wein von gaaaaanz woanders: der Sideral Altair 2003, ein guter Wein aus Chile im Preissegment von ca. 20 Euro, also nicht viel weniger als der Avior. Der Chilene - bei Mövenpick erworben - musste einfach der Tröster werden. Und siehe da, er roch nach Pattex und zwar so dermaßen herb, dass wir fassungslos waren. Drei Weine drei Katastrophen, zuviel für den ersten Weihnachtstag. Zum Roastbeef gab es dann erstmal ein Glas Wasser und später einen Schluck würzig-süssen Port von: Warre´s Nimrod, Finest old Tawny. Nach all dem Pattex und der fiesen aromalosen Säure kam dadurch endlich die Rettung.
Am Tag danach roch der Chilene immer noch, aber dezenter, nach Pattex, ganz spät am Abend wurde er langsam genießbarer. Die beiden Riojas landeten im Ausguss, nachdem ich meine Frau im Nebenzimmer bei einem letzten verzweifelten Verkostungsversuch nur "Bäääh" sagen hörte. Fazit: The Plörre, the "Bäääh" and the Pattex.
Ich wollte die Hoffnung nicht aufgeben und öffnete noch einen Ochoa Vendimia Seleccionada 2000 aus Navarra, für immerhin auch 30 Euro. Wieder sauer und schwach, aber gerade noch genießbar. Meine Frau und ich fragten uns, ob uns der Weingeschmack völlig und für immer abhanden gekommen sei, oder ob diese mittel- bis höherpreisigen Spanier (also zwischen 24-60 Euro) bei weitem nicht so lagerfähig sind, wie ich immer dachte...
Ein Probeglas Mesa/7 (eine Art Geheimwein von der Vinos.de-Kette) rettete den Abend für Spanien. In einem Anfall von zwanghaftem Spontanhandeln rannte ich am nächsten Tag in den Keller und durchforstete alle Kisten - mein Ischias hasst mich jetzt dafür. Ich entdeckte einen Val Sotillo Gran Reserva 1999 und eine Clos Martinet 1999 (ich liebe den Clos Martinet und auch den Zweitwein den Martinet Brut). Ich werde sie die Tage öffnen, um meine greifte-Weine-aus-Spanien-Panik in den Griff zu bekommen.

Kennt ihr auch solche Tage? Bitte um Erfahrungen, Mitgefühl, Tipps - meine Spüle hat jedenfalls Schluckauf :oops:
Zuletzt geändert von _AL_ am Di 28. Dez 2010, 20:20, insgesamt 1-mal geändert.
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harti

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Re: Kennt ihr Weintage des Schreckens?

BeitragDi 28. Dez 2010, 13:44

Hallo Alexander,

herzlich Willkommen im Forum und vielen Dank für Deinen Bericht über einen wahrgewordenen Alptraum. Erfreulicherweise ist mir sowas noch nie passiert.

Die von Dir verkosteten Weine kenne ich leider nicht, insofern kann ich keinen Kommentar dazu abgeben. Wir hatten am Sonntag im Kreise der Familie u.a. einen 99er Pesquera, der sich schön gereift zeigte. M.E. ein für den damaligen Preis (ca. 12 €) korrekter Wein.

Grüße

Hartmut
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austria_traveller

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Re: Kennt ihr Weintage des Schreckens?

BeitragDi 28. Dez 2010, 13:45

Servus AL,
Ich trinke zwar eher Weine im unteren bis mittleren Preissegment, kann deine Verzweiflung aber durch aus verstehen.
Selten aber doch habe ich auch solche Weinmomente :evil: , da schmeckt dann nix, egal zu welcher Flasche ich dann greife.
Meistens mache ich dann eine 180 Grad Kehrtwendung und nimm einen Riesling - feinherb oder restsüß.
Da ist wenigstens noch Genuss dabei und kein Frust - Rot wird an dem Tag sowieso nix mehr.

_AL_ hat geschrieben:Club Privado Rioja 2001 auf. ... Ich hatte den Wein schon am Nachmittag geöffnet, in der Hoffnung, dass er noch Luft brauchte.
...
Avior Gran Reserva 2001 - auch Stunden um Stunden im Dekanter brachten nichts.
...
Ich wollte die Hoffnung nicht aufgeben und öffnete noch einen Ochoa Vendimia Seleccionada 2000 aus Navarra ... Wieder sauer und schwach, aber gerade noch genießbar.
ob diese mittel- bis höherpreisigen Spanier bei weitem nicht so lagerfähig sind, wie ich immer dachte...

Ich glaube da liegt der Hund begraben.
Kann's sein dass du die ersten 2 zu Tode dekantiert hast. Baron de Ley ist (finde ich) kein besonders starkes Label.
Die meisten Sachen sind nach 10 Jahren fertig gereift bzw. schon teilweise grenzwertig; lüften oder dekantieren hat dann eher negative Auswirkungen, finde ich.
Beste Grüße
Gerhard aus Wien
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thvins

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Re: Kennt ihr Weintage des Schreckens?

BeitragDi 28. Dez 2010, 13:55

Hallo Alexander,
klar gibt es solche Tage, wo man das Gefühl hat, das Aufstehen hat nicht gelohnt - auch im Bezug auf den (mehrmaligen) Kellergang. Liegen kann das an vielem, es fängt beim "einfach falschen Wein an - dieses "saure Plörre-Erlebnis" hatte ich mit klassischen Rioja´s schon öfter, zuletzt mit einem Ygay Reserva Esp. aus 1989 (der aber auch vor 10 Jahren nicht besser war...) Ist einfach nicht mehr mein Ding, und ich versuche, so etwas nicht mehr zu kaufen...

Dann gibt es Phasen, da denkt man bei jedem Wein "den hatte ich schon besser im Glas", letztens durch mit einigen Südfranzosen... Woran es liegt? Ungünstige klimatische Bedingungen, schlechte Mondphase bei biodynamischen Weinen (wenn mehrere ähnlich zum gleichen Wein denken ein Ansatz...) oder Streß, körperliches, gar seelisches Unwohlsein auch (wenn man der einige ist, der grad nicht klarkommt...)

Aber auch am Wein bzw. seiner Lagerung (im eigenen Keller oder im Fremden -> sprich Lagerbedingungen beim Händler. War es ein Wein aus dem Regal im Geschäft oder gar die berüchtigte Schaufensterflasche (möglichst schon lange dort zugebracht) oder stieg der gute Verkäufer in den Keller bzw. den klimatisierten Raum? Wie sind die eigenen Lagerbedingungen?

Einziger Trost dabei - es kommen wieder andere Tage mit anderen Flaschen und entsprechend mehr Spaß...

Dass die Jahrgänge 2001 und 1999 in Spanien schon in der Breite zu alt sind, daran mag ich nicht glauben. Im Gegenteil, sowohl bei unserer diesjährigen 2000er Priorat-Ten years after Probe gab es viele + Zeichen für Weine, die gefühlt noch zu jung waren, aber selbst bei der Spanienprobe in Oberhausen, wo die Weine zwischen 1961 und 2000 geboren waren, hatten wir oft den Kommentar "noch jung"...

Und auf die 2001er Priorat - Ten years After Probe (Reichen wir überhaupt mit einer einzigen aus? :lol: :lol: :lol: Wie es aussieht, liegen da noch allerhand verschiedene Weine rum in den Kellern der Spezies - und auch ich verkaufe ja noch guten Gewissens 2001er, will sogar noch nachkaufen - allerdings nur vom Winzer direkt und nicht über Zwischenhändlerquellen...) freue ich mich schon wie der Schneekönig über den Winter...

Auf jeden Fall von mir erst mal ein herzliches Willkommen und demnächst hoffentlich mit besseren W.ein.drücken... :)

PS: Zu Tode dekantieren wäre sicher auch noch eine Möglichkeit, aber wer vernünftig ist, probiert ja erst mal einen wönz´gen Schluck und entscheidet dann die Art des Umgangs mit dem Wein...
Beste Grüße

Torsten

http://www.torsten-hammer-priorat-guide.com
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innauen

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Re: Kennt ihr Weintage des Schreckens?

BeitragDi 28. Dez 2010, 14:00

Hallo Alexander,

nicht ganz so schlimm, aber doch auch wenig frohsinnig verlief der zweite Weihnachtsfeiertag bei mir:

- Montus, Cuvee Prestige 1997 hart, metallisch, sauer. Keine Ahnung ob der hin ist oder das normal ist. War am nächsten Tag einen Tick weniger schlecht, aber lange nicht gut.

- Lafleur-Gazin 2000, Flasche top, Wein top, Geschmack hopp. Holz, Holz, Holz mit ein wenig künstlichem Fruchtaroma. Grauenvoll. NICHT nachkaufen.

- da sollte dann Domaine de Courbissac, Minvervois Pandora helfen. Aber der Wein war irgendwie sehr säurestark. So gar kein fetter Südfranzose. Völlig undefinierbares Zeug. Ein Flaschenfehler?

- ganz genervt von so vielen unpassenden Weinen dann gestern Abend wenigstens eine sichere Bank, dachte ich. Chateau Fizeual 1997. Tja, der war dann wirklich hin. Ein ekliger Essigstich, obschon erst ganz vorsichtige Brauntöne am Rand vernehmbar waren.

Ein echter Weinfehler, ein echter Fehlgriff, zwei irgendwie nicht wirklich präsente Weine. Das war schon ziemlich frustig. :twisted:

Du bist also nicht allein :D

Grüße,

wolf

P.S. Der Vortag war übrigens wie bei Dir wesentlich besser. Noch ein Tipp zum Dekantieren. Torsten hat recht. Korken raus. kleiner Probeschluck, an dem man erkennt, ob Dekantieren sein muss oder besser nicht. Falls nicht, kühl stellen, Korken drauf. Der Wein oxidiert so schnell nicht.
„Es war viel mehr.“

Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
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_AL_

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Re: Kennt ihr Weintage des Schreckens?

BeitragDi 28. Dez 2010, 14:21

Vielen Dank Euch allen für die "Anteilnahme" :) ,
Der IZADI am Heiligabend war ja goldrichtig (als 2000er), nur danach kam der Schock. Natürlich dekantiere ich nicht wahllos jeden Wein, sondern nehme immer zuerst ein "winziges Schlöööckchen" vorher (frei nach der Feuerzangenbowle).
Das Dekantieren war schiere Verzweifelung. Vor ein paar Monaten hatte ich einen 96er Navarra (Name vergessen), der weder besonders teuer war noch sehr aromatisch, aber nach einem Tag tat sich da tatsächlich noch was - im Dekanter.
Einen (!) schlechten Wein hätte ich sicherlich auch verkraftet, man ist ja über die Jahre abgehärtet, aber diese Anreihung war schon schwer zu verdauen. Ich hatte schon die Sorge, dass mein zarter Gaumen für immer verhunzt bleibt, aber er hat sich erholt. Der Tipp mit feinherben Riesling ist mir leider zu spät eingefallen, ich war einfach zu trotzig dabei, mein Glück bei wenigsten einem guten Roten zu finden.
Bei den Prioratweinen habe ich die Hoffnung Bordeaux-artig ewiger Reifung auch noch nicht aufgegeben...bei denen dekantierte aber fast schon ausnahmslos, weil sie dann erst zu Aroma-Bomben werden...
...ich trinke übrigens auch nicht jeden Tag 25-60 Euro-Weine, man muss ja auch noch Miete bezahlen ;-)

Beste Grüße
Alexander
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susa

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Re: Kennt ihr Weintage des Schreckens?

BeitragDi 28. Dez 2010, 15:44

Ich glaube, so was hat jeder von uns schon mal erlebt. Ich erinnere mich noch mit Schrecken an einen Abend, an dem wir 5 (in Worten: fünf) Flaschen - ich meine es war 1995er - Gravello hintereinander wegen Flaschenfehlers in den Ausguss befördert haben.

Seitdem habe ich ziemliche Berührungsängste mit Librandi ;)

lieben Gruß
susa
Zuletzt geändert von susa am Di 28. Dez 2010, 15:57, insgesamt 1-mal geändert.
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austria_traveller

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Re: Kennt ihr Weintage des Schreckens?

BeitragDi 28. Dez 2010, 15:48

susa hat geschrieben:Ich glaube, so was hat jeder von uns schon mal erlebt. Ich erinnere mich noch mit Schrecken an einen Abend, an dem wir 5 (in Worten: fünf) Flaschen ich meine es war 1995er Gravello hintereinander wegen Flaschenfehlers in den Ausguss befördert haben.

Ich fürcht mich schon vor meiner nächsten Flasche Vina Ardanza Reserva Especial 2001.
Von 3 Flaschen 2 Korker :evil:
Beste Grüße
Gerhard aus Wien
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susa

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Re: Kennt ihr Weintage des Schreckens?

BeitragDi 28. Dez 2010, 15:58

Gerhard, so ne Serie hatte ich mal mit 2000er Mauro - sieht wohl fast nach einem spanischen Phänomen aus ;)

lieben Gruß
susa
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alfredmeinrad

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Re: Kennt ihr Weintage des Schreckens?

BeitragDi 28. Dez 2010, 16:06

a propos spanisches phänomen, ich hatte mal zwölf Flaschen Abadia Retuerta, Cuvee Palomar (ich glaube Jahrgang 2002) im Keller, die ersten vier Flaschen hatten allesamt Zapfen, darauf habe ich bei meinem Lieferant reklamiert. Die Flaschen wurden anstandlos ersetzt, und eine Flasche vom Jahrgang 2004 nachgeliefert. Der 2004-er war tatsächlich ein guter Wein, allerdings habe ich trotzdem keinen nachbestellt, meine Nerven haben zuviel gelitten :evil:
Gruss Fredi

Isch gad all wede schöö, e Fläschli ufztue!!
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