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Wie wichtig ist Euch Terroir/Authentizität/usw.

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UlliB

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Re: Wie wichtig ist Euch Terroir/Authentizität/usw.

BeitragMi 6. Jun 2012, 09:33

Gegenfrage: was nützen Begriffe wie "Terroir" und "Authentizität", wenn ich nicht in der Lage bin, sie bei einer Verkostung mit einiger Sicherheit festzumachen? Und "mit einiger Sicherheit" heißt für mich blind. Lese ich auf einem Etikett "Wehlener Sonnenuhr", suche ich ganz gezielt nach den charakteristischen Lagenmerkmalen im Wein - und dann finde ich sie vielleicht auch, oder bilde mir wenigstens ein, sie zu finden. Aber blind im Glas mit der Frage, was ist das? Erst wenn das funktioniert, ist für mich der Begriff wirklich mit Inhalt gefüllt.

Was die "Überhöhung" betrifft, was die Differenzierung einzelner Lagen betrifft: grundsätzlich d'accord. Aber wer bitte überhöht hier denn? - Der führende deutsche Winzerverband erarbeitet eine Klassifikation, in der die Erwähnung der Lage das höchste Qualitätsmerkmal ist. Dito im Burgund: die Einzellage ist das A&O und definiert den Preis des Weines. Wenn die Lage einen derart hohen Wert darstellt, sollte sie doch im Wein auch eindeutig erkennbar sein, oder?

Gruß
Ulli
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Desmirail

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Re: Wie wichtig ist Euch Terroir/Authentizität/usw.

BeitragMi 6. Jun 2012, 09:54

UlliB hat geschrieben:Aber blind im Glas mit der Frage, was ist das? Erst wenn das funktioniert, ist für mich der Begriff wirklich mit Inhalt gefüllt.


Sehr schönes Beispiel. Da fängt es bei mir an den Begriff aus seiner Dialektik zu schaufeln , ihn vom angehängten Ballast, Interpretationen und anderen Anhängseln zu befreien und ihm endlich ein Alleinstellungsmerkmal zu geben. :)
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octopussy

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Re: Wie wichtig ist Euch Terroir/Authentizität/usw.

BeitragDo 7. Jun 2012, 01:30

Hallo Ulli,

ich bin da vielleicht etwas sehr großzügig eingestellt, aber so ist es eben. Auf deine beiden Punkte kann ich dementsprechend zusammenfassend antworten:

UlliB hat geschrieben:Gegenfrage: was nützen Begriffe wie "Terroir" und "Authentizität", wenn ich nicht in der Lage bin, sie bei einer Verkostung mit einiger Sicherheit festzumachen? Und "mit einiger Sicherheit" heißt für mich blind. Lese ich auf einem Etikett "Wehlener Sonnenuhr", suche ich ganz gezielt nach den charakteristischen Lagenmerkmalen im Wein - und dann finde ich sie vielleicht auch, oder bilde mir wenigstens ein, sie zu finden. Aber blind im Glas mit der Frage, was ist das? Erst wenn das funktioniert, ist für mich der Begriff wirklich mit Inhalt gefüllt.

Was die "Überhöhung" betrifft, was die Differenzierung einzelner Lagen betrifft: grundsätzlich d'accord. Aber wer bitte überhöht hier denn? - Der führende deutsche Winzerverband erarbeitet eine Klassifikation, in der die Erwähnung der Lage das höchste Qualitätsmerkmal ist. Dito im Burgund: die Einzellage ist das A&O und definiert den Preis des Weines. Wenn die Lage einen derart hohen Wert darstellt, sollte sie doch im Wein auch eindeutig erkennbar sein, oder?


Begriffe wie "Terroir" und "Authentiziät" nützen mir in etwa genauso viel bzw. wenig (in meinem Fall viel) wie "Zigarrenkiste" oder "Apfel". Wenn ich Apfelaromen mag und Profiverkoster x sagt, Wein y schmecke nach Boskopp, dann ist mir der Wein evtl. eine Versuchung wert. Ob ich nun auch den Boskopp schmecke, ist eine andere Frage. Bin ich mit dem Profiverkoster ein paar Mal deutlich anderer Meinung, beschließe ich für mich, dass Profiverkoster x eben einen anderen Weingeschmack hat als ich. Anders herum kann das Gleiche gelten.

Wenn Profiverkoster x zu einem bezahlbaren Pauillac sagt, dass der Wein ein typischer Pauillac sei, dann findet für mich das Spielchen statt wie beim Apfelbeispiel oben. Ich will damit sagen, dass "Terroir" und "Authentizität" zwar einen objektivierbaren Kern haben mögen, sie nach meiner Auffassung aber zu etwa 80% subjektive Elemente enthalten. Wenn wir hier mit 25 Leuten über das Thema "Minervois vs. Faugères vs. Corbières" sprechen, hören wir sicher 15 unterschiedliche Meinungen. Wenn aber nur zwei oder drei ähnlicher Meinung oder aber auch alle völlig unterschiedlicher Meinung sind, hat sich die Diskussion - finde ich - schon gelohnt.

Und zum Thema Lagenklassifikationen und ihre Berechtigung: ich bin überzeugt davon, dass es allenfalls ein paar ganz wenigen Winzern gelingt bzw. gelingen kann, eine bestimmte sich herausgebildete Lagencharakteristik über mehrere Jahrgänge hinweg und diese über mehrere Stufen der Alterung hinweg "authentisch" zu erzeugen. Was für mich schon "Terroir" ist, ist wenn bei einem Winzer aus einem Jahrgang der Wein aus Lage x anders schmeckt als der aus Lage y und Lage z. Dass im nächsten Jahrgang der Wein aus Lage x im Regelfall nicht so schmeckt wie der Wein aus dem Vorgängerjahrgang aus Lage x, dürfte die Praxis belegen. Allein diese Unterscheide aber und die Tatsache, dass es jedenfalls potenziell möglich ist, einen objektiven Kern herauszufiltern, ist für mich schon ein großartiger Wert und ein Versprechen, für das es sich lohnt, dieses wunderbare Hobby weiter zu verfolgen und zu vertiefen.
Beste Grüße, Stephan
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Markus Vahlefeld

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Re: Wie wichtig ist Euch Terroir/Authentizität/usw.

BeitragDo 7. Jun 2012, 08:16

Hallo Stephan,

ich wage da mal zu widersprechen. Ob es um ein Aroma oder um eine Farbe geht... sicher sind die Sinneseindrücke von der Präferenz und Wertung her verschieden. Aber sowohl der Boskop als auch die Farbe Rot hinterlassen einen Eindruck in der Seele des Menschen, der nur über den Sinnesapparat entsteht und verarbeitet wird.

Begriffe jedoch sind rein intelligibler Natur und sind nicht von Sinneswahrnehmungen abhängig. Der Entwicklungsprozess eines Begriffes kann völlig losgelöst sein von jeglichem sinnlichen Wahrnehmen. Und Authentizität und Terroir sind eben Begriffe und KEINE sinnlichen Wahrnehmungen.

Die Brücke, die zwischen einem Begriff und einer Sinneswahrnehmung besteht, muss immer erst gebaut werden. In der Regel ist sie eine Einbahnstrasse. Damit meine ich: man kann eine Sinneswahrnehmung mit einem Begriff belegen (z.B. Apfel), aber man kann umgekehrt einen Begriff nicht mit einer Sinneswahrnehmung belegen (z.B. Terroir). Oder zumindest ist das hier meine These. Und wirklich: ich würde mich allein schon erkenntnistheoretisch freuen, wenn es anders wäre.

Oder, um mit Goethe zu kommen: Die Sinne trügen nicht, das Urteil trügt.
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Desmirail

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Re: Wie wichtig ist Euch Terroir/Authentizität/usw.

BeitragDo 7. Jun 2012, 08:33

Markus Vahlefeld hat geschrieben:Damit meine ich: man kann eine Sinneswahrnehmung mit einem Begriff belegen (z.B. Apfel), aber man kann umgekehrt einen Begriff nicht mit einer Sinneswahrnehmung belegen (z.B. Terroir). Oder zumindest ist das hier meine These. Und wirklich: ich würde mich allein schon erkenntnistheoretisch freuen, wenn es anders wäre.

Oder, um mit Goethe zu kommen: Die Sinne trügen nicht, das Urteil trügt.


Klasse Ausführung. Ich komme nicht umhin zu sagen, das des Pudels Kern näher gekommen ist. Ob er erreicht werden kann ... wer weiß, vielleicht bekommt das Forum hier noch 'n Nobelpreis ;)

Was ist ein Apfel???

Was ist ein Terroir???
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Bernd Schulz

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Re: Wie wichtig ist Euch Terroir/Authentizität/usw.

BeitragDo 7. Jun 2012, 08:51

Begriffe jedoch sind rein intelligibler Natur und sind nicht von Sinneswahrnehmungen abhängig.


Das ist eine kühne These, der ich nicht zustimme.

Die Brücke, die zwischen einem Begriff und einer Sinneswahrnehmung besteht, muss immer erst gebaut werden. In der Regel ist sie eine Einbahnstrasse.


Auch das glaube ich mitnichten. Wenn ich dich richtig verstehe, hat irgendwer irgendwann den Begriff "Terroir" aus dem sinnlichen Nichts heraus erfunden. Solch ein Begriff beruht aber vielmehr auch auf sinnlich wahrgenommenen Gemeinsamkeiten und Unterschieden; ohne diese wäre er gar nicht denkbar. Begriff und Wahrnehmung stehen hier von Anfang an in einer ständigen Wechselwirkung.

Beste Grüße

Bernd
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thvins

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Re: Wie wichtig ist Euch Terroir/Authentizität/usw.

BeitragDo 7. Jun 2012, 09:10

Hallo allerseits,

man darf dabei eben auch nicht verkennen, dass der "Terroir"begriff eng mit dem französischen Streben zusammenhängt, die Weine in ein AOC-System zu bringen. Da stehen gewachsene Traditionen der Region genau so mit im Begriff drinnen, wie der Boden, das Mikroklima etc. Schon die verwendeten Rebsorten kommen aus der Tradition, dazu aber auch die Arbeitsmethoden der Winzer. Das Ziel dabei ist eben, dass ein Minervois nicht wie ein Corbières schmeckt und auch der Faugères soll seinen eigenen Charakter behalten.

Wenn ein berufener Verkoster (der sich auf dem Gebiet wirklich durch Spezialwissen auskennt) sagt, der Wein sei ein typischer Pauillac und wenn ich als Bordeaux-Laie für mich rausgefunden habe, dass mir typische Pauillacs in der Regel mehr zusagen, als typische St.Estephes, typische Margaux etc., dann ist die Aussage des Verkosters für mich hilfreich. Auch, wenn ich halt lernen will, wie ein typischer Pauillac schmeckt, nützt es mir...

Für große französische Regionen akzeptieren wir dieses System ja irgendwie alle - denn wenn wir einen Wein aus Bordeaux haben wollen, wollen wir nicht, dass wir denken, wir hätten einen Beaujolais im Glas.

Je mehr sich dann der Konsument spezialisiert, desto tiefer können wir in die Materie eindringen. Wer dann so weit ist, das Burgund als Hobby zu haben, für den ist es interessant, herauszuschmecken, was der Unterschied zwischen einem Fixin und einem Volnay ist - vorher dachte man noch, es ist ja alles nur ein Wein aus Burgund, alles irgendwie gleich... Und dann hat man im krassesten Fall drei verschiedene 1er Crus aus einem Dorf von einem Winzer und staunt über deren Verschiedenartigkeit und ist erstmal fasziniert darüber.

Und somit ist für einen Franzosen der Terroirbegriff auch im französischen Sinne präzise und verständlich. Der Deutsche, der mit der französischen Logik nicht viel anfangen kann, der schimpft über den Begriff, weil er ihn nicht so versteht, wie ihn der Franzose versteht...

In der Publikation, in der man die Hinwendung des katalanischen Priorats zu einem burgundischen System einer Lagenklassifizierung erläutert, wird nicht davon gesprochen, dass man jetzt noch stärker Terroirweine machen will, nein, es wird explizit gesagt, das man sich an dem "Französichen Terroirbegriff" orientieren will. Und schon untersuchen ganze Teams die Einzelnen Weine, um herauszufinden, gibt es signifikante Unterschiede zwischen den verschiedenen neuen Vi de Vilas und was ist charakteristisch für einen Torroja, was für einen La Vilella Alta - Wein?

Fällt es momentan auch noch schwer, diese Unterschiede exakt zu greifen und zu beschreiben, so kann man sie jedoch schon sehr gut herauschmecken. Ich sehe darin auch so etwas wie die Suche des Winzers nach Identität. Der Begriff Terroir kann ihm durchaus helfen, diese zu finden oder stärker heraus zu arbeiten.

Wenn ich zu einem in El Molar ansässigen Winzer sage, sein Wein schmeckt für mich nach einem typischen Porrera -Wein und er antwortet mir dann, dass dieser Wein von einer einzelnen Parzelle in Porrera stammt, dann ist das quasi ein Lob für beide Seiten. Der Winzer ist stolz, dass sein Mühen, dem Weinberg in Porrera einen Porrera-typischen Wein zu entringen, erkannt wird, der Verkoster freut sich, weil er das Terroir doch korrekter erkannt hatte, als er es für möglich hielt.

Mag sein, das Ganze ist etwas für extreme Freaks, ist zu intellektuell gedacht und zu abgehoben, aber es gibt jede Menge (nicht nur französischer) Winzer, die mit diesem französischen Terroirbegriff täglich leben und die den Kopf schütteln würden, wenn sie wüßten, wie man diesen Begriff in einer anderen Kultur für schwammig und unerklärbar halten kann.

Für mich sind diee Diskussionen über Terroir, in deutschsprachigen Ländern geführt, eigentlich immer Debatten, die man nur interkulturell führen sollte, wenn sie zu vernünftigen Ergebnisen und Erkenntnissen führen soll. Auch wenn wir am Ende herausarbeiten könnten, dass der Begriff Lage in Deutschland vielleicht schon arg verwandt ist mit dem Begriff Terroir in Frankreich. Dann haben wir halt Lage in Deutschland und Terroir woanders, aber der Winzer will hier und da dasselbe, einen lagen / terroirtypischen Wein erzeugen...

Und wenn die meisten von uns das nicht blind heraus schmecken können, dann aus dem Grunde, dass wir dort alle nur stetig Lernende sind und es kaum jemanden geben kann, der als Wissender zu bezeichnen wäre. Nur, es macht eben auch Spaß, auf dem Gebiet Lernender zu sein. ;)

@Markus: Doch - Terroir läßt sich eben grade nur über die Sinne erfassen, aber es ist eben sehr komplexer Natur. Rot und Boskopp ist leichter greifbar, selbst Apfel... Wie sonst kämen Leute auf die Idee, zu sagen: "dieser Wein ist typisch XXX" (Gebiet, Region, Dorf, Lage, Lageninterpretation durch Winzer Y oder eben aucch Terroir für XXX einfügen)
Beste Grüße

Torsten

http://www.torsten-hammer-priorat-guide.com
jetzt mit richtiger Startseite...
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C9dP

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Re: Wie wichtig ist Euch Terroir/Authentizität/usw.

BeitragDo 7. Jun 2012, 14:15

Ich finde schon auch, dass Terroir nur über Sinneseindrücke beschrieben werden kann, da es die Gesamtheit charakteristischer Sinneseindrücke widerspiegelt.

Die Diskussion in Ihrer Gesamtheit kommt meiner Meinung nach überhaupt nicht weiter oder gar an des Pudels Kern. Dies vor allem dadurch bedingt, dass jeder sein Terroirverständnis zugrunde legt. Dies ist rein subjektiv und lässt sich so in keinster Weise spezifizieren oder gar in eine allgemeingültige Definition überführen.

Dies ist so, als wenn 100 Kritiker vor einem Dali stehen und interpretieren, was das Bild uns sagen will. Es wäre allerdings deutlich zielführender, wenn man den Künstler direkt fragen würde, was er mit dem Werk auszudrücken anstrebt.

Obige Ausführung auf den vinologischen Künstler angewendet hieße, dass eine Lage durch die Interpretation des Terroirs durch die Winzer der Lage erst ihr Terroir erfährt. Soll heißen, die Winzer bestimmen in einer Mehrheitsentscheidung die für sie olfaktorisch und gustatorisch definierenden Eigenschaften der Lage und diese bildet dann die Messlate für die Terroirtypizität des jeweiligen Weins.
Viele Grüße

Aloys
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UlliB

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Re: Wie wichtig ist Euch Terroir/Authentizität/usw.

BeitragDo 7. Jun 2012, 15:04

C9dP hat geschrieben:Obige Ausführung auf den vinologischen Künstler angewendet hieße, dass eine Lage durch die Interpretation des Terroirs durch die Winzer der Lage erst ihr Terroir erfährt. Soll heißen, die Winzer bestimmen in einer Mehrheitsentscheidung die für sie olfaktorisch und gustatorisch definierenden Eigenschaften der Lage und diese bildet dann die Messlate für die Terroirtypizität des jeweiligen Weins.


Vielleicht gar nicht so falsch, dieser Gedanke...

jedenfalls nicht völlig falsch.

Gruß
Ulli
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Bernd Schulz

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Re: Wie wichtig ist Euch Terroir/Authentizität/usw.

BeitragDo 7. Jun 2012, 15:45

Am 15.12.2003 schrob ich in dem weiter oben von Uli angeführten TAW-Thread:

...der von Werner ins Feld geführte Begriff der INTERPRETATION ist für mich im Zusammenhang der Terroirdiskussion ein Schlüsselwort:

Ich als Musiker sehe den Winzer als Interpreten einer Lage. Genauso wie ein großes musikalisches Werk ist eine große Lage etwas, was an sich existiert, aber ohne die Kunst des Interpreten sinnlich nicht erfahrbar ist.
Und je nach Interpretation fällt das sinnlich erfahrbare Ergebnis höchst unterschiedlich aus, obwohl es sich immer um dasselbe "Stück" handelt.

"Terroir" ist demnach für mich mit der musikalischen Substanz gleichzusetzen. Die Handschrift des Winzers gehört nicht zum Wesen des Terroirs, ebensowenig wie Karl Richters oder Nikolaus Hanoncourts Interpretationen der Matthäuspassion unmittelbar mit der Substanz dieses Werkes zusammenhängen. Die Matthäuspassion gab es schon vor Richter und Hanoncourt, und den Uhlen gab es schon vor Löwenstein und Knebel.

Das heißt natürlich nicht, daß die Kunst des Dirigenten oder Winzers geringzuschätzen wäre. Im Gegenteil - je nach Fähigkeit des Interpreten tritt der Ausdruck des jeweiligen Stückes beziehungsweise Terroirs mehr oder minder deutlich zu Tage.

Jedes Bemühen, dem Terroir einer Lage nahe zu kommen, kann nur eine Annäherung sein. Ob man jetzt den Schwerpunkt seiner Bemühungen auf eine Lese nach dem Stand der Sonne setzt (Haag), oder den Klon (Laible), oder was weiß ich was noch, die "absolute Wahrheit" wird dabei niemals herauskommen.

Genauso ist es in der Musik auch! Sobald sie wirklich erklingt, gibt es ebenfalls nur Annäherungen an die "Idee" des Komponisten. Und ganz unterschiedliche Wege erweisen sich bei näherem Hinschauen durchaus als gleichwertig....


Beste Grüße

Bernd
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