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Re: Vin naturel et la soirée sera belle

Verfasst: Do 16. Aug 2012, 22:05
von Gerald
Also ich habe 7 Euro gezahlt
ja, interessant. Bei mir war der preisgünstigere Wein (der Muster) auch der wesentlich attraktivere. Vielleicht ist das bei Naturwein auch umgekehrt als sonst - je teurer, desto ungenießbarer :D

Grüße,
Gerald

Re: Vin naturel et la soirée sera belle

Verfasst: Fr 17. Aug 2012, 08:58
von Birte
Vielleicht ist das bei Naturwein auch umgekehrt als sonst - je teurer, desto ungenießbarer :D
Schön wäre es. :) Ich denke aber, dass es in Bezug auf meine Weine, einen anderen Grund hat. Die reinen Vin naturel Winzer aus Frankreich scheinen eine andere Einstellung zum Arbeitsaufwand, den Vin naturel erfordert, zu haben. Ein Winzer, der ein oder zwei Vin naturels macht, bezieht anscheinend bei der Preisgestaltung immer den Vergleich "macht mehr Arbeit als der Konventionelle" mit ein und das muss mit der Qualität nicht immer etwas zu tun haben.
ja, interessant. Bei war der preisgünstigere Wein (der Muster) auch der wesentlich attraktivere.
Bei der Attraktivität Deines Muster Weines hat vielleicht doch der etwas höhere Sulfit Anteil eine Rolle gespielt. Vielleicht ist es erstmal der bessere Anfang, es mit wenig Sulfit zu versuchen, aber nicht ganz zu verzichten.

Re: Vin naturel et la soirée sera belle

Verfasst: Fr 17. Aug 2012, 09:42
von Gerald
Bei der Attraktivität Deines Muster Weines hat vielleicht doch der etwas höhere Sulfit Anteil eine Rolle gespielt.
ja, im Moment würde ich sagen, es war eine spannende und lehrreiche Probe, aber ich persönlich brauche keine SO2-freien Weine. Vielleicht können mich Weine wie die von dir probierten vom Gegenteil überzeugen, aber da sieht es offenbar mit den Bezugsquellen in Wien schlecht aus.

Und auch die zuvor probierten biodynamischen Weine mit wenig Sulfitzusatz (Muster, Werlitsch, Tauss, siehe Südsteiermark-Thread) sind - einmal probiert - interessant und attraktiv. Ich glaube aber auch, dass diese Stilistik (Hustentee & Co) schnell langweilt.

Andererseits hat mir die Sache mit den Pestizidrückständen bei konventionellen Weinen, die offenbar nicht einfach durch falsche Anwendung zustande kommen, sondern prinzipiell unvermeidbar sind, auch ein bisschen den Appetit verschlagen. :( Werde mich jetzt in Zukunft vermehrt auf die Suche nach Weinen aus biologischer/biodynamischer Erzeugung begeben, die aber dem gewohnten Geschmacksbild ohne Hustentee entsprechen ...

Grüße,
Gerald

Re: Vin naturel et la soirée sera belle

Verfasst: Fr 17. Aug 2012, 11:09
von Oh Dae-Su
Hallo alle zusammen,

ich hatte eigentlich auch vor und kurz angekündigt bei der Vin Naturel Online Verkostung mit einem Wein aus 100% Négrette teilzunehmen. Auf dem Rückenetikett der Flasche bezeichnet er/sie sich selbst als ein Vin Naturel. Meine Recherche auf der Webseite des Weingutes hat mich ein wenig stutzig gemacht. Mit Schwefelabstinenz und ausgeprägten biologischen Grundsätzen haben sie es da auf dem Weingut nicht so sehr. Deshalb lass ich den besser mal weg.

Doch vorgestern (und der Rest gestern) nun kam es bei mir zu einer Nachverkostung eines ungeschwefelten (oder fast ungeschwefelten) Weines von Canet-Valette aus Saint-Chinian (Antonyme 2011). Ich muss zugeben, ich habe keine Ahnung ob man bei diesem Wein von einem Vin Naturel sprechen darf. Mir fällt es ziemlich schwer den Begriff konkret einzugrenzen. Soweit ich weiß, was nichts heißen soll, arbeitet Marcel Valette sehr genau nach Bio-Richtlinien und hat auch kräftig was gegen das Schwefeln (bei den meisten seiner Weine). Trotzdem will ich euch meine dir VKN nicht vorenthalten:

Bei meinem verkosteten Antonyme 2011 handelt es sich um ein Cuvée aus 50% Cinsault und 50% Mourvèdre das in Edelstahl ausgebaut wurde. Soll wohl der Eistiegswein von Canet-Valette sein.
Die Farbe war sehr dunkel, fast schon saftig und zeigte einige violette Reflexe. Soweit war der Wein eigentlich so wie man ein Cuvée mit einem kräftigen Mourvèdreanteil erwarten würde. Doch mit der Nase wurde es dann doch sehr gewöhnungsbedürftig. Diese zeigte sich zwar sehr konzentriert, aber auch intensiv, sehr ausdruckskräftig und wirklich wild-animalisch-fleischig. Ich konnte Düfte von kräftigem Moschus, schwitzendem Getier, Gewürzen (Basilikum-Thymian-Pfeffer-Potpourri), einer gewissen Rauchigkeit und einem nicht zu schwachen Hauch von Persil aufschnappen. Diese schon nicht immer ganz so begeisternden Düfte wurden von ziemlich unangenehmen Gerüchen (für mich zumindest) von sehr leicht geräucherter und schon stark „schwitzender“ Fleischwurst übertroffen. Richtig schwitzende und stinkige Fleischwurst, die schon seit zwei Tagen bei Zimmertemperatur in der Küche rumgelegen ist. Ich nehme schwer an, dass die ein Resultat der Kombination aus Nicht (bzw. Kaum)-Schwefeln und Cinsault (meiner Meinung nach geht der gerne mal Richtung Wurstigkeit) ist. Beim Geschmack war diese seltsame Ausprägung bei weitem nicht so präsent. Da war ich doch fast schon etwas besser gelaunt. Hier zeigte sich wirklich eine gewisse Fruchtigkeit von frischen dunklen Kirschen und einigen rosinigen Beigaben. Die Gewürzaromen und der in abgemilderter Form vorkommende tierische Moschus Charakter konnte ich sehr gut feststellen. Die Wurst war mehr im Hintergrund, dennoch präsent. Sonst zeigte sich der Wein, trotz seiner Jugend, schon im Anfangsstadium zur Seidigkeit (trotzdem war noch einiges an hartem Tannin noch vorhanden). Eine für einen 8 Euro Wein sehr anständigen Konzentration und angemessenen Länge im Abgang fand ich beeindruckend. Hinten raus war eine leichte Bitterkeit zu spüren. Wenn die Wurst nicht gewesen wäre, könnte ich den Wein sogar fast weiterempfehlen. Das Problem kann aber auch sehr gut an mir liegen, da ich vor einiger Zeit das zweifelhafte Vergnügen von Fleischwurst-Sushi genießen durfte, bei dem es mich immer noch würgt. :lol:

http://www.wine-zeit.blogspot.de/2012/0 ... lette.html

Noch eine kurze Frage ans Forum und insbesondere an die Vin Naturel Spezialisten: Kann man bei den Weinen von Canet-Valette bzw. diesem spezifischen Wein namens Antonyme von einem Vin Naturel sprechen? Ich hab es nicht rausfinden können. Es ist ja ein durchaus bekanntes Weingut. Vielleicht weiß jemand von euch mehr. Wenn es sich rausstellen sollte, dass es sich um keinen Vin Naturel handelt, verschiebe ich die VKN gerne in einen Saint-Chinian Thread.

Beste Grüße, bin auf die weiteren Vin Naturel Erfahrungen gespannt :)

Chris

Re: Vin naturel et la soirée sera belle

Verfasst: Fr 17. Aug 2012, 11:28
von Weinzelmännchen
Endbericht meiner beiden sulfitfreien Weine

Gestern Abend habe ich die beiden probenweine am 3. Tag gehabt und sie dann "unter das Volk geworfen"; siehe unten.

Gelb

nasenmäßig wenig Veränderung zum Vortag, neu habe ich folgende Düfte entdeckt: süßlicher Birnenmost, getrocknete Feigen

das bisher vorhendene Bitterl ist jetzt weg, gebrühte Teeblätter (Assam), Saft frischer Granatäpfel, Säure sehr gut integriert, wirkt etwas mostig, aber sehr trinkannimierend

Orange

auch hier hat sich in der Nase nicht mehr allzu viel getan, neu habe ich folgende Düfte entdeckt: Suppenbrühwürfel, Nelken, ein Hauch von Salpeter

geschmacklich hat sich der Wein aber weiterentwickelt, die "Schrecksekunde" ist ausgeblieben, die Aromen kommen früher, weniger adstringent, stark mundwässernd, Abgang wie am 2. Tag

Fazit:
Weil die Entwicklung der Weine nach meiner Ansicht so gut wie abgeschlossen war, habe ich die beiden halb gefüllten Flaschen um's Eck zu Freunden mitgenommen: ein weinaffiner Koch, ein Vinothekar, eine junge experimentierfreudige Dame. Ich habe alle vorgewarnt, was auch wirklich notwenig ist. Die Reaktionen waren für mich sehr interessant, weil die beiden unterschiedlichen Weine auch sehr unterschiedlich aufgenommen wurden.

Der Vinothekar und die junge Dame habe den Gelb stark gelobt (weich, süffig, "will mehr", süße Nase, molliger Körper, "Der kann mir gefährlich werden"), den Orange aber strikt abgelehnt. Der weinaffine Koch fand den Gelb auch sehr ordentlich ("schmalzig"), den Orange aber - wie ich - höher, interessanter und verwegener eingeschätzt. Der Vinothekar brachte dan Sherry ins Spiel, was wir sogleich an Hand eines sehr guten Fino quertesten mussten. Der Sherry war zwar auch knochentrocken, aber die Vielzahl der sich dauernd wechselnden Aromen fehlt ihm, sodass wir ihm Eindimensionalität attestierten. Der weinaffine Koch verkroch sich förmlich ins Glas ("Ich hab's: getrockneter Majoran!", "Nein, unreife Mango!) und fand den Wein auch geschmacklich überzeugend ("Warum macht man in Österreich keinen Sherry, da kann sich das Orignal verstecken.").

Während des Nachverkostens hat sich herausgestellt, dass der Gelb "kühler" (ca 13 Grad) und der Orange "wärmer" (ca 16 Grad) getrunken werden sollte.

Wer Islay Wiskies (insbesondere Lagavulin) oder Orval (belgisches Trappistenbier) schätzt, findet auch Gefallen am Orange.

Was für meine Freunde frappierend war, war der Umstand, dass bei der Einschätzung der alkoholischen Umdrehungen jeder falsch lag. Zunächst wurde dem Orange (14,0%) generell ein höherer Alkoholspiegel wie dem Gelb (14,5%) zugemessen, dann wurde aber auch bei Einschätzung des Alkoholgehaltes krass daneben gegriffen (11,5% - 12,5%). Erstaunlich wie gut der Alkohol hier integriert war.

Ich sehe solche Weine als Bereicherung des Weinspektrums an! Natürlich sind es keine Weine, die ich täglich trinken will. Aber die Beschäftigung mit solchen Weinen ist schon sehr sexy :mrgreen: . Den Orange haben wir dann noch "Beauty and the biest" getauft; das sagt doch Alles!

Re: Vin naturel et la soirée sera belle

Verfasst: Fr 17. Aug 2012, 11:52
von Gerald
Hallo Daniel,

ich finde es sehr interessant, dass dein Urteil über deine beiden Strohmeier-Weine doch offenbar viel positiver als bei mir ausgefallen ist. Abgesehen von persönlichen Präferenzen zu diesen doch sehr ungewöhnlichen Weinstilen könnte es vielleicht auch daran liegen, dass deine Weine mehr Reduktone aus den Trauben aufgenommen haben (zumindest bei der "Orange"-Variante ist es sicher so) und daher auch ohne SO2 dem Sauerstoff mehr entgegenzusetzen haben.

Mein Strohmeier-Wein war ja anfangs sehr schön, hat aber schon nach ca. 15 Minuten im Glas begonnen, sich negativ zu verändern (negativ aus meiner Sichtweise, vielleicht sehen andere Verkoster es ganz anders).

Grüße,
Gerald

Re: Vin naturel et la soirée sera belle

Verfasst: Fr 17. Aug 2012, 12:15
von Weinzelmännchen
Hallo Gerald,

mich wurmt es wirklich, dass ich den Weiss nicht dabei hatte. Der Vergleich eines Weines bei zwei unterschiedlichen Verkostern wäre wirklich interessant gewesen! Meine Weine haben sich im Verlauf der Zeit nicht zum Negativen hin verändert. Beim Gelb war die Nase schon recht bald ( nach dem Verschwinden flüchtiger Säuren) ausgewogen, hier gab es aber das Problem des Bitterls, das erst am dritten Tag verschwunden war. Mich würde wirklich interessieren, was hier chemisch abgelaufen ist!!!

Der Orange ist schon ein Kaliber für sich. In der ersten "Blütephase" ist mir eine solche Wucht von - teils stechenden - Aromen in die Nase gesprungen, dass es fast schon weh tat; ähnlich wie wenn du eine Lackdose öffnest. Ich bin mir sicher, dass die sehr, sehr lange Maischestandzeit (6 Monate) dem Wein sein ganz besonderes Gepräge verliehen hat. Verwundert bin ich, dass eine so lange Maischestanzeit bei einem sulfitfreien Wein überhaupt möglich ist.

Ich habe noch den Rose (Blauer Wildbacher) gekauft, über den ich gelegentlich berichten werde.

Alles in Allem hat diese Probe zur Erweiterung meines Weinhorizontes beigetragen. Gerade angesichts unserer aktuellen Pestiziddiskussion ist diese Probe auch für mich Anlass, vermehrt nach biologisch und biologisch-dynamisch arbeitenden Winzern Ausschau zu halten!

Re: Vin naturel et la soirée sera belle

Verfasst: Fr 17. Aug 2012, 14:07
von Birte
Hallo Chris,
ersteinmal möchte ich mich entschuldigen, dass ich Dich vergessen habe. Ich dachte, ich hätte alle Teilnehmer im Kopf und habe deshalb nicht noch einmal alle Beiträge gelesen. Ich trage Dich nach. Für Vin naturel gibt es kein Gütesiegel. Die internen Vereinbarungen, die in Frankreich getroffen wurden, sehen in etwa so aus:

http://www.la-vincaillerie.de/front_con ... =216#thema

Hätten wir es hier so streng gehandhabt, wäre ich vielleicht sehr alleine gewesen. Die Anforderungen an einen Vin Naturel gehen weit über eine Demeter Richtlinie hinaus. Wir haben uns hier für Weine ohne Sulfitzusatz, die möglichst unter 10mg/l enthalten entschieden. Ich gehe davon aus, dass das auf Deinen Wein zutrifft.

Re: Vin naturel et la soirée sera belle

Verfasst: Fr 17. Aug 2012, 14:10
von Birte
Ich habe ein technisches Problem. Ich kann Chris nicht mehr auf die Liste setzen, da ich den Beitrag nicht mehr ändern kann. Hilfe?!

Re: Vin naturel et la soirée sera belle

Verfasst: Fr 17. Aug 2012, 16:06
von Oh Dae-Su
Kein Problem Birte ;)

Ungeschwefelt ist er laut der Webseite vom Verkäufer und der Geschmack bestätigt das auch :D . Zertifiziert von ÉCOCERT ist er seit 1999. Nur ich hab keine Ahnung wie streng die es mit ihrer Zertifizierung nehmen :?: . Ich denke das deckt sich schon mit den internen Leitlinien.

Gruss

Chris