Da habe ich ja ordentlich was angezettelt mit meiner Meinung zum Kabinett trocken. Mir liegt der Punkt halt am Herzen, weil es einer von vielen ist, die es für einen Laien oder Gelegenheitsweinfreund unmöglich machen, Qualitäten oder wenigstens Stile von deutschen Weinen anhand von Etiketten zu erkennen. Von Weinfreunden im Ausland mal ganz abgesehen. 95% der Weine in D sind sowieso der Premiumstufe Qualitätswein/Prädikatswein zugeordnet, die deutschen Winzer, Genossen und Kellereien machen eben nur Premium, ab 1,99 bis 100 EUR die Flasche, alles top. Winzer mit Top Bewertungen bei den Kritikern haben aber teilweise Mühe bei der Qualitätsweinprüfung durchzukommen wegen mangelndem regionalem Geschmack. Dieser ist in den Produktspezifikation aber nur sehr oberflächlich dokumentiert - wie auch, gibt es den Rheinhessengeschmack (kleinere gU wurden bisher ja nur wenige erstellt)?
Das ist in F oder IT schon anders, wo Produktionsmethoden (Mindestqualitäten) und Weinstilistik/Geschmack) oft relativ klar beschrieben sind in den gU Spezifikationen (auch sicher hier und da die Nichtzulässigkeit einer Anreicherung).
Prädikate im trockenen Bereich sind für mich eigentlich bei der ganzen Misere ein Punkt, der mir zu erst einfällt, wenn es darum geht, Dinge weniger Komplex zu machen. Zunächst ist das Anreichern weltweit übliche Praxis, bei Weißweinen im Stahl auch selten notwendig, da Wuchtbrummen eh out sind. Daher ist die Nichtanreicherung kein Qualitätskriterium. Kein Kritiker sieht sich in der Not, einen angereicherten Wein pauschal abzuwerten, weil er schlechter wäre.
Anders als beim fruchtsüßen Wein, wo die hohen Prädikate für entsprechenden Aufwand bei Weinbergsarbeit und Ernte stehen und damit schon ein Qualitäts- und Stilmerkmal sind. Ich betone, es geht um die höheren Prädikate ab Auslese.
Hinzu kommt nämlich, dass das Prädikat so wie es heute gelebt wird auch keinen Schluss auf eine Stilistik bei Kabinett und Spätlese zulässt. Ich gehe davon aus, dass 90% der deutschen Weintrinker noch nie einen echten Kabinett getrunken haben, auch wenn sie laufend welche kaufen, weder trocken noch fruchtsüß, weil mindestens 80% der Kabinette eben analytisch keine sind, sondern Spät- und Auslesen. Schaut die Onlineshops der Genossenschaften oder die Supermarktregale an. Kabinett trocken und 12,5 bis 14,5% ist da die Regel, eher ohne Ausnahme. Fruchtsüß ist es komplizierter auszurechnen und bei Säurebetonten Sorten (eigentlich nur Riesling) kann auch als analytische Spätlese etwas kabinettig schmecken, aber es ist halt eben keiner.
So haben auch 90% der Winzer, die dafür gesorgt haben, dass Kabinett trocken weiter im gesetzlichen Vokabular bleibt, lediglich ein Problem damit sich andere, weniger blumige Namen überlegen zu müssen, weil sie analytisch sowieso keine Kabinette produzieren. Dann bleiben Müllen und ein paar Kandidaten, im wesentlichen an der Mosel, die es ernst nehmen, für die sowas natürlich ärgerlich ist.
Im fruchtsüßen Bereich gibt es da schon ein paar Winzer mehr, die für einen guten Kabinett einstehen, weil er nämlich als echter Kabinett in den meisten Jahren kaum noch zu produzieren ist, was wiederrum ein Qualitätsmerkmal darstellt. Eigentlich sollten diese Winzer für eine Abschaffung der Abstufung protestieren. Wird hier aber genauso ungehört bleiben, weil sich die Mehrheit der anderen, denen die Analysewerte für einen Kabi Wurst egal sind für die Etikettierung der Flasche da hart dagegen positioniert. Genossen und Kellereien voraus.
Insofern begrüße ich die Entscheidung der Bergsträßer definitiv, nicht mehr etwas auf die Flasche zu schreiben, was nichts mit dem Weinstil zu tun hat und beruhige gleichzeitig diejenigen, die entweder mit der Minderheit der echten Kabi trocken Produzenten mitbangen um die Bezeichnung und diejenigen, die gern Spät-oder Auslesen trinken, auf denen Kabi steht (die erinnern mich an die Primitivo Fans, die niemals halbtrockene und liebliche Weine trinken würden
), es wird ihn ja weiter geben.
Auch insgesamt ist übrigens die letzte Weingesetzänderung bisher ein ziemlicher Rohrkrepierer, da bisher recht wenig darauf hindeutet, daß an Stil oder Qualitätskriterien regional hingearbeit wird. Auch bezüglich der EG und GG Regularien zum Beispiel. Ich höre aus diversen Quellen, dass die eine oder andere Schutzgemeinschaft die Begriffe so für alle Lagen übernehmen will wie sie gesetzlich definiert sind. Wer also künftig auf seinen Dornfelder vom Acker X GG draufschreiben will müsste er nur den ha Höchstertrag einhalten und ne Handlese machen und max 9g Zucker drin lassen.