2007 St. Joseph Les Granits, Chapoutier

[susa]

Dank meiner exakten und fehlerfreien Kellerbuchführung habe ich letztens, als ich was vollkommen anderes suchte, zwei Flaschen gefunden

2007 St. Joseph, Les Granits blanc
Chapoutier

von deren Existenz ich bis dato keinerlei Ahnung hatte. Weitergehende Recherchen im Rechnungsordner förderten aber zutage, dass ich den wirklich gekauft habe. Wahrscheinlich waren noch zwei Flächer in einem Karton frei oder es fehlten zwei Flaschen bis zur Versandkostenfreiheit, dann kauf ich schon mal einfach so was.

Ich würde den Wein jetzt gerne am Wochenende Besuch servieren. Ist der noch präsentabel? Kann mir da jemand was zu sagen?

Danke im Voraus.

susa

Jancis Robinson, die ja, wenn ich es richtig wahrgenommen habe, eher etwas zurückhaltend in ihren Bewertungen ist, schrieb im Januar 2013 zu diesem Wein:

But last weekend we were treated to a fully mature M Chapoutier, Les Granits 2007 St-Joseph Blanc with more than five years in bottle. Chapoutier is a big fan of Marsanne, which makes very big wines, but they have the lovely honey-and-herbs character that defines good white Hermitage, as well of course as lots of body and relatively low acid. This example was 14.5% and I don't think I would keep it much longer, but it was extremely luscious, dry overall, with (just) enough nerve and a rather lovely pear-juice sensation on the finish. But this is a wine you can enjoy much younger than this. I have enthusiastic notes on 2011, 2010, 2009 (especially), 2008, 2007 and 2005.

http://www.jancisrobinson.com/articles/a20130124.html

Das liest sich so, als sei das eher kein Fischwein: "lots of body and relatively low acid"

Beste Grüße

Michael

[susa]

Hast recht, aber zum Kaninchen könnte der gut passen.

danke
s

Kaninchen: na klar!

Nachtrag: Chapoutier selbst schreibt diesem Wein eine Lagerbarkeit von 30 bis 60 Jahren bzw. - in besonders guten Jahren - sogar von 50 bis 75 Jahren zu. Soll man das glauben? Falls Deine Gäste am kommenden Wochenende absagen, blieben Dir also noch 25 bis 70 Jahre Zeit, um einen neuen Anlass zu finden, diesen Wein zu kredenzen.
http://www.chapoutier.fr/saint-joseph,l ... in,30.html

Hallo susa,

ich würde mich SEHR freuen, wenn man mir diesen Wein vorsetzen würde. Die letzten Essens-Kombinationen, die ich mit Marsanne-geprägten Weinen hatte (der St. Joseph Les Granits ist ein 100% Marsanne), waren die folgenden:

- Buttrige St. Jacques Crème Suppe mit einem 2011 St. Peray Les Figuiers von Bernard Gripa (Roussanne/Marsanne): Das hat hervorragend funktioniert.
- Stockfisch mit Kartoffeln, Knoblauch und einem Sud aus Kokosmilch und Ingwer mit einem 2005 Costières de Nîmes "Lou Coucardié" von Michel Gassier (Roussanne/Marsanne/Viognier): Das war ganz große Klasse, allerdings schien mir der Wein sehr Viognier-geprägt.
- Lachsrillettes auf Brot mit 2008 Crôzes-Hermitage Blanc "Les Meysonniers" von Chapoutier. Geht so, aber das lag am Wein und nicht an der Kombination aus Essen und Wein.

Ich würde den Wein zu einem Zwischengang vor dem Hauptgericht servieren. Fisch würde m.E. auf jeden Fall gehen, wenn die Beilagen etwas herzhafter sind, z.B. Rotbarbe mit Auberginen und Oliven, frittierte Stockfischbällchen, Tintenfischeintopf, so was in die Richtung. Kaninchen oder Huhn kann ich mir auch gut vorstellen.

Hallo Susa,

ich hatte den 2009er vor einigen Wochen im Glas. Dachte ich hätte es auch gepostet - habe ich anscheinend aber nicht. Grund: Die Damen wollten Weißwein zum Fasan . Da dachte ich, wenn dann das. Ich habe ihn nicht zum Essen getrunken (da war mir ein 99er Vosne-Romanee näher), anscheinend ging es aber (ich selbst würde es, wie gesagt, nicht machen).

Ich habe mir notiert:
In der Nase „kühle“ Mandarinen- und Orangenzesten, etwas Honig und Vanille, Kräuter, Eukalyptus. Die Nase gibt sehr gut den Eindruck im Mund wieder: Ölige Textur, Mandarinenzesten, Honig, reife Honigmelone, extrem kräutrig und dabei medizinal (Hustensaft, Eukalyptus), voller Körper und leicht alkoholisch (14%). Hat Anklänge an einen Sauternes, aber auch eine extreme Kräutrigkeit.

Die 98 Parker-Punkte für diesen Wein kann ich nicht nachvollziehen. Der Wein ist (für einen Marsanne-Nicht-Kenner) sicherlich spannend und auch deutlich besser als ich gute weiße Cote du Rhones in Erinnerung habe. Aber es ist eben recht einseitig Kraft und Fülle und mir fehlt hier eindeutig Spiel und Spannung für eine Bewertung über 95 Punkten. Ich würde (auch wenn ich hier nicht wirklich geeicht bin) etwas knapp über der 90 anvisieren: 91-92/100 Punkte. Ob sich der Wein noch entwickeln wird, vermag ich nicht qualifiziert zu sagen – während der drei Tage, die der Wein offen war, hat er sich aber nur geringfügig verändert. Ich gehe aber davon aus, dass der Wein sich noch einige Jahre entwickeln wird. Ich habe nun noch 5 Flaschen und werde sie wohl so im 2-Jahres-Abstand öffnen. Parker hat 10-12 Jahre Entwicklungszeit anvisiert.

Ich würde den Wein auf jeden Fall zu einem kräftigeren Gericht servieren. Fisch und Meeresfrüchte gehen sicherlich, aber eben in einer kräftigeren Variante. Helles Fleisch (Kaninchen, Huhn, Kalb) sicherlich auch.

Viel Spaß!
Stefan

95 Punkte - Zu später Stunde sitze ich an meinem Computer und schaue auf gigantisch viele Verkostungsnotizen der letzten Monate, die in den nächsten Tage Probe für Probe erscheinen sollen. Doch diese Weine sind alle Geschichte und der 2010 Les Granits von Chapoutier ist Gegenwart und zwar "Vollendete Gegenwart"! Aber die Zukunft ist voraussichtlich noch größer. Dieser reine Marsanne aus exzellenten Jahrgang kann unendlich reifen und wird wahrscheinlich immer noch gut im Glas stehen, wenn ich bereits die Radieschen von unten anschaue - und ja, ich bin erst 45 Jahre alt und meine Großmutter hat das 96. Lebensjahr vollendet.

Dieser jetzt so jugendliche, ausdrucksvolle und äußerst mineralische Wein hat das ganze Potential eines großen Langstreckenläufers. Aktuell ist die wunderbar klare Nase geprägt von floralen Noten (Lilien; weiße, nicht süße Blüten) und Steinmehl. Hinzu kommen Anklänge von herber Mandarinenkonfitüre, weißgelben Wachsbohnen, hellem Blütenhonig und salzigem Nordseewasser. Am Gaumen ebenfalls große Frische und Klarheit (trotzdem weiches Mundgefühl); fester, muskulöser Köper, aber kein Typ Bodybuilder. Die ausgeprägte Granit-Mineralik dominiert die Frucht (grüne Bananen, noch etwas unreife Melonen, Wachsbohnen, Jodsalz). Der Wein ist sehr klar, äußerst mineralisch und von kühler, fast unterkühlter Frucht. Die wunderbare, mineralische Länge vollendet das Bild eines wirklich großer Weißweins, der - abseits von Riesling und Chardonnay - seine ganz eigene, glockenklare, mineralische Aromatik ausbildet und voraussichtlich Genuss für die nächsten 50 Jahre bietet.

Leider habe ich nur weitere 2 Flaschen im Keller, die nächste wäre also erst in 25 Jahren zu trinken