Hallo,
gestern habe ich mich mit ein paar Freunden getroffen und einige korsische Rotweine verkostet. Unter anderem drei Weine aus der Region Bonifacio.
Bonifacio liegt an der Südspitze von Korsika. Die Gegend von Porto Vecchio und Bonifacio ist gesäumt von sehr schönen Stränden mit weißem, feinem Sand und türkisem Wasser (z.B.Palombaggia, Santa Gulia, Rondinara), die sich auf zahlreichen Postkarten und noch zahlreicheren Instagramm-Posts finden. Deshalb, und wegen einigen Luxushotels und Restaurants ist die Gegend beliebt beim Jet-Set. Das schlägt sich dann in den Immobilienpreisen der vielen vorhandenen Luxusvillen nieder, die Preis sind hier die teuersten auf der Insel.
Bonifacio stellt wegen dem Ausblick auf und von den berühmten Steilklippen ein beliebtes Ausflugsziel dar. Es wird durch eine 12km breite Meerenge (Straße von Bonifacio) von Sardinien getrennt, das in der Regel von der Stadt aus auch gesehen werden kann.
- Bonifacio
- Stadtmauer Bonifacio
Die bis zu 70 Meter hohen Kalkklippen haben sich im Mittelmiozän vor ca. 15 Mio Jahren gebildet. Wenn ich es richtig verstehe, geht man davon aus, dass es damals noch eine Landverbindung zwischen dem korsischen Norden und der Toskana gab. An Stelle des heute bestehenden thyrrhenischen Ozeans gab es östlich von Korsika und nordöstlich von Sardinien ein halbgeschlossenes Nebenmeer (Korsika-Becken), welches durch die damals ebenfalls etwa 12km breite Straße von Bonifacio mit dem restlichen Mittelmeer verbunden war. Dieses sorgte für den enormen Tidenhub, der zur Bildung der mächstigen Kalksteinklippen nötig war.[1]
Seit einigen Jahren ist die Region um Bonifacio auch als Weinbauregion in Erscheinung getreten. Bonifacio stellt trotz des einzigartigen Terroirs keine eigene Appellation dar, die Weine kommen als Vin de France oder als IGP Île de Beaute in den Handel. Angefangen in der Region Bonifacio hat wohl Yves Canarelli (neben seinen Weinen in der Appellation Figari), der aus wurzelechte Reben aus der Zeit vor der Reblaus die Cuvée
Tarra d'Orasi macht.
Derzeit sind es meines Wissens nach drei Winzer in der Region: Yves Canarelli, Domaine Zuria und Vincent & Thierry Buzzo, die Wein machen, und von diesen drei Winzern haben wir gestern die Rotweine aus 2016 blind verkostet.
Neben der Cuvée
Tarra d'Orasi hat Yves Canarelli 2010 weitere Reben in der Region gepflanzt und bereitet auch die Cuvée
Tarra di Sognu (Land der Träume). Die Revue Vin France schreibt die Geschichte um den Wein so: "Ce projet fascinant est né à l'initiatice d'Yves Canarelli et de Patrick Fioramonti, sommelier du
Grand Hôtel de Cala Rossa a Porto-Vecchio. De quis s'agit-il? Trois hectars de maquis défriches et plantés à la barre à mine sur une dalle calcaire trés dure et deux hectars à planter...."
Also, ein Projekt vom Sommelier Patrick Fioramonti vom Hotel Cala Rossa und Yves Canarelli, die einige Hektar Maccia gerodet haben und Weinreben auf harten Kalksteinboden geplanzt haben. So sieht das ganze dann aus und liegt
hier:
- Tarra di Sognu
Wenn man der Strasse (rechts im Bild) in Richtung Küste (entgegen der Blickrichtung) weiter folgt, gibt es in der nächsten
Kehre einen geologischen Aufschluss, bei dem man gut das beeindruckende Terrior sehen kann.
Von diesem Punkt aus in Richtung Meer blickend sieht es so aus:
Seit 2015 gibt es die weiße Cuvée und 2016 erstmals die rote Cuvée aus Sciaccarellu, Carcaghjolu Neru und Minustellu.
Yves Canarelli - Tarra di Sognu rouge- Vin de France 2016:
Das ist wirklich ein ausgesprochen gelungener und spannender Wein. Ein leichter Wein mit Finesse. Absolut ein cool-climate Wein. Schwer mit anderen Regionen zu vergleichen, wohl am nächsten an einem Burgunder oder einem leichten Loire-Wein. Der Preis ist angebracht, im Vergleich zu Regionen mit ähnlichen Weintypen wahrscheinlich in der Qualitätsstufe ein Schnäppchen. Muss ich so sagen, obwohl ich mich ja ganz gerne an der Preispolitik und dem Marketinggebaren von Canarelli etwas reibe.
Ich finde zur Geschichte um den Wein gehört neben der Info der RVF auch noch ein paar weitere Informationen. Das
Grand Hôtel Cala Rossa (fünf Sterne mit Spa) in Porto-Vecchio ist im Familienbesitz der Familie Canarelli, seit einigen Jahren wird es von Paul Canarelli (ein Cousin von Yves) geleitet. Besagtem Paul Canarelli gehört auch das fünf Sterne Golf-Resort
Domaine Murtoli im Süden Korsikas.
Vor einiger Zeit hatte ich ja mal eine Arte-Reportage verlinkt, in dem das Bemühen von korsischen Winzern (mit reger Beteiligung von Jean-Baptiste Arena), Landwirten, Nationalisten etc. gezeigt wurde, die 469ha Rebfläche des insolventen Weinguts Domaine de Casabianca als Agrigultur-Landschaft zu erhalten und zu verhindern, dass die Flächen für Immobilienprojekte und Spekulationen benutzt werden (
hier der aktuelle Stand, sieht so aus als würde es gelingen). Ich kann nicht leugnen, dass ein Luxus-Hotel mit einem eigenen 12-Loch Golfplatz für mich recht antithetisch hierzu erscheint.
Neben dem Wein von Canarelli wurde noch ein Rotwein der
Domaine Zuria getrunken. Die Domaine Zuria hat ihre Reben laut RVF 2013 und 2019 gepflanzt, mittlerweile 11ha, von denen 2.5 ha schon Trauben für Wein liefern. 2016 wurde der erste Wein gemacht. Die Reben auf meinem Bild stehen
hier:
Etwas weiter in Richtung Küste ist dieses Bild entstanden:
- Blick in Richtung Maora Plage
Es zeigt Maora Plage, der bei Wind-Surfern sehr beliebt ist. Die Region um Bonifacio ist sehr windig. Pilzkrankheiten sind deshalb wohl ein kleineres Problem für die Reben. Eher Wildschweine (deshalb wahrscheinlich die hohen Trockenmauern um die Weingärten) und Vögel (bei Yves Canarelli vertreiben Jäger die Vögel).
Weitere Reben der Domaine Zuria stehen
hier (Luftlinie weniger als 1 km von denen von Canarelli entfernt).
Christian & Nadine Zuria - IGP ÃŽle de Beaute rouge 2016:
Das ist schon jetzt ein ganz toller Wein, aber hat auch noch Entwicklungspotential. Beeindruckend filigran, fast zerbrechlich. Dabei diese Balance zu schaffen, zeugt für mich von hoher Weinbaukunst. Wo die 14% Alkohol sein sollen ist mir auch ein Rätsel, schmeckt eher nach 12.5%.
Vor einiger Zeit habe ich auch schon den Rosé aus 2017 getrunken,
Domaine Zuria Rosé - IGP Île de Beaute 2017Von dem Rosé weiß ich nicht so recht, was ich davon halten soll. Schon interessant, ansprechend trinkbar und auch anregend, aber irgendwie auch indifferent und am 1. Tag noch untrinkbar.
Im Vergleich von Canarelli und Zuria sehe ich aktuell den Wein von Zuria etwas vorne, auch wenn beide Weine beeindruckend gut sind. Die Nase gefällt mir beim Tarra di Sognu besser. Die kühle Frucht ist toll. Insgesamt ist der Tarra di Sognu noch nicht besonders weit entwickelt. Vielleicht erreicht er, wenn die Gerbstoffe etwas abschmelzen, auch das Filigrane und die Balance vom Zuria.
Die dritte Domaine ist
Vincent & Thierry Buzzo, die ist
hier zu finden. Wo die Weingärten sind, weiß ich leider nicht.
Leider hatte der Rote einen massiven Schwefelfehler.
Buzzo Bunifazziu rouge - Île de Beauté IGP 2016:
Der Rosé wirkt ebenfalls recht kräftig geschwefelt.
Buzzo Bunifazziu rose - Île de Beauté IGP 2017:
Für einen Rosé recht substanzreich. Ich finde aber, das Vollmundige passt nicht zu reduziertem, mineralischem Charakter.
Grüße, Josef
[1] J. Kuhlemann, W. Frisch, M. Meschede, Sammlung Geologischer Führer, Band 99 Korsika, Gebr. Bornträger Berlin 2009.