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Korsika

nördliche Rhône (Côte Rôtie, Hermitage, Cornas und Co.) und südliche Rhône (Châteauneuf du Pape, Gigondas, Tavel und Co.), Ardeche, Vivarais, Vaucluse und Isere, Côstieres de Nîmes, Provence, Korsika
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Bernd Schulz

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Re: Korsika

BeitragDi 23. Jun 2020, 13:08

stollinger hat geschrieben:Das, was ich von dem Weingut kenne, war alles ziemlich reif bis überreif und recht hoch im Alkohol.


Dann liege ich mit meinem Eindruck wohl nicht völlig daneben....

stollinger hat geschrieben: aber retrospektiv hätte ich dich vor dem Wein wohl besser warnen sollen; so gut meine ich deinen Geschmack dann doch zu kennen.


Alles gut - wenn man so wie ich relativ viel ausprobiert, erwischt man immer mal wieder etwas, was einem nicht so liegt. Und trinken kann ich den Wein durchaus; die Flasche wird heute leer werden! ;)

Herzliche Grüße

Bernd
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Bernd Schulz

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Re: Korsika

BeitragDi 23. Jun 2020, 21:09

Das genaue Gegenteil des "Semper Fidelis" befindet sich gerade mit dieser roten Cuvée aus Niellucciu, Sciaccarellu, Grenache und Syrah in meinem Glas:

Bild

Tja, was soll ich sagen: Der trifft für weniger als zehn Euronen meinen Geschmack ganz genau! Biozertifiziert ist er auch noch - was will man mehr?

Herzliche Grüße

Bernd
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stollinger

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Re: Korsika

BeitragMi 24. Jun 2020, 10:33

Hallo Bernd,

freut mich zu hören. Ich mag die roten Weine der Domaine de Torraccia auch recht gerne. Der Vergleich mit einem Spätburgunder kam mir auch schon in den Sinn. Die Weine kommen erst vier Jahre nach der Lese in den Verkauf, ich habe hier noch mal meine VKN von vor zwei Jahren:

Bild

Der war zu dem Zeitpunkt noch recht verschlossen und ruppig. Mit Reifung werden die immer schlanker und der frische Charakter einer tragenden Säure kommt zum Vorschein. Selbst die Einstiegscuvée ist sehr lange lagerbar. Die höhere Qualität Oriu kann locker 15 Jahre reifen. Ich muss sagen, dieser sehr klassische Ansatz behagt mir sehr; ich habe gestern mehrere junge Bordeaux probiert, die Vinifikation auf frühe Trinkbarkeit macht mir schon Sorge, dass ein ganz großer Teil des Charmes eines gereiften Weins dadurch verloren geht.

Seit einigen Jahren ist der Sohn, Marc Imbert, von Christian Imbert für die Weine Verantwortlich. Ich hatte das Gefühl, sie haben sich etwas mehr in Richtung Frucht und Zugänglichkeit gewandelt, die Preise haben leider auch etwas angezogen. Lange Zeit hat der einfache rote nur 7€ gekostet, 10€ heute ist aber immer noch sehr fair. Die Weißweine fand ich in den letzten Jahren recht durchwachsen.

Torraccia.jpg

Die Gegend um Porto-Vecchio ist touristisch recht beliebt, auch einer meiner bevorzugten Campingplatze liegt recht nah bei Torraccia. Wenn man da in der Nähe ist, lohnt sich ein Besuch der Domaine auf jeden Fall. Auch die nah gelegene Domaine Granajolo mit einer deutschsprachigen Winzerin sollte man sich nicht entgehen lassen.

Grüße, Josef
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stollinger

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Re: Korsika

BeitragSa 25. Jul 2020, 10:14

Hallo,

ich habe ja an anderer Stelle geschrieben, dass ich mich frage, ob ich bei der Wahrnehmung von Aromen von Brettanomyces etwas übersensibel bin. Dieser Wein, bzw. diese Flasche, hatte bei mir massiv Brett.

Nicolas Mariotti Bindi - Cantina di Torra - Patrimonio rouge 2017:

Bild

Am ersten Tag waren auch die Gerbstoffe richtig krass, mehlig-fein, aber reif, sofort extrem trocknend auf dem Zahnfleisch, weniger in den Backen und auf der Zunge. Am zweiten Tag etwas zurückgenommener, eher griffig-rustikal. Diese fein-mehligen Gerbstoffe assoziiere ich mit den Traubenschalen, nicht mit den Kernen. Dazu finde ich sie recht typsich für den Nielluccio (Sangiovese). Keine Ahnung, ob das wirklich so stimmt. Ich mag das durchaus gerne, habe die Vorliebe aber wahrscheinlich exklusiv :lol: .

Bernd hat den Wein auch vor einiger Zeit getrunken, ich kopiere sein VKN mal hier hin:

Bild

Bernd hat anscheinend deutlich mehr Frucht gehabt, bestärkt mich darin, dass ich wirklich stark Brett hatte und nicht nur übersensibel bin. Bernd, hattes du Anzeichen von Brett?

Grüße, Josef
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Bernd Schulz

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Re: Korsika

BeitragFr 14. Aug 2020, 22:09

stollinger hat geschrieben:Bernd, hattes du Anzeichen von Brett?


Sorry, Josef - ich habe ab dem 24.7. ein paar Tage internetfreien Urlaub gemacht, weshalb mir deine Frage bislang völlig entgangen ist: Nein, ich hatte keine Anzeichen von Brett! Ansonsten wäre meine VKN anders ausgefallen....

Im Glas liegt nach der Escherndorfer Silvaner-Pleite gerade der nächste Korse:

Bild

Für meinen Geschmack handelt es sich jenseits aller scheinobjektiven Punkte um einen Wein, den ich mit größerem Vergnügen trinke. Josée Vanucci und Fabrice Couloumère haben offenkundig richtig viel auf der Pfanne!

Herzliche Grüße

Bernd
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Bernd Schulz

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Re: Korsika

BeitragSa 22. Aug 2020, 21:03

Im Glas habe ich gerade den Jahrgangsnachfolger des Genovese, der seinerzeit unser gemeinsamer Probenwein war:

Bild

Von der "Revue du Vin de France" wurde der 2018er meines Wissens etwas schlechter bewertet als unser 2017er, und das entspricht genau meinem Eindruck. Wie bei vielen deutschen Weißweinen aus 2018 auch fehlt es hier etwas an Säure.

Dem grundsätzlich hohen Können seines Erzeugers wird der 2018er aber trotzdem einigermaßen gerecht. Für 14 Euro würde ich ihn nicht noch einmal nachkaufen, aber ich trinke ihn gerne. Kein Knüller, kein Reinfall!

Herzliche Grüße

Bernd
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Ralf Gundlach

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Re: Korsika

BeitragSa 22. Aug 2020, 21:11

Bernd Schulz hat geschrieben:Im Glas habe ich gerade den Jahrgangsnachfolger des Genovese, der seinerzeit unser gemeinsamer Probenwein war:

Bild

Von der "Revue du Vin de France" wurde der 2018er meines Wissens etwas schlechter bewertet als unser 2017er, und das entspricht genau meinem Eindruck. Wie bei vielen deutschen Weißweinen aus 2018 auch fehlt es hier etwas an Säure.

Dem grundsätzlich hohen Können seines Erzeugers wird der 2018er aber trotzdem einigermaßen gerecht. Für 14 Euro würde ich ihn nicht noch einmal nachkaufen, aber ich trinke ihn gerne. Kein Knüller, kein Reinfall!

Herzliche Grüße

Bernd


Hallo Bernd,

so langsam wirst du zum Korsika-Experten ;)

Gruß

Ralf
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stollinger

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Re: Korsika

BeitragSo 20. Sep 2020, 15:09

Hallo,

diesen Sommer habe ich wieder die Domaine Mondange besucht. Letztes Jahr war ich schonmal da, und hatte auch etwas geschrieben [Link].

Zuerst mal eine Richtigstellung :oops:
stollinger hat geschrieben:Auf meine Feststellung hin, dass der Wein für so einen heißen Jahrgang wie 2018 ja eine erstaunliche Frische besitzt, wurde umgehend erwidert, es sei ja schließlich auch aufgesäuert worden :D .

Letztes Jahr hatte ich ja mit der Mutter der Winzerin verkostet, wohl als Resultat meines nicht besonders guten Französisches und dem fehlenden Fachwissen der Mutter (das kommt nicht von mir, sondern hat Laura Mondange gesagt), ist das so bei mir angekommen. Aber, es wird weder aufgesäuert oder entsäuert!

Mir wurde erzählt, dass noch mehr korsische Rebsorten gepflanzt worden sind (neben Biancu Gentile, Minustellu und Carcaghjolu neru auch Genovese, Riminese und Alicante).

Allgemein gefällt mir 2019 auf Korsika wieder recht gut, 2018 und 2017 fand ich eher schwierig.

Die Rotweine der Domaine Mondange sind alle sehr zurückhaltend und sanft extrahiert und deshalb auch recht transparent und hellrot.

Domaine Mondage - Primizia rouge - AOP Corse 2019:

Bild

Der Wein hat sehr wenig, oder eher keine, Frucht, ist dafür sehr würzig geprägt. Das gefällt mir gut. Ein leichter, (Appetit) anregender Wein. Sehr geeignet um ein einfaches Essen zu begleiten oder als Terrassenwein.

Domaine Mondage - Laudria rouge - AOP Corse 2019:

Bild

Der Laudria hingegen ist sehr fruchtbetont. Frisch, ohne hohe Reife. Auch ohne Schwere, belebter Wein.

Domaine Mondage - Primizia blanc - AOP Corse 2019:

Bild

Auch ein Terrassenwein oder Aperitif. Die Säure und Aromatik gehen etwas ins dropsige. Diese leicht dropsige Säure gab es in 2019 auch bei anderen Weingütern, ich frage mich, ob das eine Jahrgangscharakteristik ist. Auch bei deutschen Weinen habe ich die schon gefunden. So wirklich eine Rebsortentypizität sehe ich jedoch in dem Wein auch nicht, die Säure könnte auch an der Machart liegen. Vielleicht braucht der Wein noch etwas Zeit, um das abzulegen. Positiv ist die Klarheit; man muss auch die Kirche im Dorf lassen, kostet halt auch nur 6,50€.

Domaine Mondage - Laudria blanc - AOP Corse 2019:

Bild

Der hat mir ziemlich gut gefallen. Es gab im Ausbau etwas Veränderung zum Vorgängerjahrgang: Die Hälfte wird im Halbstück (Stockinger) ausgebaut und die andere Hälfte im Beton. Im Vorjahr war es anderes Holz und INOX. Das Holz ist gerade noch recht exponiert, die Frucht wenig schmeckbar. Der Ausbau im Betonfass liefert ein sehr angenehmes Mehr an Struktur. Wahrscheinlich hat es auch seine Ursache im Jahrgang, die phenolische Reife in 2019 war einfach deutlich besser als in 2018, aber der Wein hat einfach eine sehr schöne Phenolik und tolle Gerbstoffe vom Fass. Auch eine gewisse Stoffigkeit. Er hat mich jetzt erstmal durch seine Struktur und Balance beeindruckt, ich denke er wird aber noch aromatische Vielfalt entwickeln und das Holz schön einbinden.

In 2018 gab es dann auch erstmals einen Rotwein aus einer einzelnen Parzelle; Spargolato.

Domaine Mondange - Spargolato rouge - AOP Corse 2018:

Bild

Auch dieser wieder sehr sanft extrahiert. Die Gerbstoffe kommen vom Fass und haben eine gute Qualität. Das Fass mit hellem Toasting und neu, deshalb gehen recht viele Tannine in den Wein über. Das würzige gefällt mir auch hier wieder sehr gut, für meinen Geschmack könnte die Frucht aber etwas zurückhaltender sein; auch hier denke ich, dass wird sich mit der Zeit fügen. Ein Wein, der seine Stärken in der Klarheit und Feinheit hat, gleichzeitig intensiv, aber auch zart ist. Bin gespannt, wie er sich entwickeln wird.

Ich würde die Weine der Domaine als sehr klar und sauber, fein, durchaus elegant und häufig harmonisch beschreiben. Ich denke, das wird auch mit dem neuen Keller zusammenhängen, der wohl einfach eine qualitativ hochwertige Arbeit zulässt. Stilbildend bei den roten ist die sanfte Extraktion und die damit zusammenhängende helle, transparente Farbe. Vielleicht ist an der einen oder anderen Stelle noch die Abstimmung zwischen Fassaromen und Fruchtausdruck zu optimieren. Man darf aber nicht vergessen, dass es ein sehr junges Weingut ist, bei dem sich einfach noch einiges finden darf, ich möchte gerne diese Entwicklung weiterverfolgen. Am besten hat mir Laudria blanc gefallen, ab nächstem Jahr wird es auch einen Lagenwein (Spargolato) in weiß geben, da bin ich sehr gespannt drauf.

Das führt mich dann auch gleich zu einem Exkurs bzgl. des Terroirs der Appellation Corse. Die Weingärten liegen in der Appellation Corse, der Appellation mit der größten Produktionsmenge auf Korsika. Westlich wird die Appellation durch die Berge der Castagniccia und die Inzecca-Formation begrenzt. Beides sind Formationen des Alpinen-Korsikas, also Gestein aus der ozeanische Kruste des Tethys-Ozeans, welche sich bei der Kollision von Afrika und Europa im Zuge der Alpenbildung über das Variszische Korsika geschoben hat. Das kann man sich das recht anschaulich zu Gemüte führen [Link]. Hier habe ich ein Foto (in etwa meine Position) in Richtung Meer (Ostrichtung) gemacht. Die Weingärten liegen alle in der Ebene, neben Trauben wird hier viel anderes Obst (Kiwis, Nektarinen, Pfirsiche, Orangen und Mandarinen), Gemüse, Oliven angebaut. Dazu gibt es auch noch Viehhaltung.

IMG_1976.JPG

In meiner Rückseite sieht man den Schiefer aus der ozeanischen Kruste:

IMG_1977.JPG

IMG_1971.JPG

Das Terroir in der Ebene ist aber nicht durch das Tiefengestein, das Fundament gekennzeichnet, sondern durch den aufliegenden Boden und jüngere Sedimentgesteine. Es wohl nicht mal wirklich klar, was für ein geologisches Fundament unter der Ebene liegt. Man geht von Ophiolith, also ehemaligen Meeresboden (wie auch die Berge) aus, aber auch kontinentale Einheiten werden diskutiert. [1]
Die Bodenarten sind hier sehr inhomogen verteilt, was wohl an ihrer Entstehungsgeschichte liegt. Zum einen gibt es Böden aufliegend auf Ton, Sand oder Kalkstein aus dem Miozän. Zum anderen gibt es Schwemmlandböden mit unterschiedlichem Gehalt an kleineren und größeren Steinen und dadurch unterschiedlicher Drainage.

Man kann sich Karten von diesen Böden [hier] (carte 1) und [hier] (Illustration 11) ansehen. Ins Auge fällt, wie sehr die unterschiedlichen Bereiche wechseln und ineinander verzahnt sind. Das liegt daran, dass es im Miozän immer wieder zu Trockenphasen und Hochständen des Mittelmeers kam, wobei sich Bereiche von Muschelkalk und Sandstein in der Ebene gebildet haben.
Die Schwemmlandböden bzw. der Ausgangspunkt zur Bildung der Schwemmlandböden, hat sich am Ende der Würm-Eiszeit befunden. Die damals entstandenen Gletscher in den korsischen Bergen sind getaut und mit dem Tauwasser (in Form von reißenden Flüssen) Sedimente und Gestein aus dem alpinen Korsika in die Ebene transportiert worden. Die Schwemmlandböden liegen somit entlang der ehemaligen Flussläufe in der Ebene.

Die meisten Winzer bzw. Traubenanbauer in der Appellation Corse sind in Cooperativen organisiert, z.B. der Cave Saint Antoine, der Union des Vignerons de l'Île de Beauté (UVIB), Cave Coopérative D'Aghione. Zusätzlich gibt es noch sehr große private Weingüter (z.B. Clos Poggiale/ Domaine Terra Vecchia). Bewässerung ist erlaubt und wird auch in den meisten Fällen gemacht, für mein Verständnis aus Ertragsgründen; Trockenheit ist hier eigentlich kein Problem, in Hitzjahren mal im August, aber die Region verfügt über recht viel Wasser aus den Bergen, besonders im Frühjahr.

Zwar hat die Appellation Corse ein recht warmes Klima, weniger Wind und mehr Wasser als andere Appellationen auf Korsika und diese Faktoren haben auch einen Einfluss auf die Weine, aber die beschriebenen Gegebenheiten, also Weine aus einer Vielzahl von unterschiedlichen Weingärten mit unterschiedlichen Böden, verschiedenen Traubenbauern, die in eine Cooperative assembliert werden, dazu noch Bewässerung, führen dazu, dass für mein Verständnis ein greifbarer Terroir-Ausdruck nur sehr wenig ausgeprägt ist.

Und jetzt noch mal zurück zur Domaine Mondange, in dieser Publikation des CRVI [Link] kann man sehen, dass es sich bei den Böden von der Domaine um Luvisol handelt. Also Braunerde im oberen Bodenhorizont und darunter ein zweiter Bodenhorizont mit tonhaltigem Boden. Dieser zweite Bodenhorizont verhindert oder erschwert ein Versickern von Wasser in tiefere Schichten und ist in der Appellation anscheinend nur selten ausgebildet. In Bildern sieht das dann so aus (ist die Parzelle Spargolato)

IMG_2085.JPG

IMG_2086.JPG

Der obere Boden hat viele, ca. 10 cm große, Steine die aus der Inzecca-Formation stammen. Das Weingut liegt im Ort Pieraggi, am Ortsausgang kann man schon den Beginn der Inzecca-Formation mit dem ozeanischen Schiefergestein sehen:

IMG_2077.JPG

Hier auch noch mal der Blick aus der Parzelle Spargolato in Richtung der Berge:

IMG_2091.JPG

IMG_2095.JPG

Ich würde also den Boden so charakterisieren: Im oberen Boden eine gute Drainage, was den Pilzdruck verringert und Belüftung durch die vielen Steine, im unteren Boden eine gute Rückhaltefähigkeit. Die Bewässerung wird nicht verwendet, nur wenn den Reben schaden droht.

Für mein Verständnis bildet sich das Wesen des Terroirs der Appellation Corse gerade erst heraus. Dazu bedarf es entsprechend arbeitende Weingüter, mehr davon haben sich, so weit ich weiß, erst ab den 2000er Jahren gegründet. Andere unabhängige Winzer in der Appellation, deren Weine ich gut kenne, sind z.B. Clos Canereccia und Clos Fornelli, Domaine de la Punta. Canereccia hat die Weingärten mit Muschelkalk aus dem Eozän im Untergrund. Clos Fornelli hat einen sehr hohen Anteil (>60%) an Kieselsteinen im Boden. Insofern für mein Verständnis schon ein unterschiedlicher Boden.

Daher freue ich mich, dass es ab nächstem Jahr auch einen Vermentino aus einer einzelnen Parzelle geben wird, und ich hoffe, dass sich hier mit den Jahren auch der Einfluss des Bodens auf den Wein zeigen wird, bzw. der Ausbau auch das Terroir berücksichtigt. Der Anbau von autochthonen Rebsorten wird ebenfalls forciert, auch darauf freue ich mich, das diese auch potentiel zur Identität der Appellation beitragen.

Grüße, Josef

[1] Stacking and metamorphism of continuous segments of subducted lithosphere in a high-pressure wedge: The example of Alpine Corsica, Brovarone et al., Earth-Science Reviews, 116, 2013, 35-56. [Link]
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Michl

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Re: Korsika

BeitragFr 2. Okt 2020, 20:03

Als Beifang zum Weißen unserer letzten gemeinsamen Verkostung hat mir Josef den heutigen Wein mitgebracht. Ein Blanc de Noirs, aber ein Stillwein, also ein Weißherbst. Im Leben nie würde ich auf die Idee kommen, einen Weißherbst zu kaufen. Manche meiner Vorurteile halten sich einfach zu hartnäckig, ohne dass ich sie näher begründen könnte.
Aber was soll ich sagen? Der Wein ist einfach phantastisch! Josef, ich danke dir sehr, dass du einfach mein Preislimit eigenmächtig gerissen hast. Der Wein ist für mich wirklich eine große Bereicherung. Ich bin richtig angetan. Vor allem freut mich sehr, dass du offensichtlich ein großes Gespür dafür hast, was mir schmecken könnte, und das nur, weil wir uns hier austauschen.
Zur Krausen Glucke heute (ja Ralf, das ist auch ein toller Pilz!), nur in Butter gebraten mit einem Hauch Knoblauch und ganz wenig Parmesan und Petersilie als Vorspeise war das ein perfect match. Die rauchige Tiefe des Weines ergänzte die zarte Aromatik des Pilzes aufs Beste.
Ich bedauere nur ein bisschen, dass das nicht unser Wein für die gemeinsame Verkostung gewesen war. Hier hätte mich wirklich interessiert, was die anderen gesagt hätten.

Bild
Viele Grüße

Michl
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stollinger

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Re: Korsika

BeitragSa 3. Okt 2020, 16:06

Hi Michl,

das freut mich sehr, dass dir der Wein gefällt. Ich finde man kan deiner schönen Beschreibung richtig anmerken, das dich der Wein angeregt hat.
Michl hat geschrieben:Vor allem freut mich sehr, dass du offensichtlich ein großes Gespür dafür hast, was mir schmecken könnte, und das nur, weil wir uns hier austauschen.

Das würde ich jetzt nicht zu sehr auf meine Fahne schreiben, der Wein macht es einem sehr leicht, außer ausgesprochene Krafttrinker kann man damit wahrscheinlich die meisten begeistern.

In Korsika sind ja noch recht viel Grenache, Cinsault, Syrah, Ugni blanc etc. aus den 70er und 80er Jahren gepflanzt. Die autochthonen Sorten wurden erst wieder so ab den 2000er Jahren gepflanzt. Vorher war der korsische Weinbau von qualitativ unattraktiven Weinen der Massenträger geprägt, ohne ausgeprägte Identität. Die Winzer mussten dann überlegen, ob man autochthone Sorten pflanzt oder diese alten Reben stehen lässt. Neben den ökonomischen Gesichtspunkten spielt da bei Winzern wie Muriel Guidicelli wahrscheinlich auch mit rein, dass sie korsische Weine machen will. Die alten Reben drücken ja schon auch das Terroir gut aus, man muss sich halt einen Wein überlegen, mit dem man sich von anderen Appellation mit Grenache (z.B. im Languedoc) emanzipiziert.

In den letzten Jahren waren dann schwach extrahierte Rotweine aus Grenache vermehrt zu finden. Fruchtige, leichte Vertreter, die leicht gekühlt getrunken werden. Die verkaufen sich auch einfach gut bei den Touristen im Sommer. Ich glaube, der Blanc de Noirs wurde 2019 zum ersten mal gemacht; ich wüsste auch nicht, ob es, z.B. im Languedoc, BdN aus Grenach zufinden gibt.

Rückblickend finde ich es aber nicht unbedingt verwunderlich, dass es ein ziemlich schönes Ergebnis gibt. In meiner Wahrnehmung punktet Grenache nicht gerade durch seine Gerbstoffe; ich denke, die Rebsorte hat das Problem, dass sie bei einer hohen phenolischen Reife schnell marmeladige Frucht und zu viel Alkohol hat. Ich habe da schon ein mehlig-bitteres Vorurteil von. Sich dann auf die Frische und die feine Säure zu stützen, die Klarheit und das Zarte in den Vordergrund zu stellen, klappt auch für meine Begriffe bei dem Wein sehr gut.

Muriel Guidicelli verwendet ja keine Herbizide, Pestizide o.Ä; hat sie noch nie gemacht. Schon immer eine ganz naturnahe Bewirtschaftung. Das sind Reben, die >50 Jahre alt sind und in den letzten 25 Jahren nichts unnatürliches gesehen haben. Ich finde schon, dass die Weine diesen sehr natürlichen Ansatz auch wiederspiegeln.

Grüße, Josef
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