gute Fragen...
Ich kann dir sagen, was gemacht wird und wie das im Ergebnis schmeckt.
Ob die Antwort auf das Warum schlicht heißt, damit es so schmeckt, wie es schmeckt...?
Ich werd mal vor Ort bei denen nachfragen. die so was heute noch (oder wieder) machen. Auch die Frage nach den 29° stelle ich mal am Besten dem, der es gemacht hat.
Bei den Süßen im Roussillon weiß ich, das dort die Gärung durch Zugabe von Weingeist abgestoppt wird - ich vermute, dass ist beim Rancio ähnlich. Das Verfahren geht auf Arnaud de Villeneuve zurück, der das Prinzip der Haltbarmachung bereits im 13. Jhd. entdeckte. Die dann entstehende Alkoholangabe ist im Prinzip ein theoretischer Wert - tatsächlicher Alkoholgehalt + theoretischer des nicht vergorenen Restzuckers - im Roussillon werden da aber Werte von 21,5° gehandelt - 29° ist dann doch etwas viel - ich war auch etwas erschrocken, als ich das hier auf Dicks Foto sah...
Die Rancios, die ich bislang trank, kamen direkt aus dem Fass, da weiß man das natürlich nicht und fragt auch nicht danach. Bei dem 1963er Rancio Dolc hingegen steht gleich mal gar kein Alkohol auf dem Etikett...
Beim El Vell Segle von Cesca Vicent stehen dagegen moderate 16° drauf, ein Wert, den ich auch von meinen Flaschen aus dem Roussillon so kenne (z.B. der zuletzt getrunkene 1950 Cuvée de Demi Siecle von der Domaine Rancy hat das auch so stehen)
Aber da letztlich das Ergebnis zählt - bei dieser ungeheuren Komplexität am Gaumen, dieser Aromensensation - wen interessiert da noch Alkohol. Davon trinkt man in der Regel sowieso keine Flasche...
Beim 1870er von La Coume du Roy reichte ein Fingerhut voll für einen Nachhall, der Stunden anhielt. Bei den besten trockenen Rancios aus dem Priorat ist das ähnlich.