Teil 20Wenige 100 m vom letzten Dorf vor dem höchsten Berg Kataloniens, in
Àreu hat Ramon Pahí (Celler Pahí in Poboleda) mit seinem Freund einen kleinen Traum verwirklicht. Roger, sein alter Spielfreund aus Kindertagen, der hier mehrere Stücken Land im
Vall Farrera besitzt, hat mit ihm gemeinsam hier auf 1230 m Höhe einen kleinen Rebgarten angelegt und mit Riesling bepflanzt. Gegenwärtig sind es 900 Reben, die vor drei Jahren gepflanzt wurden. Heute sind Ramon und Roger hier, um uns dieses kleine Juwel zu zeigen, aber auch den nötigen Rebschnitt und die Erziehung der Reben vorzunehmen.
Sie denken, dass es bereits in diesem Jahr, wenn alles gut läuft, eine erste kleine Ernte geben wird. Im letzten Jahr haben sie 12 kg Trauben geerntet und damit etwa 5 l Wein für den Eigenbedarf und zu "Forschungszwecken" gemacht - die sind natürlich schon längst getrunken inzwischen, aber von der ersten "richtigen" Ernte verspricht er mir ein Muster zum Kosten.
Ihm ist das gemeinsame Projekt mit Roger, der hier vor Ort in Alins wohnt, eine "grande Freude" - die beiden machen hier vor Ort so gut es geht alles gemeinsam, aber es hat natürlich auch etwas für sich, dass jemand täglich vor Ort ist, sein kann, wenn etwas passiert. Wie weit der Weg zwischen Poboleda und Àreu ist, werden wir noch sehen, denn wir wollen heute noch bis dort runter.
Ramon erzählt, das er insgesamt drei Leidenschaften hat - seine Familie, die Berge und den Wein. Hier in diesem Projekt spielen alle ineinander.
Der Weinberg heist
Coster de la Monteixo, benannt nach dem schützenden Berg in nordöstlicher Richtung. Der Monteixo (2905 m hoch) ist ein "Thermoregulator", er schützt vor zu viel Kälte, weil er den kalten Wind abhält, aber im Sommer schützt er auch vor zu viel Hitze und Sonne. Der Hang selbst ist nach Südwesten ausgerichtet. Auf der gegenüberliegenden Seite des Berges ist dann bereits Andorra - der Coma Pedrosa ist nicht weit weg von hier.
Auch zur anderen Seite des Tales und selbst abwärts in südwestliche Richtung sind hohe, derzeit noch schneebedeckte Berge zu sehen, wir sind hier wahrlich in einem geschützten Kessel. Da es meist beizeiten schneit und der Schnee dann auch bleibt, wird es für die Pflanzen nicht unerträglich kalt. Dieses Jahr waren die Reben im Januar bis Mitte März von mehr als einem Meter Schnee bedeckt, quasi zugedeckt und damit geschützt. Auch als es dann mal ein zwei Wochen Temperaturen von -15° C hatte, gab es kein Problem für die Reben. "Es ist die Natur, die schützt, die Natur schützt ihre Töchter", sagt Ramon.
Ich möchte von ihm wissen, ob es sich hier um den höchsten Weinberg Kataloniens handelt. Er sagt, es gebe deutlich südlicher in den Pyrenäen vereinzelte Reben bis auf etwa 1.900 m Höhe, aber hier ist man wahrlich im Norden der katalanischen Pyrenäen und damit ist das hier etwa die Grenze des Machbaren. Die neuen Weinberge in Andorra liegen im Prinzip ähnlich hoch, aber hier ist man etwas nördlicher als in Andorra.
Der Weinbau ist auch hier nichts absolut Neues, es gab hier schon früher bis zur Reblauskrise Weinberge, aber danach war der Weinbau hier so weit oben erstmal jahrzehntelang verschwunden. Sie sind also Restaurateure und nicht Neuentdecker. Früher gab es den
Vi de Vall Farrera bereits als Namen, heute gäbe es erstmal keinerlei Status oder DO für den Wein - er wird dann als
Vi de Taula (Tafelwein) herausgegeben. "In eine DO hineinzukommen hat heute etwas von einem 'eingepreßt' werden, es gibt keine Freiheit mehr in einer DO. Dieser Weinberg hier aber nimmt sich die Freiheit einer extremen Herausforderung der Natur. Ich möchte für den Wein kein Gesetz. Der Wein selbst wird sich sein Gesetz schaffen. "
Es nerve ihn bisweilen selbst im Priorat, sich den Zwängen der DOQ unterwerfen zu müssen, z.B. was die Forderung nach dem Mindestalkoholgehalt angehe. Oder das Thema zugelassene, nicht zugelassene Rebsorten... Nur ungern unterwerfe er sich all solchen Zwängen, hier gibt er dem Weinberg die Freiheit, zwanglos sein zu dürfen... Er als Winzer versteht sich als Diener seines Weinberges, als Diener der Natur, die er natürlich respektiert. "Da muss seinetwegen heute niemand kommen und Gesetze zum ökologischen Weinbau erfinden... Wenn man mit Respekt vor der Natur arbeite, gehören sich gewisse Dinge und andere gehören sich einfach nicht..." Er beendet seine Ausführungen entsprechend mit "Amen". Und recht hat er...
Letztes Jahr wurde nicht wirklich geerntet, das Jahr war gedacht, damit die Reben ihre Wurzeln ausprägen konnten. Die gewachsenen Trauben wurden Ende Oktober geernet, aber ohne nach zu schauen, ob jetzt ein optimaler Erntezeitpunkt wäre. Man wird dieses Jahr schauen, wie sich die Traubenreife gestaltet und bewußt die Lese angehen. Er denkt an Mitte bis Ende Oktober, wenn die Nächte beginnen, kühl zu werden, es aber Tags immer noch über 20°C hat. Etwa 15 Tage vor der Ernte wird dann frei geschnitten, d.h. das Laub wird weitgehend abgeschnitten, damit die Trauben noch mal die zwei Wochen vor der Ernte die Sonne für sich haben. Den Rest wird man sehen müssen, wie es sich entwickelt. Es gibt da zu wenig aktuelle Erfahrung mit - man muss seine Erfahrungen selbt sammeln.
Ich frage ihn, welchen Rieslingstil er gern machen möchte. Er hätte gern einen richtig trockenen Riesling, der noch sehr viel über diese Region zu erzählen weiß. Am Besten fast ohne Restzucker, aber er weiß noch nicht, was das Terroir hier ihm gibt. "Ein Riesling mit Restzucker ist etwas anderes, das gehört eigentlich an die Mosel. Ich hoffe, das Terroir gibt mir etwas anderes."
Der Boden hier ist ebenso schiefrig und hat wie im Priorat viel Erzgänge (Vall Farrera kann man mit Tal des Eisens übersetzen) - der bläulich glänzende Ardoise - Schiefer hier ist aber deutlich älteren Datums als der Llicorella im Priorat. Er ist noch mehr mineralisiert und verwittert. Zugleich gibt es lehmige Deckschichten
Natürlich haben wir auch fleißig fotografiert - die ersten Fotos kommen jetzt hier:
900 Rieslingstöcke - das wirkt überschaubar und verliert sich in den Weiten des Tales des Vall Farrera.
Ramon Pahí bei der Arbeit...
... und beim Interview.
Roger (links) und Ramon (rechts) mit mir im Riesling-Extrem Weinberg.
wird forgesetzt...