Also - es handelt sich tatsächlich um einen komplett anderen Wein, somit hat der Händler hier mit der ungefragten Verwendung meiner Bewertung auch eine mutmaßliche Verbrauchertäuschung begangen, genau wie mit der Aussage, der Wein hätte eigentlich über 40 € gekostet und sei nun hier ein Schnäppchen...
Das macht die Sache natürlich für mich nochmals ärgerlicher, aber sicher auch die Kunden werden sich (zu Recht) nun veräppelt vorkommen.
Auch wir haben ein winziges Detail übersehen, als wir die Weine verkostet haben und ich sagte, es muss sich hier um etwas komplett anderes handeln... - jetzt, als ich die Fotos machte, sprang es mir ins Auge...
Mein Montsalvat, den ich bewertet, beschrieben und verkauft habe ist, wie auch in meinem Prioratführer zum Erzeuger nachlesbar, ist eine Cuvée aus alten Grenache (15%) und alten Carignan (85%) Reben.
Die Holländerflasche dagegen ist angegeben als 100% Carignan.
Francesc hatte in 2001 einmal einen 100% Carignan gemacht, der allerdings als Montsalvat Selectvm herausgegeben wurde und den ich neben der Normalflasche auch in Magnumflaschen verkauft hatte, das war allerdings, wenn er nicht grad in Verschlußmomenten aufgemacht wurde, eine echte "Granate" - typisch als La Vilella Alta Wein zu erkennen und eleganter als der normale Montsalvat aus 2001, den ich ebenfalls verkauft hatte.
Auf meine Frage, ob es den Montsalvat Selectvm auch in anderen Jahrgängen geben würde, verneinte er - mit Verweis auf die einmalige Qualität des 2001ers.
Nun wäre dieser 2004er auch nicht annähernd auf dem Level des 2001er Montsalvat Selectvm, was auch den deutlich billigeren Preis erklärt und auch das Nichthervorheben durch den Zusatz Selectvm.
Fragen bleiben dennoch - Warum wirkt der Korken wie als ob der Wein grad abgefüllt wäre? Auf dem Rücketikett steht Abfüllung im Juni 2006, das würde ich anzweifeln wollen. Warum hat man diesem Wein dasselbe Etikett "verpasst" wie dem echten Montsalvat? Der Unterschied ist nur beim Lesen des Rücketikett gegeben.
Nun habe ich in meinem Weinführer ja auch erwähnt, dass der Winzer neben diversen Lagen in der Gemarkung La Vilella Alta auch eine Parzelle in des Lage Les Tosses hat, die in der Gemarkung Torroja liegt. Stilistisch würde man das hier Getrunkene auf jeden Fall dort verorten können, geht man blind nicht an einen Montsalvat heran, sondern weiß gar nichts, dann würde man hier auf Poboleda oder Torroja tippen (Les Tosses liegt genau dazwischen, gehört aber zu Torroja).
Meine Vermutung wäre jetzt dahingehend, dass die Trauben dieser Lage separat vinifiziert worden sind und diese Fässer dann liegen geblieben sind, weil der Winzer sie nicht qualitativ für würdig befand, sie in den Montsalvat dazu zu geben. Oder er dachte sogar, das wäre für einen zukünftigen Montsalvat Selectvm, aber dann hat er diesen nicht herausgegeben, weil er die Qualität nicht erreichte.
Und irgendwann haben die Fässer gestört und der Wein sollte noch ein wenig Geld bringen, also günstig verkaufen... Denn der Wein ist definitiv keinen 40 € Endkundenpreis wert. (in meiner 2. Verkostungsrunde hätte ich gedacht ca. 15 wären noch eben gerechtfertigt.)
Einen Wein unter neuem Namen, den niemand kennt und den niemand bewertet hat, entsprechend ehrlich zu verkaufen ist weit schwerer, als einen guten Namen und eine gute Kritik herzunehmen und dann noch auf das gerade im Deutschen steckende Schnäppchenjägergen zu klopfen... - und anscheinend hat es ja gut geklappt.
Bis eben jetzt grade - kann ja auch keiner ahnen, dass sich da welche hinhocken und diese Weine miteinander vergleichend verkosten...
Und die Moral von der Geschichte???
Für mich ist es frustrierend zu sehen, wie schwer es ist, auf ehrliche Art, Prioratweine zu verkaufen und die Weininteressierten wirklich gut zu beraten. Und wie wenig unterm Strich für mich der Mühen Lohn ist.
Und dann kommen da Händler, die Einen auslachen und mit dubiosen Methoden, falschen Versprechungen und Urheberrechtsverletzungen quasi als Trittbrettfahrer sich das goldene Ei aus dem Nest holen.
In solchen Momenten möchte man hinschmeißen und von Hartz IV leben (was vermutlich sogar in manchen Monaten die bessere Alternative wäre). Und dann eben für 1 € zusätzlich Müll sammeln gehen, aber sich nicht mit so was mehr auseinander setzen müssen wie mit dem hier...