Armin, du siehst das alles sehr einseitig aus der Händlerperspektive (was dir auch zugestanden sei!). Aus Gründen, die mit deinem Beruf und damit Broterwerb zusammenhängen, ist dir die "richtige" Kalkulation mit entsprechenden Händlerrabatten wichtiger als der absolute Preis eines Weines.
Mir als Endverbraucher geht es aber genau umgekehrt ; die Händlerrabatte sind mir völlig wumpe! Um es offen und ehrlich zu sagen: Beim deutschen Wein brauche ich den Fachhandel eigentlich überhaupt nicht - ich bin alt genug, um direkt beim Winzer einzukaufen!
Ich sehe das in dem Fall nicht aus der Händlerperspektive, sondern aus der Erzeugerperspektive. Ich sage es jetzt mal etwas überspitzt, als Händler benötige ich überhaupt keine Deutschen Weine, ich könnte auch gut damit leben nur importierte Weine anzubieten. Und genau so war es doch in den 80ern und 90er Jahre. Kaum ein wirklich ambitionierter Weinhändler hatte damals Deutsche Weine im Programm, wenige Ausnehmen wie Weil, Johannisberg etc. bestätigten die Regel.
Insofern geht es mir hier nicht um meinen Broterwerb sondern um den des Winzers, der muss seine Weine nämlich auch verkaufen. Wenn er aber ab Hof an Endkunden zum gleichen Preis verkauft wie an Händler, dannn wird er keine Händler finden, die seine Weine vertreiben.
Natürlich kann man das auch ganz bewusst als als Geschäftsmodell nutzen, nach dem Motto Outletpreise für Endkunden ab Hof, dann wird man aber zu 90%-100% reinen Ab-Hof-Verkauf machen müssen. Am Mittelrhein dürfte man da aber gewisse Schwierigkeiten haben, denn allein von den Touristen kann ein Weingut eher nicht leben. Sprich will man national im Handel vertreten sein, den Handel als Distributionsweg nutzen, dann kommt man um Konditionen für den Handel nicht herum.
Noch einmal ich habe keine Probleme, wenn ein Winzer seine Weine nicht über den Handel verkaufen will, aber meine Erfahrung der letzten Jahre zeigt mir, dass ein 100%iger ab-Hof-Verkauf nur schwer umsetzbar ist.
Denn der Handel bietet ja nicht nur sein Ladengeschäft als Verkaufsplattform, der Handel macht auch Werbung, organisiert Verkostungen, versucht die Weine auch in der Gastronomie zu plazieren, was dann alles wieder dazu führt, dass es für die Weine eines Winzers auch Aufmerksamkeit gibt, die er allein nicht erzeugen könnte. Oder nur mit einem hohen personellem Aufwand, dann liegen aber die ab-Hof-Preise auch schnell auf dem Niveau, das ich für eine Präsenz im Handel benötige.
Du darfst auch nicht ganz außer Acht lassen, dass es nur sehr wenige Weintrinker gibt, die einen gut gefüllten Keller haben, so wie Du wahrscheinlich. Die allermeisten Weintrinker kaufen in der Woche das ein was sie auch verbrauchen. Da wird ab-Hof-Einkauf schnell uninteressant.
Noch einmal, ich kann jederzeit verstehen, wenn man sagt € 30,00 sind mir zuviel für einen Wein, das ist jenseits meines Interesses und es gibt darunter so viele spannende Weine, da muss ich diesen Wein nicht einmal probiert haben um als Weinfreund glücklich werden zu können. Natürlich muss jeder immer selbst entscheiden, was er bereit ist auszugeben und jede Entscheidung ist da nachvollziehbar und ich will da gar kein Preislimit kritisieren, aber so wie ich zu erklären versuche, warum unter € 5,00 EUR nur sehr schwer und sehr selten dauerhaft guter Wein zu erzeugen ist, so erkläre ich een auch, warum ein Preis von € 30,00 oder mehr notwendig sein kann. Ob man selbst das dann akzeptiert ist ja die Entscheidung eines jeden einzelnen.