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Später-Veit

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bordeauxlover

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Re: Später-Veit

BeitragSa 6. Mär 2021, 10:36

Hallo zusammen,

ich finde es doch recht erstaunlich, wie stark die Weine des Weinguts zu polarisieren scheinen. Ich habe Donnerstagabend aus meiner frisch eingetroffenen Pinotkiste mal den Basispinot aus 2017 geöffnet und über 2 Abende verköstigt- am ersten Abend solo, am zweiten Abend zu auf der Haut gebratenem Lachs mit Zitronenrisotto. Der Wein verträgt meiner Meinung nach definitiv Luft. Das schöne Bukett wird dann vielschichtiger, auch das Geschmacksbild komplexer. Im Duft dunkelbeerig und am zweiten Abend verschwundener Schwarzwälder Schinken. Im Geschmack leicht, aber nicht mager, durchaus mit Substanz. Prägnante Säure, die ich aber durchaus als noch angenehm empfinde. Erinnert mich insgesamt am Ehesten an den Spätburgunder von Hofgut Falkenstein von der Saar. Die Assoziation „roter Riesling“ taucht bei mir auf. Hat zum Essen mit dem erfrischend säurebetonten Risotto eine gute Figur gemacht. Das ist nichts, was ich mir jede Woche aufmachen würde, aber gelegentlich gerne. Angenehm auch die nur 11,5 % Alkohol. Macht mich auf jeden Fall neugierig auf unsere gemeinsame Verkostung der Reserve aus 2012. Das war mein allererster Wein von diesem Weingut.

Schöne Grüße
Armin
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mixalhs

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Re: Später-Veit

BeitragSa 6. Mär 2021, 12:25

Danke, Armin, für den Bericht! Ich muss gestehen, dass ich den 2017er PN doch anders wahrgenommen habe, durchaus sehr schlank, aber dann kam wenig. Ich mag ja das Epitheton "karg" zur Charakterisierung komplexer Weine, die weder mit Frucht noch mit viel Körper Eindruck schinden, aber trotzdem sehr gut sind, weil alles passt und sich nichts in den Vordergrund drängt, aber das passte hier auch nicht. Für mich ein "Leichtgewicht", vielleicht gut zu bestimmten Speisen, die einen jungen Rotwein mit guter Säure fordern, der sich nicht aufdrängt. Ich vermute, dass dieser Wein Potenzial hat und werde meine zweite Flasche einfach mal fünf Jahre liegen lassen, bevor ich sie öffne.

Assoziation: Die Weine von Chevillon sind in ihrer Jugend eigentlich auch nur schlank, säurebetont und leicht, und kommen nach mindestens 10 Jahren ganz langsam zu sich. Vielleicht ist das bei Später-Veit ähnlich. Ich kenne mich mit solchen Weinen viel zu wenig aus, um das beurteílen zu können.
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Kle

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Re: Später-Veit

BeitragSa 6. Mär 2021, 13:23

EThC hat geschrieben:"Winzer-Overkill"?

Ich finde diese zeitgeraffte Intensität super. Als Leser ist es, als würde man ein Weingut mit allen Höhen und Tiefen kennenlernen, ohne selber einen Schluck trinken zu müssen.

Gruß, Kle
—People may laugh as they will—but the case was this.
Tristram Shandy
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Ollie

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Re: Später-Veit

BeitragSa 6. Mär 2021, 16:50

Also erst einmal finde ich es toll, daß die Meinungen hier so sehr auseinandergehen, so soll es ja auch sein (Frau Werwolf sagt, des g'hört so.)

Zum 2019er Kabinett Ames: Mal abgesehen davon, daß ich schon ganz andere Kabinette mit 83, 84 Punkten bedacht habe (siehe z.B. meine Notizen zum Berliner Kabinett-Cup u.a.), sehe ich den 2019er Meierer zwei Punkte vorne, weil ihm diese Kargheit abgeht, die bei Später-Veit offenbar Konzept ist. Tatsächlich kenne ich den süßen Meiererschen Kabinett schon seit dem Jahrgang 2009 oder so, aber mir sagt die zwar typische, aber extrem schwere Blumigkeit (Pfingstrose?) nicht so zu. Und er ist auch deutlich simpler als manch (ebenso kabinettiger!) Kabinett aus Graach, Brauneberg oder Wehlen, sogar ein Paradies-Kabinett von Müllen kann alles besser als der Später-Veit. OK, ist nur meine Meinung, aber für mich ist das halt nicht 1. oder 2. Reihe. Zumal ich es einigermaßen befremdend finde, einem Goldtröpfchen durchgehen zu lassen, daß es nicht nach Goldtröpfchen schmeckt. Das geht gar nicht. :o

Nun zu den Roten: Gestern hatte ich den 2010er Pinot Noir No.1. Eine wunderschöne Nase, wirklich, aber am Gaumen? Eine Monstersäure (die auch das Bißchen Tannin, das noch da ist, hart macht), kaum Frucht (Erdbeere, rote Johannisbeere), schwach altes Holz, unaußerordentliche Länge auf der Säure, ganz hinten sogar trocknend. Der Wein hat viel zu wenig Körper und Frucht, um die Säure zu verkraften.

Das ist lange kein Chevillon. So karg, wie der Kabinett war, so karg präsentiert sich hier der "rote Riesling". (Ein Konzept, daß ich übrigens ziemlich unsinnige finde bei Spätburgunder, denn gerade die laszive Erotik ist es doch, die man bei gereiftem Pinot sucht, nicht Selbstkasteiung im pseudointellektuellen, introspektiven Gewand. Hier wird also versucht, protestantische Kargheit und Dürre als Feinheit und Mineralität zu re-framen. "Steinwein", pah! :lol: - YMMV.)

Am Ende des Tages ist es aber doch nur ein handelsüblicher "roter Wein", und keiner, der mich anspricht. Der Spätburgunder vom Hofgut Falkenstein hat das Konzept besser umgesetzt, denn das war ein zwar auch ein recht simpler, aber durchaus spaßiger Wein zur Pizza. Aber der Später-Veit hier ist ein Fast-Dreißig-Euro-Wein! :shock: Nee, nee, nee, da trink ich doch lieber Fiebrich (oder Steinmetz, wenn es Mosel sein muss).

Cheers,
Ollie
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EThC

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Re: Später-Veit

BeitragSa 6. Mär 2021, 17:02

Ollie hat geschrieben:Zumal ich es einigermaßen befremdend finde, einem Goldtröpfchen durchgehen zu lassen, daß es nicht nach Goldtröpfchen schmeckt. Das geht gar nicht. :o

...ja, wie kann sich ein Winzer nur erdreisten, aus der Lagentypizität auszuscheren und einfach zu machen, was er will... :? :evil:
Viele Grüße
Erich

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amateur des vins

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Re: Später-Veit

BeitragSa 6. Mär 2021, 17:07

...und ich dachte nach dem auf der Homepage Gelesenen, die No. 1 ginge ggü. der 12er Reserve eher in die charmante(re) Richtung. Das war mein Kaufbeweggrund.

Ollie, Deine Kritik ist sozusagen goldtröpfchenhaft antispäterveitesk, denn sie ist dermaßen typisch für Dich... :lol: Jetzt bin ich schwerst versucht, meine Buddel auch aufzuziehen.

Ich könnte mich wohl noch eine Woche lang zügeln, wenn jetzt viele sagen, sie wollen den parallel zur 12er Reserve probieren. Aber wenn diejenigen sich nicht sputen, könnte sich die Frage: "zu lassen oder aufziehen?" für mich heuteabend erledigt haben... ;) :ugeek:
Besten Gruß, Karsten
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EThC

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Re: Später-Veit

BeitragSa 6. Mär 2021, 17:23

...den 2010er No.1 habe ich nicht bestellt, denn: es ist ein 2010er! Ich liebe diesen Jahrgang insbesondere bei Rieslingen, Rotweine tun sich in diesem kühl-nassen Jahr jedoch erfahrungsgemäß ungleich schwerer, der in der Regel markanten Säure muß man erst mal was entgegensetzen können. Und dann kostet das Ganze 27 Euronen. Nö, da muß erst mal der 12er beweisen, ob und was er kann...
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Ollie

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Re: Später-Veit

BeitragSa 6. Mär 2021, 17:28

amateur des vins hat geschrieben:Ollie, Deine Kritik ist sozusagen goldtröpfchenhaft antispäterveitesk, denn sie ist dermaßen typisch für Dich... :lol: Jetzt bin ich schwerst versucht, meine Buddel auch aufzuziehen.


:lol: :lol: :lol: Meine Meinung kommt immer mit Echtheitszertifikat. 8-)

amateur des vins hat geschrieben:ch könnte mich wohl noch eine Woche lang zügeln, wenn jetzt viele sagen, sie wollen den parallel zur 12er Reserve probieren. Aber wenn diejenigen sich nicht sputen, könnte sich die Frage: "zu lassen oder aufziehen?" für mich heuteabend erledigt haben... ;) :ugeek:


Ich werde keine Parallelverkostung machen, der Wein ist bezahlt und muss getrunken werden, und mehr als eine Flasche schaffe ich zum Mittagessen nicht.

Cheers,
Ollie
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mixalhs

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Re: Später-Veit

BeitragSa 6. Mär 2021, 17:35

amateur des vins hat geschrieben:...und ich dachte nach dem auf der Homepage Gelesenen, die No. 1 ginge ggü. der 12er Reserve eher in die charmante(re) Richtung. Das war mein Kaufbeweggrund.
....
Ich könnte mich wohl noch eine Woche lang zügeln, wenn jetzt viele sagen, sie wollen den parallel zur 12er Reserve probieren. Aber wenn diejenigen sich nicht sputen, könnte sich die Frage: "zu lassen oder aufziehen?" für mich heuteabend erledigt haben... ;) :ugeek:


Nach Ollies aktuellem Wasserstandsbericht werde ich meine No. 1 aus dem Jahr 2010 ganz tief im Keller vergraben, in der Hoffnung in sieben oder acht Jahren einen schönen Wein zu haben. Was ich von Dir, Ollie, so lese, deutet aber darauf hin, dass wir hier ein negatives Trinkfenster nicht ganz ausschließen können
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Georg R.

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Re: Später-Veit

BeitragSa 6. Mär 2021, 17:40

Meine Erfahrungen mit dem Weingut sind sehr beschränkt,
auf der Suche nach interessanten Spätburgundern fiel mir der Nr. 1 aus 2009 in die Hände.

Der Wein war ok, hat aber keinerlei Nachkaufreflex ausgelöst.
Ein typischer deutscher Spätburgunder, eher weich und rund... ohne Spannung oder Finesse.

Aber wer weiss, ev. hat sich in der Zwischenzeit der Stil des Hauses geändert.


Gruss
Georg
Man kann die Erkenntnisse der Medizin auf eine knappe Formel bringen: Wasser, mäßig genossen, ist unschädlich.
Mark Twain
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