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Mosel Riesling Kabinett feinherb

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octopussy

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Mosel Riesling Kabinett feinherb

BeitragSo 3. Nov 2013, 13:28

Hallo zusammen,

gestern Abend hatte Markus aus Itzehoe zu einer Probe seiner Lieblings-Riesling-Kategorie eingeladen: Riesling Kabinett feinherb. Von Mosel, Saar und Ruwer, um genau zu sein. Wir waren sehr gespannt, hatten aber harte Arbeit vor uns, da 3 Flights à jeweils 5-6 Weinen angekündigt waren. Probiert haben wir blind, haben aber nach jedem Flight aufgedeckt. In den ersten beiden Flights war angekündigt, dass jeweils ein Pirat dabei ist und dass von drei Kategorien (Winzer, Lage, Jahrgang) jeweils zwei gleich sind und einer abweicht. Das gab uns im ersten Flight gleich Rätsel auf, waren doch nicht nur einer, sondern gleich zwei Weine deutlich unterschiedlicher als der Rest.

Flight 1: Max Ferd. Richter - 2007 Riesling Kabinett feinherb

Im ersten Flight hatten wir also vier feinherbe Lagenkabinette aus dem Weingut Max Ferd. Richter aus 2007 (Wehlener Sonnenuhr, Graacher Domprobst, Mülheimer Sonnenlay und Brauneberger Juffer) und dazu noch als Piraten den 2007 Lieserer Niederberg-Helden Kabinett feinherb von Ludwig Thanisch & Sohn. Wir tippten den Jahrgang richtig (2007). Die Meinungen gingen aber darüber auseinander, ob es derselbe Winzer oder dieselbe Lage war. Das war letztlich eine Glaubensfrage (Winzer vs. Terroir).

Von den Richters hat mich eigentlich nur der Kabinett aus der Mülheimer Sonnenlay begeistert. Ich tippte blind auf Ruwer wegen der kräutrigen und weißen Johannisbeernoten, lag damit aber falsch. Die eigentlichen Paradelagen Sonnenuhr, Domprobst und Juffer waren hingegen etwas enttäuschend, eher diffus, für feinherb eigentlich einen Tick zu süß und irgendwie spannungsarm. Sehr gut hat uns auch der Thanisch gefallen, der wirklich fest und steinig war.

Flight 2: Ludwig Thanisch & Sohn - Niederberg Helden Kabinett feinherb Vertikale

Da Markus kein guter Schauspieler ist, hatten wir den gemeinsamen Nenner des zweiten Flights durch Fragen recht schnell ermittelt. Die Weine haben wir deshalb überwiegend auch offen probiert. Wir hatten die Jahrgänge 2008 - 2012 des feinherben Kabinetts aus dem Lieserer Niederberg Helden und zusätzlich zum Vergleich noch (blind) den 2011 Zeltinger Himmelreich Kabinett feinherb von Markus Molitor.

Von den Thanischs hat mir der 2007er aus dem vorherigen Flight letztlich am besten gefallen, eng gefolgt von 2010 und 2008. Mit dem 2011er konnte ich überhaupt nichts anfangen. 2012 war korrekt, mehr aber auch nicht. Aus 2009 hatten wir die feinherbe Spätlese (nicht den Kabinett), die mir auch eher mittelmäßig gefallen hat. Insgesamt lässt sich konstatieren, dass diese durchaus preiswerten Weine von Ludwig Thanisch (unter 7 Euro für den feinherben Kabinett) sehr gut für ihren Preis sind, sehr korrekt, aber auch ein bisschen limitiert. Überraschungsmomente (positiv wie negativ) waren in der Vertikale eher nicht zu finden.

Flight 3: 2012er feinherbe Kabinette diverser Erzeuger

Zum Schluss hatten wir dann noch sechs feinherbe Kabinette aus 2012. Zu dem Zeitpunkt waren unsere Gaumen schon etwas ermüdet, so dass es schwer fiel, noch echte Unterschiede bei den einzelnen Weinen festzustellen. Wir hatten folgende Weine:

Bischöfliche Weingüter - 2012 Erdener Riesling Kabinett feinherb
Bischöfliche Weingüter - 2012 Kaseler Riesling Kabinett feinherb
Dr. Loosen - 2012 Graacher Himmelreich Riesling Kabinett feinherb
Fritz Haag - 2012 Brauneberger Riesling Kabinett feinherb
Ludwig Breiling - 2012 Mertesdorfer Herrenberg Riesling Kabinett feinherb
Karthäuserhof - 2012 Eitelsbacher Karthäuserhofberg Riesling Kabinett feinherb "Schieferkristall"

Alle Weine waren natürlich noch sehr jung. Die beiden Bischöfe waren korrekt, aber auch sehr limitiert in ihrem Geschmacksprofil. Gleiches galt für den Dr. Loosen. Der Fritz Haag Riesling hat mir sehr gut gefallen, er stach heraus. Ich meine sogar, Spontangäraromen gerochen zu haben, das kann bei Fritz Haag aber eigentlich nicht sein oder? Interessant war noch der Vergleich zwischen dem Breiling (ehemaliger Kellermeister beim Karthäuserhof) und dem Karthäuserhof selber. Beide waren recht ähnlich, der Karthäuserhof hatte vielleicht einen Tick mehr Spannung.

Im Fazit zeigte sich, dass bei 17 feinherben Riesling Kabinetten von der Mosel und der Ruwer am Ende die Unterschiede doch eher klein sind. Es gab eigentlich kaum einen richtigen Ausreißer nach oben (> 90 P) oder unten (< 80 P). Die meisten Weine bewegten sich irgendwo im Mittelfeld zwischen 84 und 86 P. Markus lag in den Punkten insgesamt etwas höher. Das mag daran liegen, dass es sich bei feinherben Kabinetten um Rieslinge handelt, die ein bestimmtes Geschmacksprofil erfüllen sollen: spritzig, nicht zu süß, aber dezent süß, leicht. In etwa das Weinpendant zum Feierabendbier. Ich könnte mir auch vorstellen, den ein oder anderen Wein zum Essen oder als Apértif zu trinken. Eine Flasche ist sicher schnell weg. Auf der anderen Seite haben es solche Weine in einem (langen) Probenkontext schwer. Es fehlen einfach die Höhen und Tiefen. Die Geschichte ist recht schnell auserzählt.

Vielen Dank an Markus für die Organisation der Probe und das köstliche Essen dazu. Es war eine interessante Horizonterweiterung.

Hier sind noch meine Notizen:

http://www.verkostungsnotizen.net/vkn_l ... he+starten

Wie sind denn hier im Forum die Erfahrungen mit feinherben Riesling Kabinetten? Zu welchem Anlass lassen sie sich am besten trinken? Was sind die "Referenzweine", die den qualitativen Standard setzen?
Beste Grüße, Stephan
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Gaston

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Re: Mosel Riesling Kabinett feinherb

BeitragSo 3. Nov 2013, 14:51

Hallo,

Riesling Kabinett feinherb ist eine Kategorie, die ich schätze. Ich mag die Leichtigkeit, die Spritzigkeit, das "Unanstrengende" durch die dezente Süße. Richtig gute Exemplare können mich geradezu begeistern, besonders dann, wenn es gelingt, Süffigkeit mit Spannung und Finesse zu vereinen. Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass das eine Kategorie ist, die Weinlaien oder "Otto Normalweintrinker" mögen. Denen sind bei Riesling die trockenen Exemplare zu "sauer" und die (richtig) restsüßen Kabis und Spätlesen zu süß. Feinherb / halbtrocken trifft da einfach die goldene Mitte.

Allerdings ist feinherb eben nicht gleich feinherb. Ich schaue da schon gerne mal auf die konkrete RZ-Angabe, denn die Bandbreite kann gewaltig sein: Von fast trocken schmeckenden Exemplaren mit 12,13g bis zu richtig süßen Weinen mit an die 40g. Ich persönlich favorisiere die feinherben im unteren Zuckerbereich, also das, was man altmodisch als halbtrocken bezeichnet.

Als Mittelrhein-Fan mag ich die feinherben der dortigen relevanten Produzenten, denke sogar, dass der Mittelrhein in dieser Kategorie die besten Möglichkeiten, die beste Nische hat. Halbtrockene / feinherbe Rieslinge sind meiner Meinung nach sehr gute Essensbegleiter, wobei der konkrete Süßegrad schon wichtig ist. Aber allgemein passen sie meiner Meinung nach u.a. gut zu Gerichten mit dickeren Sahnesoßen, zu asiatischen/indischen Gerichten mit einer gewissen Schärfe, zu Ziegenkäse, überhaupt zu kalten Vesperplatten, zu jungem Frühlingsgemüse.

Beste Grüße
G.
Beste Grüße
Gaston
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maha

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Re: Mosel Riesling Kabinett feinherb

BeitragFr 15. Nov 2013, 13:56

Ich glaube hier passt meine VKN am besten rein, da es noch keinen Dr. Loosen Thread gibt:

Dr. Loosen Erdener Treppchen Riesling Kabinett 2011

Helles Gold mit leicht grünlichen Ansätzen. In der Nase sehr verspielt. Gelbe Früchte, Schiefer, mineralisch salzig, etwas Karamell.
Am Gaumen bin ich erst mal etwas überrascht. Warum auch immer – ich hatte einen trockenen Wein erwartet! Aber das ist NICHT trocken. In dieser Erwartung fällt mir als erstes die Säure auf, dann die sehr gut eingebundene Fruchtsüße. Es prickelt ein wenig, dann wunderbar harmonisch, fast spielerisch auf der Zunge: Exotische Früchte. Mango, Ananas, Passionsfrucht. Sogar etwas Ingwer meine ich zu erkennen. Dann mineralische, salzige Noten. Kräftiger Körper, guter Nachhall. Super Trinkfluss. Ich habe sofort das Bedürfnis nachschenken zu wollen.
Mich würde noch interessieren wie viel Restzucker er noch hat. Ich kann es ganz schwer einschätzen (und konnte es nicht herausfinden).
Aber was ich da im Glas habe gefällt mir außerordentlich gut.
Für umgerechnet ca. 10 EUR (Aktionspreis bei einem schweizer Discounter) ein preiswerter Einstlieg in die Welt der Restsüßen Rieslinge.

Gruss
Marko
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Moselfan

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Re: Mosel Riesling Kabinett feinherb

BeitragFr 15. Nov 2013, 14:08

Aus Erfahrung würde ich auf um die 50 - 60 gr/l Restzucker schätzen, 2011 vielleicht auch etwas höher aufgrund des sehr reifen Jahres. Aber in dem Bereich spielen die meisten Kabinette mit vereinzelten Ausreißern nach oben und unten je nach Jahrgang und Produzent.

Edit:

Hier ich hab die Werte gerade mal gegoogelt: Restzucker: 55,1 g/l Gesamtsäure: 8,8 g/l Alkoholgehalt: 8,0 % vol. Liegt also wie vermutet in diesem Korridor. Und für 2011 auch noch eine sehr gute Säure.
Zuletzt geändert von Moselfan am Fr 15. Nov 2013, 14:13, insgesamt 1-mal geändert.
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Bernd Schulz

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Re: Mosel Riesling Kabinett feinherb

BeitragFr 15. Nov 2013, 14:11

Aus Erfahrung würde ich auf um die 50 - 60 gr/l Restzucker schätzen...


Das ist dann aber ein ganz normaler restsüßer Kabi ohne "feinherb", oder?

Viele Grüße

Bernd
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Moselfan

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Re: Mosel Riesling Kabinett feinherb

BeitragFr 15. Nov 2013, 14:14

Bernd Schulz hat geschrieben:
Aus Erfahrung würde ich auf um die 50 - 60 gr/l Restzucker schätzen...


Das ist dann aber ein ganz normaler restsüßer Kabi ohne "feinherb", oder?

Viele Grüße

Bernd


Darauf schließe ich mal. Steht ja nur Erdener Treppchen Kabinett, kein feinherb kein trocken also muss es der fruchtige sein ;)
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maha

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Re: Mosel Riesling Kabinett feinherb

BeitragFr 15. Nov 2013, 14:15

Ups, ich hätte mal eher auf 20-30g RZ getippt. :oops:
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Moselfan

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Re: Mosel Riesling Kabinett feinherb

BeitragFr 15. Nov 2013, 14:19

maha hat geschrieben:Ups, ich hätte mal eher auf 20-30g RZ getippt. :oops:


Das ist ja gerade das schöne an (restsüßen) Moselweinen. Man schmeckt den Zucker nicht, er passt einfach wunderbar zu dieser Art von Wein, der Säure und der Schiefermineralik. Ich hoffe diese Art von Weinen wird es noch Jahrhunderte geben, obwohl es ja gerade "in" zu sein scheint Jagd auf der bösen bösen Zucker im Wein zu machen und nur Knochentrocken trinkbar ist. (siehe z.b. Facebook usw.)

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