Höfefest in Veldenz: Überraschungen samt Gratis-Kabarett

Vom 24-26.05 war Höfefest in Veldenz, wenn meine Freundin nicht jedes Jahr hinfahren würde, dann wäre ich niemals auf die Idee gekommen ausgerechnet nach Veldenz zu fahren, es gibt keine bekannten Winzer dort und die Lagen sind auch nicht unbedingt in aller Munde, wen man mal von den Rieslingen von Max.Ferd.Richter und Becker-Steinhauer absieht, meine Erwartungen waren sehr niedrig, nach dem Motto: hoffentlich gibt es hier und da auch einen netten Ausreisser und der Rest sollte nicht allzu weh tun, nach den drei tagen lautete das Fazit: ich habe nicht einen ansatzweise gruseligen Wein getrunken, alles war mindestens solide, auch die Roten, u.a. ein Frühburgunder aus dem Barrique, Veldenz selbst gefiel mir richtig gut, etwas verschnarcht, aber offene Menschen und eine katholische und eine evangelische Kirche, wo gibt es dass sonst an der Mosel??
So, Das Kabarett oder Leben pur: meine Freundin und ich suchten nach fleischloser Nahrung (was gar nicht so einfach ist in diesen Dörfern), unter einen Pavillon nahmen wir Platz, kurze Zeit später setzten sich zwei Pärchen an unseren Tisch und schon wurde es spannend, es gab ein paar Anekdoten zu einem Schinken-Käse-Baguette, welches der etwas wehleidig dreinblickende Mittfünfziger serviert bekam: " Oh weh, da ist ja Remoulade drauf, neee, dat kann ich nicht essen, neh, dat geht nicht, Butter ging ja, aber Remoulade, neee, nee", er litt, dass konnte man an seinem Gesichtsausdruck sehen, nachdem er sich beruhigt hatte, fragte seine sehr kräftige Lebensgefährtin: " Wat willst du denn trinken? Rot oder weiß oder mild???" Wie bleibt man da ruhig?? Ich habs geschafft . Anschließend holte besagte Lebensgefährtin sich lecker Kuchen und kam mit einer Sahnetorte, mind. 3 Stücke zurück. Das monierte ihr Lebensgefährte lautstark: " Dat sind ja zwei Stücke". Sie empört zurück: " Wat soll dat, dat ist ein Stück, dat sieht man doch!" Das Baguette vom Lebensgefährtin gabs als Zugabe, inkl. Remoulade. Wenn ich Kabarettist wäre, 3 Weinfeste und danach steht das Programm, inkl. Überraschungsmomente und diverser, unterschiedlicher Zugaben, denn dass war sicher keine Ausnahme.
Die Überraschung: Alle Weine waren auf einem sehr soliden Niveau und es gab ein paar Ausreisser, die ich leider nicht alle notiert hatte, unser Anlaufpunkt war in den drei Tagen das Weingut Kruft Willems , der Vater meiner Freundin machte dort Musik und zauberte am Sonntag, Rainer Kruft ist ein angenehmer, ruhiger Winzer, der selbst sagte, dass er keine Spitzenweine machen möchte, dort wäre die Luft zu dünn ( er hat übrigens die selbe Schulbank in Bernkastel gedrückt wie Martin Müllen), ich habe mich in den drei Tagen durch die Weinkarte getrunken, es gab nicht eine Enttäuschung, und ab und zu gab es Ausreißer, letzte Woche habe ich mit dem Ostbelgier die 2012 er Burgener Hasenläufer Spätlese trocken getrunken, Markus gefiel der Wein richtig gut, ernsthaft, sehr mineralisch, feine Säure, ich sah ihn bei 86+ Punkten, er bei 87+, über sein Statement habe ich mich sehr gefreut, denn irgendwie traute ich trotz meiner Erfahrung meinem eigenen Geschmack nicht ganz, kostet um die 6 Euro, ein Leckerschmecker ist definitiv die 2011er Brauneberger Juffer-Sonnenuhr Auslese, perfekt spielerische Säure eingebunden in einem mineralischen, mit einer Pfirsichnote versehenen, sehr animierenen, pikanten Riesling, Komplexität deutet sich an, aber natürlich noch deutlich zu jung, jetzt schon sehr animierend, 89 Punkte, kostet in der Halbliterflaschen um die 9 Euro,

Gruß

Ralf

Ich weiß, dass man dazu neigt, eigene Entdeckungen zu "hypen", aber objektiv gesehen verkauft sich das Weingut Kruft- Willems unter Wert, denn der 2011er Veldenzer Grafschaft-Sonnenberg Kabinett durchgegoren macht richtig Spaß, expressive Nase mit leichten Hefenoten, am Gaumen saftig, schöne Fruchtnoten( Pfirsich und etwas Melone), die Säure perfekt eingebunden, leichtes Spiel, ein toller Sommerwein für die Terasse auf gehobenen Niveau, kostet, glaube ich 4,60 Euro, werde ich auf jeden Fall nachbestellen, wenn es ihn noch gibt, 86 Punkte

Gruß

Ralf

ein Leckerschmecker ist definitiv die 2011er Brauneberger Juffer-Sonnenuhr Auslese

Die habe ich jetzt auch im Glas:



Eine ordentliche Leistung ist das allemal, und vielleicht bin ich auch etwas zu streng; für eine höhere Bewertung fehlt es mir dann aber doch an Individualität. Dieser kantenfreie und letztlich dann doch austauschbare Stil begegnete mir inzwischen zu oft an allen möglichen Ecken und Enden der Mosel. Natürlich auch bei deutlich renommierteren Erzeugern und zu deutlich höheren Kursen- weshalb ich hier auf der einen Seite ein wenig moppere, aber auf der anderen schon recht erfreut bin, bei einem wenig bekannten Betrieb auf eine solch solide Qualität zu stoßen.

Beste Grüße

Bernd

Hallo Bernd,

umgekehrt sind die 89 Punkte bei mir sicher auch ein kleiner Sympathiebonus, wobei ich diese Auslese sehr animierend finde, und, davon abgesehen: im Zweifelfall und ganz objektiv gesehen habe ich natürlich Recht

Gruß

Ralf