Re: Rettet den restsüßen Spätburgunder Prädikatswein!
Verfasst: Di 2. Sep 2014, 18:02
Ich kenne Andreas Geschmacksvorlieben schon lange genug aus verschiedenen Weinforen um zu wissen, dass ich sie absolut nicht teile, vergönne aber jedem gerne das Seine.
Etwas schwierig wird es allerdings für mich, wenn aus den eigenen - in diesem Fall offensichtlich sehr speziellen, denn sonst würde diese Art von Wein wohl nicht vom Aussterben bedroht sein - Geschmacksvorlieben Schlüsse für die Allgemeinheit gezogen werden: "...da Alkohol ein brennendes Mundgefühl verursacht (unangenehm) und bitter schmeckt (widerlich). Anreicherung ist für Feinschmecker also kontraproduktiv! .. Die Erzeuger von sogenannten "Spitzenweinen" wollen auch in kühleren Jahren alkoholstarke, brandige und bittere Weine an ihre Kundschaft verkaufen..."
Und gar nicht vertragen kann ich es, wenn man in offensichtlicher Unkenntnis der Materie Pauschalaussagen wie solche und ähnliche trifft: "QbA ist potentiell immer minderwertig, da angereichert - sonst würde der Wein nicht als QbA vermarktet, in aller Regel."
Lustig hingegen finde ich, dass im selben Atemzug die Süßreserve als das ideale Mittel erwähnt wird. Wer schon einmal ein wenig mit der Herstellung von Wein zu tun hatte weiß, wie massiv die Süßreserve in das Gefüge, den Stil und die Qualität eines Weines eingreift, insbesondere wenn es nicht nur um ein paar Gramm sondern 30 Gramm Restzucker geht.
Most und Wein mögen aus dem selben Weingarten kommen, es sind zwei grundverschiedene Produkte und der geschmackliche Einfluß auf das Endprodukt ist bei Süßreserve dramatisch größer als bei einer geringfügigen Aufbesserung (von mir aus mit nachfolgender Gärungsunterbrechung, wenn man Restsüße erhalten will). Sorten- und Lagentypizität bleiben garantiert markanter erhalten, wenn man den Alkoholgehalt via Aufbesserung mit 1,5 kg Zucker pro 100 Liter von z.B. 11,5 auf 12,5 Prozent erhöht als wenn man einen Wein mit 10 oder 15 Liter Traubensaftzugabe pro 100 Liter schön lieblich macht.
Eine Gärungsunterbrechung ist aber bei Rotweinen wesentlich schwieriger als bei Weißweinen, da die Gärdauer wegen der höheren Temperatur auf der Maische kürzer ist (was den Zeitpunkt der Unterbrechung extrem einengt), und ein durch Gärungsunterbrechung auf sehr kurze Zeit reduzierter Maischekontakt die Extraktion der einiger qualitätsrelevanter Substanzen aus der Traubenschale stark verringert.
Rein verfahrenstechnisch ist es also eher schwer, restsüße Rotweine als hohe Weinqualität zu definieren. Entweder ich gäre ordentlich auf der Maische, um die Qualität des perfekten Traubenmaterials zu extrahieren, muß aber dann mein hochwertiges Endprodukt mit einem zwar aus der Traube gewonnenen aber sonst dem Wein völlig fremden Verschnittpartner verdünnen. Oder ich stoppe die Gärung, kann aber deshalb nicht lange genug auf der Maische bleiben, um das perfekte Traubenmaterial wirklich zu würdigen. Oder ich mache Maischeerhitzung statt Maischegärung und nach der Erhitzung eine Gärungsunterbrechung, aber dann bin ich sowieso jenseits jeglicher seriöser Rotweinqualität.
Grüße
Bernhard
BTW: Aufgebesserte Weine mit gärungsunterbrochener Restsüße enthalten genauso wie nicht aufgebesserte überwiegend Fructose als Restzuckeranteil. Mit Süßreserve versetzte ursprünglich trockene Weine enthalten je zur Hälfte Glucose und Fructose. Welche der beiden Manipulationen entspricht denn wohl eher dem "natürlichen" Geschmacksbild? Von wegen "die Süße kommt aus dem Zuckersack"...
Etwas schwierig wird es allerdings für mich, wenn aus den eigenen - in diesem Fall offensichtlich sehr speziellen, denn sonst würde diese Art von Wein wohl nicht vom Aussterben bedroht sein - Geschmacksvorlieben Schlüsse für die Allgemeinheit gezogen werden: "...da Alkohol ein brennendes Mundgefühl verursacht (unangenehm) und bitter schmeckt (widerlich). Anreicherung ist für Feinschmecker also kontraproduktiv! .. Die Erzeuger von sogenannten "Spitzenweinen" wollen auch in kühleren Jahren alkoholstarke, brandige und bittere Weine an ihre Kundschaft verkaufen..."
Und gar nicht vertragen kann ich es, wenn man in offensichtlicher Unkenntnis der Materie Pauschalaussagen wie solche und ähnliche trifft: "QbA ist potentiell immer minderwertig, da angereichert - sonst würde der Wein nicht als QbA vermarktet, in aller Regel."
Lustig hingegen finde ich, dass im selben Atemzug die Süßreserve als das ideale Mittel erwähnt wird. Wer schon einmal ein wenig mit der Herstellung von Wein zu tun hatte weiß, wie massiv die Süßreserve in das Gefüge, den Stil und die Qualität eines Weines eingreift, insbesondere wenn es nicht nur um ein paar Gramm sondern 30 Gramm Restzucker geht.
Most und Wein mögen aus dem selben Weingarten kommen, es sind zwei grundverschiedene Produkte und der geschmackliche Einfluß auf das Endprodukt ist bei Süßreserve dramatisch größer als bei einer geringfügigen Aufbesserung (von mir aus mit nachfolgender Gärungsunterbrechung, wenn man Restsüße erhalten will). Sorten- und Lagentypizität bleiben garantiert markanter erhalten, wenn man den Alkoholgehalt via Aufbesserung mit 1,5 kg Zucker pro 100 Liter von z.B. 11,5 auf 12,5 Prozent erhöht als wenn man einen Wein mit 10 oder 15 Liter Traubensaftzugabe pro 100 Liter schön lieblich macht.
Eine Gärungsunterbrechung ist aber bei Rotweinen wesentlich schwieriger als bei Weißweinen, da die Gärdauer wegen der höheren Temperatur auf der Maische kürzer ist (was den Zeitpunkt der Unterbrechung extrem einengt), und ein durch Gärungsunterbrechung auf sehr kurze Zeit reduzierter Maischekontakt die Extraktion der einiger qualitätsrelevanter Substanzen aus der Traubenschale stark verringert.
Rein verfahrenstechnisch ist es also eher schwer, restsüße Rotweine als hohe Weinqualität zu definieren. Entweder ich gäre ordentlich auf der Maische, um die Qualität des perfekten Traubenmaterials zu extrahieren, muß aber dann mein hochwertiges Endprodukt mit einem zwar aus der Traube gewonnenen aber sonst dem Wein völlig fremden Verschnittpartner verdünnen. Oder ich stoppe die Gärung, kann aber deshalb nicht lange genug auf der Maische bleiben, um das perfekte Traubenmaterial wirklich zu würdigen. Oder ich mache Maischeerhitzung statt Maischegärung und nach der Erhitzung eine Gärungsunterbrechung, aber dann bin ich sowieso jenseits jeglicher seriöser Rotweinqualität.
Grüße
Bernhard
BTW: Aufgebesserte Weine mit gärungsunterbrochener Restsüße enthalten genauso wie nicht aufgebesserte überwiegend Fructose als Restzuckeranteil. Mit Süßreserve versetzte ursprünglich trockene Weine enthalten je zur Hälfte Glucose und Fructose. Welche der beiden Manipulationen entspricht denn wohl eher dem "natürlichen" Geschmacksbild? Von wegen "die Süße kommt aus dem Zuckersack"...