Di 2. Sep 2014, 21:22
Hallo Ulli,
so macht das diskutieren richtig Spaß, wenn einem jemand nach nur einer Stunde punktgenau und fundiert in die einzige offene Flanke der eigenen Argumentation fährt
Portwein kann unbestritten hohe Qualität haben und Terroir zeigen und wird tatsächlich nach wenigen Tagen von den Schalen getrennt (da er zu diesem Zeitpunkt aufgespritet werden muß, um noch süß genug zu sein und dann auch von den Schalen getrennt wird, da der hohe Alkohol ansonsten wohl auch zu viele harte Tannine extrahieren würde).
Die Kombination "Kurze Zeitdauer - möglichst intensive Extraktion - im Interesse der Qualität aber auch größtmögliche Schonung der Maische" ist eine echte Problemstellung (und war auch einmal eine spannende Frage bei der Prüfung zum Diploma des WSET respektive Weinakademiker. Soweit ich weiß und wie du auch vermutest gelingt das relativ gut mit dem intensiven Fußtreten der Maische in flachen Bottichen oder ähnlichen automatisierten "Roboter"-Verfahren, weshalb diese archaisch anmutende Verarbeitung gerade bei den Spitzenports nach wie vor angewendet wird, während bei den Standardportweinen, wo es weniger auf Tiefe und Terroir ankommt normale Rotweinmaischegärverfahren wie sie bei uns gebräuchlich sind angewendet werden.
Meiner Meinung nach müßte deshalb das Endresultat eines derart vergorenen, aber nicht mit Aufspriten sondern mit Sterilfiltration abgestoppten restsüßen Rotweines spannender sein als die in unseren Breiten übliche Weise. Die Frage ist allerdings ob sich der Aufwand lohnen würde, denn meinen Erfahrungen nach ist die Zielgruppe Rotwein restsüß nicht unbedingt eine, die Tiefe zu würdigen weiß und auch entsprechend finanziell honoriert. Ich halte Andreas da tatsächlich für den Vertreter einer sehr sehr kleinen, außerhalb Deutschlands wohl praktisch gar nicht existierenden Minderheit.
@Bernd:
Langer Maischekontakt (d.h. innerhalb des international üblichen Bereiches zwei, drei, vier und mehr Wochen) um den Tanningehalt nach oben zu treiben wird für restsüße Spätburgunder wohl nicht nötig sein. Drei oder vier Tage sind aber schon ziemlich kurz, nicht nur in Hinblick auf die Tannine, sondern auch wegen der Farb- und Aromaextraktion. Und viel länger geht kaum, ohne dass der Wein für eine Gärungsunterbrechung nicht schon zu wenig süß ist, denn Rotwein gärt zwecks Extraktion deutlich wärmer als Weißwein und damit auch bedeutend schneller. Wegen der Temperatur und der Anwesenheit der Schalen mitsamt allen natürlichen Hefen (im Unterschied zum Weißwein, wo durch das Pressen und vor allem die Mostklärung viel von der natürlichen Flora entfernt wird) spielt die Frage Spontangärung oder Reinzuchthefe bei den Roten eine (noch
) viel kleinere Rolle wie bei den Weißweinen.
@C9dP:
Die Zweigelt-TBAs sind ja nicht wirklich Rotweine, sondern in erster Linie TBAs, die halt im besten Fall rötlich, im schlechteren eher braun-orange sind. Bezüglich Mostgewicht und späterem Restzucker ist man da in einer ganz anderen Liga als beim 11 Prozent Alkohol 30 Gramm Restzucker Spätburgunder und deshalb ist das nicht vergleichbar.