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Rettet den restsüßen Spätburgunder Prädikatswein!

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AH.

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Rettet den restsüßen Spätburgunder Prädikatswein!

BeitragMo 1. Sep 2014, 19:57

Hallo,

Prädikatsweine (Kabinett, Spätlese, Auslese, Beerenauslese, Trockenbeerenauslese und Eiswein) dürfen unter anderem nicht chaptalisiert bzw. angereichert werden. Es darf also kein Zucker oder RTK in den Wein gegeben werden. Früher gab es öfter restsüße Spätburgunder Prädikatsweine. Die sind heutzutage selten geworden. Ein seriöser restsüßer Spätburgunder wird durch offene Maischegärung und Verschnitt mit Süßreserve (Traubensaft aus derselben Sorte und Lage) hergestellt. Es gibt auch restsüße Spätburgunder, die durch Maischeerhitzung hergestellt werden. Dabei werden gequetschte Trauben erhitzt und der so gewonnene rote Traubensaft wird vergoren. Solche Weine haben im Bukett einen Fehlton, sie riechen nach Gummibärchen. Restsüße Spätburgunder ohne Prädikat sind i.d.R. wohl angereichert, die Süße kommt also aus dem Zuckersack.
Für mich sind restsüße Spätburgunder Prädikatsweine eine große Delikatesse (herrlich z.B. der 2001er Ahrweiler Rosenthal Spätburgunder Auslese vom Staatsweingut Marienthal, die immer sehr sauber gearbeitet haben oder auch die 2003er Spätburgunder Beerenauslese von Ewald Zenzen (Untermosel), die keine merkbare Botrytis und oft immer noch ein klares Sortenbukett hat). Ich möchte hier über einen restsüßen Spätburgunder Prädikatswein berichten, es ist die Ahrweiler Rosenthal Spätburgunder Spätlese vom Ahrweiler Winzerverein (11,5 vol% Alkohol):

Geruch: Sortentypisches, etwas vegetabiles (wohl Methoxypyrazine) leicht überreifes Spätburgunder Sortenbukett. Daher vermutlich offene Maischegärung mit Zugabe von Süßreserve und keine Maische-Erhitzung. Etwas alkoholisch.

Geschmack: Süß, durch den Alkohol etwas bitter, wenig Säure. Mittlere phenolische Bitterkeit, der Wein sollte daher noch einige Jahre ruhen (ca. 10 Jahre geschätzt). Korrekter Spätburgunder-Geschmack.

Mundgefühl: Brandig aufgrund von 11,5 vol% Alkohol, nicht adstringierend, geringe Mundfülle.

Fazit: Sortentypischer und wohl sortenreiner und reintöniger restsüßer Spätburgunder mit 11,5 vol% Alkohol. Mit 9 vol% hätte er mir noch besser geschmeckt. Eine große und sehr seltene hochgradige Delikatesse!

Den Wein gibt es bei Kaufhof in Hannover oder direkt beim Ahrweiler Winzerverein für nur 9,90 €, was gemessen an der Qualität überaus günstig ist:
http://www.ahrweiler-winzerverein.de/Jo ... cts_id/136

Früher gab es vom Ahrweiler Winzerverein auch einen trockenen Spätburgunder Kabinett, ausgereift im Jubiläumsfaß. Er hatte nur 11,5 vol% Alkohol. Leider wird er nicht mehr produziert. Helft, daß uns wenigstens die restsüße Spätburgunder Spätlese erhalten bleibt, es gibt kaum noch Produzenten, die diese Delikatesse pflegen. Aufgrund des erhöhten Schwefeldioxidgehaltes (nötig wegen eventuellem mikrobiellem Verderb aufgrund des Restzuckers) sind solche Weine vermutlich sehr haltbar. Generell kann ich den Ahrweiler Winzerververein als einen der letzten seriösen und sehr preiswerten Produzenten an der Ahr sehr empfehlen. Und vergeßt nicht, kauft niemals einen QbA, immer nur Prädikatsweine, die sind zumindest nicht angereichert. Auch wenn es ein großes Gewächs oder ein hoch bepunkteter Wein ist. QbA ist potentiell immer minderwertig, da angereichert - sonst würde der Wein nicht als QbA vermarktet, in aller Regel. Die Erzeuger von sogenannten "Spitzenweinen" wollen auch in kühleren Jahren alkoholstarke, brandige und bittere Weine an ihre Kundschaft verkaufen, auch "große Gewächse" werden daher meist wohl nur als QbA´s vermarktet. Wenn man einen teuren Wein, wie ein "großes Gewächs" oder ein "erstes Gewächs" kauft, sollte man daher immer aufs Etikett schauen, ob er potentiell minderwertig (QbA) oder hochwertig (Kabinett aufwärts) ist. Und ein Wein schmeckt mir umso besser, je geringer der Alkholgehalt ist, da Alkohol ein brennendes Mundgefühl verursacht (unangenehm) und bitter schmeckt (widerlich). Anreicherung ist für Feinschmecker also kontraproduktiv!

Es gibt vom Ahrweiler Winzerverein noch eine trockene 2011er Ahrweiler Rosenthal Spätburgunder Auslese (13,5 vol% ohne Zuckersack), die ich bisher nicht probiert habe, aber probieren will. Der Wein kostet nur 11,90 € ab Hof. Die 2006er Spätburgunder Auslese war famos und reift aufgrund einer leichten Bitternote noch in meinem Keller.

http://www.ahrweiler-winzerverein.de/Jo ... ucts_id/75

Liebe Grüße

Andreas
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C9dP

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Re: Rettet den restsüßen Spätburgunder Prädikatswein!

BeitragDi 2. Sep 2014, 06:34

Auch wenn es ein großes Gewächs oder ein hoch bepunkteter Wein ist. QbA ist potentiell immer minderwertig, da angereichert - sonst würde der Wein nicht als QbA vermarktet, in aller Regel. Die Erzeuger von sogenannten "Spitzenweinen" wollen auch in kühleren Jahren alkoholstarke, brandige und bittere Weine an ihre Kundschaft verkaufen, auch "große Gewächse" werden daher meist wohl nur als QbA´s vermarktet. Wenn man einen teuren Wein, wie ein "großes Gewächs" oder ein "erstes Gewächs" kauft, sollte man daher immer aufs Etikett schauen, ob er potentiell minderwertig (QbA) oder hochwertig (Kabinett aufwärts) ist. Und ein Wein schmeckt mir umso besser, je geringer der Alkholgehalt ist, da Alkohol ein brennendes Mundgefühl verursacht (unangenehm) und bitter schmeckt (widerlich). Anreicherung ist für Feinschmecker also kontraproduktiv!


Bis zu dem Part fand ich den Beitrag ja fast noch lesenswert. Aber jetzt weiß ich, dass du keine Ahnung hast.
Viele Grüße

Aloys
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MichaelWagner

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Re: Rettet den restsüßen Spätburgunder Prädikatswein!

BeitragDi 2. Sep 2014, 06:57

Wenn ich das richtig verstehe wird ein Spätburgunder erst durch ne satte Ladung Süssreserve & Schwefel so richtig hochwertig.
wenns läuft, dann läufts. Aber bis es läuft, dauerts...
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UlliB

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Re: Rettet den restsüßen Spätburgunder Prädikatswein!

BeitragDi 2. Sep 2014, 06:58

C9dP hat geschrieben:Aber jetzt weiß ich, dass du keine Ahnung hast.

Aloys,

mit solchen Äußerungen wäre ich etwas vorsichtig. Andreas ist "Forums-Urgestein", gewissermaßen Gründungsmitglied der Weinforenszene, und ein außerordentlich kompetenter Verkoster insbesondere für restsüße Weine. Dass er konstant und sehr fest einige Meinungen vertritt, die ich nicht teile, sollte man tolerieren - jedenfalls habe ich seine in den letzten Jahren immer spärlicher werdenden Beiträge stets als Bereicherung und Gedankenanstoß empfunden.

Was das Thema an sich betrifft, möchte ich nur daran erinnern, dass der aus dem VDN hervorgegangene VDP ursprünglich genau vom gleichen Konzept ausgegangen ist, nämlich dass Anreicherung kontraproduktiv ist - und das wohlgemerkt zu Zeiten, als unchaptalisierte Rieslinge in Deutschland in vielen Jahren 10% und weniger potentiellen Alkoholgehalt hatten (und bevor jetzt das Argument "restsüß" kommt: nein, auch schon beim VDN wurden etliche Weine trocken ausgebaut). Die momentane Tendenz zu hochkonzentrierten und alkoholstarken Weinen ist auch nicht viel mehr als ein Modetrend, wie vielleicht trockene Ultraleichtweine auch einmal nur ein Modetrend waren; nicht mehr und nicht weniger.

Gruß
Ulli
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Bernd Schulz

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Re: Rettet den restsüßen Spätburgunder Prädikatswein!

BeitragDi 2. Sep 2014, 07:26

Andreas ist "Forums-Urgestein", gewissermaßen Gründungsmitglied der Weinforenszene, und ein außerordentlich kompetenter Verkoster insbesondere für restsüße Weine.


So verhält es sich. Und deshalb habe ich mich darüber gefreut, endlich mal wieder einen Beitrag von ihm lesen zu können!

An restsüßen (und dann möglichst nicht chaptalisierten) Spätburgundern kann ich durchaus meine Freude haben - aber erst dann, wenn sie mindestens ein Alter von 20 Jahren erreicht haben. Vorher steht mir die Süße einfach zu sehr im Vordergrund.

Auf Andreas´Empfehlung hin habe ich mir übrigens schon mal einen restsüßen Spätburgunder vom Ahrweiler Winzerverein gekauft. Ich glaube, es war eine 2003er Spätlese aus dem Ahrweiler Rosenthal, aber ganz genau weiß ich es nicht mehr. Und ich bin gerade auch zu faul, zwecks Gucken aufs Etikett nach den verbliebenen zwei Pullen zu suchen. Die habe ich nämlich, nachdem ich die erste Flasche geöffnet und den Wein probiert hatte, in den allertiefsten Schlüften meines Kellers vergraben, weil ich sie auf keinen Fall vor 2025 öffnen möchte. :mrgreen:

Viele Grüße

Bernd
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octopussy

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Re: Rettet den restsüßen Spätburgunder Prädikatswein!

BeitragDi 2. Sep 2014, 08:31

Danke für den Beitrag. Ich habe auch durchaus immer mal etwas übrig für restsüße (rote) Spätburgunder (vor allem von den Hessischen Staatsweingüter).

QbA ist potentiell immer minderwertig, da angereichert - sonst würde der Wein nicht als QbA vermarktet, in aller Regel. Die Erzeuger von sogenannten "Spitzenweinen" wollen auch in kühleren Jahren alkoholstarke, brandige und bittere Weine an ihre Kundschaft verkaufen, auch "große Gewächse" werden daher meist wohl nur als QbA´s vermarktet. Wenn man einen teuren Wein, wie ein "großes Gewächs" oder ein "erstes Gewächs" kauft, sollte man daher immer aufs Etikett schauen, ob er potentiell minderwertig (QbA) oder hochwertig (Kabinett aufwärts) ist.


Ich verstehe wirklich überhaupt nicht, warum der VDP meint, alle trockenen VDP Weine dürften nur als QbA vermarktet werden (gerade angesichts der Tradition des VDP als Verband deutscher Naturweinversteigerer, also von nicht chaptalisierten Weinen). Ob hinten klein Spätlese oder Auslese drauf steht, dürfte m.E. angesichts der simplifizierten Vorderetiketten ("Wittmann - Brunnenhäuschen Riesling GG 2013") den Kunden nicht zu stark verwirren. Ob die Großen Gewächse (aus "VDP Großen Lagen") oder die Weine aus "VDP Ersten Lagen" chaptalisiert werden, möchte ich aber stark anzweifeln. VDP-intern müssen Weine aus "Großen Lagen" und "Ersten Lagen" mindestens 85° Oechsle haben, also mindestens ein Spätlese-Mostgewicht haben. Da die Weine QbAs sind, könnten sie theoretisch trotz Spätlese-Oechsles noch auf einen höheren Alkoholgrad chaptalisiert werden (z.B. von 11,5% Vol. (= ca. 85° Oechsle) auf 13% Vol.). Aber wird das wirklich gemacht?
Beste Grüße, Stephan
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UlliB

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Re: Rettet den restsüßen Spätburgunder Prädikatswein!

BeitragDi 2. Sep 2014, 08:50

octopussy hat geschrieben: Aber wird das wirklich gemacht?

Stephan,

das weiß niemand so genau. In reifen Jahren wie 2012 wohl ziemlich sicher nicht; was aber in problematischeren Jahren wie 2010 oder auch 2013 tatsächlich passiert ist, bleibt im Dunklen. Zumindest hat man sich mit der Deklaration als QbA ein rechtliches Hintertürchen offen gelassen.

Anders als Andreas bin ich übrigens kein genereller Gegner einer Chaptalisation. Dass aber ausgerechnet der VDP den Weg beschritten hat, seine höchste Qualitätsstufe bei trockenen Weinen rechtlich als QbA zu gestalten, zeugt von einer merkwürdigen Geschichts- und Traditionsvergessenheit. Vermutlich wissen viele neuere Mitglieder gar nicht mehr, wofür das "P" (bzw. das "N" beim Vorläuferverband VDN) einmal gestanden hat.

Gruß
Ulli
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Charlie

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Re: Rettet den restsüßen Spätburgunder Prädikatswein!

BeitragDi 2. Sep 2014, 08:56

Freut mich auch, dass Andreas hier wieder mal was schreibt. 2 lakonische Punkte Senf von mir:

1. grundsätzlich sollte man nie Qualität und Technik ursächlich verknüpfen. Auch wenn die Versuchung noch so groß ist, besonders für einen Chemiker ;)

2. Ha, was für ein exotischer Luxus! Für den restsüßen Spätburgunder kämpfen. Dabei sehe ich sogar den restsüßen Prädikats-Riesling in Gefahr. Der restsüße Prädikats-Spätburgunder ist - fürchte ich - praktisch schon verloren.
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MichaelWagner

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Re: Rettet den restsüßen Spätburgunder Prädikatswein!

BeitragDi 2. Sep 2014, 09:12

Hmm...es gibt nach wie vor gute restsüsse Rotweine & Weißweine. Das "Problem" für den Verbraucher ist nicht dass es sie nicht gibt, sondern dass der Zugang "erschwert" ist, da es diese Weine im Handel kaum gibt, sondern meist direkt vom Weingut. Es würde jahrelang von allen "Experten" gepredigt, dass nur der trockene Wein der echte Wein sei. Verbraucher und Händler haben das mittlerweile so verinnerlicht, dass es als Winzer schwierig ist nur mal einen einzigen Süsswein neben seinen trockenen ins Regal zu bekommen (ach das sind doch Liebhaberweine, die kauft doch kaum jemand).
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maha

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Re: Rettet den restsüßen Spätburgunder Prädikatswein!

BeitragDi 2. Sep 2014, 09:42

MichaelWagner hat geschrieben:Hmm...es gibt nach wie vor gute restsüsse Rotweine & Weißweine. Das "Problem" für den Verbraucher ist nicht dass es sie nicht gibt, sondern dass der Zugang "erschwert" ist, da es diese Weine im Handel kaum gibt, sondern meist direkt vom Weingut...

Dazu fällt mir eine nette Geschichte ein die diese Aussage untermauert.
Wir hatten vor ein paar Wochen ein kleines Gartenfest mit Nachbarn. Da der eine Nachbar keine Weissweine trinkt, wollte er mir seine wenigen verbliebenen Vorräte vermachen. Kam aus dem Keller und präsentierte mir stolz 2 Falschen Spätburgunder von der Ahr (in einer Schlegelflasche). Auf dem Etikett stand „trocken“.
Auf meinen Hinweis dass es sich aber hier um einen Rotwein handle, bekam ich zur Antwort dass das ja nicht sein könne, da auf dem Etikett „trocken“ stünde. Diese Aussage liess mich etwas ratlos zurück und ich bat um weitere Erklärungen.
Die weiteren Ausführungen haben dann ergeben dass angeblich (in der Schweiz) auf keiner Rotweinflasche „trocken“ stehen würde, da ja Rotweine IMMER trocken seien. Folglich wäre also alles wo „trocken“ extra vermerkt sei ein Weisswein. :shock:

Dies zum Thema Restsüsse Rotweine :lol:
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