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Re: 2015 Franken

BeitragVerfasst: Di 6. Apr 2021, 21:09
von Gerlach
Erich, Deine Würzburg-Präferenz für das Weingut am Stein teile ich - habe gerade den Würzburg Orts-Silvaner 2018 im Glas und bin überrascht: eine Ausnahmeerscheinung in dem fränkischen Jahrgangskontext; kein Säureproblem, kein Restzucker, animierend-trinkreflexfördernd, aromatisch-vielschichtig-schlank-elegant, bisschen Nuss und Pfeffer-Würze, einfach auf den Punkt gelungen, Hofschuster meinte vorigen Sommer dazu: "hat mit mit dem Jahr reife seit der letzten Probe noch einmal deutlich zugelegt. -88 Punkte" Noch im Handel erhältlich - für 12 €.
Irritiert hat mich kürzlich eine Attacke von Martin Kössler ("weinhalle") auf Ludwig Knoll (hat er aus seinem Sortiment entfernt, ebenso wie Kühn oder van Volxem, die er vormals mit der ihm eigenen Vehemenz gepriesen hat) - er kritisierte, dass ein Bio-Vorzeige-Winzer nunmehr auch eine künstliche Bewässerung seiner Rebanlagen durchführe; so etwas streben offenbar auch Winzer in Randersacker durch eine Main-Wasserentnahme ein. Diese Reaktion gerade fränkischer Winzer auf die trockenen Sommer der vorigen 3 Jahre ist verständlich, aber doch wohl unter Umweltaspekten sehr problematischl
Die Würzburger Spitäler verfügen über tolle Lagen, so dass die Lagen-Weine daraus im Gegensatz zu den Qualitäten darunter mir in den den vorigen Jahren gefallen haben (bei grenzwertigen Preisen von rd. 13 €) - der fehlende Bio-Bezug mit seinen entspannter wirkenden Weinen hat bei mir aber Zweifel ausgelöst. Konventionell angebaute Weine haben für mich inzwischen ein geschmackliches Defizit mit anderen Kaufreflexen - so ist nach vielen Jahren das Weingut Ruck für mich ein no-go geworden.
Gruß, Bernd

Re: 2015 Franken

BeitragVerfasst: Di 6. Apr 2021, 21:56
von UlliB
Gerlach hat geschrieben:Irritiert hat mich kürzlich eine Attacke von Martin Kössler ("weinhalle") auf Ludwig Knoll (hat er aus seinem Sortiment entfernt, ebenso wie Kühn oder van Volxem, die er vormals mit der ihm eigenen Vehemenz gepriesen hat) - er kritisierte, dass ein Bio-Vorzeige-Winzer nunmehr auch eine künstliche Bewässerung seiner Rebanlagen durchführe; so etwas streben offenbar auch Winzer in Randersacker durch eine Main-Wasserentnahme ein. Diese Reaktion gerade fränkischer Winzer auf die trockenen Sommer der vorigen 3 Jahre ist verständlich, aber doch wohl unter Umweltaspekten sehr problematischl

In Kösslers Aussendung ging es nicht um Randersacker, sondern um Iphofen - das ist anders als Randersacker schon ein ganzes Stück vom Main entfernt, und hier müsste eine kilometerlange Rohrleitung gebaut werden; nach Kösslers Angaben ist das ein 20-Millionen-Projekt. In der gleichen Aussendung hat er übrigens auch kräftig gegen den von Dir genannten Winzer Ruck ausgeteilt.

Was die Umweltaspekte einer Entnahme von Oberflächenwasser betrifft, bin ich nicht so ganz sicher, ich müsste mich da mal belesen. Grundsätzlich erlauben die Bio-Verbände Bewässerung (selbst die Biodynamiker verbieten sie mWn nicht), und z.B. in Österreich wird sie inzwischen auch umfangreich betrieben, in manchen Gebieten wie der Wachau praktisch flächendeckend, sowohl bei Bio als auch konventionell. Bei meinem letzten Besuch im Kremstal meinte einer der Erzeuger, dass in Jahren wie 18 oder 19 in etlichen Lagen eine Weinerzeugung ohne Bewässerung völlig unmöglich wäre.

Ich vermute mal, dass man in den kommenden Jahren auch in Deutschland immer mehr bewässerte Lagen sehen wird. Projekte gibt es viele.

Gruß
Ulli

Re: 2015 Franken

BeitragVerfasst: Di 6. Apr 2021, 22:30
von Judo
War mir neu, dass Kössler das Weingut am Stein im Sortiment hatte. Zumindest nicht in de letzten ein, zwei Jahren. Dafür hat er neue spannende Winzer wie Stephan Krämer oder Richard Östreicher aufgetan. Potential abseits der Spitäler ist jede Menge vorhanden. Daher wandern auch bei mir nur ab und zu mal Steinweine in den Keller. Eindecken würde ich mich damit nicht

Re: 2015 Franken

BeitragVerfasst: Di 6. Apr 2021, 22:42
von EThC
UlliB hat geschrieben:Was die Umweltaspekte einer Entnahme von Oberflächenwasser betrifft, bin ich nicht so ganz sicher, ich müsste mich da mal belesen.

...wesentlich ist bei der Flußwasserentnahme, daß eine Mindestströmung nicht unterschritten wird, welche die im Sommer eh schon gebeutelte Fauna verstärkt beeinträchtigen würde. Kritischer als die reine Entnahme zur Bewässerung (bei ufernaher Bewässerung z.B. der Steillagen kommt das Wasser ja auch teils verzögert wieder zurück) sehe ich die Aufheizung durch Verwendung für Kühlzwecke (weshalb auch die Einleittemperaturen entsprechend limitiert sind). Letztlich ist es eine Abwägung durch die genehmigende Behörde in Abstimmung mit dem zuständigen Wasserwirtschaftsamt, ob und in welchem Maße sie eine solche Wasserentnahme genehmigt. Grundsätzlich sehe ich da aber nichts, was dem Bio-Gedanken zuwider läuft. Es sei denn, man stellt sich auf den "Null-Eingriff-Standpunkt". Dann kann man jedoch große Teile der landwirtschaftlichen Nutzung künftig vergessen, denn Wasser ist nun mal essentiell. Und wenn's nicht mehr ausreichend kommt, wächst halt nicht mehr so viel, egal ob bio oder konventionell.
Ich bin hier doch versucht, mir "typisch deutsch" zu denken, wenn man mittlerweile grundsätzlich alles von vornherein verteufelt, andererseits aber dennoch qualitativ höchstwertige Erzeugnisse erwartet.
Im Studium hatte ich mal eine Begleitvorlesung "Ökologie und Technik", da ging's u.a. um die Wechselwirkung zwischen der Bevölkerung, deren Wohlstand und die Auswirkungen auf die Umwelt. Da hab ich so eine Modellrechnung in Erinnerung, derzufolge bei nullinvasiver Technik und dem Wohlstand der 80er auf der Fläche der damaligen BRD max. ca. 1,5 Mio Menschen leben könnten, ohne daß die Natur relevant beeinflußt wird.
Man muß also bei 83 Millionen Leuten und dem Wohlstand des 21. Jahrhunderts zwangsläufig Kompromisse eingehen. Oder halt die Komfortzone deutlich verkleinern.
Also laßt die Randersackerer und Würzburger Winzer ihre Weinberge im genehmigten Rahmen bewässern, wenn sie das für überlebensnotwendig erachten, in der Regel wird das sowieso nur in "Notfällen" und nicht ständig gemacht, bei "Alten Reben", die tief genug wurzeln, meist gar nicht. Sonst gibt's zukünftig -wenn überhaupt- nur noch so überextrahiertes 18er Trockenstreß-Zeug, das brauch zumindest ich gar nicht...

Re: 2015 Franken

BeitragVerfasst: Mi 7. Apr 2021, 05:18
von Lorne Malvo
EThC hat geschrieben:...vom BüSpi hatte ich in den letzten Jahren nicht so viele Weine im Glas, stand m.E. lange hinter dem JuSpi und die Weine von Ludwig Knoll gefallen mir von den Würzburgern mittlerweile eh am besten. Dennoch machen wir möglicherweise Ende April bei einer Online-Verkostung mit, ein Freund hat die vorgeschlagen. Mal sehen...
Werde ich mit Interesse verfolgen. Zum Kaufzeitpunkt hieß es "ist auf dem aufsteigenden Ast". Da das Weingut bei mir bislang mit den Exoten nicht so gezündet hat und es was Dimension, Flaschenausstattung, Anbau-, Ausbaumethoden angeht auch nicht so in Richtung Favorit geht und im Glas das auch nicht 100%ig meins war, würde ich da sicher eher auch mal am Stein (gefällt mir alles schon oberflächlich besser) und da eher Richtung Sylvaner versuchen.

In den letzten Jahren trinke ich halt viel mehr Frankreich als Franken und im Vergleich hat es bei mir Chardonnay gg. Jura und Burgund sicher eh etwas schwer.

Re: 2015 Franken

BeitragVerfasst: Mi 7. Apr 2021, 10:16
von EThC
Lorne Malvo hat geschrieben:In den letzten Jahren trinke ich halt viel mehr Frankreich als Franken und im Vergleich hat es bei mir Chardonnay gg. Jura und Burgund sicher eh etwas schwer.

...das ist aus meiner Sicht absolut nachvollziehbar! Bei fränkischem Chardonnay habe ich auch kaum Erfahrungen, nur einer von Wirsching, der soweit ganz nett war, aber keinen Nachkaufanreiz bot, und dann noch der "Fass 500" von Stahl, der dann schon eine recht schöne Interpretation der Sorte ist. Der Chardonnay von Richard Östreicher könnte vielleicht interessant sein, aber bei gut 50 Euronen Flaschenpreis liegt die Hemmschwelle da schon sehr hoch...

Re: 2015 Franken

BeitragVerfasst: Mi 7. Apr 2021, 21:23
von port_ellen
wieder was von Wirsching:

2015 Iphöfer Kalb, Silvaner Erste Lage

intensive sehr typische nase: "grasige" birne mit melone, leichte grapefruit-säurespitze, dann noch rauchig/speckig (schinken) - komplex und interessant.

vorne erst weich (13.5%), dann aber sofort saftige zitronige säurespitze, ab der mitte stark rauchig, feuerstein-schiesspulver, mineralisch, auch im geschmack komplex. nach hinten etwas limetten-drops.
gefällt mir sehr, ein charakterwein.

m

Re: 2015 Franken

BeitragVerfasst: Do 8. Apr 2021, 18:07
von weinaffe
EThC hat geschrieben:
Lorne Malvo hat geschrieben:In den letzten Jahren trinke ich halt viel mehr Frankreich als Franken und im Vergleich hat es bei mir Chardonnay gg. Jura und Burgund sicher eh etwas schwer.

...das ist aus meiner Sicht absolut nachvollziehbar! Bei fränkischem Chardonnay habe ich auch kaum Erfahrungen, nur einer von Wirsching, der soweit ganz nett war, aber keinen Nachkaufanreiz bot, und dann noch der "Fass 500" von Stahl, der dann schon eine recht schöne Interpretation der Sorte ist. Der Chardonnay von Richard Östreicher könnte vielleicht interessant sein, aber bei gut 50 Euronen Flaschenpreis liegt die Hemmschwelle da schon sehr hoch...


Hallo Erich,

Chardonnay könnte für Franken durchaus eine erfolgversprechende Silvaneralternative werden, da sowohl Boden als auch mittlerweile das Klima sehr geeignet sind. Da die Sorte aber weltweit mehr als präsent ist, wäre es essentiell, einen eigenen fränkischen Chardonnay-Stil zu kreieren Internationale Stile zu kopieren (siehe Büspi Chardonnay mit Wums und Holz) ist dabei sicher nicht zielführend. Gut macht das in meinen Augen z. B. das Öko-Weingut Rainer Zang in Nordheim, das mit seinem 2018er Chardonnay Kapellenstück (16 Euro ab Weingut) zeigt, wie's geht: Spontangärung, langer Ausbau im gebrauchten Holzfass auf der Hefe, klare, feine und fruchtreduzierte Stilistik, knalltrocken und trotzdem mit viel Trinkfluss ... und das alles bei gerade mal 12 Vol%, toller Chardonnay, dessen Qualität sich erst nach dem zweiten oder dritten Schluck erschliesst, der aber in einer Vergleichsprobe mit gewichtigeren Kalibern wahrscheinlich untergehen würde. So in etwa könnte ich mir einen eigenständigen fränkischen Chardonnay-Stil vorstellen.

LG
Bodo

Re: 2015 Franken

BeitragVerfasst: Do 8. Apr 2021, 21:50
von EThC
weinaffe hat geschrieben:Da die Sorte aber weltweit mehr als präsent ist, wäre es essentiell, einen eigenen fränkischen Chardonnay-Stil zu kreieren Internationale Stile zu kopieren

Hallo Bodo,
da stimme ich Dir durchaus zu! Wobei das Schielen in Richtung Burgund nie was Schlechtes ist, Kopie und Inspiration sind ja was grundsätzlich Unterschiedliches. Was mir beim Chardonnay aktuell am meisten Freude macht, ist der recht reduzierte, reduktive, leicht grünliche, aber nicht unreife Stil, den einige burgundische Winzer aus der eher natürlichen und meist auch schwefelfreien Ecke so kreieren. Wenn es dazu tatsächlich ein paar eigenständige fränkische Pendants gäbe, würde ich mich freuen! :D

Vielleicht probiere ich ja auch mal den Zang-Chardonnay, das Gut habe ich eh schon länger auf meiner Wunschliste, jedoch wegen Kellerfülle noch nix bestellt... :cry:

Re: 2015 Franken

BeitragVerfasst: Di 5. Okt 2021, 21:11
von EThC
...leider heute deutlich beliebiger als beim Erstkontakt:

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