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Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

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octopussy

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Re: Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

BeitragMi 27. Apr 2011, 16:13

weinaffe hat geschrieben:Die eigenen Weine von Jürgen Hofmann sind im übrigen absolut empfehlenswert und für Eleganztrinker fast ein Muss. Vor allem was er aus der Rebsorte Tauberschwarz herausholt ist wirklich außergewöhnlich.

Hallo zusammen,

kurz nach Ostern bin ich bei Fam. Hofmann in Röttingen gewesen und habe ein paar Weine probieren können. Röttingen liegt ein bisschen abseits an der Romantischen Straße, ist von Bad Mergentheim aber gut zu erreichen und hübsch gelegen. Das Weinprogramm ist ziemlich breit gefächert mit einem breiten Rebsortenspektrum und größtenteils für die gute Qualität recht niedrigen Preisen (bis auf die Holzfass-gereiften Rotweine und edelsüße Weine findet sich kein Wein über 10 Euro, Kabinett-Qualitäten liegen bei 5 Euro). Probiert habe ich aus 2010 einen Silvaner und einen Riesling Kabinett sowie die weiße Cuvée Flint, aus 2009 ebenfalls den Riesling Kabinett und den Riesling *** (Spätlese), aus 2008 eine Spätlese Cuvée aus Silvaner und Riesling sowie den Röttinger Feuerstein Tauberschwarz R und aus 2007 die Cuvée Sophie Marie (Cabernet Franc und Merlot). Nicht probieren konnte ich den Basis-Tauberschwarz (ausverkauft) und den Tauberschwarz R aus der Lage Markelsheimer Probstberg, wo das Gut nur eine Handvoll Stöcke Tauberschwarz hat.

Alle probierten Weißweine fielen tatsächlich in die von Bodo genannte "Eleganz"-Kategorie, waren sehr feingliedrig, hübsch mineralisch und nur dezent im Hintergrund fruchtig. Beim 2010 Riesling Kabinett (besser als der 2009er, der aber ohnehin ausverkauft war) fiel die wirklich schöne Kombination aus dezenter Exotik und Mineralik auf. Der Kracher aus meiner Sicht war die Cuvée aus Silvaner und Riesling aus 2008, die mehr vom Silvaner hatte, aber unglaublich komplex, kraftvoll, dabei aber sehr trinkanimierend ausfiel. Die Rieslinge haben übrigens alle etwas Restsüße und liegen geschmacklich irgendwo zwischen trocken und feinherb, sind allerdings erheblich schlanker und säurebetonter als z.B. Weine von Heymann-Löwenstein oder Van Volxem (das ist jetzt kein besonders guter Vergleich, ich habe aber diese beiden Betriebe mal zum Vergleich herangezogen, weil sie bei der Restsüße ebenfalls flexibel sind).

Die probierten Roten waren sehr eigenwillig. Die Sorte Tauberschwarz dürfte nicht allen gefallen. Sie ist eine echte Seltenheit, wird nur (noch bzw. wieder) auf insgesamt 12 ha im Taubertal angebaut und wurde von Slowfood in die Arche des Geschmacks aufgenommen, das Programm zur Erhaltung vom Aussterben bedrohter Kulturpflanzen und -tiersorten. Sie hat zwar ein durchaus fruchtiges Bouquet mit viel Wildkirsche, ist am Gaumen aber wirklich bitter mit massig Tannin, das solo getrunken etwas gewöhnungsbedürftig, wenngleich nicht unangenehm ist. Zwei Flaschen habe ich mitgenommen, zu bestimmtem Essen könnte er passen, wenn das Essen die bitteren Tannine etwas auffängt. Die Cuvée Sophie-Marie (m.W. benannt nach den beiden Töchtern) war da schon etwas zugänglicher und deutlich vom Cabernet Franc geprägt. Vergleichbar war der Wein eher mit einem Chinon oder Bourgeuil als mit einem Cabernet Franc geprägten Bordeaux.
Beste Grüße, Stephan
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octopussy

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Re: Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

BeitragSo 1. Mai 2011, 22:27

Ich beginne gerade, die Weine aus dem Taubertal für mich zu entdecken. Den gemischten Satz aus Alten Reben von Otto Geisel, nach dem ich weiter oben gefragt hatte, habe ich jetzt mal probiert.

Die Notiz dazu gehört eigentlich nicht in den Franken-Thread, da der Wein aus dem Anbaugebiet Württemberg stammt. Da ich die Frage nach den Otto Geisel Weinen aber aus Unwissenheit fälschlicherweise hier gestellt hatte, ziehe ich die Ungenauigkeit mal knallhart durch ;). Hinzu kommt, dass die Weine aus dem Taubertal vielleicht auch ganz gut zusammen in einen Thread passen. Ich habe mal den Weinatlas Deutschland zu Rate gezogen, der dem Taubertal ein eigenes Kapitel widmet, als wäre es ein eigenständiges Weinanbaugebiet. Tatsächlich fallen die Weine aus dem Taubertal aber in drei Weinanbaugebiete, nämlich Baden (alles von Reichholzheim über Tauberbischofsheim bis Bad-Mergentheim). Dann kommt ein Streifen Württemberg, in dem u.a. Markelsheim und Weikersheim liegen. Wenn die Tauber bei Weikersheim einen Schlenker nach Norden macht, kommt Röttingen, das im Anbaugebiet Franken liegt. Dann kommt wieder Württemberg. Und Tauberzell und Rothenburg o.d.T. liegen wieder im Anbaugebiet Franken. Nun denn :roll:.

Zum Wein: Dieser stammt aus über 50 Jahre alten, im Gemischten Satz angebauten Riesling und Silvaner Reben im Markelsheimer Probstberg, wird laut Etikett mit wilden Hefen spontan vergoren und unfiltriert abgefüllt, wie Bodo Weinaffe weiter oben bereits sagte, bei Jürgen Hofmann auf dem Weingut in Röttingen. Laut dem Weinatlas Deutschland (2007) ist das gar nicht so einfach, da Trauben eigentlich nicht von einem Weinanbaugebiet in ein anderes verfrachtet und dort verarbeitet werden dürfen (der Atlas nennt konkret das Beispiel des Verbringens von Trauben aus Markelsheim nach Röttingen). Aber gut, Herr Geisel wird schon einen Weg gefunden haben.

Jedenfalls schmeckt mir (und auch Mademoiselle) der Wein ganz ausgezeichnet. Er hat enorm viel Spannung, die fast explosiv ist, und schmeckt toll nach Herbstfrüchten von Streuobstwiesen. Den Preis von knapp unter 10 Euro finde ich für diese Qualität sehr, sehr günstig. Vielleicht lege ich da noch ein paar Flaschen nach oder hoffe auf einen Nachfolger aus 2010.

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Beste Grüße, Stephan
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Burzuko

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Re: Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

BeitragFr 6. Jan 2012, 19:54

So liebe Leute,

der "Erdrauch" Silvaner von LandArt ist unterwegs... bald kann ich auch endlich mitreden! ;)

Werde den 2009er gegen den 2010er antreten lassen. Bin schon ganz hibbelig! Schön wäre es, auch noch den 2008er herzaubern zu können...

Bis demnächst,
George
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weinaffe

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Re: Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

BeitragSo 8. Jan 2012, 15:26

Burzuko hat geschrieben:So liebe Leute,

der "Erdrauch" Silvaner von LandArt ist unterwegs... bald kann ich auch endlich mitreden! ;)

Werde den 2009er gegen den 2010er antreten lassen. Bin schon ganz hibbelig! Schön wäre es, auch noch den 2008er herzaubern zu können...

Bis demnächst,
George


Hallo George,

den sofortigen Erdrauch-Vergleich 2009/2010 solltest Du nur machen, wenn Du noch mehrere Flaschen von beiden hast. Der 2010 ist zwar schon antrinkbar (seit Mitte Dezember auf Flasche), ist aber sehr verhalten und benötigt noch mehr Luft als der 2009er.
Ich bin mal gespannt auf Deine Eindrücke; mein Favorit von den beiden Jahrgängen wird wahrscheinlich der 2010er werden, da er einfach weniger wuchtig, alkoholleichter und "trinkiger" ist. Zur Zeit schlägt der 2008er aber beide Jahrgänge..
In ein paar Jahren werde ich bestimmt mal eine kleine "Erdrauch-Retrospektive" starten, wenn es dann 10 Jahrgänge oder mehr von diesem Wein gegeben hat

Grüsse
Bodo
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Burzuko

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Re: Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

BeitragSo 8. Jan 2012, 21:31

Guten Abend Bodo,

ich muss gestehen dass nur 3 Flaschen "Erdrauch" unterwegs sind zu mir...
2x 2010 und 1x 2009. Wollte eigentlich noch einen 2008er organisieren (falls ich den überhaupt noch irgendwo finde!) und dann loslegen! Könnte mir vorstellen dass es angebracht wäre die Weine bereits einen Tag vorher zu öffnen. Vermute genau wie Du, dass der 2009er für meinen Geschmack etwas zu viel des Guten sein könnte und dass der 2010er mit "nur" 13,5% alc. eher mein Ding sein wird. Werde berichten sobald ich alle 3 Jahrgänge vor mir habe.

Gruss
George
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Weinfreund

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Re: Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

BeitragFr 13. Jan 2012, 00:28

Hi George,

sehe ich ähnlich wie Du. Das einzige aber leider gravierende Manko des 2009er sind seine 14,5 Vol. %. Für mich indiskutabel, für viele andere wohl auch. Ansonsten ganz klar ein echter Top-Wein. Ein bisschen schade, dass (auch?) der 2010er (lt. Bodo) angereichert ist. Ich denke 13 oder auch 12,5 % hätten hier genügt. Dass es auch bei Nichtrieslingen geht, beweist z.B. Jahr für Jahr Ziereisen.

Viele Grüße
Sascha
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olifant

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Re: Off Topic -Silvaner 14,5%

BeitragFr 13. Jan 2012, 09:54

Weinfreund hat geschrieben:...Das einzige aber leider gravierende Manko des 2009er sind seine 14,5 Vol. %. Für mich indiskutabel, für viele andere wohl auch. Ansonsten ganz klar ein echter Top-Wein. ... Ich denke 13 oder auch 12,5 % hätten hier genügt. ...


Hallo Sascha,

ich lese in diesem Thread zwar nur mit, da deutsche Weine einfach weniger mein Thema sind, aber hier geht es um Silvaner der mächtigeren Sorte - und da gibt es für mich einen Anknüpfungspunkt als Trinker von Südtiroler Sylvanern.
Hier findest du bei den Topp-Sylvanern i.d.R. Gradationen von 13,5 - 14,5 Alc.. Als entscheidend hat sich dabei für mich inzwischen herausgeschält, wie gut der Alkohol sensorisch integriert ist - es gibt Weine, bei denen 13,5% unangenehm hervorstechen und andere Weine bei denen 14,5% in keiner Weise zu spüren, ja süffig sind - (na ja, nicht sensorisch hervorstechend, aber wirkungstechnisch dann schon eher :lol: ).
Eine Aussage 14,5% 'geht gar nicht' per se, ohne den Wein verkostet zu haben, ist ein sensorisches Vorurteil, oder aber ein Gesundheitliches ;) .

Generell sind wohl nach wie vor Weine mit 12,5% und weniger Gradation möglich - die hohen Alkoholgehalte sind schliesslich der lt. Wissenschaft optimalen Traubenreife geschuldet, sowie einer im wissenschaftlichen Sinne verbesserten Laubarbeit im Weinberg, etc..., als auch einem geänderten Geschmacksbild des Konsumenten, also uns.
Also liegt es dann ggf. auch an uns dazu beizutragen dass wieder mehr Weine mit geringeren Alkoholgehalten auf den Markt kommen, sofern wir diese nachfragen. Aber befriedigen diese Weine dann den von uns inzwischen preferierten Geschmack?
Grüsse

Ralf

Die Zukunft war früher auch besser.
Karl Valentin
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Bernd Schulz

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Re: Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

BeitragFr 13. Jan 2012, 10:15

Aber befriedigen diese Weine dann den von uns inzwischen preferierten Geschmack?


Meinen Geschmackspräferenzen entsprechen sie ohne Wenn und Aber!

Weißweine mit mehr als 13% Alkohol kaufe ich nur noch in seltensten Ausnahmefällen.

Beste Grüße

Bernd
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Weinfreund

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Re: Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

BeitragSa 14. Jan 2012, 21:17

Hallo Ralf, hallo Bernd,

ich stimme mit euch (fast) überein .. ;)

Silvaner ist definitiv eine Sorte, die etwas kräftiger ausgebaut werden muss. Mit 11 % habe ich noch keinen wirklich guten kennengelernt. Dennoch bin ich schon der Meinung, dass 12,5 bis 13 % auch beim Silvaner für einen komplexen Wein ausreichen sollten.

Eines der wenigen guten Dinge des dt. Weingesetzes ist m.E., dass mit Prädikat nicht angereichert werden darf. Daran sollten sich IMHO auch die Top-QbAs halten. Ansonsten ist Olaf Stinzing aber ein super Talent im ansonsten doch eher behäbigen fränkischen Umfeld.

Den 2010er Erdrauch werde bei nächster Gelegenheit probieren. Bin auch schon auf Georges VKN gespannt .. :D

Viele Grüße
Sascha
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Oberpfälzer

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Re: Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

BeitragDo 26. Jul 2012, 22:29

Hallo zusammen,

Weinplus hat zugeschlagen. Dem 2009er Silvaner Erdrauch von Landart wurden doch 84 Punkte zugestanden. Nur 84? Nun, da musste ich doch noch in den Keller und viele Jahre vor der Planung eine Flasche aufziehen.

Mir zeigt sich eine kräftige, recht vielschichtige Nase nach Kernobst, Mandarine und einer schönen feinen Mineralik. Am Gaumen extraktreich, knapp lebhafte Säure die nach 2 Stunden Luft wunderschöne feine Adern zieht, sehr schwer mit Schmelz, gute Struktur. Harmonisch und vielschichtig mit feinen Holzaromen, auch etwas Vanille, Zitrusfrüchte und einer südländischen schweren Herbe. Sehr langer Abgang mit grossem Nachhall. Nochmals: 84 Punkte??? Ich glaube ich spinne. Ja, es ist ein schwerer, extraktreicher Weisswein mit etwas Holzaromen. Ja, er ist fett und sehr schwer. Aber er hat für mich durchaus etwas Finesse, riesige Power und misst sich nicht mit einem Mosel-Kabinett sondern vielmehr mit einem südfranz. Weissen wie z.B. südl. Rhone. Wer solche Weine nicht mag, dürfte auch einem Kühn´schen St. Nikolaus 2003 keine 98 Punkte geben (was aber in 2004 geschehen ist). Bin irritiert über derartige Unterschiede der Wertungen bei Weinplus. Für mich liegen beide bei über 90 Opfp - der Erdrauch heute bei 92 OpfP mit Potenzial. Er braucht noch viel Luft. Werde noch ein paar Jahre warten und mich nicht mehr von 84er Wertungen hinreissen lassen.
Servus
Wolfgang
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