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Bernhard Huber

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anonymouse

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Re: Bernhard Huber

BeitragFr 14. Jul 2017, 20:01

Und weiter geht's mit der Rebsorte, auf die ich derzeit am meisten Bock hab.
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Ich verstehe die Punktgebungen andernorts nicht (anscheinend gehe ich hier mit Parker d'accord - oh boy.). Finde den zwar ganz gut, aber keineswegs überragend. Ich habe jetzt nur wenig deutschen Chardonnay gehabt, aber wenn es stimmt, dass Holger Koch auch welchen anbaut und davon irgendwann mal was in die Flasche kommt, würde ich blind wetten, dass das mehr überzeugt und vermutlich 10 Euro weniger kostet. Naja, wie auch immer.
Wir haben aber gar keine Pistolen, unterbrach ihn Momo bekümmert.
Dann machen wir es eben ohne Pistolen, antwortete Gigi großartig.
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maha

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Re: Bernhard Huber

BeitragDo 20. Jul 2017, 12:30

Gestern haben wir in kleiner geselliger Runde blind ein paar Weine aufgezogen. In der Winebank Frankfurt ließ es sich bei den Außen-Temperaturen gestern auch prima bei 13 Grad Innenraum-Temp. aushalten 8-) .

U.a. (von mir mitgebracht) der Chardonnay Bienenberg GG 2014 von Huber

Um es vorweg zu nehmen, das war alles andere als Enttäuschend. Was für ein Wahnsinns-Stoff!

Zunächst noch zu kalt und zu wenig Luft verströmt er aber gleich einen atemberaubenden Duft. Reduktive Noten, etwas Hefe, sogar leicht ins „orangige“ gehend. Erinnerte mich etwas an die Nase vom St. Nikolaus Riesling GG von PJK, 2014. Später mit mehr Luft und etwas Wärme schöne weiße Frucht, bisschen Ananas, etwas Rauch und ganz leicht Vanille. Wandelt sich ständig. Gegen Ende der Flasche habe ich hier allerdings auch etwas limoandenartiges (Sprite, oder besser 7up), was nicht ganz so schön ist.

Am Gaumen wahnsinnig straff, sehr präzise und äußerst vielschichtig. Die Säure ist vibrierend und sehr prägnant aber ich finde schon relativ gut integriert. Ist halt noch jung und etwas ungestüm der Bursche. Etwas grünen Apfel finde ich auch, Mandarine und Grapefruit. Sehr gekonnter, aber spürbarer Holzeinsatz und bei der ganzen Leichtfüßigkeit eine durchaus voluminöse Textur. Das Ganze ist jetzt schon sehr in sich stimmig und lässt dennoch auf eine weitere große Entwicklung hoffen.
Der Abgang ist laaaang, ich meine mich jetzt noch sehr intensiv daran zu erinnern. Das bleibt einem einfach im Gedächtnis.

Blind war das schon sehr schwer zu erraten, Ich kannte den Wein ja auch noch nicht, aber ich wäre nicht auf Chardonnay gekommen. Wobei ich dazu sagen muss dass sich meine Erfahrungen bei dieser Rebsorte auch stark in Grenzen halten. Die restliche Runde tat sich auch schwer, zumal diese Stilistik auch für einen Chardonnay recht ungewöhnlich scheint (mir zumindest).

@Karsten, Deine Eindrücke aus dem April kann ich somit nicht ganz bestätigen (ich denke meine Mittrinker auch nicht). Grüne Noten habe ich, wenn überhaupt, nur ganz dezent wahrgenommen. Die Säure war schon sehr präsent, da gebe ich Dir recht. Aber sie sorgte auch für Frische, und ich empfand Sie weniger als störend denn als trinkanimierend. Aromatische Dünne, oder gar ein Loch in der Mitte konnten wir alle gar nicht feststellen.
In Erinnerung geblieben ist mir deutlich dieses reduktive, Orange-Weinige, die unglaubliche Komplexität gepaart mit feiner Finesse.

Ich werde versuchen an einige Flaschen 15er zu kommen und die beiden verbleibenden 14er dennoch erst mal im Keller ganz nach hinten legen. Ich denke (und hoffe) da kommt in einigen Jahren noch einiges mehr.

Gruss
Marko
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amateur des vins

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Re: Bernhard Huber

BeitragDo 20. Jul 2017, 16:20

Marko, vielen Dank für Deine VKN!
Das hat mich doch so neugierig gemacht, daß ich gleich mal die nächste Flasche aufgemacht habe; zwar keinen Bienenberg (die letzte Flasche mag ich eine Weile liegenlassen), aber die zweite

Bernhard Huber, Chardonnay Alte Reben 2014

Blaßgelb. Reduzierte Nase (eine Spur Schwefel), sonst sehr verhalten. Am Gaumen sehr knackige Säure, leicht unreife Zitrone, Grapefruit, etwas grüner Apfel (Granny). Wieder reduziert. Sehr schlank, sehr säure- und zitrusgeprägt - aber weder ausgeprägt grün/unreif, noch mit Aromaloch in der Mitte. Sehr jung und etwas wild, aber Potential ist da.

Kein "Verriß" mehr, richtig begeistern kann er mich aber dennoch nicht.

Macht nachdenklich und demütig, wenn die Tagesform zu so unterschiedlichen Einschätzungen führt. So anders war nämlich eigentlich nicht meine Wahrnehmung, die liest sich nämlich garnicht so anders, sondern die anschließende Bewertung (Säure "aggressiv" vs. "sehr knackig" etc.). Was dafür verantwortlich war? Erwartung vielleicht, denn ohne Erwartung keine Enttäuschung? Ich werde es nicht herausfinden...

edit [+2h]:
Die Luft tut ihm gut! Obwohl jetzt sogar einen ticken kälter, ist die Nase deutlich komplexer: Zu den Zitrusaromen, jetzt dunkler: reifere Zitrone und Blutorange, kommt Heu, etwas Rauch (wie von geräuchertem Speck), und ein wenig Macchia. Am Gaumen ist die Säure weniger "bissig" (aber immernoch knackig), und auch hier sind die Aromen "dunkler", wie am Gaumen, und dazu noch ein wenig Melone und ein Hauch Honig.
Zuletzt geändert von amateur des vins am Do 20. Jul 2017, 17:45, insgesamt 1-mal geändert.
Besten Gruß, Karsten
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Michl

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Re: Bernhard Huber

BeitragDo 20. Jul 2017, 16:47

amateur des vins hat geschrieben:Macht nachdenklich und demütig, wenn die Tagesform zu so unterschiedlichen Einschätzungen führt. (...) Was dafür verantwortlich war? Erwartung vielleicht, denn ohne Erwartung keine Enttäuschung? Ich werde es nicht herausfinden...


Sehr treffendes Fazit, Karsten. Gestern im Beurer-Thread hat mich sehr verwundert, dass andere Forumianer (sagt man das so? :) ) mit Beurer Exotik verbinden. Mit Beurer koppeln sich bei mir ganz spezifische "Erwartungen (floral, rosinig, erdig), die diesem Eindruck völlig entgegenstehen. Doch dann brachte mich eine Eukalyptus-Assoziation, auf die ich im Leben nicht gekommen wäre, aber durchaus nachvollziehen kann, eben zu deiner Einsicht, die du gerade so treffend formuliert hast. Erwartungen prägen maßgeblich das, was wir dann im Glas wahrnehmen. Tagesform natürlich auch, bei mehreren Weinen, die unmittelbare Nachbarschaft, in der ein Wein getrunken wird, die Menge die man trinkt und und und... Natürlich sind das alles letztlich Binsenweisheiten, aber man kann sie sich selbst nicht oft genug vor Augen führen...
Viele Grüße

Michl
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amateur des vins

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Re: Bernhard Huber

BeitragDo 20. Jul 2017, 16:58

Daß Erwartungen Wahrnehmungen beeinflussen, ist sicher nicht neu. Ich versuche schon, mich Weinen erwartungsfrei zu nähern; dachte das auch beim Huber-Erstkontakt. Ich gebe mich allerdings nicht der Illusion hin, dabei sonderlich erfolgreich zu sein. :lol:
Das ist übrigens ein Grund, warum ich gerne viel öfter blind probieren würde, als ich dafür Gelegenheit habe...
Besten Gruß, Karsten
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maha

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Re: Bernhard Huber

BeitragDo 20. Jul 2017, 17:02

Ja schon faszinierend wie viele Komponenten da mit rein spielen.
Wir haben gestern auch unisono festgestellt dass blind trinken auch ganz schön demütig machen kann.

Beim Huber kam wohl noch dazu dass ich vorher was relativ neutrales gegessen hatte und wir uns in der genialen Atmosphäre der gekühlten Winebank sehr auf die Weine fokussiert haben. Da nimmt man bestimmt auch verschiedene Komponenten anders wahr.
In dem Fall wusste ich zwar um welchen Wein es sich handelt, ich hatte aber relativ wenig Erwartungen, ausser dass ich bewusst auf grüne Noten, die Säure und ein Loch in der Mitte geachtet hatte. Vielleicht macht allein schon das den Unterschied.

Aber auch das ist das faszinierende am Wein 8-)

Ich bin jetzt noch auf den Schlossberg gespannt. Vielleicht nehm ich den mit in den Urlaub

Gruß Marko
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anonymouse

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Re: Bernhard Huber

BeitragSo 23. Jul 2017, 22:31

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Werde Huber jetzt erstmal nicht weiter erkunden.
Wir haben aber gar keine Pistolen, unterbrach ihn Momo bekümmert.
Dann machen wir es eben ohne Pistolen, antwortete Gigi großartig.
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Georg R.

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Re: Bernhard Huber

BeitragSo 6. Aug 2017, 12:44

Eure Diskussion über die 14er Chardonnays haben mich jetzt doch dazu veranlasst, eine Flasche Alte Reben zu öffnen. Vorort konnte ich die Weine nicht verkosten da sie bereits ausverkauft waren.

Am ersten Tag (für mich) kaum als Chardonnay erkennbar. Minimale Frucht, straffe Säure...very cool.
Am zweiten Tag kommt er ein wenig, aber immer noch weit entfernt vom dem, was man von einem "Deutschen Chardonnay" gewohnt ist. Auch das Holz sehr fein und dezent.
Selbst am 5.Tag mit nur noch 2 Finger breit in der Flasche bleibt er unverändert.
Es war fast so als wollte er sagen: Gib endlich auf, Du bekommst mich jetzt noch nicht wach.

Demütig schreibe ich ins Kellerbuch: Die nächste Flasche nicht vor 2020 öffnen...und..geiler Stoff!



mit stoischen Grüßen
Georg R.
Man kann die Erkenntnisse der Medizin auf eine knappe Formel bringen: Wasser, mäßig genossen, ist unschädlich.
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Michl

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Re: Bernhard Huber

BeitragFr 15. Sep 2017, 22:43

Nach der heutigen Flasche Chardonnay von Huber komme ich trotz der kontroversen Meinungen zu seinen Chardonnays nicht umhin, wirklich euphorisch zu sein. Sein einfacher Chadonnay aus 2009 ist gerade in einer so brillianten Phase, das mir - wie so oft - Zeit der entscheidende Faktor zu sein scheint. Der Wein zeigte nur minimale Reifetöne (und v.a. keine von der schwierigeren Art, z.B. nasse Pappe), war in sich perfekt balanciert, fokussiert, schlank und generös zugleich. Angemessene Weinbeschreibungen sind ja grundsätzlich selten möglich, häufig reicht einfach die eigene Sprache nicht aus, obwohl man glaubt, den Wein erfasst zu haben Große Erlebnisse kennzeichnen sich für mein Empfinden jedoch dadurch, das die Empfindung größer als eine mögliche Sprache ist. So auch schon bei diesem Wein, der eben eine ganz sanfte Dynamik zeigte, die Sprache tranzendiert.

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Viele Grüße

Michl
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Tackleberry

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Re: Bernhard Huber

BeitragDi 26. Sep 2017, 16:24

Vielen Dank Mr. Mouse für deine Einschätzung einer meiner Lieblinge im Glas.
Ich warte meist 2 -3 Jahre bis sich die verschiedenen Störfaktoren, wie zu viel Hefe und Bitterstoffe, legen und der Wein eine bessere Balance findet. Dann klappt´s vielleicht auch mit mehr
Griffigkeit, Präzision & Zug
. ;)

Gruß Alex
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