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Franz Keller Schwarzer Adler

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Trapattoni

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Re: Franz Keller Schwarzer Adler

BeitragSo 5. Jul 2020, 13:34

amateur des vins hat geschrieben:Aber Minze?! :?
Fichte als Holz für Weinfässer?

Bin kein Chemiker, daher weiß ich nicht, wie dieses Minze-Aroma entsteht. Ich meine auch eher Menthol und kanns mir nur durchs Holz erklären. Und Fichte ist Ironie, hätte auch Tannennadelbadezusatz o.ä. schreiben können. :mrgreen:
Grüße
Dieter
PS: Gestern hatte ich mal ein schönes Beispiel, wie man das mit dem Holzeinsatz richtig macht:
2011 Barolo Sperss von Angelo Gaja. Das war aristokratisch. ;)
Die besten Vergrößerungsgläser für die Freuden dieser Welt sind jene, aus denen man trinkt.
(Joachim Ringelnatz)
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amateur des vins

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Re: Franz Keller Schwarzer Adler

BeitragFr 8. Jul 2022, 21:57

Mit Weinen von Franz Keller habe ich bisher wenige, aber angenehme Erfahrungen gemacht. Keine Ahnung, warum im Forum nichts davon geschrieben steht, aber es waren bisher Eichberg und Schlossberg Spätburgunder und Kirchberg Chardonnay. Ich habe jetzt nicht extra nachgelesen, aber in meiner Erinnerung waren das alles feine, elegante Weine, die viel Freude machten und wenn überhaupt, dann etwas "glatt" daherkamen.

Als (wieder einmal) Beifang wanderten letztens diese beiden GG aus Monopollagen in der Oberbergener Baßgeige in die Bestellung:

Franz Keller, GB Kähner 2018
Franz Keller, WB Im Leh 2018


Der GB Kähner präsentiert sich satt fahlgelb.
In der Nase exzellentes maßvolles Holz, durchaus mit leiser Vanillenote, aber nicht aufdringlich. Feine Mineralik und angedeutet etwas Birne; eher "Steinwein". Große Finesse und Eleganz.
[+10'] Am Gaumen kraftvoll, kühl und straff. Die Säure ist - für Rebsorte und Jahr überraschend - fast schon prickelnd. Das muß nicht unbedingt heißen, daß aufgesäuert wurde, denn trotz Hitzejahr ist der Wein mit 12,5 % und 1,4 g/l RZ ausgewiesen, was auf frühe Lese hindeutet. Der Kaiserstuhl ist ja jetzt auch nicht unbedingt als Cool Climate bekannt. Andererseits gibt es keinerlei Anzeichen grüner oder sonst irgendwie unreifer Noten. Wenn sie aufgesäuert hätten, dann wirklich exquisit, denn die Säure ist nicht störend oder Fremdkörper, sondern (noch) gut passend.
Ein Hauch von Grip und Kräuterwürze runden den überaus gelungenen Gesamteindruck ab.
[+1d] Ziemlich unverändert; allenfalls einen Hauch würziger.

Der WB Im Leh ist fahlgelb mit deutlich grünlichem Schimmer.
In der Nase ist der Holzeinsatz ebenso elegant und maßvoll wie beim Kähner GB, aber aufgrund des etwas weniger kraftvollen, blumigeren Charakters und der gefühlt minimal geringeren Substanz etwas auffälliger. Der weißflorale Rebsortencharakter ist deutlich.
Am Gaumen scheint der WB signifikant cremiger als der GB. Auch hier ist die Säure fast prickelnd und wirkt eine Spur abgesetzter, weniger integriert. Bei fast identischen 12,5 % und 1,5 g/l RZ könnte ich hier etwas eher an Aufsäuerung glauben, muß ich aber nicht, und auch hier gilt: wenn, dann sehr gut gemacht.
[+1d] Interessant: Wirkt heute nicht 100% trocken?! Das muß am Extrakt liegen, von dem doch einiges da ist, auch wenn der GB im direkten Vergleich naturgemäß etwas mehr Wumms bietet. Ansonsten wirklich elegant und balanciert, wenn auch noch etwas unruhig.

Das sind beides sehr, sehr gute "Understatement"-Weine, die stilistisch eher über Struktur und Mineralik als über Frucht kommen. Sie sind hervorragend vinifiziert und ohne Anzeichen der in 2018ern so häufigen Probleme; allenfalls könnte man sie als etwas "mainstreamig" bezeichnen. Mir hat der GB aufgrund des etwas dunkleren Charakters und des harmonischeren Gesamtbildes etwas besser gefallen.
Besten Gruß, Karsten
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EThC

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Re: Franz Keller Schwarzer Adler

BeitragSa 9. Jul 2022, 08:54

amateur des vins hat geschrieben:Mit Weinen von Franz Keller habe ich bisher wenige, aber angenehme Erfahrungen gemacht. Keine Ahnung, warum im Forum nichts davon geschrieben steht, aber es waren bisher Eichberg und Schlossberg Spätburgunder und Kirchberg Chardonnay. Ich habe jetzt nicht extra nachgelesen, aber in meiner Erinnerung waren das alles feine, elegante Weine, die viel Freude machten und wenn überhaupt, dann etwas "glatt" daherkamen.
...meine ebenfalls wenigen Erfahrungen mit dem Gut führten nicht dazu, daß das Gut jemals auf meine "Whitelist" kam. Im Guts- und Ortsweinbereich habe ich sogar eher negative Erinnerungen, bei den ELen "ganz ok", aber mehr auch nicht. Interesse, da die Oberliga zu probieren, kam irgendwie nie auf...
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
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amateur des vins

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Re: Franz Keller Schwarzer Adler

BeitragSa 9. Jul 2022, 09:38

EThC hat geschrieben:...meine ebenfalls wenigen Erfahrungen mit dem Gut führten nicht dazu, daß das Gut jemals auf meine "Whitelist" kam. Im Guts- und Ortsweinbereich habe ich sogar eher negative Erinnerungen, bei den ELen "ganz ok", aber mehr auch nicht. Interesse, da die Oberliga zu probieren, kam irgendwie nie auf...
Sehe gerade, daß an jedem einzelnen meiner Versuche "GG" dransteht; die nachfolgenden Ligen kenne ich nicht. Wenn das, was ich im Glas hatte, stilistisch halbwegs typisch sein sollte, wundert mich überhauptnicht, daß die Dich nicht vom Hocker gerissen haben: Man könnte die Weine glatt (sic!) als Gegenentwurf zu Freakstoff und Naturingern sehen.
Besten Gruß, Karsten
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UlliB

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Re: Franz Keller Schwarzer Adler

BeitragSa 9. Jul 2022, 10:46

Bei Franz Keller gibt es in den letzten Jahren einen ziemlich dramatischen stilistischen Umbruch, der mit einem Generationswechsel zusammenhängt. Der Sohn von Fritz Keller, Friedrich Keller, ist 2014 eingestiegen und seit 2016 (?) voll verantwortlich für das Weingut. Ein neuer, spektakulär unspektakulärer Keller wurde gebaut, und das Sortiment wird gestrafft, wobei der Umbau hier noch nicht zu Ende ist. Die "Franz-Anton"-Linie, die bislang die Qualitätsstufe unter den GGs bildete, wird aufgegeben und vermutlich durch EL-Weine ersetzt.

Waren die Weine früher Kaiserstuhl-typisch häufig dick und träge, wurde der Stil deutlich verschlankt, und die Weine sind viel frischer geworden; im Premiumsegement wurde auch der Holzeinsatz zurückgefahren. Damit liegt der Betrieb auf der selben Linie wie z.B. Salwey und Heger. Fans der alten Stilistik werden mit den Weinen vermutlich wenig bis nichts anfangen können, ich mag's, und für mich gehört der Betrieb (was das gehobene Segment betrifft) qualitativ zur Spitze im Kaiserstuhl. Die Preise bilden das leider auch so ab.

Gruß
Ulli
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EThC

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Re: Franz Keller Schwarzer Adler

BeitragSa 9. Jul 2022, 11:55

amateur des vins hat geschrieben:Wenn das, was ich im Glas hatte, stilistisch halbwegs typisch sein sollte, wundert mich überhauptnicht, daß die Dich nicht vom Hocker gerissen haben: Man könnte die Weine glatt (sic!) als Gegenentwurf zu Freakstoff und Naturingern sehen.
...na ja, es gibt auch recht traditionelle Sachen, bei denen ich ein Funkeln in den Augen bekomme :!: :mrgreen:
UlliB hat geschrieben:Waren die Weine früher Kaiserstuhl-typisch häufig dick und träge, wurde der Stil deutlich verschlankt, und die Weine sind viel frischer geworden; im Premiumsegement wurde auch der Holzeinsatz zurückgefahren. Damit liegt der Betrieb auf der selben Linie wie z.B. Salwey und Heger. Fans der alten Stilistik werden mit den Weinen vermutlich wenig bis nichts anfangen können, ich mag's, und für mich gehört der Betrieb (was das gehobene Segment betrifft) qualitativ zur Spitze im Kaiserstuhl. Die Preise bilden das leider auch so ab.
...oder vielleicht doch mittlerweile mehr auf meiner Linie :?: :?
Viele Grüße
Erich

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amateur des vins

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Re: Franz Keller Schwarzer Adler

BeitragSa 9. Jul 2022, 12:15

UlliB hat geschrieben:Bei Franz Keller gibt es in den letzten Jahren einen ziemlich dramatischen stilistischen Umbruch, der mit einem Generationswechsel zusammenhängt. Der Sohn von Fritz Keller, Friedrich Keller, ist 2014 eingestiegen und seit 2016 (?) voll verantwortlich für das Weingut. [...]

Waren die Weine früher Kaiserstuhl-typisch häufig dick und träge, wurde der Stil deutlich verschlankt, und die Weine sind viel frischer geworden; im Premiumsegement wurde auch der Holzeinsatz zurückgefahren.
Dann habe ich wohl hinreichend spät damit angefangen: :D
Eichberg und Kirchberg waren 2016er, die anderen aus 2018.

Ulli, weißt Du irgendwas über's Aufsäuern bei Keller, speziell in 2018, aber auch allgemein? Salwey scheint da ja wenig(er) subtil vorzugehen, aber hier könnt' ich es nicht sagen.
Besten Gruß, Karsten
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UlliB

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Re: Franz Keller Schwarzer Adler

BeitragSa 9. Jul 2022, 12:43

amateur des vins hat geschrieben:Ulli, weißt Du irgendwas über's Aufsäuern bei Keller, speziell in 2018, aber auch allgemein? Salwey scheint da ja wenig(er) subtil vorzugehen, aber hier könnt' ich es nicht sagen.

Nein, ich habe auch nicht danach gefragt. Ich hatte die Weine meistens in einem der Keller-Restaurants im Glas, häufiger im Rebstock als im Schwarzen Adler, und das dort sehr junge und vor allem regelmäßig wechselnde Personal (alle paar Monate eine neue Mannschaft...) hätte mir wohl kaum Auskunft geben können. Bei 2018 würde ich es aber schon vermuten, da ging es wohl gar nicht ohne. Wobei die Topbetriebe dort mittlerweile alles unternehmen, um die Zuckerreife und den Säureabbau im Zaum zu halten.

Was Salwey betrifft, scheint man bei den GGs immer noch wild am Experimentieren zu sein, ich hatte dazu im entsprechenden Thread etwas geschrieben.

Gruß
Ulli
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Bernd Schulz

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Re: Franz Keller Schwarzer Adler

BeitragSa 9. Jul 2022, 20:03

EThC hat geschrieben:...meine ebenfalls wenigen Erfahrungen mit dem Gut führten nicht dazu, daß das Gut jemals auf meine "Whitelist" kam. Im Guts- und Ortsweinbereich habe ich sogar eher negative Erinnerungen....


Ich fürchte, dass ich das hier schon mal irgendwo geschrieben habe, aber jedenfalls nicht in diesem Thread, weshalb ich mich dreist wiederhole: Vor etwa 20 Jahren hatte ich im Rahmen einer Wein-Plus-Verkostung drei unetikettierte Basisweine von Franz Keller zwischen. Wir sollten damals die Rebsorten herausfinden, und das ist eigentlich so gut wie keinem richtig gelungen. Weder der Müller-Thurgau noch der Weißburgunder noch der Grauburgunder waren vernünftig zu identifizieren (zur Krönung fragte seinerzeit Marcus Hofschuster, als er kurze Zeit später einen der drei Kandidaten von Utz Graafmann blind serviert bekam, was das denn für eine Sorte sein solle?), und die Qualität war schlichtweg unglaublich lausig. Von einem einigermaßen renommierten Erzeuger (mit damals immerhin drei Trauben im GM, wenn ich mich nicht täusche) habe ich selten bis nie solch einen Schrott im Glas gehabt. Zwei, drei weitere Erlebnisse mit einfacheren Weinen des Hauses waren später ebenfalls wenig befriedigend, worauf ich den Betrieb völlig von meiner Liste gestrichen habe.

UlliB hat geschrieben:Bei Franz Keller gibt es in den letzten Jahren einen ziemlich dramatischen stilistischen Umbruch, der mit einem Generationswechsel zusammenhängt.


Möglicherweise könnte mir der "neue" Stil durchaus zusagen. Aber die damalige Negativerfahrung der extremen Art hat in mir brachiale Vorurteile hinterlassen.

Herzliche Grüße

Bernd
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Kle

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Re: Franz Keller Schwarzer Adler

BeitragSa 9. Jul 2022, 21:32

die Diskussion verwirrt mich zutiefst, denn zu Beginn der 2000er Jahre habe ich um deutsche Weine einen Bogen gemacht, bis ich bei einer Veranstaltung einen Weißburgunder von Franz Keller vorgesetzt bekam. Der brach das Eis mit so ziemlich diesen Eindrücken:
amateur des vins hat geschrieben:Das sind beides sehr, sehr gute "Understatement"-Weine, die stilistisch eher über Struktur und Mineralik als über Frucht kommen. Sie sind hervorragend vinifiziert und ohne Anzeichen der in 2018ern so häufigen Probleme; allenfalls könnte man sie als etwas "mainstreamig" bezeichnen.

Deutscher Wein ist ja überhaupt nicht so schlimm, dachte ich, kann man mehr von probieren.
Karsten beschreibt aber Weine aus der Phase ab 2016, während mein Erlebnis eher aus der Zeit stammt, die Bernd beschreibt:
Bernd Schulz hat geschrieben:Weder der Müller-Thurgau noch der Weißburgunder noch der Grauburgunder waren vernünftig zu identifizieren (zur Krönung fragte seinerzeit Marcus Hofschuster, als er kurze Zeit später einen der drei Kandidaten von Utz Graafmann blind serviert bekam, was das denn für eine Sorte sein solle?), und die Qualität war schlichtweg unglaublich lausig. Von einem einigermaßen renommierten Erzeuger (mit damals immerhin drei Trauben im GM, wenn ich mich nicht täusche) habe ich selten bis nie solch einen Schrott im Glas gehabt.

Wer weiß, vielleicht wurde meine damalige Deutschfeindlichkeit gerade durch die Untugenden aufgebrochen, die Bernd kritisiert. Egal, ich habe mich mit Keller-Weinen später nicht mehr beschäftigt, aber für meine Initiation bin ich ewig dankbar.

Gruß, Kle
—People may laugh as they will—but the case was this.
Tristram Shandy
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