Do 1. Aug 2019, 22:57
Ich kann mich noch gut an meinen leider bisher einzigen Besuch im Juni 2016 beim Weingut erinnern. Wir haben probiert, was verfügbar war, aber einige Weine waren schlichtweg schon abverkauft, speziell die roten Topweine. Ganz zuletzt war Frau Engesser so nett, mir eine einzelne allerletzte Flasche vom
Holger Koch, Pinot Noir Reserve 2014zu verkaufen, die ich gerne blind mitnahm. Heute war nun der Moment, dieses Einzelstück seiner Bestimmung zuzuführen.
Die Robe ist ziemlich hell-transparent, mit deutlicher Tendenz zum Orangen.
In der Nase jedoch keine Spur von Oxidation oder weiter Entwicklung; die Farbe ist einfach so. Aromen von Süßkirsche, aber auch Walderdbeere und (besonders nach Schwenken) Blaubeere. Tolle feine Würze wie von Wacholder, etwas Holzkohle sowie einer Prise weißen Pfeffers. Klar und transparent, fast ätherisch, und dennoch auch dicht und kraftvoll. Großartig! (Mme Amatrice zieht den sehr treffenden Vergleich zu einer Primaballerina, die sich fast zerbrechlich und dennoch kraftvoll und elegant präsentiert.)
Am Gaumen sehr pointierte, fast zitrisch wirkende Säure. Grenzwertig, aber noch ok. Körper seidig und fast schwerelos, dennoch dicht und intensiv. Leichte, sehr feine Adstringenz. Ähnliche Aromen wie in der Nase, aber zusätzlich tatsächlich ein
soupçon Orange!
Abgang sehr lang, getragen von der Frische, aber auch einer leichten Mineralität, und auch einer ganz leicht rauchigen Herbheit ohne jede Bitterkeit.
Großes Kino!
Heute sehr gut, aber sicher noch eine Weile nicht am abbauen.
Wenn man so möchte, sehr "französisch", und dennoch nicht so ganz, sondern eigenständig.
Chapeau!--
Ich war überrascht, wie
fein der Wein ist. Ich hatte ihn doch etwas kerniger erwartet. Zum Dhal wäre er definitiv Verschwendung gewesen, und so öffnete ich zum Essen meine letzte Flasche
Joblot Servoisine 2014. Welche Überraschung, daß der Joblot im direkten Vergleich - obwohl sehr gut - fast wie ein grobschlächtiger Bauernwein daherkam!