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Re: Badische Weißweine

BeitragVerfasst: So 24. Feb 2019, 11:36
von UlliB
Was die Handhabung der Prädikate betrifft, gibt es im immer noch gültigen 71er Weingesetz leider einen grundlegenden Konstruktionsfehler: man hat für die einzelnen Prädikatsstufen zwar Mindestmostgewichte festgelegt, aber keine Obergrenzen. Auf Grund der vor 50 Jahren völlig anderen Rahmenbedingungen ging man ganz einfach davon aus, dass ein Erzeuger grundsätzlich das jeweils höchstmögliche Prädikat verwenden würde, und so wurde das System in den ersten Jahrzehnten tatsächlich auch gehandhabt.

Mittlerweile haben sich unter den grundlegend geänderten Rahmenbedingungen die Prädikate in manchen Gebieten (vor allem in Baden und Franken) von den Mostgewichten völlig abgekoppelt und werden lediglich als abstrakte Qualitätskategorie im Sortiment geführt. In Franken hatte ich schon mehrfach "Kabinette" mit 14,5% Alkohol im Glas... Verstärkend wirkt, dass etliche Erzeuger, die das Prädikatssystem noch verwenden, bei trockenen Weinen die Prädikate Spätlese und Auslese grundsätzlich vermeiden, da etliche Kunden diese Bezeichnungen automatisch mit einem restsüßen Wein verbinden.

Das mag für ältere Weintrinker, die mit dem Prädikatssystem aufgewachsen sind und es verinnerlicht haben, kontraintuitiv sein. Aber ein Blick auf das Etikett zeigt beim Alkoholgehalt ja schon deutlich, was Sache ist.

Und was trockene Weine betrifft, dürfte sich das Thema in ein paar Jahren ohnehin erledigt haben. Immer mehr Erzeuger übernehmen das VDP-System der Drei- oder Vierstufigkeit mit völligem Verzicht auf Prädikate bei trockenen Weinen. Die Verwendung von Prädikaten wird sich irgendwann auf den restsüßen Sektor beschränken.

Gruß
Ulli

Re: Badische Weißweine

BeitragVerfasst: So 24. Feb 2019, 13:00
von puschel
UlliB hat geschrieben:Was die Handhabung der Prädikate betrifft, gibt es im immer noch gültigen 71er Weingesetz leider einen grundlegenden Konstruktionsfehler: man hat für die einzelnen Prädikatsstufen zwar Mindestmostgewichte festgelegt, aber keine Obergrenzen. Auf Grund der vor 50 Jahren völlig anderen Rahmenbedingungen ging man ganz einfach davon aus, dass ein Erzeuger grundsätzlich das jeweils höchstmögliche Prädikat verwenden würde, und so wurde das System in den ersten Jahrzehnten tatsächlich auch gehandhabt.

Und was trockene Weine betrifft, dürfte sich das Thema in ein paar Jahren ohnehin erledigt haben. Immer mehr Erzeuger übernehmen das VDP-System der Drei- oder Vierstufigkeit mit völligem Verzicht auf Prädikate bei trockenen Weinen. Die Verwendung von Prädikaten wird sich irgendwann auf den restsüßen Sektor beschränken.

Hallo Ulli,
ja richtig - in ein paar Jahren hat sich das Thema bei den trockenen Weinen mehr oder weniger erledigt,
wie ich finde leider ;)
Die Problematik bei den Restsüßen bleibt, da es keine Mostgewichtsobergrenze bei den einzelnen Prädikaten
im aktuellen dt. Weingesetz gibt.
Ein Wein mit dem Prädikat Kabinett, sollte früh und vor dem der Spätlese Spätlesetermin gelesen werden und somit auch leichter sein! Was in einigen Regionen zugegeben nicht immer einfach war und ist, den richtigen oder die richtigen Lesezeitpunkte zu bestimmen!
Gruß Adi

Re: Badische Weißweine

BeitragVerfasst: So 24. Feb 2019, 14:10
von EThC
puschel hat geschrieben:Was in einigen Regionen zugegeben nicht immer einfach war und ist, den richtigen oder die richtigen Lesezeitpunkte zu bestimmen!

Auch so ein Thema! Früher haben da anscheinend alle immer nur auf die Öchsles geschaut (was sich z.B. in 2015 bei nicht wenigen gerächt hat), heute achten viele in erster Linie auf die physiologische Reife und / oder die Säuregehalte, was mir persönlich viel sympathischer ist...

Re: Badische Weißweine

BeitragVerfasst: Mi 20. Mär 2019, 13:29
von EThC
So schön kann man das Thema Grauburgunder in Baden umsetzen:

Bild

Re: Badische Weißweine

BeitragVerfasst: Di 11. Jun 2019, 18:00
von amateur des vins
Wein-Schwede Rolf hatte ihn (auch für unsere anstehende Probe) in's Spiel gebracht, doch meine erste Begegnung Mitte April überzeugte mich nicht:
Shelter Winery, Chardonnay 2017

Sehr zurückhaltende Nase. Initial ganz, ganz leichter "Muff"; verfliegt schnell. Volatile Säure?
Am Gaumen ausreichende, sehr milde Säure. wenig Ausdruck; eher schlicht. Ganz nette, eher cremige Struktur.
Interessanterweise lange (~2') anhaltender Frischeeindruck im Mund - woher?
Gut gemacht, recht simpel. Dafür zu teuer (19 €).
[+1d Wirklich sehr simpel. Für ⅔ des Preises evtl. ok, aber auch dann kein Schnäppchen. Enttäuschend.
[+2d] Heute relativ kraftvoll und mit unterschwelliger, nicht sehr angenehmer Bitternote. Zuviel Extraktion? Dabei weiterhin simpel.

Hmm, vor lauter ungläubiger Recherche ob dieses plakativ-eindeutigen Verrisses habe ich heute eine ¾h lang die Notizen vergessen. :(

Fest steht: Heute sehe ich den Wein deutlich besser!
Nur leicht steinfruchtig, darüber Kräuter und erdig-dreckig (aber nicht rauchig). Recht schöne Säure; könnte noch etwas straffer sein. Eher schlicht, nicht sehr komplex, aber harmonisch erdig-würzig.

Das ist schon ganz nett. Kein Überflieger aufgrund der linearen Rustikalität, aber das hat schon was, gerade in der Nase. Heute sehe ich ihn nur noch mäßig overpriced, und mit dem allgemeinen Chardonnay-Aufschlag, der derzeit die Regel in D zu sein scheint, paßt das dann schon halbwegs. Dennoch nichts, was ich mir hinlegen muß.

Re: Badische Weißweine

BeitragVerfasst: Di 11. Jun 2019, 19:59
von Der Wein-Schwede
Hallo Karsten,

Tja, meine Empfehlung kam nach einer Fassprobe im Weingut in November.
Meine Flaschen habe ich in April bekommen.
Nun aus der Flasche teile ich Deine Beurteilung, der Wein sollte mehr Griff in Biss haben. Ein bisschen Kräuterwürze und „Kalk“ hat er, auch ein bisschen hefig.
Aber die Intensität der Fassprobe findet man im Moment nicht. Schade.
Dieser Chardonnay (junge Reben 8 Jahre) bekommt im Falstaff regelmäßig über 90 P, hmm... so gut ist aus der Flasche im Moment leider nicht.
Schelter macht super Pinot Noir, ich hoffe dass dieser Ch auch etwas „Größe“ irgendwann zeigen kann.
Sehr nettes Weingut mit viel Fachwissen.

Viele Grüße
Rolf

Re: Badische Weißweine

BeitragVerfasst: Mi 19. Jun 2019, 18:23
von Herr S.
Moin moin,

gerade im Glas:

Bild

Bei den aktuell schweißtreibenden Temperaturen in allen Belangen wohltuend. Ich bin gespannt auf die Pinots. Das angeschlossene Gasthaus soll übrigens auch klasse sein, traditionelle Landgasthofküche. Beim nächsten Besuch im Markgräflerland steht das ganz oben auf der Liste.

Viele Grüße,
Björn

Re: Badische Weißweine

BeitragVerfasst: Mi 19. Jun 2019, 20:55
von OsCor
Hallo Björn,

wie bist du denn an den gekommen? Von dem Weingut hatte ich (als Markgräfler) noch nie was gehört.
Bei der Recherche habe ich gerade festgestellt, dass der von dir beschriebene Wein nur 11,5 Umdrehungen hat und Säure beim Gutedel ist normalerweise auch nicht gerade die zuerst genannte Eigenschaft. Sehr interessant.

Gruß
Oswald

Re: Badische Weißweine

BeitragVerfasst: Do 15. Aug 2019, 20:54
von Der Wein-Schwede
Heute Abend gab es Lachs und Neukartoffeln mit Hollandaise auf dem Teller, und dann muss natürlich eine Flasche Chardonnay "geschlachtet" werden.

Privatweingut H. Schlumberger - Chardonnay VDP Erste Lage Mugghardter Berg Kalkgestein trocken 2017

Der Wein wurde eine Stunde vor dem Trinken doppeldekantiert. Direkt nach dem Öffnen war er sehr Klebrig-Gelbfruchtig und von der Stunde "Wartezeit" hat der Wein profitiert.

Sehr helle Strohfarbe.
Nase: Sehr viel Carambole (Sternfrucht), Steinfrucht und grüne Zitrusnoten. Gewisse Salzigkeit und Holzwürze. Auch Pflanzlisch und nussige Töne.
Gaumen: Gute Konzentration, viel Gelbfrucht, leider ein bisschen klebrig, die Säure ist ziemlich rund aber der Wein ist nicht breit (die Säure ist ausreichend). Das Holz ist da, aber im Abgang leider auch kleine Bitternoten. Sehr Konzentriert und gute Extraktion, aber der Wein klebt ganz ordentlich am Gaumen. Da hätte ich gerne mehr Frische und Eleganz gehabt.

Dieser Wein hat in den Weinführern ziemlich gut abgeschnitten, aber ich bin ja mehr für die "puristischen" Chardonnays und für mich passt er nicht richtig.
Auf jedemfall passt mir die "Nase" des Weines viel besser als der Geschmack.

Ich jammere natürlich wieder von dem hohen Gipfel, aber durch die schöne und komplexe nase bekommt der Wein:
87 W-S Punkte

Viele Grüsse
Rolf

Re: Badische Weißweine

BeitragVerfasst: Mi 9. Okt 2019, 13:24
von EThC
...nachdem ich vom Markgraf von Baden schon mal eine Erste Lage im Glas hatte, die ganz ordentliche Ortsweinqualität war, nun der Test, ob bei GG's da auch so verfahren wird:

Bild