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Langzeitversuch Kork vs. Schrauber: 2002 Johner SJ

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thdeck

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Langzeitversuch Kork vs. Schrauber: 2002 Johner SJ

BeitragMi 4. Dez 2013, 23:58

6 Flaschen wurden am 18.4.2004 besorgt, 3 mal mit Naturkork, 3 mal mit Stelvin Cap (Schraubverschluss):

2002 Blauer Burgunder "SJ", Karl H. Johner, Bischoffingen/Kaiserstuhl
32 Euro
3. Platz Assm. Krone 2004 (91P)
Gault Millau 89 Punkte (-2009)

Alle 6 Flaschen wurden über je 3 Tage mit einem passenden Vergleichswein getrunken, aus thematischen Gründen beschränke ich mich hier aber auf die Johner-Weine.

Zunächst die 3 Naturkork-Weine:

1. Fl. (15.7.08): dunkler+dichter als der Vergleichswein, Kirsche, Kirschkompott, kein Holz; aber staubig, mit Bitterton, wird stumpf, sehr schwierig, evtl. fehlerhaft; 81P
2. Fl. (18.9.09): intensive Nase, anfangs mit "Gärton"; dicht, fruchtig, Brombeere, schweflig, Gestein, Autoreifen; wirkt jung; ohne Holz; etwas prickelnd, nicht optimal; phasenweise auch besser; 86P
3. Fl. (20.10.12): Kirsche, Art Mineralität, maskulin; gewisse Härte; leicht prickelnd; dichter+maskuliner als Roumier, aber nicht ganz reinönig; 2. Tag nicht prickelnd, aber etwas metallisch; später schön balanciert, mit oxidativen Noten; 3. Tag deutlich oxidativ, aber immer noch balanciert; 89P

Fazit:
Die 3. Flasche war schon ziemlich gut, gerade auch im Vergleich mit Roumier (Top-Burgunder), der nur 1 Punkt besser war. Insgesamt aber verhinderte die nicht perfekte Reintönigkeit eine Wertung in den 90ern.


Nun die 3 Schraubverschluss-Weine:

1. Fl. (9.12.08): dichter und wesentlich dunkler als der Vergleichswein, jünger; fruchtig (Kirsche, Rote Johannisbeere), "burgundisch", sehr gut; bald aber leicht prickelnd, fast unangenehm; im Hintergrund Kaugummi; 2. Tag besser, aber nicht ganz unproblematisch; 4. Tag leicht oxidiert; fast südfranzösisch; 86P
2. Fl. (3.3.11): N: aromatisch, Cassis; M: Kirsche, Bitterton, leichtes Prickeln; Bitterton bleibt; 3. Tag balancierter und leicht oxidiert; 86P
3. Fl. (30.11.13): aromatische Nase, Eukalyptus, Paprika; im Mund dicht, mit Frucht, aber leicht prickelnd (auch am Flaschenrand zu sehen); wirkt ca. 2 Jahre jünger als Bercher; Eukalyptus erinnert an 04er (wg. Schraubverschluss?); Wein ist schwer als Pinot Noir zu erkennen; sehr dicht; Prickeln am 2. Tag deutlich schwächer, am 3. Tag ganz weg; 3. Tag auch oxidative Töne; 88P

Fazit:
Das Prickeln zieht sich leider durch die ganze Reihe, es wird vom Schrauber wohl eher konserviert. Typisch für den Schrauber scheint die Richtung südfranzösisch/Cassis/Eukalyptus zu sein. Der Wein wirkte auch durchweg jünger als der jeweilige Vergleichswein, sowohl optisch als auch geschmacklich. Allerdings nehme ich eine Art Konzentration wahr (keine Mostkonzentration wie früher bei Johner üblich), die das Geschmacksprofil in eine mir unbekannte Richtung verschiebt. Beim Naturkork "verschwimmt" das irgendwann, beim Schrauber bleibt es.

Insgesamt hatte die Naturkork-Variante eine größere Streubreite. Die Naturkork-Verfechter werden nun sagen, dass man dieses durch weitere Qualitätssteigerungen beim Naturkork ausgleichen kann. Diese Betrachtungweise ist - im Moment - zulässig, da ich bisher noch keinen Schraubverschluss-Überflieger gefunden habe.

Zum Jahrgang 2002 kann ich insgesamt sagen, dass nur selten die 90er-Latte übersprungen wurde. Konkret schafften dies:

Kopp "S" (87-90-89 Punkte)
Huber "Reserve" (einmal 91, einmal 92 Punkte)
Schneider "R" (90-88-91 Punkte)
Bercher Feuerberg (88-90-86 Punkte)
Keller "A" (90-90-90 Punkte)
Salwey Kirchberg (90 Punkte)
Heger "Mimus" (91 Punkte; besser als Winklerberg, aber 3 Jahre früher getrunken)

Insgesamt spielt Johner auch mit dem 02er Jahrgang oben mit, der Schrauber scheint aber keine zusätzlichen Vorteile zu bringen.


Thomas Deck
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maha

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Re: Langzeitversuch Kork vs. Schrauber: 2002 Johner SJ

BeitragDo 5. Dez 2013, 10:07

Hallo Thomas,

ich hab den Versuchsaufbau leider nicht verstanden
6 Flaschen wurden am 18.4.2004 besorgt, 3 mal mit Naturkork, 3 mal mit Stelvin Cap (Schraubverschluss)

Das war ja wahrscheinlich nicht 6x der gleiche Wein, oder?
Alle 6 Flaschen wurden über je 3 Tage mit einem passenden Vergleichswein getrunken

Was heisst "passender Vergleichswein"? Was wolltest Du denn damit vergleichen?

Mit dem Versuchsaufbau konntest Du doch nur die Entwicklung der 3 Kork Weine gegenüber der Entwicklung der 3 Schrauberweine vergleichen. Wozu dann der Vergleichswein? Und was sagt der Vergleich aus wenn die Kork- und Schrauberweine nicht die gleichen waren?

Oder hab ich nen Knopf?

Danke
Gruss
Marko
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Re: Langzeitversuch Kork vs. Schrauber: 2002 Johner SJ

BeitragDo 5. Dez 2013, 10:13

Hallo Thomas,

interessante Versuchsreihe. Bemerkenswert finde ich ja, dass gerade im jüngsten Alter (bei aller Relativität des Begriffes "jung" - sechs Jahre nach der Lese sind wahrscheinlich 90% aller deutsche Rotweine bereits ausgetrunken) die Flasche mit Schrauber einen klaren Qualitätsvorsprung hat. Bleibt natürlich die Frage, ob das an der Verschlussart oder an der Flaschenvarianz qua Kork liegt.

Wegen der "Prickelproblematik": Weißt du (oder jemand anderes), wann Johner mit den Schraubern begonnen hat? Ich frage, weil ja ggf. auch mit zunehmender Erfahrung mit dieser Verschlussart auch solche möglicherweise systemimmanente Probleme durch Gegenmaßnahmen in den Griff zu bekommen sind.

Viele Grüße
Guido
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thdeck

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Re: Langzeitversuch Kork vs. Schrauber: 2002 Johner SJ

BeitragSo 15. Dez 2013, 01:46

Zu den Fragen:

Es war 6 mal der gleiche Wein. 3 mal mit Kork, 3 mal mit Schrauber verschlossen.
Vergleichsweine waren immer vom selben Jahrgang (2002) und in ähnlicher Preisklasse (ca. 32 Euro). Es gab somit 6 Weinvergleiche (von 2008 bis 2013).

Zum Prickeln:
Das ist eigentlich ein separates Problem. Es tritt hin und wieder auf. Bei bestimmten Winzern. Bei Johner eher selten, aber es gibt auch Winzer, bei denen es noch nie aufgetreten ist. 2002 trat es bei Johner verstärkt auf, unabhängig vom Verschluss.


Was ist jetzt eigentlich das vorläufige Fazit:

Aus Kundensicht: Mit dem Schrauber macht man nichts falsch. Man darf aber keine Wunderdinge erwarten.

Aus Erzeugersicht: Den perfekten Naturkorken würde ich immer noch vorziehen. Weil das Geschmacksprofil des Weines in seiner zeitlichen Entwicklung leicht vorhersehbar ist. Inklusive der etwas schnelleren Alterung. Der Kunde möchte Berechenbarkeit. Das funktioniert aber nur mit einem "berechenbaren" Naturkorken, und daran hat es in den letzten 10 Jahren immer wieder gehapert. Mit dem Schrauber ist man manche Sorgen los, aber der Wein wird dadurch nicht besser. Wer beim Naturkork bleibt, sollte dringend darauf achten, die maximale Kork-Qualität zu bekommen.

Man kann auch so argumentieren: Ich nehme (als Erzeuger) den Schraubverschluss und kann mich daher wieder mehr dem Wein selbst widmen...

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