Aktuelle Zeit: Do 25. Apr 2024, 17:52


Kaiserstuhltrip - Weisse 2010 und etwas Rotes

  • Autor
  • Nachricht
Offline

argentum

  • Beiträge: 431
  • Registriert: Di 7. Dez 2010, 12:28
  • Wohnort: Bern

Kaiserstuhltrip - Weisse 2010 und etwas Rotes

BeitragDo 5. Apr 2012, 14:20

Grüezi zusammen

Da ich gerade Ferien habe, wurde der Dienstag für einen Ausflug an den Kasierstuhl genutzt. Ich möchte schon vorweg nehmen: aus einer Fahrt für die Suche nach ein paar Spargel begleitenden Weissen wurde eine interessante Tour mit Einblick in die Resultate bei den Weissen Kreszenzen aus 2010.

Als wir am Morgen Riegel erreichten entschieden wir uns spontan für einen Besuch bei Dr. Heger in Ihringen. Ich muss gestehen, dass ich die Weine vereinzelt kenne aber bisher irgendwie einfach nie den Weg zum doch berühmten Weinhaus nie gefunden habe. Nun, dieser Dienstag sollte dies ändern. Die Vinothek ist gleich in das Gutshaus eingegliedert und wunderbar geschmackvoll-kuschlig eingerichtet, so dass man sich im richtigen Ambiente fürs Verkosten wähnt. Genauso freundlich wird man denn auch empfangen. Da ich persönlich ja im Sinn hatte mich mit Silvaner für die kommende Spargelsaison und etwas Grauburgunder einzudecken, waren meine Präferenzen klar. Mein Freund Michael, ein Rieslingfanatiker und wie ich Pinot- respektive Spätburgunder Liebhaber, wollte sich denn auch die beiden Sorten nicht entgehen lassen. Ich muss gestehen, es sollte nicht zu unserem Schaden sein - höchstens dem des eigenen Geldbeutels :mrgreen:

Uns wurden an diesem Tag zwei Linien vorgestellt: Oktav (Gastrolinie) und Dr. Heger (Premium? Standard?). Wir begannen mit dem blassgelben Silvaner Kabinett oktav trocken 2010, welcher mit einer angenehmen Nase nach Limetten/Zitrone und Apfel aufwartete, die aber auch eine enorme Säure vermuten liessen. Für mich persönlich sollte es zuviel Säure am Gaumen sein, die mir persönlcih spitz erschien. Ansonsten ein lebhafter Wein, der sich sicherlich mit Essen verbinden lässt, aber wohl nicht dem entspricht, was ich mir wünsche. Als Gegenpart gabs den Ihringer Winklerberg Silvaner QbA trocken 2010. Helles Gelb. Dieser Wein war nach meinem Geschmack. Schöner Zitrusduft, auch hier Apfel und schöne Frische versprechend. Dies sollte sich am Gaumen fortsetzen und schöne Mineralität aufzeigend das Nasenbild bestätigen. Hier dann die lebendige, aber schön eingebundene Säure. Ein schöner Weisswein, der Lust auf den nächsten Schluck macht und mich auch gleich überzeugt etwas zu erwerben. Darauf folgte, wie könnte es anders sein, Grauburgunder. Zuerst wieder die oktav Linie: Grauburgunder Kabinett oktav trocken 2010. Blassgelb. Eigentlich ein schöner, typischer Vertreter, wie man sie meiner Meinung nach eben nur am Kaiserstuhl findet – ich bin ja auch der Meinung, dass der Kaiserstuhl und der Grauburgunder die perfekte Symbiose eingehen und die Rebe dort ihren korrekten Ausdruck findet. In der Nase finde ich oft Banane, leichte pfeffrige Noten und Grapefruit. Hier kam für mich irritierend etwas zitrusartiges hinzu, was wiederum Säure erahnen liess. So sollte es denn auch sein. Am Gaumen kamen für mich die Aromen zu wenig zum Tragen, da die Säure aufgrund der Spitze im Vordergrund stand. Das Nasenbild liess sich erahnen, aber eben, nicht meine Art. Daneben befand sich Ihringer Winklerberg Grauburgunder Spätlese trocken 2010. Schönes gelb mit dem Rotschimmer, der die Verwandtschaft zum Pinot Noir andeutet. In der Nase Banane, Melone etwas balsamisch-ölig. Am Gaumen gut strukturiert und füllend und das Nasenbild wiedergebend. Schöner mineralischer Spannungsbogen der sich aufbaut. Die Säure hier gut integriert, die mundwässernd wirkt. Schön.
Statt der Rieslinge schwenkten wir dann auf die Roten, da wir ja noch Weiteres zu besuchen und befahren gedachten. Also widmeten wir uns dem 2008er MIMUS Ihringer Winklerberg Spätburgunder Barrique trocken. Ein helles durchscheinendes Granatrot präsentierte sich im Glas. Dieser Wein war in der Nase immer noch vom Holz dominiert und ihm werden sicherlich noch ein paar Jahre in der dunklen Kellerecke gut tun. Da ist viel rote Kirsche, etwas Erdbeere und tolle Frische, welche aus dem doch eher schwierigen 2008 mitschwingt. Wer aber sein Handwerk versteht wie Heger, der bringt was feines wie diesen MIMUS auf die Flasche. Absolut beeindruckend im Glas daneben war dann Ihringer Winklerberg Spätburgunder Rotwein*** Barrique trocken GG 2007. Dunkles Rubinrot mit schwarzem Kern. In der Nase eine unglaubliche Tiefe, die sich in schwarzer Frucht und sich im Geschmacksstammbaum verästelnd ausdrückt. Am Gaumen ist immer noch eine Präsenz der Tannine spürbar, die sich aber einzubinden scheinen und mit etwas Zeit dem Geschmack nach schwarzer Kirsche, dunklen Beeren und etwas Schokolade Platz machen. Auch am Gaumen ist wieder diese Komplexität spürbar. Im Gegensatz zum seidigen, leichtfüssigen MIMUS ein Schwergewicht, nicht aufgrund von Konzentration aber aufgrund dieser ungeheuren Komplexität, die sich offenbart. Aber eben auch Filigranität aufgrund seiner mineralischen Spannung besitzt Kein Schreihals, aber ein ungemein tiefgründiger Wein.
Fazit: Rückblickend war mir die Gastrolinie durchs Band zu spitz und aufgesetzt was die Wahrnehmung der Säure bei den Weissen betraf. Ich kann mir aber vorstellen, dass die richtigen Speisen zu begleiten eine Aufgabe sein könnte, die diesen Kreszenzen gerecht wird. Der Silvaner und der Grauburgunder aus der „Heger-Linie“, die ich schlussendlich gekauft habe, entsprachen dem wie ich einen Weisswein haben will: möglicher Essensbegleiter aber auch schöne Alleinunterhalter – klar ausgewogen mit schönen Nuancen, die zum Verweilen einladen.

Mit diesem Abschluss verabschiedeten wir uns bei Heger und machten uns auf den Weg nach Schelingen. Dort wollten wir das Weingut Gregor und Thomas Schätzle besuchen, steht sein Name doch für meinen Grundvorrat an Grauburgunder für die Sommermonate. Schätzle hat sein vierstufiges Konzept bei den Weinen: Gutsweine, Ortsweine, Schatz-Weine und an der Spitze die Reserve-Weine. Was ich an Schätzles Weinen Schätze ist das tolle PLV-Verhältnis. Bei der Schatz-Qualität (dem 1er Cru in Brugund nachempfunden) bekommt man einen Grauburgunder Kabinett für 8.50 Euro. Der 2010er Schelinger Grauburgunder Kabinett trocken leuchtet heugelb im Glas. Verbreitet einen süssen Melonenduft und lässt weitere gelbfruchtige Aromen in den Sinn kommen, auch hier wieder ein pfeffrig-feurige Note. Am Gaumen eine Mineralität, wie ich sie bisher noch nie wahrgenommen habe. Richtig trinkanimierend und den fruchtigen Schwung der Nasenwahrnehmung weitertragend. Gut trocknend und Durst machend. Als Zweites folgte 2010 "Weißer Schatz" Grauburgunder Spätlese trocken. Der Liebling meiner besseren Hälfte, der mit kräftigem Gelb im Glas blinkt. In der Nase Honigmelone, aber auch Zitrusnuancen und die pfeffrige Note. Im Gegensatz zum Kabinett, den ich klar bevorzuge, einen Tacken subjektive Süsse gepaart mit guter Säure, die dem Wein Rückgrat verleiht. Speziell, aber nicht ganz meins, da mir zu „süss“. Schöne Länge im Abgang und mit 11,50 Euro ebenfalls ein schöner PLV-Wein. Und dann war da noch die Reserve... 2010 KIRCHBERG Grauburgunder RS von den Spitzenlagen am Kirchberg ob Schelingen von Kleinstterrassen, die Handarbeit vom Winzer verlangen. Ich muss gestehen, ich hatte keine grossen Hoffnungen, hatte ich doch den 2009er letztes Jahr als zu holzdominiert und fett empfunden. Thomas Schätzle, der Winzer meinte aber, dass keine Weinprobe komplett sei, ohne diesen Wein. Ja, ich nehms vorweg, er hatte recht! Das war ein anderer Wein im geistigen Vergleich zu seinem Vorgänger aus 2009. Intensives Gelb im Glas mit rosa Reflexen. Die Nase so gar nicht als erstes einem Grauburgunder zuzuordnen, da viel Zitrus, auf den zweiten Riecher kamen die süssen gelbfruchtigen Nuancen zum Vorschein, die den Grauburgunder charakterisieren wie zuvor. Am Gaumen eine Salzigkeit die mich schon fast schmerzlich an Burgund zu erinnern schien. Ich muss ehrlich gestehen, ich war sprachlos. Mineralität vom Feinsten, gute, eingebundene Säure und ein enorm langer Nachhall. Für mich ein wirklich grosser Grauburgunder und für 18 Euro die Flasche als Reservenabfüllung mehr wie fair bepreist mit dieser 2010er Qualität auf der Flasche. Wunderbar. Ausgebaut wird dieser Tropfen in 400l Holzfässern, wobei der Neuholzanteil 15% beträgt. Ich kann mich nur wiederholen, grosse Klasse!

Anschliessen hiess es Mittagessen in der Region im Lieblingsrestaurant „zum Kaiserstuhl“, wo wir einen Weissburgunder der WG Oberrotweil zur Ziegenleber genossen ehe es anschliessend schon traditionsgemäss nach Malterdingen zu Bernhard Huber ging. Hier natürlich das ganze Programm durchprobiert, wobei ich nur auf den vieldiskutierten Wildenstein eingehen möchte, den ich nun zum dritten Mal im Glas hatte. 2009 Wildenstein Spätburgunder R, kein grosses Gewächs, aber eben Hubers Lieblingsreserve. Ich persönlcih sehe mich als Schlossbergverfechter, aber ich muss gestehen, dieses Mal verstand ich, wieso der Wildenstein Hubers liebstes Gewächs ist. Das war ganz gross. Dunkles Rubin mit schwarzem Kern. Enorm komplex-dichte Nase nach Lakritz, Kirsche sogar Rosen glaubte ich zu erkennen. Am Gaumen ein Säurespiel, welches sich mit der mineralischen Spannung des Weines die Waagschale hält, dazu seidenfeine, aber dennoch spürbare Tannine die dem Wein das Gefühl gaben er sei monolithisch. Aus einem Stück gehauen und den Gaumen präzise mit enormer Länge vereinnahmend. Gewaltig! WOW.

Fazit: Heger und Schätzle haben mir gezeigt, dass 2010 spannend ist und die Weissweine einiges zu bieten haben. Wer es mineralisch, mit schöner Säure und saftig aber eben nicht überladen, sondern eher burgundisch ausgeglichen mag, liegt hier sicher nicht falsch. Die Roten bei Heger wie Huber sind gross, und zeigen einfach, dass jeder, der Deutschland den gekonnten Umgang mit der Rotweinproduktion abspricht, keine Ahnung hat. Ich war beeindruckt von den Jahrgängen 2007 und 2009 was die Roten betrifft. Mir ist auch bewusst, dass ich an dieser Stelle verallgemeinere, aber ich finde bei den Weissen hat sich querbeet gezeigt, was geleistet wurde.darum erlaube ich mir, die positive Sicht auf den ganzen Kaiserstuhl auszuweiten, nicht ohne darauf zu verweisen, dass immer geboten ist selbst zu probieren und verschiedene Winzer zu betrachten.
Gruss
Philipp

http://www.pinotphil.tumblr.com

In vinum veritas - lassum bev amo ün
Offline
Benutzeravatar

UlliB

  • Beiträge: 4538
  • Registriert: Mo 6. Dez 2010, 19:27

Re: Kaiserstuhltrip - Weisse 2010 und etwas Rotes

BeitragDo 5. Apr 2012, 14:44

Schätzle in Schelingen... der hat doch auch Spätburgunder, oder? Und die hast Du als Pinot-Liebhaber nicht probiert??

Ich bin da letztes Jahr im Herbst nach einem Essen in Oberbergen um den Betrieb rumgeschlichen, nach einem Blick auf die Preisliste aber dann doch nicht reingegangen. Die Roten erschienen mir preislich für einen ziemlich unbekannten Winzer eher ambitioniert. Aber wenn da qualitativ was dran ist...

Gruß
Ulli
Offline

argentum

  • Beiträge: 431
  • Registriert: Di 7. Dez 2010, 12:28
  • Wohnort: Bern

Re: Kaiserstuhltrip - Weisse 2010 und etwas Rotes

BeitragDo 5. Apr 2012, 15:14

Hoi Ulli

Ich mag seine Weissen. Die Roten hab ich probiert aber nicht notiert, daher wär es unfair, wenn ich da eine Aussage mache... Aber ich persönlich gehe wegen der Grauburgunder hin, aber ich weiss auch, dass die Roten dort im Aufbau sind und auch die richtigen Leute daran arbeiten, um das aller Wahrscheinlichkeit nach in dir richtige Richtung zu bringen. Vielleicht nicht sofort zu kaufen aber zumindest im Auge zu behalten...

War das so dienlich?

P.S. Rumschleichen ist definitiv ein Fehler, geh rein, allein Thomas Schätzle und das Probieren seiner Weine mit ihm ist ein Erlebnis. Er ist offen und kritisch. Spannend und wirklich zu empfehlen!
Gruss
Philipp

http://www.pinotphil.tumblr.com

In vinum veritas - lassum bev amo ün
Offline
Benutzeravatar

UlliB

  • Beiträge: 4538
  • Registriert: Mo 6. Dez 2010, 19:27

Re: Kaiserstuhltrip - Weisse 2010 und etwas Rotes

BeitragDo 5. Apr 2012, 15:47

argentum hat geschrieben:War das so dienlich?


Ja, danke!

Was Rote betrifft, ist meine bevorzugte Adresse am Kaiserstuhl nach wie vor Salwey. Mir kommt der Stil hier sehr entgegen (verhältnismäßig säurebetont, moderater Holzeinsatz auch bei den Spitzenweinen) . Ein interessanter Erzeuger, den man im Auge behalten sollte, ist außerdem Holger Koch in Bickensohl. Hinsichtlich Weißwein lohnt es sich seit einiger Zeit auch wieder, bei Franz Keller vorbeizuschauen (die dem Weingut gegenüber liegende Dependance des "Schwarzen Adlers" ist übrigens eine hervorragende Adresse für klassische badische Küche zu moderaten Preisen - falls es Dich mal wieder in die Gegend treibt).

Gruß
Ulli
Offline
Benutzeravatar

Birte

Administrator

  • Beiträge: 3125
  • Bilder: 15
  • Registriert: Di 25. Jan 2011, 22:28

Re: Kaiserstuhltrip - Weisse 2010 und etwas Rotes

BeitragDo 5. Apr 2012, 15:57

(die dem Weingut gegenüber liegende Dependance des "Schwarzen Adlers" ist übrigens eine hervorragende Adresse für klassische badische Küche zu moderaten Preisen - falls es Dich mal wieder in die Gegend treibt).


Das kann ich nur bestätigen. Ich habe dort schon mehrfach gut gegessen. Ich finde die Preise nicht nur moderat, sondern richtig günstig bei der Qualität.
Offline

argentum

  • Beiträge: 431
  • Registriert: Di 7. Dez 2010, 12:28
  • Wohnort: Bern

Re: Kaiserstuhltrip - Weisse 2010 und etwas Rotes

BeitragDo 5. Apr 2012, 16:07

Ja, der Rebstock und die unverschämt verführerische Weinkarte aus dem Hotel ;-) Aber wenn ihr mal einen jungen Koch unterstützen wollt, der meines Erachtens grosse Küche auf den Tisch zaubert, dann geht nach Schelingen zu Köpfers Sonne vis a vis der Kirche, ebenfalls toll und mit einer schönen regionalen Weinkarte... Unbedingt zu besuchen, ehrlich!

Zuletzt war ich im Rebstock, was das Essen betraf nicht soooo zufireden. Aber vielleicht habe ich einfach einen schwachen Tag erwischt. Was die Weine von Franz Keller betrifft bin cih natürlich einverstanden mit dir. Hatte zuletzt einen Grauburgunder S 2009 zur Blanquette aufgemacht... War wirklich lecker ;-)
Gruss
Philipp

http://www.pinotphil.tumblr.com

In vinum veritas - lassum bev amo ün
Offline
Benutzeravatar

Tackleberry

  • Beiträge: 199
  • Registriert: Mi 25. Mai 2011, 19:51
  • Wohnort: Ludwigsburg

Re: Kaiserstuhltrip - Weisse 2010 und etwas Rotes

BeitragDo 5. Apr 2012, 16:35

So ein "Zufall" hier argentum! 8-)
Ich fahr kommenden Dienstag für 2 Tage nach Freiburg und schau dann bei Huber und Salwey vorbei... ;)

Gruß Alex
Offline

argentum

  • Beiträge: 431
  • Registriert: Di 7. Dez 2010, 12:28
  • Wohnort: Bern

Re: Kaiserstuhltrip - Weisse 2010 und etwas Rotes

BeitragDo 5. Apr 2012, 16:57

Ja siehste...

Für Salwey hat es leider zeitlich nicht gereicht, obwohl ich Herr Sauer als Führer ja wirklich legendär finde zusammen mit dem Betriebshund ;-)

Viel Spass, das kommt garantiert gut!
Gruss
Philipp

http://www.pinotphil.tumblr.com

In vinum veritas - lassum bev amo ün
Offline
Benutzeravatar

Tackleberry

  • Beiträge: 199
  • Registriert: Mi 25. Mai 2011, 19:51
  • Wohnort: Ludwigsburg

Re: Kaiserstuhltrip - Weisse 2010 und etwas Rotes

BeitragSo 15. Apr 2012, 16:40

Bin nun auch von meinem Freiburg / Bodensee - Trip heimgekehrt und berichte mal "in Kürze" welche Tropfen mir am Dienstag vorgelegt wurden.

Bin am Dienstag früh gegen halb elf gestartet und wollte um 14 Uhr bei Huber sein, da das Weingut um die Uhrzeit öffnet. Da ich aber zu früh in der Region angekommen war wurde Salwey vorgezogen und bin zuerst auf den Kaiserstuhl geschippert. War im Nachhinein die "falsche" Entscheidung, doch dazu später mehr...

Nun gut, 5 vor 2 Uhr dort angekommen war schon Betrieb. Mama und Schwester Salwey waren in der Probierstube und hatten dort ausgeschenkt. Der Hund war auch da und hat direkt vor dem Eingang seelenruhig an einem Knochen rumgenagt. So dass man über ihn steigen musste um ins Haus zu gelangen...
Leider waren viele Weine (09er) bereits ausverkauft. Die Auswahl wurde dadurch einfacher. ;)
Probiert hatte ich dann zuerst die beiden 2010 Weißburgunder Kabinett sowie 2010 Weißburgunder & Chardonnay. Für meine Zunge und Gaumen zu sperrig und sauer. Die Würze kam zwar durch, die Frucht hingegen weniger. Ich schmeckte auch unangenehm starke Petrolnoten raus.
Also "Gang hochschalten": hatte dann die 2010 Weiß- und Grauburgunder RS im Glas.
Angenehmer Schmelz bei beiden, etwas mehr Würze natürlich beim Grauen, cremige Frucht beim Weißen, Holzeinsatz konnte man auch bei beiden im gleichen Maße deutlich rausschmecken. Alles in allem eine "runde Sache trotz jahrgangsbedingter Säure. :)
Da meine bessere Hälfte gerne Grauburgunder trinkt als nächstes das 2010er GG Oberrotweiler Henkenberg Grauburgunder. Stärkerer Holzeinsatz als bei den RS-Weinen, kraftvoll aber doch filigran. Dunkles Gelb im Glas. Vielschichtige Aromen, im Mund wunderbar körperreich, auf den Punkt gebracht.
Als weißen Abschluss: 2010 GG Oberrotweiler Henkenberg Weißburgunder. Von der Art identisch mit dem Grauen, jedoch nicht ganz so viel Power und Konzentration. Dafür wunderbarer Schmelz, Cremigkeit und Tiefe mit gelben Früchten. Wie bei der Aprikosenernte... :D
Danach ging´s zu den Roten:
2009 Spätburgunder RS hatte ich dann im Glas. Schöne rubinrote Farbe mit etwas Rand, kirschige Noten, Röstaromen mit hölzerner Kraft dahinter. Auch hier ein Wein, der zu trinken animiert. :)
Anschließend 2 Große Gewächse. Zuerst das 2009 Spätburgunder GG Kirchberg bei dem man sofort gerochen hatte, dass er zu früh "geweckt" wurde. In der Nase zunächst verhalten, doch im Mund dann eine filigrane Konzentration an roten Beeren. Aromen von Lakritz aber etwas zurückhaltend wie ich finde. Braucht eben noch Ruhezeit... 8-)
Als Abschluss das 2009 Spätburgunder GG Eichberg "Rappen". Dieser Wein konnte sich sofort besser entfalten als der Vorgänger. Tolles Bouquet von roten Früchten, im Mund dann gefälliger zu trinken, saftig, filigrane Textur und kantiger aber langer Abgang. Das PLV sollte hier auch mal erwähnt werden. Da der Rappen 15 Euronen weniger als der Kirchberg ausmacht und mir persönlich mehr Spaß machte, fiel die Entscheidung leicht welcher Wein bei mir im Keller landete... ;)

Doch nun zur nächsten Station: Casa del Huber in Malterdingen. Ich hatte zuvor noch nie etwas von Huber probiert, lediglich einen 2010er Grauburgunder trocken mal zuhause gekauft. Folglich waren meine Erwartungen hoch an das was ich probieren sollte bzw. durfte. :!:
Kaum angekommen wurden wir herzlich begrüßt und schritten dann ohne Umwege zur "Tat". Auch hier waren einige Weine ausverkauft, doch das Gros der Weine noch erhältlich.
Als erstes im Glas waren die beiden weißen Burgunder 2010 Grau- und Weißburgunder. Duftendes Bouquet bei beiden, gold schimmernde Farbe im Glas, Der Grauburgunder war nicht ganz so lang im Holz gelegen als der Weiße, doch beide in sich stimmig und ausbalanciert, konzentriert mit einem guten Abgang. Tolles PLV bei beiden Weinen mit jeweils 12,50 €.
Danach die beiden GGs. Zuerst der 2009er GG Malterdinger Bienenberg Grauburgunder, der zunächst nach einem Bündel südländischer Kräuter roch, im Mund dann ein Kraftprotz, der aber dennoch ausgewogen daher kam. Ein langer Abgang als Abschluß. Toller Wein der zu überzeugen wußte.
Dann der 2009er GG Malterdinger Bienenberg Weißburgunder. Fruchtiges Bouquet nach Mirabellen und Aprikosen, im Mund der cremigste bzw. öligste Wein den ich bisher gekostet hatte. Ebenfalls ein muskulärer Wein, der zum Trinken einlädt. :D
Im roten Bereich waren die Weine im Basissektor bereits ausverkauft, so dass ich mich auf 3 Weine beschränkte.
Als erstes der 2009er Spätburgunder Alte Reben bei dem Mann schon im Bouquet Ausgewogenheit anmerken konnte. Dichtes Kirschrot an Farbe mit einem Hauch von Rand im Glas. Daneben natürlich eine Fülle an roten Früchten im Mund, tolle Konzentration mit einem ausgewogenen Holzeinsatz. Ein Wein, den man ungern in den Ausguss gibt...
Dann 2009er GG Malterdinger Bienenberg Spätburgunder das einen Tacken eleganter und vielschichtiger daher kommt. Bei diesem GG und beim nächsten sind außerdem mehr Tiefe und Komplexität vorhanden als bei den Alten Reben. War bereits sehr zugänglich.
Als toller Abschlus dann das 2009er GG Bombacher Sommerhalde Spätburgunder. Sehr ähnlich von den Aromen und Geschmack dem Malterdinger Bienenberg GG. Lediglich etwas sperriger und verschlossener als sein Vorgänger.

Als Resumée lässt sich meiner Ansicht nach sagen, dass ich 2 tolle Weingüter besucht habe bei denen es tolle Weine zu verkosten gab. Meine Geschmacksknospen und mein Geldbeutel sagen mir aber, dass ich beim nächsten Kaiserstuhltrip Salwey für Huber auslassen sollte. Solche famosen Burgunder hatte ich dort bisher noch nie probiert. Roter und weißer Wahnsinn! :shock: :D

Schöne Anekdote gab´s auch bei Huber, dass sich im Gespräch mit der (Büro-/Kundenservice-)Frau heraus gestellt hat, dass sie wie ich auch Verwandtschaft am Bodensee hat, welche auch Trauben an eine große Winzergenoßenschaft liefert. Tags darauf habe ich aber erfahren, dass mein Onkel nicht mehr an die Winzergenoßenschaft sondern an ein ähnlich großes Weingut liefert, bei dem man jene Trauben zu einem Lagenwein verarbeitet. Der Wein liegt jetzt auch im Keller. ;)

Beste Grüße
Offline
Benutzeravatar

UlliB

  • Beiträge: 4538
  • Registriert: Mo 6. Dez 2010, 19:27

Re: Kaiserstuhltrip - Weisse 2010 und etwas Rotes

BeitragDi 30. Apr 2013, 21:49

Da nehme ich einfach mal diesen Thread, um ein paar Eindrücke von einem zehntägigen Aufenthalt am Kaiserstuhl zusammenzufassen. Vorwiegend wurde diesmal bei im großen und ganzen passablem Wetter gewandert, aber ein bisschen Wein wurde natürlich auch verkostet.

Nachdem ich gut eineinhalb Jahre nicht mehr vor Ort war, fiel am Ortsrand von Oberbergen als erstes der Neubau des Weinkellers von Franz Keller auf, ein architektonisch für deutsche Verhältnisse schon sehr ambitioniertes Projekt, das trotz beeindruckender Ausmaße nach der Fertigstellung optisch weitgehend im Berg verschwinden dürfte. Hiermit soll die mittlerweile wohl kaum noch handhabbare extrem beengte Situation mit diversen getrennten Mini-Betriebsstätten rund um den Schwarzen Adler aufgelöst werden. Weine von Keller habe ich nur in seinen beiden Restaurants (Rebstock und Schwarzer Adler) getrunken, besonders die Weißen kommen immer mehr in Form, völlig trockene und für Kaiserstühler Standards ungemein elegante und trinkanimierende Weine, die ich mittlerweile in die lokale Spitzengruppe einsortieren würde. Auch die hauseigenen Sekte sind erstklassig. Apropos Restaurants: gerüchteweise soll es nach Fertigstellung des Kellerneubaus im Frühsommer dort ein drittes Keller-Restaurant geben (diesmal dann im doppelten Wortsinne).

Bei Holger Koch war nicht ganz unerwartet das 2011er Sortiment bis auf ein paar Restflaschen ausverkauft; von den 2012ern waren bislang nur die Basisweine von Weißburgunder und Grauburgunder gefüllt, von denen mir der blitzsaubere, dichte und trotzdem elegante Grauburgunder besser gefiel als der etwas unruhig wirkende Weißburgunder. Ein paar Fassproben der höherwertigen Weißweine (Herrenstück bzw. Selection) zeigten, dass der im Kaiserstuhl wohl nicht ganz einfache Jahrgang 2012 hier sehr gut gemeistert wurde. Eine Top-Adresse, aber auf Privatkunden kaum eingestellt (zwei durchaus bekannte Händler nehmen wohl fast die gesamte Produktion ab) - bei Interesse muss unbedingt ein Termin telefonisch vereinbart werden; einfach vorbeifahren geht nicht. Hat der Winzer aber Zeit, bekommt man ungemein interessante Informationen und Einblicke aus erster Hand.

Nach dem Hinweis von Philipp (argentum) weiter oben habe ich mal bei Schätzle in Schelingen reingeschaut und die Grauburgunder durchprobiert - was ich nicht bereut habe. Sehr schön der schon einigermaßen wuchtige, aber durch lebendige Säure auch sehr frische 2012er Schelinger Grauburgunder Kabinett trocken, sehr trinkanimierend und mit 8,90€ pro Flasche käuferfreundlich bepreist. Die trockene 2012er Grauburgunder-Spätlese "Weißer Schatz" (12 €) hat noch etwas mehr Dampf, hier war aber auch der Alkohol zu spüren, und der Wein wirkte ein wenig träger; alles in allem hat mir die Spätlese nicht besser gefallen als der Kabinett. Ein echtes Highlight dann der 2011er Kirchberg Grauburgunder RS trocken, ein hochkonzentrierter und enorm vielschichtiger Wein, bei dem insbesondere der gekonnte Holzeinsatz beeindruckt. 18 €, die er absolut wert ist.

Bercher in Burkheim: mein erster Besuch dort, der Fokus ganz auf die Rotweine. Außerordentlich gut gefallen hat mir bereits der Basiswein, der 2011er Spätburgunder QbA trocken, der in gebrauchten Barriques ausgebaut wird und deshalb einen zarten Holzton hat, der ihm ungemein gut steht. Sehr typisch, auch sehr badisch, wirklich sehr schön - und für 9,30 € die Flasche ein veritables Schnäppchen. Mit dem 50 Cent teureren 2010er Burkheimer Feuerberg Spätburgunder Kabinett trocken, der im großen Holzfass ausgebaut wurde, hatte ich etwas mehr Probleme - im Moment ziemlich eckiger und etwas karger Stoff. Sehr, sehr schön dann die ebenfalls im großen Holzfass ausgebaute 2011er Jechtinger Eichert Spätburgunder Spätlese trocken, mit wunderbarer Frische und Länge und erheblichen Reserven versehen; ein wunderbarer Pinot für Leute, die Neuholz stört (17 €). Die Neuholz-Fans dürften eher für den 2009er Sasbacher Limburg Spätburgunder Q.b.A. trocken Barrique schwärmen - allerdings ist auch hier der Neuholzeinsatz keineswegs aggressiv, sondern bleibt balanciert, ist aber schon deutlich zu spüren (19 €). Wirklich überhaupt nichts anfangen konnte ich mit dem 2010er Feuerberg Spätburgunder Rotwein GG - fast völlige Abwesenheit von Frucht, dafür eine deutliche Streichholz-Note, bretthart, uncharmant; bei Bordeaux würde ich sagen: der ist völlig verschlossen. Kann total gut werden oder auch überhaupt nicht: keine Ahnung, für mich ist keine Beurteilung möglich. Glücklicherweise gab es noch ein wenig vom 2008er Feuerberg GG, und der war im Gegenzug dann absolut da: wunderbar harmonisch und perfekt proportioniert, alle Komponenten im Einklang - für mich das Rotwein-Highlight des Urlaubs.

Sonst gab es bei diversen Restaurantbesuchen noch diesen und jenen Wein, von denen mir aber nur einer in Erinnerung geblieben ist, und das war ausgerechnet ein Müller-Thurgau: 2012er Malterdinger QbA trocken von Huber. Das beste aus der Sorte, was ich seit sehr, sehr langer Zeit im Glas hatte. Huber hatte ich bislang überhaupt nicht auf dem Schirm; das sollte ich wohl mal ändern.

Gruß
Ulli
Nächste

Zurück zu Baden

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 15 Gäste

Impressum - Nutzungsbedingungen - Datenschutzrichtlinie - Das Team - Alle Cookies des Boards löschen